TE Lvwg Erkenntnis 2022/1/11 LVwG-AV-2112/001-2021

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Veröffentlicht am 11.01.2022
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Entscheidungsdatum

11.01.2022

Norm

BAO §92
BAO §93
BAO §198
BAO §227
BAO §260
BAO §279
BAO §288

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde von Herrn A und Frau B, beide ***, ***, vom 18. November 2021 bzw. 20. November 2021 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 21. Oktober 2021, Aktenzeichen: ***, mit welchem aufgrund einer Berufung vom 8. Mai 2021 gegen eine als „Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung 2. Qu. 2021“ bezeichnete Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 22. April 2021, Rechnungsnummer ***, eine Wasserbezugsgebühr und ein Teilzahlungsbetrag („Akonto“) festgesetzt wurden, zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Berufung vom 8. Mai 2021 als unzulässig zurückgewiesen wird.

2.   Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 260 Abs. 1 lit. a BAO

§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.       Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit einer als „Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung 2. Qu. 2021 (inkl. Wasserendabrechnung“ bezeichneter, automationsunterstützt erstellter Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 22. April 2021, Rechnungsnummer ***, adressiert an „B und Miteigentümer“, wurde für die Liegenschaft *** in *** an die Fälligkeit diverser Hausbesitzabgaben (Grundsteuer B, Wasserbezugsgebühr, Wasserbereitstellungsgebühr, Kanalbenützungsgebühr, Abfallwirtschaftsgebühr, Abfallwirtschaftsabgabe, Seuchenvorsorgeabgabe) für das 2. Qu. 2021 im Gesamtbetrag von € 4.351,86 erinnert. Darin enthalten war u.a. eine „Abrechnung“ der Wasserbezugsgebühr für die Zeiträume 16.04.2020 – 19.08.2020 sowie 20.08.2020 – 01.04.2021 über einen Betrag von € 3.114,10 sowie die Berechnung einer Wasserbezugsgebühr „Akonto“ für den Zeitraum 01.04.2021 – 30.06.2021.

Mit einem Schreiben vom 8. Mai 2021 erhoben Herr A und Frau B (in der Folge: „Beschwerdeführer“) gegen diese Lastschriftanzeige eine als „Beeinspruchung“ bezeichnet Berufung. Die Wasserabrechnung werde beeinsprucht, es müsse ein Gebrechen des Zählers vorliegen, ein Mehrverbrauch sei nicht aufgefallen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 21. Oktober 2021, Aktenzeichen: ***, wurde über diese Berufung vom Stadtrat der Stadtgemeinde *** entschieden.

Einerseits wurde die Wasserbezugsgebühr für mehrere Abrechnungszeiträume zwischen 06.10.2017 und 30.03.2021 neu festgesetzt.

Andererseits wurde der Teilzahlungsbetrag („Akonto“) mit € 276,05 neu festgesetzt.

Mit Schreiben vom 18. November 2021 erhoben Herr A und Frau B Beschwerde gegen diesen Bescheid. Angefochten werde die Festsetzung des Teilzahlungsbetrages, der übrige Bescheid bleibe unangefochten.

Mit einem weiteren als „Berufung“ bezeichneten Schreiben vom 20. November 2021 bekämpften die Beschwerdeführer unter Hinweis auf die bereits anhängige Beschwerde auch die Festsetzung der Wasserbezugsgebühr im Bescheid des Stadtrates vom 21. Oktober 2021. Beantragt wurde die Aufhebung des Bescheides.

Beide Schreiben wurden innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist eingebracht.

Die Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt der Stadtgemeinde *** wurden dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 9. Dezember 2021 zur Entscheidung vorgelegt.

2.       Anzuwendende Rechtsvorschriften:

Bundesabgabenordnung (BAO):

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …

§ 92. (1) Erledigungen einer Abgabenbehörde sind als Bescheide zu erlassen, wenn sie für einzelne Personen

         a)       Rechte oder Pflichten begründen, abändern oder aufheben, oder

         b)       abgabenrechtlich bedeutsame Tatsachen feststellen, oder

         c)       über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses absprechen.

