Index
E6JNorm
AVG §76 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und die Hofrätinnen Dr. Pollak, Mag. Hainz-Sator und MMag. Ginthör sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der Österreichischen Zahnärztekammer in Wien, vertreten durch die Tschurtschenthaler Walder Fister Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Dr. Arthur Lemisch-Platz 7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 13. Mai 2019, Zl. VGW-101/078/10020/2016-99, betreffend Vorabfeststellung des Bedarfs an einem selbständigen Zahnambulatorium (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Wiener Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Prof. DDr. E J in W, vertreten durch die Cerha Hempel Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Parkring 2),
Spruch
I. zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
II. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt II. richtet, zurückgewiesen.
Der Antrag der Revisionswerberin auf Aufwandersatz wird abgewiesen.
Begründung
1 1.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis stellte das Verwaltungsgericht Wien, einen Bescheid der belangten Behörde vom 20. Juni 2016 bestätigend, gemäß § 5 Abs. 3 iVm. Abs. 1 (letzter Satz) Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 - Wr. KAG auf Antrag des Mitbeteiligten vorab fest, dass an der Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde sowie Kieferorthopädie an einem näher genannten Standort im 7. Wiener Gemeindebezirk ein Bedarf bestehe (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde dem Mitbeteiligten der Ersatz näher genannter Barauslagen für die Beiziehung der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) als Sachverständige aufgetragen (Spruchpunkt II.). Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).
2 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Antragsteller sei Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (ZMK) und betreibe seit über 20 Jahren eine zahnärztliche Praxis am Standort des geplanten Ambulatoriums. Er biete hauptsächlich Zahnspangen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an.
3 Zum beantragten Ambulatorium stellte das Verwaltungsgericht fest, in diesem sollten sowohl für Kinder und Jugendliche als auch für Erwachsene (näher genannte) Prophylaxe und (näher genannte) kieferorthopädische Leistungen (sowohl außerhalb als auch im Bereich der „Gratiszahnspange“) angeboten werden. Ausschließlich für Kinder und Jugendliche sollten (jeweils näher genannte) konservierende Zahnheilkunde, prothetische Leistungen, Implantate, Endodontologie, zahnärztliche Chirurgie und Parodontologie mit dem gesamten Spektrum der Parodontalchirurgie, ausgedehnte Prophylaxemaßnahmen in Form von professioneller Mundhygiene und Aufklärung in Form von Einzelunterweisung angeboten werden. Weiters sollten spezielle (näher genannte) Leistungen für Kinder ab zwölf Monaten (zB Ernährungsberatung hinsichtlich Zahngesundheit) sowie, wie schon in der bestehenden Ordination des Mitbeteiligten, von selbständigen Therapeuten Leistungen aus dem Bereich der Logopädie, Osteopathie und cranio-sacralen Therapie angeboten werden. Insgesamt seien zwölf Behandlungsplätze für klassische zahnmedizinische Leistungen vorgesehen. Der Mitbeteiligte beabsichtige, im Ambulatorium einen Facharzt mit Zusatzdiplom „Kinderzahnheilkunde“ und zwei Fachärzte mit Zusatzdiplom „Kieferorthopädie“ jeweils in Vollzeit anzustellen, und werde selbst kieferorthopädisch tätig sein. Die Öffnungszeiten des Ambulatoriums seien von Montag bis Freitag von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr und am Samstag von 8:00 Uhr bis 13:00 Uhr.
4 Der Standort des geplanten Ambulatoriums solle sich am Standort der bisherigen Ordination des Mitbeteiligten im 7. Wiener Gemeindebezirk befinden. Der Standort liege in fußläufiger Entfernung zur U-Bahnlinie U3 und der Buslinie 13A. Die Erreichbarkeit für den motorisierten Individualverkehr sei gegeben.
