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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1993 §18 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 22. April 1996, Zl. SD 32/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 22. April 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen.
Der Beschwerdeführer, der sich seit dem Jahre 1988 im Bundesgebiet befinde, sei unbestrittenermaßen am 16. Oktober 1995 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens der Anstiftung zum Mißbrauch der Amtsgewalt, wegen Sachwuchers sowie wegen Anstiftung zur Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil sei zugrundegelegen, daß der Beschwerdeführer im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit anderen Mittätern gefälschte bzw. gesetzwidrig erwirkte Sichtvermerke und Arbeitsbewilligungen an Fremde weitergegeben habe und dafür (zumindest) S 110.000,-- verlangt habe.
Angesichts dieses Sachverhaltes könne wohl kein Zweifel bestehen, daß der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. In einem solchen Fall sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 19 und 20 FrG entgegenstünden.
Aufgrund des relativ langen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und im Hinblick auf seine familiären Bindungen (Ehegattin und Kinder) sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Dessen ungeachtet sei das Aufenthaltsverbot aufgrund des Dringen-geboten-seins dieser Maßnahme zulässig. Wer, wie der Beschwerdeführer, anderen Menschen bedeutsame fremdenrechtliche Berechtigungen, die durch Fälschung bzw. Mißbrauch der Amtsgewalt zustandegekommen seien, verschaffe, verstoße gegen gewichtige öffentliche Interessen, die ein Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung (konkret: im öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens und einer geordneten Arbeitsmarktverwaltung) notwendig erscheinen ließen. Hinzu komme, daß der Beschwerdeführer die Zwangslage und die Unerfahrenheit anderer Fremder dadurch ausgebeutet habe, daß er sich Vermögensvorteile (zumindest S 110.000,--) gewähren habe lassen, die im auffallenden Mißverhältnis zum Wert der eigenen Leistung gestanden seien.
Im Lichte dieser Beurteilung habe auch die gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorzunehmende Interessenabwägung zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausschlagen müssen, zumal dabei zu bedenken gewesen sei, daß der aus dem langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und seiner Berufstätigkeit abzuleitenden Integration kein entscheidendes Gewicht zukomme, weil die dafür wesentliche soziale Komponente durch die von ihm begangenen Straftaten erheblich beeinträchtigt werde. Die Unterhaltsleistungen für seine Kinder könne der Beschwerdeführer auch aus dem Ausland leisten. Die belangte Behörde sei daher zur Auffassung gelangt, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Sohin erweise sich das Aufenthaltsverbot auch im Grunde des § 20 Abs. 1 FrG als zulässig.
Was die Gültigkeitsdauer dieser Maßnahme betreffe, so erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung auch nach Auffassung der belangten Behörde gerechtfertigt. In Anbetracht des aufgezeigten Fehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgebenden Grundes, nämlich die Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und der Arbeitsmarktverwaltung durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nicht vor dem Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Rechtsauffassung der belangten Behörde, daß die - unbestrittene - rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers wegen des Verbrechens der Anstiftung zum Mißbrauch der Amtsgewalt, wegen Sachwuchers sowie wegen Anstiftung zur Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 (dritter Fall) FrG verwirkliche, bleibt in der Beschwerde unbekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese Beurteilung ebensowenig Bedenken wie gegen die Auffassung der belangten Behörde, daß aufgrund der der genannten Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Straftaten die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei. Entgegen dem erkennbar damit im Zusammenhang stehenden Beschwerdevorbringen, daß die seiner Verurteilung zugrundeliegenden Taten bereits über viereinhalb Jahre zurücklägen und der Beschwerdeführer sich seither wohl verhalten habe, lassen die der genannten rechtskräftigen Verurteilung zugrunde liegenden strafbaren Handlungen in Anbetracht der gewichtigen öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen - zumal dieser Verurteilung nach dem angefochtenen Bescheid, was in der Beschwerde unbestritten geblieben ist, u.a. zugrundelag, daß der Beschwerdeführer "in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit anderen Mittätern gefälschte bzw. gesetzwidrig erwirkte Sichtvermerke und Arbeitsbewilligungen an Fremde weitergab" - nicht nur die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt, sondern darüber hinaus auch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zum Schutze der öffentlichen Ordnung (im besonderen zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens) und zum Schutz der Rechte Dritter (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und damit im Grunde des § 19 FrG zulässig erscheinen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1996, Zl. 96/18/0163).
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, daß er - anders als im angefochtenen Bescheid festgehalten - keine Geldsumme in der Höhe von S 110.000,-- erhalten habe, ändert nichts an der genannten - von ihm nicht bestrittenen - rechtskräftigen Verurteilung und ist daher ohne Relevanz.
2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid - im Rahmen der Beurteilung nach § 20 FrG - zu Recht angenommen, daß im Hinblick auf die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich und auf seine familiären Bindungen (Aufenthalt der Gattin und der Kinder in Österreich) mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes in sein Privat- und Familienleben eingegriffen würde. Die belangte Behörde hat aber zutreffend darauf hingewiesen, daß sich der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg auf einen hohen Grad an Integration berufen könne, zumal die für seine Integration wesentliche soziale Komponente durch sein - gerade für den Bereich des Fremdenwesens - erhebliches Fehlverhalten eine maßgebliche Schwächung erfahren hat.
Wenn die belangte Behörde vor diesem Hintergrund die Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG zu Ungunsten des Beschwerdeführers vorgenommen hat, so kann darin keine Rechtswidrigkeit erkannt werden: Die nachhaltige Beeinträchtigung der einen sehr hohen Stellenwert aufweisenden öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens durch den Beschwerdeführer führt zu dem Ergebnis, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation und die seiner Familie jedenfalls nicht schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von dieser Maßnahme.
3. Da nach den vorstehenden Ausführungen bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996180273.X00Im RIS seit
20.11.2000