(2) Bescheide bedürfen der Schriftform, wenn nicht die Abgabenvorschriften die mündliche Form vorschreiben oder gestatten.

§ 93. (1) Für schriftliche Bescheide gelten außer den ihren Inhalt betreffenden besonderen Vorschriften die Bestimmungen der Abs. 2 bis 6, wenn nicht nach gesetzlicher Anordnung die öffentliche Bekanntmachung oder die Auflegung von Listen genügt.

(2) Jeder Bescheid ist ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht.

(3) Der Bescheid hat ferner zu enthalten

         a)       eine Begründung, wenn ihm ein Anbringen (§ 85 Abs. 1 oder 3) zugrunde liegt, dem nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird, oder wenn er von Amts wegen erlassen wird;

         b)       eine Belehrung, ob ein Rechtsmittel zulässig ist, innerhalb welcher Frist und bei welcher Behörde das Rechtsmittel einzubringen ist, ferner, daß das Rechtsmittel begründet werden muß und daß ihm eine aufschiebende Wirkung nicht zukommt (§ 254).

(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt.

(5) Ist in dem Bescheid eine kürzere oder längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der gesetzlichen oder der angegebenen längeren Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig erhoben.

(6) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Abgabenbehörde, bei welcher das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel richtig eingebracht, wenn es bei der Abgabenbehörde, die den Bescheid ausgefertigt hat, oder bei der angegebenen Abgabenbehörde eingebracht wurde.

§ 198. (1) Soweit in Abgabenvorschriften nicht anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.

(2) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. …

§ 227. (1) Vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten sind einzumahnen.

(4) Eine Mahnung ist nicht erforderlich,

a) wenn dem Abgabepflichtigen spätestens eine Woche vor dem Eintritt der Fälligkeit oder, wenn eine Mahnung bis dahin nicht erfolgt sein sollte, spätestens eine Woche vor dem Ablauf einer gesetzlich zustehenden oder durch Bescheid zuerkannten Zahlungsfrist eine Verständigung (Buchungsmitteilung, Lastschriftanzeige) zugesendet wurde, die ihn über Art, Höhe und Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung unterrichtet oder der Abgabepflichtige auf elektronischem Wege (§ 98 Abs. 2) davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass auf dem Abgabenkonto Buchungen erfolgt sind;

§ 260. (1) Die Bescheidbeschwerde ist mit Beschwerdevorentscheidung (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie

         a)       nicht zulässig ist oder

         b)       nicht fristgerecht eingebracht wurde.

§ 288. (1) Besteht ein zweistufiger Instanzenzug für Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinden, so gelten für das Berufungsverfahren die für Bescheidbeschwerden und für den Inhalt der Berufungsentscheidungen die für Beschwerdevorentscheidungen anzuwendenden Bestimmungen sinngemäß. Weiters sind die Beschwerden betreffenden Bestimmungen (insbesondere die §§ 76 Abs. 1 lit. d, 209a, 212 Abs. 4, 212a und 254) sowie § 93 Abs. 3 lit. b und Abs. 4 bis 6 sinngemäß anzuwenden.

§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.       Würdigung:

3.1. Zu Spruchpunkt 1:

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde vom Stadtrat der Stadtgemeinde *** über eine Berufung gegen eine als „Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung 2. Qu. 2021“ bezeichnete Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 22. April 2021, Rechnungsnummer ***, dahingehend in der Sache entschieden, dass von der Berufungsbehörde Wasserbezugsgebühr und Teilzahlungsbetrag neu festgesetzt wurden.

Fraglich ist aufgrund der gegenständlichen Beschwerde zunächst, ob es sich bei der erstinstanzlichen Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 22. April 2021, Rechnungsnummer ***, überhaupt um einen Bescheid handelt oder nicht.

Unverzichtbar für die Bescheidqualität sind die Bezeichnung der Behörde (§96 BAO), der Spruch, der die Person zu nennen hat, an die der Bescheid ergeht (§ 93 Abs. 2 BAO) sowie (nach Maßgabe des § 96 BAO) die Unterschrift (vgl. z.B. VwGH 95/15/0171; 2002/14/0035; 2004/14/0111, 2005/14/0006).

