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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Bachler, über die Beschwerde der Stadtgemeinde Leoben, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 31. Oktober 1995, Zl. 513.374/01-I 5/94, betreffend Aufhebung eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides (mitbeteiligte Parteien: 1.) K L und 2.) F L, beide in N, beide vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in B), den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 8. Juli 1992 beantragte die beschwerdeführende Partei beim Landeshauptmann von Steiermark (LH) die (nachträgliche) Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für eine Wasserbenutzungsanlage, bestehend aus 4 Quellen auf Grundstück Nr. 289, KG L. Dieses Wasserbenutzungsrecht sei, so führte die beschwerdeführende Partei in ihrem Antrag aus, ihrer Rechtsvorgängerin mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L. vom 2. Juni 1938 verliehen, in der Folge aber irrtümlich gelöscht worden, obwohl die Anlage ohne Unterbrechung betrieben worden sei.
Mit Kundmachung vom 15. Juni 1993 beraumte der LH über dieses Ansuchen eine mündliche Verhandlung für 29. Juni 1993 an. Als Verhandlungsgegenstand ist u.a. auch die Festsetzung eines Quellschutzgebietes angeführt. Zu dieser Verhandlung wurden die mitbeteiligten Parteien (mP) persönlich geladen.
Bei der Verhandlung am 29. Juni 1993 erklärten die mP, auf Grund einer vorgefundenen Vereinbarung werde gegen die beantragte Errichtung und Bewilligung der Wasserversorgungsanlage kein Einwand erhoben.
Mit Bescheid vom 5. August 1993 erteilte der LH der beschwerdeführenden Partei die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung zur Fassung und Ableitung von 4 Quellen am H.-Berg auf Grundstück Nr. 289, KG L., im Ausmaß von maximal 1,5 l/s, nach Maßgabe des Befundes (gemeint offenbar: des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik) und der vidierten Projektsunterlagen, beschränkt auf die Dauer von 30 Jahren, bei Erfüllung einer Reihe von Auflagen.
In diesem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid wurde für die 4 Quellen auch ein engeres und ein weiteres Schutzgebiet festgesetzt und es wurden Anordnungen zum Schutz der Wasserversorgungsanlage getroffen.
Unter der Überschrift: "Dienstbarkeiten" enthält der Bescheid des LH folgenden Ausspruch:
"Gemäß § 111 Abs. 4 WRG 1959 wird festgestellt, daß mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die im Befund näher beschriebenen geringfügigen Grundinanspruchnahmen die erforderlichen Dienstbarkeiten im Sinne des § 63 lit. b WRG 1959 als eingeräumt anzusehen sind."
Die mP beriefen gegen diesen Bescheid und brachten vor, sie hätten sich zwar bei der wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung dahingehend geäußert, gegen die Errichtung und Bewilligung der Wasserversorgungsanlage keine Einwendungen zu erheben, sie seien dabei jedoch davon ausgegangen, daß durch die Auflagen eine Bewirtschaftung der Schutzgebietsflächen in einem wirtschaftlich vertretbaren Umfang weiterhin möglich sei und darüber hinaus auch eine Entschädigung für die Einschränkung der Nutzungsbefugnisse festgesetzt werden würde. Da es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Dienstbarkeit im Sinn des § 111 Abs. 4 und um keine Zwangsrechte im Sinne des § 63 lit. b WRG 1959 handle, sondern um eine Nutzungseinschränkung im Sinne des § 34 Abs. 1 leg. cit., sei gemäß § 34 Abs. 4 WRG 1959 eine Entschädigung zu leisten. Darüber hinaus seien die Schutzgebietsabgrenzungen der Zone I und II nicht nachvollziehbar und es müßte dem Bescheid unbedingt ein diesbezüglicher Lageplan mit Flächenausweis beigefügt werden. Es werde die Beiziehung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen zur Erstellung eines Gutachtens über die durch die Nutzungseinschränkungen zu erwartenden Nachteile und die Festsetzung einer Entschädigung sowie die ersatzlose Streichung näher bezeichneter Auflagen der Schutzgebietsanordnung oder deren Abänderung beantragt.
