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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der I GmbH in D, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 2. August 2021, LVwG-318-21/2021-R9, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer raumordnungsrechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Beschlusses brachte die revisionswerbende Partei am 27. Oktober 2020 eine Aufsichtsbeschwerde bei der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn ein, in der sie beantragte, einen näher bezeichneten Baubewilligungsbescheid der Stadt Dornbirn als nichtig aufzuheben.
5 In Beantwortung dieser Aufsichtsbeschwerde erging am 19. Jänner 2021 ein im angefochtenen Beschluss wörtlich wiedergegebenes Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn an die revisionswerbende Partei. Diese erhob gegen das genannte Schreiben Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (LVwG).
6 Mit Beschluss vom 2. August 2021 wies das LVwG diese Beschwerde als unzulässig zurück und erklärte eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig. Begründend führte es dazu näher aus, dass und aus welchen Gründen es sich bei dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 19. Jänner 2021 nicht um eine bescheidmäßige Erledigung handle, weswegen die Bescheidbeschwerde mangels eines tauglichen Anfechtungsgegenstandes unzulässig sei.
7 Gegen diesen Beschluss erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 30. November 2021, E 3512/2021-5, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
8 Nunmehr richtet sich gegen den Beschluss vom 2. August 2021 die vorliegende außerordentliche Revision, die sich zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst gegen die Beurteilung des LVwG wendet, dass es sich bei dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 19. Jänner 2021 nicht um eine bescheidmäßige Erledigung handle.
9 Die Revision ist unzulässig.
10 Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass die Auslegung bzw. Qualifikation eines Schreibens einer Behörde nur die Lösung eines Einzelfalls betrifft, der regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. etwa VwGH 14.9.2021, Ra 2021/06/0115, 13.9.2017, Ra 2017/12/0062 oder auch 22.10.2015, Ra 2015/12/0038, jeweils mwN). Anderes gilt für einzelfallbezogene Beurteilungen nur dann, wenn die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Auslegung als geradezu unvertretbare Anwendung der vom Verwaltungsgerichtshof geprägten Rechtsprechung anzusehen wäre (vgl. nochmals die genannten Entscheidungen vom 14.9.2021, 13.9.2017 und 22.10.2015).
11 Eine derartige Unvertretbarkeit zeigt die revisionswerbende Partei mit den allgemeinen, außerdem weitestgehend Revisionsgründe (vgl. § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellenden Ausführungen in ihrem Zulässigkeitsvorbringen weder auf, noch ist eine solche ersichtlich. Vielmehr kam das LVwG betreffend die konkret in Rede stehende Erledigung im angefochtenen Beschluss mit näherer Begründung unter Bezugnahme auf einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und in Übereinstimmung mit den in dieser aufgestellten Leitlinien zu dem Ergebnis, dass dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 19. Jänner 2021 kein rechtsverbindlicher Inhalt beizumessen, sondern dieses als bloße Information im Sinne des § 82 Abs. 3 Gemeindegesetz zu verstehen sei.
12 Das LVwG hat daher die im Revisionsfall in Rede stehende einzelfallbezogene Rechtsfrage jedenfalls vertretbar gelöst.
13 Zu verweisen ist im Übrigen auf die nach § 82 Abs. 4 Gemeindegesetz auch vorliegend geltende Bestimmung des § 81 Abs. 4 leg. cit., wonach auf die Ausübung des Aufsichtsrechtes außer im Fall des (hier nicht relevanten) § 91 niemandem ein Rechtsanspruch zusteht.
14 In der Revision werden damit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 24. Februar 2022
Schlagworte
Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidcharakter Bescheidbegriff Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2022060021.L00Im RIS seit
21.03.2022Zuletzt aktualisiert am
28.03.2022