Die gegenständliche Erledigung ist unzweifelhaft dem Bürgermeister der Stadtgemeinde *** zuzurechnen, was sich aus der Zusammenschau von Briefkopf und Fertigung bzw. Fertigungsklausel ganz eindeutig ergibt. Im Adressfeld ist das Schreiben namentlich ausdrücklich an Frau B, nicht jedoch an Herrn A adressiert.

Das Fehlen einer Unterschrift auf der mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellten Ausfertigung begegnet im Hinblick auf die Genehmigungsfiktion des § 96 letzter Satz BAO keinen Bedenken.

Bezeichnet ist diese Erledigung im Betreff (Überschrift des Textteiles) als „Bescheid/Lastschriftanzeige/Rechnung 2. Qu. 2021 inkl. Wasserabrechnung“.

Fraglich erscheint somit, da die gegenständliche Erledigung sowohl als Lastschriftanzeige als auch als Bescheid bezeichnet ist, ob dieses Schreiben einen Spruch, d.h. einen unzweifelhaft normativen Inhalt, enthält.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 26. September 1985, 85/14/0127, ausgesprochen, dass Lastschriftanzeigen keine Bescheide sind.

Die Lastschriftanzeige ist eine öffentliche Urkunde, jedoch kein Bescheid (VwGH 87/13/0104, 0105).

Das Gesetz selbst unterstreicht den bloßen Mitteilungscharakter einer Lastschriftanzeige. Sprechen doch die §§ 227 Abs. 4 lit. a und 228 BAO im Zusammenhang mit der Lastschriftanzeige von einer Verständigung, die den Abgabepflichtigen über Art, Höhe und Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung unterrichtet. Lastschriftanzeige kommt kein Bescheidcharakter zu (vgl. VwGH 956/51, 85/14/0127, 92/13/0299).

Die gegenständliche Erledigung weist für mehrere Dauerabgaben (Grundsteuer B, Wasserbezugsgebühr Akonto, Bereitstellungsgebühr, Kanalbenützungsgebühr, Abfallwirtschaftsgebühr, Abfallwirtschaftsabgabe, Seuchenvorsorgeabgabe) die für das 2. Qu. 2021 (1.4.2021 – 30.6.2021) die am 15. Mai 2021 fälligen Beträge sowie den Gesamtvorschreibungsbetrag inklusive Umsatzsteuer aus.

Hinsichtlich dieser Verständigung über die Fälligkeit der offenen Abgabenbeträge stellt sich die gegenständliche Erledigung vom 22. April 2021 somit eben nicht als Bescheid, sondern als Lastschriftanzeige gemäß § 227 Abs. 4 lit. a BAO ohne normative Bedeutung dar. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Gesetz (und zwar weder die BAO noch das NÖ Gemeindewasserleitungsgesetz 1978) die Behörde nicht zur Teilung einer einheitlichen Erledigung in einen als Bescheid geltenden Teil (Wasserendabrechnung) und einen nicht bescheidmäßigen Teil (Lastschriftanzeige) mit unterschiedlichen Rechtsfolgen und Rechtsmitteln ermächtigt. Da eine Lastschriftanzeige keinen Bescheid darstellen kann, fehlt es der gesamten Erledigung am Bescheidcharakter.

Daran ändern auch nichts allenfalls auf der Rückseite einer als Zahlschein-Allonge ausgeführten Ausfertigung aufgedruckte Hinweise, dass bei Vorschreibung der jährlichen Wasserbezugsgebühr sowie der Bereitstellungsgebühr die umseitige Vorschreibung als Abgabenbescheid gelte.

Es ist insbesondere für den Adressaten nicht erkennbar, für welche Beträge bestehende Bescheide vorliegen, an deren Fälligkeit nunmehr erinnert wird und (oder) welche Beträge (neu) festgesetzt werden sollen. Insofern erscheint auch eine Trennung der Erledigung in einen normativen und einen nicht normativen Teil nicht möglich, sodass vom Vorliegen eines normativen Spruches (in welchem Umfang?) nicht ausgegangen werden kann.

