Entscheidungsdatum
16.02.2021Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG 1991 §49Text
IM NAMEN DER REPUBLIK !
Das Verwaltungsgericht Wien e r k e n n t durch seinen Richter Mag. Hohenegger über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen den Zurückweisungsbescheid der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 30.8.2021, Zl. VStV/.../2021, mit welchem der Einspruch vom 30.8.2021 gegen die Strafverfügung vom 2.8.2021 als verspätet zurückgewiesen wurde,
zu Recht:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.
I.
II. E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1. Gang des Verfahrens:
Mit Anzeige vom 31.7.2021, GZ. .../VStV, wurde Herrn A. B., geb. 1997, Stbg. Österreich (im Folgenden: Beschwerdeführer), in zwei Fällen zur Last gelegt, als Zulassungsbesitzer des KFZ mit dem behördlichen Kennzeichen W-... nicht dafür Sorge getragen zu haben, dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Einerseits habe die vordere Kennzeichentafel gefehlt und andererseits sei ein nicht typisierter offener Sportfilter am Fahrzeug angebracht gewesen (LPD – AS 1 ff.).
Die Landespolizeidirektion Wien (im Folgenden: belangte Behörde, LPD Wien) erließ eine entsprechende Strafverfügung datiert mit 2.8.2021 zu GZ. VStV/.../2021 (LPD – AS 5 ff.).
Eine Ausfertigung dieser Strafverfügung wurde bei der zuständigen Postgeschäftsstelle hinterlegt und ab dem 9.8.2021 zur Abholung bereitgehalten (LPD – AS 7).
Mit Schreiben vom 30.8.2021, übermittelt per E-Mail am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer Einspruch gegen diese Strafverfügung (LPD – AS 8 f.).
Mit Zurückweisungsbescheid vom 30.8.2021, GZ. VStV/.../2021, wies die LPD Wien den Einspruch als verspätet zurück und begründete dies damit, dass die Strafverfügung am 9.8.2021 lt. Zustellnachweis zugestellt worden sei und die gesetzlich festgesetzte zweiwöchige Einspruchsfrist daher mit diesem Tage begonnen und am 23.8.2021 geendet habe, weshalb der am 30.8.2021 übermittelte Einspruch verspätet sei (LPD – AS 10 ff.).
Eine Ausfertigung dieses Zurückweisungsbescheids wurde am 1.9.2021 von einem Mitbewohner des Beschwerdeführers übernommen (LPD – AS 12).
Mit Schreiben vom 13.9.2021, übermittelt per E-Mail am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer Beschwerde gegen diesen Zurückweisungsbescheid. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde nicht beantragt (LPD – AS 13 ff.). Unter anderem machte der Beschwerdeführer geltend, dass es ihm nicht möglich gewesen sei die Strafverfügung von der Post abzuholen, da er sich nicht in Wien befunden habe, sondern im Urlaub gewesen sei.
Diese Beschwerde langte am 24.9.2021 beim Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: VGW) ein (LPD – AS 18).
Mit Schreiben vom 29.9.2021 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert innerhalb von zwei Wochen Nachweise für seine in der Beschwerde vorgebrachte urlaubsbedingte Abwesenheit von der Abgabestelle (Buchungsbestätigungen, Reisbestätigungen, Reisetickets, Rechnungen, etc.) vorzulegen (VGW – ON 2). Diese Aufforderung wurde ab dem 5.10.2021 an der zuständigen Geschäftsstelle der Post zur Abholung bereitgehalten. Dennoch erfolgte keine Reaktion des Beschwerdeführers binnen zwei Wochen.
Mit Schreiben vom 8.11.2021 forderte das Verwaltungsgericht den Beschwerdeführer erneut auf Nachweise vorzulegen (VGW – ON 3).
Mit Schreiben vom 19.11.2021, übermittelt per E-Mail am selben Tag, gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er keine Nachweise über seine urlaubsbedingte Abwesenheit nachreichen könne (VGW – ON 4).
Am 22.11.2021 teilte der Beschwerdeführer telefonisch mit, dass er keinen Nachweis für Zahlungen am Urlaubsort habe, da er alles bar gezahlt habe. Er habe lediglich Fotos von der Fahrt, sei aber nur mit privatem Kfz unterwegs gewesen (VGW – ON 4).
2. Festgestellter Sachverhalt:
Der oben dargelegte Gang des Verfahrens wird hinsichtlich des beschriebenen Ablaufs der Ereignisse dem Sachverhalt zugrunde gelegt.
Festgestellt wird, dass eine Ausfertigung der Strafverfügung vom 2.8.2021 zu GZ. VStV/.../2021 bei der zuständigen Postgeschäftsstelle hinterlegt und ab dem 9.8.2021 zur Abholung bereitgehalten wurde (LPD – AS 7). Erst mit Schreiben vom 30.8.2021, übermittelt per E-Mail am selben Tag, erhob der Beschwerdeführer Einspruch gegen diese Strafverfügung (LPD – AS 8 f.).
Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer, wie von ihm vorgebracht, zum Zeitpunkt der Hinterlegung urlaubsbedingt ortabwesend war.