Mit Bescheid vom 3. Februar 1994 stellte der LH gemäß § 62 Abs. 4 AVG seinen Bescheid vom 5. August 1993 hinsichtlich der Abgrenzung der engeren Schutzgebiete richtig.
Die mP beriefen auch gegen diesen Bescheid.
Mit Bescheid vom 31. Oktober 1995 gab die belangte Behörde den Berufungen der mP insoweit statt, als "der Ausspruch über die Einräumung der Dienstbarkeiten" gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit bezüglich dieses Punktes zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz verwiesen wurde.
In der Begründung führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und nach Zitierung des § 34 Abs. 1 und Abs. 4 WRG 1959 aus, tatsächlich handle es sich im gegenständlichen Fall um die bescheidmäßige Festlegung eines Schutzgebietes, die zum Teil erheblich in die Benutzungsmöglichkeit des betroffenen Grundstückes eingreife. Den mP sei beizupflichten, daß es sich um keine Dienstbarkeit im Sinne des § 111 Abs. 4 bzw. keine Zwangsrechte im Sinne des § 63 lit. b WRG 1959 handle, sondern um eine Nutzungseinschränkung im Sinne des § 34 Abs. 1 WRG 1959. Aus der Verhandlungsschrift über die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 1993 ergebe sich, daß die mP bei den Ausführungen des Amtssachverständigen bezüglich des Schutzgebietes nicht mehr zugegen gewesen seien, da ihre Unterschrift nach diesem Abschnitt der Verhandlungsschrift fehle. Da es sich bei der Grundstücksbenutzung um den äußerst sensiblen Bereich des "civil right" handle, könne bei derartigen Anordnungen das Gehör der betroffenen Parteien nicht einfach übergangen werden. Es sei daher notwendig, in Zusammenarbeit mit den betroffenen Parteien die Schutzanordnungen bezüglich der Quellenanlage und eine allenfalls zustehende Entschädigung in Rede und Gegenrede mit dem Amtssachverständigen nochmals zu diskutieren und darzulegen. Hinsichtlich des Begehrens auf Zustellung eines Lageplanes bezüglich des Schutzgebietes sei festzuhalten, daß diesem Begehren zugleich mit der Zustellung des berichtigten Bescheides des LH vom 3. Februar 1994 entsprochen worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde und die mP haben Gegenschriften erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Berufung der mP richtete sich gegen die Anordnungen über die Bewirtschaftung und sonstige Benutzung von Grundstücken in den festgesetzten Schutzgebieten und gegen die unterbliebene Festsetzung einer Entschädigung. Die belangte Behörde hat den "Ausspruch über die Einräumung der Dienstbarkeiten" des erstinstanzlichen Bescheides aufgehoben.
In dem Abschnitt über Dienstbarkeiten hat die Wasserrechtsbehörde erster Instanz gemäß § 111 Abs. 4 WRG 1959 die Feststellung getroffen, daß mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die im Befund näher beschriebenen geringfügigen Grundinanspruchnahmen die erforderlichen Dienstbarkeiten im Sinne des § 63 lit. b WRG 1959 als eingeräumt anzusehen sind. Dieser Ausspruch bezieht sich aber nicht auf die Schutzgebietsanordnung.
Die Wasserrechtsbehörde erster Instanz verweist bezüglich der Dienstbarkeiten, die nach ihrem Ausspruch mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung als eingeräumt anzusehen sind, auf die "im Befund näher beschriebenen geringfügigen Grundinanspruchnahmen", ohne zu erläutern, um welchen Befund es sich handelt. Es ist anzunehmen, daß die Wasserrechtsbehörde erster Instanz damit den in der Begründung ihres Bescheides wiedergegebenen Befund gemeint hat, den die Amtssachverständigen anläßlich der wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung erstellt haben. In diesem Befund sind zwar die Quellschutzgebiete erwähnt und bezüglich eines Teil dieser Quellschutzgebiete findet sich eine grobe Andeutung ihres räumlichen Ausdehnungsbereiches; eine nähere Beschreibung, wie sie in dem Ausspruch über die Dienstbarkeiten erwähnt ist, findet sich aber nicht. Für einen Teil der Quellschutzgebiete findet sich nicht einmal eine grobe Andeutung ihres Umrisses.