Durch die Erledigung des Bürgermeisters vom 22. April 2021 wurde somit keine bestimmte Abgabe festgesetzt, insbesondere auch keine Wasserbezugsgebühr und auch kein Teilzahlungsbetrag wirksam festgesetzt.

Die für die Wasserbezugsgebühr angeführten Abrechnungszeiträume decken sich nicht einmal mit dem in der Wasserabgabenordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde *** festgelegten Ablesezeitraum von 1.4. bis 31.3., für welchen eine Festsetzung der jährlichen Wasserbezugsgebühr zu erfolgen hätte.

Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehlt einem Verwaltungsakt, der keinen bestimmten Spruch enthält, die Rechtsqualität als Bescheid. Im Ergebnis zeigt sich daher, dass die Erledigung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 22. April 2021, Rechnungsnummer ***, keinen Bescheid darstellt. Eine Zahlungsverpflichtung zur Abgabenentrichtung wurde durch dieses Schreiben jedenfalls nicht begründet.

Mit Berufung anfechtbar sind jedoch nur Bescheide, daher sind Berufungen gegen Schriftstücke ohne Bescheidcharakter als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VwGH 2005/13/0179; 2006/13/0001; 2004/15/0131,0132; 2010/17/0066).

Somit hätte die Berufung der Beschwerdeführer vom 8. Mai 2021 gegen die erstinstanzliche (im Übrigen nur an Frau B adressierte) Erledigung mangels eines tauglichen Berufungsgegenstandes als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.

Stattdessen hat die Berufungsbehörde die (als Bescheid nicht existente) erstinstanzliche Abgabenvorschreibung im Berufungsbescheid abgeändert und dadurch die unzulässige Berufung inhaltlich erledigt.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als rechtswidrig, da einerseits mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes der belangten Behörde keine Zuständigkeit zur inhaltlichen Erledigung zukam und andererseits auf Grund des angefochtenen Bescheides davon auszugehen wäre, dass eine bescheidmäßige Abgabenvorschreibung des Bürgermeisters vorliegt, wovon aber angesichts des fehlenden Bescheidcharakters der erstinstanzlichen Erledigung nicht die Rede sein kann.

Der angefochtene Bescheid war daher spruchgemäß abzuändern.

Ergänzend ist festzuhalten, dass eine Festsetzung der fraglichen Wasserbezugsgebühr samt Teilzahlungsbetrag durch Abgabenbescheid des Bürgermeisters nach der Aktenlage noch ausständig sein dürfte.

Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs. 3 Z.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden, da eine solche einerseits nicht beantragt wurde und andererseits bereits die Berufung als unzulässig zurückzuweisen war. Die Unzulässigkeit der Berufung wegen Fehlens eines erstinstanzlichen Bescheides entspricht sinngemäß (aufgrund des Vorliegens eines zweistufigen Instanzenzuges im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde iVm § 288 Abs. 1 BAO) dem in § 274 Abs. 3 Z.1 BAO ausdrücklich angeführten Fall der Unzulässigkeit der Beschwerde wegen Fehlens einer bekämpfbaren behördlichen Entscheidung.

Es handelt sich im gegenständlichen Fall eben um eine (wegen Abänderung der zu Unrecht ergangenen inhaltlichen Berufungsentscheidung mit Erkenntnis zu treffende) Formalentscheidung, für welche gerade § 274 Abs. 3 Z.1 BAO eine Ausnahme von der Verhandlungspflicht vorsieht.

Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Der in der Beschwerde bestrittene Sachverhalt, ob und in welcher Menge Wasser im Ablesezeitraum verbraucht wurde und in welcher Höhe der Teilzahlungsbeitrag festzusetzen ist, ist für diese Formalentscheidung weder verfahrensgegenständlich noch entscheidungsrelevant.

3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.

Schlagworte

Finanzrecht; Wasserbezugsgebühr; Abgabenbescheid; Bescheidqualität; Lastschriftanzeige;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2022:LVwG.AV.2112.001.2021

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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