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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §11Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Enzenhofer und die Hofräte Dr. Kleiser sowie Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des W Y in W, vertreten durch Dr. Inge Margreiter, Rechtsanwältin in 6233 Kramsach, Zentrum 16, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Juli 2021, Zl. W187 2207630-1/16E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
I. Die Revision wird hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten zurückgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Revision als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) in der Sache den Antrag des Revisionswerbers, eines afghanischen Staatsangehörigen, auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei, legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber sowohl Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch die vorliegende außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.
3 Der Verfassungsgerichtshof hob die angefochtene Entscheidung mit Erkenntnis vom 29. November 2021, E 3208/2021-18, soweit sie die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Rückkehrentscheidung und den Ausspruch der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer vierzehntägigen Frist für die freiwillige Ausreise betraf, wegen Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander auf.
Im Übrigen - sohin hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten - lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat diese insoweit dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Zu I:
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Das Verwaltungsgericht begründete die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten tragend mit der mangelnden Glaubhaftmachung der vom Revisionswerber behaupteten asylrechtlich relevanten Verfolgung. Soweit sich demgegenüber das Zulässigkeitsvorbringen ausschließlich mit dem Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auseinandersetzt, kommt ihm insofern keine rechtliche Relevanz zu, als die nur hilfsweise herangezogene innerstaatliche Fluchtalternative bei fehlender Glaubhaftmachung der behaupteten Verfolgung für die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten nicht maßgeblich ist (vgl. etwa VwGH 10.2.2021, Ra 2020/18/0205, Rn. 23, mwN).
8 In der Revision werden somit insoweit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
9 Sie war daher hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
10 Zu II:
11 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
12 Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt u.a. dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier - durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde (vgl. dazu etwa aus der jüngeren hg. Rechtsprechung VwGH 13.12.2021, Ra 2021/01/0123 bis 0126, Rn. 14, mwN). Auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes gab der Revisionswerber in seiner Stellungnahme vom 3. Februar 2022 an, „kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung ... im durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs ... aufgehobenen Umfang“ des angefochtenen Erkenntnisses zu haben.
13 Die Revision war daher im übrigen Umfang als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
14 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 erster Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das auf Ersatz der Umsatzsteuer gerichtete Mehrbegehren des Revisionswerbers war abzuweisen, weil in dem in der Verordnung vorgesehenen Pauschalbetrag die Umsatzsteuer bereits mitenthalten ist (vgl. etwa VwGH 31.5.2021, Ra 2020/01/0284 - 0288, Rn. 44, mwN).
Wien, am 23. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021010288.L00Im RIS seit
21.03.2022Zuletzt aktualisiert am
22.03.2022