TE Vwgh Beschluss 2022/2/24 Ra 2021/10/0194

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Veröffentlicht am 24.02.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
70/05 Schulpflicht

Norm

B-VG Art133 Abs4
SchPflG 1985 §11 Abs2
SchPflG 1985 §15
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision des P W in R, vertreten durch Dr. Thomas Romauch und Dr. Elke Romauch, Rechtsanwälte in 9201 Krumpendorf, Koschatweg 19/8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15. November 2021, Zl. W129 2247996-1/2E, betreffend Teilnahme am häuslichen Unterricht (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Niederösterreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 15. November 2021 untersagte das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) - im Beschwerdeverfahren - gemäß § 11 Abs. 3 und 4 Schulpflichtgesetz (SchPflG) sowie § 42 Abs. 6 und 14 Schulunterrichtsgesetz die Teilnahme des Sohnes des Revisionswerbers, E W, am häuslichen Unterricht für das Schuljahr 2021/2022.

2        Begründend führte es im Wesentlichen aus, der Sohn des Revisionswerbers, dessen Teilnahme am häuslichen Unterricht für dieses Schuljahr untersagt worden sei, habe die erste Klasse Volksschule im Schuljahr 2020/2021 ungeachtet seiner gesetzlichen Berechtigung zum Aufstieg in die zweite Volksschulklasse nicht erfolgreich abgeschlossen, da er in sämtlichen Pflichtgegenständen nicht beurteilt worden sei. Dies bedeute, dass eine Sperrfrist von (vollen) 12 Monaten, gerechnet ab 2. Juli 2021, für einen Antritt zur Externistenprüfung bestehe, sodass ein rechtzeitiger Antritt und Nachweis der erfolgreichen Externistenprüfung noch vor Ende des Schuljahres 2021/2022 (in Niederösterreich am 1. Juli 2022) unzulässig und somit nicht möglich sei.

3        Ob einem Schulbesuch tatsächlich medizinische Gründe entgegenstünden, so wie dies der Revisionswerber unter Verweis auf § 15 SchPflG erstmals in der Beschwerde unsubstantiiert und ohne Vorlage entsprechender ärztlicher Bescheinigungen vorgebracht habe, bilde nicht den Verfahrensgegenstand vor der bescheiderlassenden Behörde und entziehe sich daher der Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichts.

4        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss sich die Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, die nach Ansicht des Revisionswerbers die Zulässigkeit der Revision begründet, aus der gesonderten Darstellung der Zulässigkeitsgründe ergeben. Der Verwaltungsgerichtshof überprüft die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG sohin (nur) im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe. Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt. In der Revision muss daher gemäß § 28 Abs. 3 VwGG konkret dargetan werden, warum das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 30.3.2020, Ra 2019/10/0180-0182, 0187; 25.3.2020, Ra 2020/10/0015; 27.2.2020, Ra 2019/10/0121).

7        Soweit in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision als „wichtige Rechtsfrage“ formuliert wird, ob es zulässig sei, in der „weltweiten Covid19-Pandemie-Situation“ ausschließlich auf den Text der einzelnen Bestimmungen des Schulpflichtgesetzes abzustellen, oder ob es erforderlich sei, einzelfallbezogen medizinisch nachzuweisende Gründe aufzugreifen und in die meritorische Entscheidung miteinzubeziehen, mangelt es an einer näheren Konkretisierung der zu lösenden Rechtsfrage im Hinblick auf den Revisionsfall. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht ein pauschales oder nur ganz allgemein gehaltenes Vorbringen ohne Herstellung eines Fallbezuges und ohne jede fallbezogene Verknüpfung mit der angefochtenen Entscheidung nicht aus, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen (vgl. VwGH 17.6.2021, Ra 2021/10/0074; 18.12.2020, Ra 2019/10/0087; 12.10.2020, Ra 2020/10/0131). Den genannten Anforderungen genügt das Vorbringen in der Revision schon deshalb nicht, da dort nur allgemein darauf verwiesen wird, dass bei der Beurteilung der Erfüllung der Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 sowie des § 15 SchPflG auf die Covid 19-Pandemie abzustellen sei. Soweit in der Revision in diesem Zusammenhang auf „medizinische Gründe“ des Sohnes des Revisionswerbers verwiesen wird, mangelt es an jeder weiteren Konkretisierung und fallbezogenen Verknüpfung.

8        Soweit sich die Revision schließlich auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Auswirkungen der „weltweiten Covid-19-Pandemie“ auf die Schulsituation beruft, ist - abgesehen davon, dass es diesem Vorbringen an der notwendigen Konkretisierung mangelt (vgl. Rn 7) - darauf zu verweisen, dass das bloße Fehlen einer solchen Rechtsprechung nicht automatisch zur Zulässigkeit einer Revision führt (vgl. die Nachweise bei Thienel, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verwaltungsgerichtsbarkeit ZVG 2018, 180 [189]). Die Begründung der Zulässigkeit der Revision erfordert insoweit etwa die konkrete Darlegung der Rechtsfrage, die der Verwaltungsgerichtshof noch nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 27.6.2019, Ro 2018/07/0046).

9        Dem entspricht die vorliegende Revision wie gezeigt nicht. Ihr ist nicht zu entnehmen, welche konkrete Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof hier im Zusammenhang mit § 11 Abs. 2 oder § 15 SchPflG zu beantworten hätte.

10       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

11       Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021100194.L00

Im RIS seit

22.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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