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E1PNorm
AVG §13aRechtssatz
Die Gewährung der Verfahrenshilfe nach § 8a VwGVG 2014 kommt nicht in allen Verfahren der VwG in Betracht, sondern erfordert, dass der Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 1 MRK oder des Art. 47 GRC eröffnet ist. Im Sinn des § 8a Abs. 2 zweiter Satz VwGVG 2014 schließt die Bewilligung der Verfahrenshilfe im vollen Umfang die Beigebung eines Rechtsanwaltes als Verfahrenshelfer ein. Zur Beurteilung, ob auf Grund des Art. 6 MRK bzw. des Art. 47 GRC die Beigebung eines Rechtsanwaltes "geboten ist", kommt es im Sinn der Judikatur des EGMR und des EuGH darauf an, ob dies für den "effektiven Zugang" der Partei zum Gericht unentbehrlich ist. Vor dem Hintergrund der Ausgestaltung des Verfahrens nach dem VwGVG 2014 - der Manuduktionspflicht, der auch für nicht rechtkundige Bürger grundsätzlich zu bewältigenden Einhaltung der Formvorschriften und des Amtswegigkeitsprinzips - sowie der durch § 8a Abs. 1 VwGVG 2014 angeordneten ausdrücklichen Beschränkung der Gewährung der Verfahrenshilfe auf Fälle, in denen dies nach Art. 6 Abs. 1 MRK oder Art. 47 GRC geboten ist, kommt der Beigebung eines Rechtsanwaltes als Verfahrenshelfer im Verfahren der VwG Ausnahmecharakter zu. Sie kann jedoch im Einzelfall erforderlich sein. Dies könnte insbesondere dann der Fall sein, wenn schon die Formulierung einer Beschwerde bzw. eines Vorlageantrags, eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens oder eines Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bzw. die Erstattung weiteren Vorbringens im Verfahren - etwa aufgrund einer nach Lage des Falles bestehenden Pflicht der Parteien, an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken - besondere Schwierigkeiten aufwerfen, die die Fähigkeiten der Partei nach ihren persönlichen Umständen überschreiten (vgl. hiezu VwGH 11.9.2019, Ro 2018/08/0008, mwN).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021110071.L01Im RIS seit
21.03.2022Zuletzt aktualisiert am
21.03.2022