TE Vwgh Beschluss 2022/2/28 Ra 2021/22/0240

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Veröffentlicht am 28.02.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
40/01 Verwaltungsverfahren
41/02 Asylrecht
41/02 Passrecht Fremdenrecht

Norm

AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §58 Abs10
AVG §68 Abs1
BFA-VG 2014 §9 Abs2
B-VG Art133 Abs4
MRK Art8
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pelant, Hofrat Dr. Mayr sowie Hofrätin MMag. Ginthör als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Thaler, über die Revision des M M, vertreten durch Dr. Manfred Schiffner, Rechtsanwalt in 8054 Seiersberg-Pirka, Haushamer Straße 2/4. OG, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juni 2021, W195 2017123-4/14E, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen von Bangladesch, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 7. Dezember 2020, mit dem dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom Juli 2020 gemäß § 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) zurückgewiesen worden war, ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.

2        Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 22. September 2021, E 2976/2021-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

4        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

5        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der vom BFA unter dem Gesichtspunkt „entschiedene Sache“ vorgenommenen Antragszurückweisung nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 jener der Erlassung des behördlichen Bescheides. Zudem ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut des § 58 Abs. 10 AsylG 2005, dass für das BFA maßgebliche Beurteilungsgrundlage nur das „Antragsvorbringen“ ist und dass das Bundesverwaltungsgericht bloß die Richtigkeit der vom BFA - auf dieser Basis - ausgesprochenen Zurückweisung zu prüfen hat (VwGH 22.1.2021, Ra 2020/21/0520, Rn. 15).

7        Es gelingt dem Revisionswerber, der insbesondere eine mangelhafte Interessenabwägung ins Treffen führt, schon in Anbetracht des seit Erlassung der letzten rechtskräftigen Rückkehrentscheidung relativ kurzen verstrichenen Zeitraums, wegen der Unsicherheit seines Aufenthalts im Sinn der Z 8 des § 9 Abs. 2 BFA-VG sowie der beharrlichen Missachtung seiner Ausreiseverpflichtung nicht darzulegen, dass auf Basis seines Antragsvorbringens davon auszugehen gewesen wäre, dass sich seit der (zuletzt aus Anlass der Zurückweisung seines zweiten Folgeantrages auf internationalen Schutz) mit Bescheid vom 17. Februar 2020 erlassenen Rückkehrentscheidung (rechtskräftig seit 4. März 2020) bis zur Erlassung des gegenständlichen Bescheides vom 7. Dezember 2020 die für die Interessenabwägung nach § 9 BFA-VG maßgeblichen Verhältnisse entscheidend geändert hätten und damit der Zurückweisungsgrund nach § 58 Abs. 10 AsylG 2005 nicht gegeben gewesen wäre.

8        Wenn sich der Revisionswerber auf das bereits in den rechtskräftig negativ erledigten Asylverfahren erstattete Fluchtvorbringen beruft, wird, da in Anbetracht dieses Vorbringens eine maßgebliche Sachverhaltsänderung jedenfalls nicht zu erblicken ist, keine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt (vgl. VwGH 11.10.2021, Ra 2018/22/0002, Pkt. 6.2. der Entscheidungsgründe). Soweit die Revision den zwischenzeitigen Ausbruch der Covid-19 Pandemie ins Treffen führt, ist in der vorliegenden Konstellation ebenfalls nicht ersichtlich, dass dadurch eine wesentliche Veränderung der gemäß § 55 AsylG 2005 relevanten Entscheidungsgrundlagen erfolgt wäre.

9        Hinsichtlich des weiteren Revisionsvorbringens ist auch festzuhalten, dass mit dem angefochtenen Erkenntnis - mag seine Begründung insofern auch missverständlich sein - weder eine Rückkehrentscheidung erlassen noch über die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers in seinen Herkunftsstaat abgesprochen wurde.

10       Dass im angefochtenen Erkenntnis eine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung erfolgt oder die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der für die Entscheidung des vorliegenden Falls maßgeblichen Gesichtspunkte unschlüssig oder nicht vertretbar wäre, zeigt die Revision nicht substantiiert auf. Eine Verletzung des Parteiengehörs wird ebenfalls nicht dargelegt. Das Bundesverwaltungsgericht führte nach einer vom Revisionswerber erbetenen Vertagung eines Verhandlungstermins im Beisein seines anwaltlichen Vertreters eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Schließlich ist vor diesem Hintergrund die Relevanz der in der Revision ins Treffen geführten Begründungsmängel nicht ersichtlich.

11       Da somit die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vorliegen, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am 28. Februar 2022

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021220240.L00

Im RIS seit

23.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

25.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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