Entscheidungsdatum
14.09.2021Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §31 Abs2Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin Mag. Holl, LL.M. über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 03.06.2020, Zl. VStV/.../2017, betreffend Straßenverkehrsordnung (StVO),
zu Recht:
I. Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG iVm § 45 Abs. 1 Z 2 VStG eingestellt.
II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.
III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof durch die vor dem Verwaltungsgericht Wien belangte Behörde unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Maßgeblicher Verfahrensgang und Sachverhalt
Mit dem Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien vom 3.6.2020 zur GZ: VStV/.../2017, zugestellt am 9.6.2020, wurde dem Beschwerdeführer Folgendes zur Last gelegt:
„1.
Datum/Zeit: 30.09.2017, 08:55 Uhr
Ort: Wien, 10., Oberlaaer Straße 10, Fahrtrichtung Unter-Laaer Straße
Betroffenes Fahrzeug: PKW, Kennzeichen: W-6 (A)
Sie haben als Lenker des oben angeführten Fahrzeuges zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort die durch Zonenbeschränkung in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 21 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
1. § 52 lit. a Z 11a StVO
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, Freiheitsstrafe von Gemäß Ersatzfreiheitsstrafe von
1. € 100,00 1 Tag 22 Stunden § 99 Abs. 3 lit.a StVO
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:
€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, jedoch mindestens € 10,00 für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich € 100,00 angerechnet).
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
€ 110,00“
Mit E-Mail vom 7.7.2020 erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde gegen den Bescheid vom 3.6.2020.
Die belangte Behörde erließ keine Beschwerdevorentscheidung und legte den Verfahrensakt samt Beschwerde dem Verwaltungsgericht Wien vor (ha. eingelangt am 14.9.2021).
II. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zum Verfahrensgang bzw. zum Sachverhalt ergeben sich unstrittig aus dem Behördenakt und den aktenkundigen Urkunden.
III. Rechtsvorschriften
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991 (WV) idF BGBl. I Nr. 57/2018, lauten auszugsweise wie folgt:
„Verjährung
§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.
(2) Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:
1. die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;
2. die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;
3. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;
4. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union. (…)
§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
5. die Strafverfolgung nicht möglich ist;
6. die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. (…)“
IV. Rechtliche Beurteilung
Der Eintritt der Verjährung ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen (vgl. VwGH 29.5.1974, 1795/73).
Im gegenständlichen Fall ist – bereits im Zeitpunkt des Einlangens des Verfahrensaktes beim Verwaltungsgericht Wien – die Strafbarkeitsverjährung eingetreten, da seit 30.9.2017 drei Jahre vergangen sind (vgl. § 31 Abs. 2 VStG). Daher liegt ein Strafaufhebungsgrund bzw. Einstellungsgrund iSd § 45 Abs. 1 Z 2 VStG vor.
Nach Eintritt der Strafbarkeitsverjährung darf auch das Verwaltungsgericht bei einer Entscheidung in der Sache ein Straferkenntnis nicht mehr bestätigen, sondern muss es beheben und das Verfahren einstellen (vgl. sinngemäß VwGH 10.4.1997, 95/09/0264; VwGH 19.12.1996, 95/09/0255).
Der Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung basiert auf § 44 Abs. 2 VwGVG, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf § 52 Abs. 8 VwGVG.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Verjährung; StrafbarkeitsverjährungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.062.13485.2021Zuletzt aktualisiert am
21.03.2022