3. Beweiswürdigung:
Die Fundstellen der entsprechenden Urkundenbeweise in den Akten sind bereits im Gang des Verfahrens und in den Feststellungen in Klammern beigesetzt.
Hinsichtlich der behaupteten Abwesenheit von der Abgabestelle ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zweimal schriftlich und einmal telefonisch aufgefordert wurde Belege für seine urlaubsbedingte Ortsabwesenheit vorzulegen und letztendlich angab, keine Nachweise dafür vorlegen zu können mit Ausnahme von Fotos von der Fahrt, welche jedoch nicht als geeignet angesehen werden eine Ortsabwesenheit überhaupt zu dokumentieren, da diese –soweit sie überhaupt eine Örtlichkeit erkennen ließen - auch von einem Tagesausflug stammen könnten.
Im Übrigen ist es nicht glaubhaft, wenn der Beschwerdeführer vorbringt, dass es für seinen Aufenthalt an einem Urlaubsort überhaupt keinerlei Nachweise gibt. Es ist gegenwärtig so gut wie unmöglich eine für den ggstdl Fall relevante Zeit an einem vom Hauptwohnsitz verschiedenen Ort aufhältig zu sein, ohne elektronische Spuren zu hinterlassen, denn zahlreiche Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens wie unbare Zahlungsmittel, Kundenkarten, Mobiltelefone, Navigationsgeräte, etc. produzieren zwingend elektronische Spuren, sodass es schwer sein dürfte sie alle zu vermeiden - von Social Media Einträgen, wo sich Hinweise auf Urlaube finden lassen, elektronische Kommunikationen mit Freunden und Verwandten im Zusammenhang mit dem Urlaubsaufenthalt und Zufriedenheitsabfragen, welche ein Kunde sofort nach Besuch von Geschäften, Lokalen, Ausstellungen und Sehenswürdigkeiten aufs Mobiltelefon unaufgefordert erhält, ganz zu schweigen.
Aber selbst wenn man, wie der Beschwerdeführer vorbringt, alles vor Ort bar bezahlt und mit privatem Fahrzeug verreist, so ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass diese Barmittel von einem Girokonto vor Fahrtantritt für die Betankung des Fahrzeuges behoben werden und entweder eine signifikante Summe für die gesamten Barmittel während des Urlaubs im Vorhinein behoben werden muss, oder eben am Urlaubsort behoben wird, sodass auch das Argument, ein reiner Barzahler zu sein, nicht dazu führen kann, dass eine urlaubsbedingte Abwesenheit keinerlei typische Spuren am Girokonto hinterlassen würde. Auch erhält man auch bei Barzahlungen stets Kassenzettel, welche man aus mehreren Gründen (bspw. als Nachweis, wo man was gekauft hat bei aufeinanderfolgenden Einkäufen in mehreren Geschäften; kurze Aufbewahrungspflicht des Kunden mit Einführung der Registrierkassenpflicht gem. § 132a Abs. 5 BAO) entgegennehmen muss. Bei Teilnahme an Kundenbindungsprogrammen, wie „JÖ-Card“, „Cashback“ udgl. werden wiederum elektronische Spuren produziert. Aber selbst wenn man zugrunde läge, dass der Beschwerdeführer ein völliger Verweigerer hinsichtlich der bisher genannten Technologien wäre, so würde das noch immer nicht erklären, wie eine Unterkunftnahme am Urlaubsort völlig nachweisfrei zustande gekommen wäre, denn selbst bei privater Unterkunft bei Freunden oder Verwandten, müssten diese zumindest als Zeugen nominiert werden können.
4. Rechtliche Beurteilung:
§ 49 VStG lautet auszugsweise:
(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.
(2) Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht und nicht binnen zwei Wochen zurückgezogen wird, ist das ordentliche Verfahren einzuleiten. […]
(3) Wenn ein Einspruch nicht oder nicht rechtzeitig erhoben oder zurückgezogen wird, ist die Strafverfügung zu vollstrecken.
Aufgrund der oben getroffenen Feststellungen steht fest, dass der Einspruch des Beschwerdeführers am 30.8.2021 per E-Mail übermittelt und somit eingebracht wurde. Eine Ausfertigung jener Strafverfügung, gegen die sich dieser Einspruch richtete, war bei der zuständigen Postgeschäftsstelle hinterlegt und ab dem 9.8.2021 zur Abholung bereitgehalten worden, weshalb die Zustellung gem. § 17 Abs. 3 Zustellgesetz mit diesem Datum erfolgt war und die gesetzlich festgesetzte zweiwöchige Einspruchsfrist daher mit diesem Tage begonnen und am 23.8.2021 geendet hatte. Der Einspruch vom 30.8.2021 war somit um sieben Tage verspätet.
Dass der Beschwerdeführer wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, ist vom Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht worden.
Dementsprechend ist spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
III. Unzulässigkeit der Revision
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Strafverfügung; Zustellung; Hinterlegung; Beginn der Einspruchsfrist; Ende der EinspruchsfristEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.068.14076.2021Zuletzt aktualisiert am
21.03.2022