Daß die Quellschutzgebiete vom Ausspruch über die Dienstbarkeit nicht erfaßt sind, ergibt sich zwingend auch aus der Grundlage dieses Ausspruches, nämlich aus § 111 Abs. 4 WRG 1959.
Nach § 111 Abs. 4 WRG 1959 ist mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung die erforderliche Dienstbarkeit im Sinne des § 63 lit. b als eingeräumt anzusehen, wenn sich im Verfahren ergeben hat, daß die bewilligte Anlage fremden Grund in einem für den Betroffenen unerheblichen Ausmaß in Anspruch nimmt und weder vom Grundeigentümer eine Einwendung erhoben noch von diesem oder vom Bewilligungswerber ein Antrag auf ausdrückliche Einräumung einer Dienstbarkeit nach § 63 lit. b gestellt noch eine ausdrückliche Vereinbarung über die Einräumung einer solchen getroffen worden ist.
Schutzgebietsanordnungen nach § 34 WRG 1959 sind keine Zwangsrechte im Sinne von § 63 WRG 1959 (vgl. die
hg. Erkenntnisse vom 2. Juni 1981, Zl. 3449/80, und vom 19. Oktober 1982, Zl. 82/07/0135). Schutzgebietsanordnungen fallen daher auch nicht unter § 111 Abs. 4 WRG 1959. Der ausdrücklich auf § 111 Abs. 4 WRG 1959 gestützte Ausspruch über Dienstbarkeiten im erstinstanzlichen Bescheid erfaßt daher die Schutzgebietsanordnungen des erstinstanzlichen Bescheides nicht.
Die belangte Behörde wollte zwar, wie sich aus der Begründung ihres Bescheides ergibt, die Schutzgebietsanordnungen aufheben; angesichts des eindeutigen Wortlautes des angefochtenen Bescheides hat sie aber einen Teil des erstinstanzlichen Bescheides aufgehoben, der mit den Schutzgebietsanordnungen nichts zu tun hat. Die Schutzgebietsanordnungen und die damit zwangsläufig verbundenen Einschränkungen des Grundeigentums der mP hingegen wurden durch den angefochtenen Bescheid nicht erfaßt. Dies führt aber dazu, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in keinem Recht verletzt sein kann.
Die Rechtsfolgen des § 111 Abs. 4 WRG 1959 treten bei Zutreffen der in dieser Bestimmung enthaltenen Voraussetzungen mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung ein, ohne daß es eines diesbezüglichen bescheidmäßigen Ausspruches bedarf. Die Aufnahme eines den Eintritt dieser Rechtsfolgen feststellenden Ausspruches in den wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid ist zulässig; sie hat aber nur deklarativen Charakter. Einem solchen Ausspruch kommt (nur) dann normativer Charakter zu, wenn die nach § 111 Abs. 4 als eingeräumt anzusehenden Dienstbarkeiten im wasserrechtlichen Bescheid eindeutig bestimmt werden, weil dann erforderlichenfalls unmittelbar eine Vollstreckungsverfügung ergehen kann, während ansonst vorerst ein eigener Bescheid zu erlassen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1980, Slg. N.F. 10.021/A).
Im Beschwerdefall sind die nach § 111 Abs. 4 WRG 1959 als eingeräumt anzusehenden Dienstbarkeiten im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid nicht eindeutig bestimmt, zumal aus dem Befund, auf den die Wasserrechtsbehörde erster Instanz in ihrem Ausspruch über die Dienstbarkeiten verwiesen hat, nicht eindeutig ableitbar ist, welche Dienstbarkeiten in welchem Ausmaß und Umfang gemeint sind. Damit aber entbehrt der Ausspruch des erstinstanzlichen Bescheides über die Dienstbarkeiten eines normativen Inhalts. Die Aufhebung dieses Ausspruchs konnte daher die beschwerdeführende Partei in keinem Recht verletzen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unzulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
Schlagworte
Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur RechtsverletzungsmöglichkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996070063.X00Im RIS seit
12.11.2001Zuletzt aktualisiert am
16.10.2012