5 Als Einzugsgebiet des Ambulatoriums stellte das Verwaltungsgericht das gesamte Gemeindegebiet von Wien fest.
6 Die durchschnittliche Wartezeit im Bereich der „Gratiszahnspange“ im Einzugsgebiet bei den Vertragskieferorthopäden und eigenen Einrichtungen der Sozialversicherungsträger betrage bei 71% der Anbieter über zwei Wochen und bei 29% der Anbieter unter zwei Wochen, im Wahlarztbereich für Neupatienten bei 44% der Anbieter über zwei Wochen und bei 56% der Anbieter unter zwei Wochen. Bei kieferorthopädischen Leistungen außerhalb der „Gratiszahnspange“ liege die durchschnittliche Wartezeit bei Anbietern mit dem Zusatzdiplom „Kieferorthopädie“ im Einzugsgebiet bei 56% der Anbieter innerhalb von zwei Wochen und bei 44% der Anbieter bei über zwei Wochen. Im Einzugsgebiet des Ambulatoriums bestünden sechs auf Kinder und Jugendzahnheilkunde spezialisierte Leistungsanbieter mit dem Zusatzdiplom „Kinderzahnheilkunde“. Die durchschnittliche Wartezeit bei auf Kinder- und Jugendzahnheilkunde spezialisierten Leistungsanbietern mit einem solchen Zusatzdiplom im Einzugsgebiet betrage in der Hälfte der Fälle über zwei Wochen. Von den nicht auf Kinderzahnbehandlung spezialisierten Leistungsanbietern im Bereich der allgemeinen ZMK behandle der überwiegende Teil auch Kinder, wobei die durchschnittliche Wartezeit bei 18,5% der Anbieter über zwei Wochen und bei 81,5% der Anbieter bis zu zwei Wochen betrage. Von den nicht auf Kinderzahnbehandlung spezialisierten Leistungsanbietern im Bereich der allgemeinen ZMK im Einzugsgebiet biete jeweils etwa ein Sechstel Kurz(Rausch)Narkose (Sedierung) für Kinder und prothetischen Zahnersatz für Kinder an, wobei die durchschnittliche Wartezeit für Kurz(Rausch)Narkose (Sedierung) bei der Hälfte der Anbieter mehr als zwei Wochen und für prothetischen Zahnersatz unter zwei Wochen betrage.
7 Im Bereich der Zahnmedizin gebe es Spezialisierungstendenzen in Richtung Kieferorthopädie sowie Kinderzahnheilkunde sowie aus Kompetenzgründen eine Tendenz zur Arbeit im Team. Weiters gebe es eine Tendenz zur Teilzeitarbeit. In den vergangenen Jahren sei es in Wien zu einer verstärkten Inanspruchnahme von zahnmedizinischen Leistungen gekommen, wobei Wien derzeit im Bundesländervergleich an der Spitze des Inanspruchnahmeverhaltens liege. In den nächsten fünf bis zehn Jahren erreichten sehr „starke“ Jahrgänge an Zahnmedizinern das Pensionsalter.
8 Im Bereich der „Gratiszahnspange“ seien im Jahr 2017 von Vertragspartner der Wiener Gebietskrankenkasse in 22.178 Fällen Leistungen erbracht und im Wahlarztbereich 1.529 Anträge auf Kostenerstattung gestellt worden. Im zweiten Quartal des Jahres 2018 seien im Bereich der Wiener Gebietskrankenkasse auf 1.498 Neufälle im Bereich der „Gratiszahnspange“ 112 Fälle auf Wahlkieferorthopäden entfallen.
9 Beweiswürdigend stützte das Verwaltungsgericht diese Feststellungen, soweit sie den Leistungsumfang, die Organisation und die derzeitigen Wartezeiten in der Ordination des Mitbeteiligten betreffen, auf dessen Angaben. Im Übrigen stützte das Verwaltungsgericht seine Feststellungen beweiswürdigend auf ein von der belangten Behörde beauftragtes Gutachten und zwei vom Verwaltungsgericht beauftragte Ergänzungsgutachten der GÖG sowie auf die Ausführungen des Sachverständigen in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht.
10 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht, nach Ausführungen zum Regionalen Strukturplan Gesundheit Wien, aus, das Ambulatorium solle im innerstädtischen Gebiet von Wien in zentraler Lage errichtet werden. Das Einzugsgebiet weise eine urbane Bevölkerungsdichte auf. Wien habe in den letzten Jahren ein starkes Bevölkerungswachstum aufgewiesen, und es sei auch in den kommenden Jahren eine (moderate) Zunahme der Bevölkerung zu erwarten. In den vergangenen Jahren sei es in Wien zu einer verstärkten Inanspruchnahme von zahnmedizinischen Leistungen gekommen. Es sei daher mit einer steigenden Nachfrage nach zahnmedizinischen Leistungen, insbesondere auf dem Gebiet der Kieferorthopädie und der Kinderzahnheilkunde, zu rechnen. Zu berücksichtigen sei auch, dass in den nächsten fünf bis zehn Jahren sehr „starke“ Jahrgänge an Zahnmedizinern das Pensionsalter erreichten. Unter dem „Aspekt der örtlichen Verhältnisse“ sei daher ein Bedarf am geplanten Ambulatorium gegeben. Der Standort sei sowohl mit öffentlichen Verkehrsmitteln als auch mit dem motorisierten Individualverkehr gut zu erreichen, was ebenfalls einen Bedarf indiziere.
11 Das Leistungsangebot des Ambulatoriums lasse sich unter dem Aspekt des Inanspruchnahmeverhaltens, der Auslastung und der durchschnittlichen Belastung der bestehenden Anbieter im Einzugsbereich in folgende drei Leistungsgruppen einteilen: (erstens) kieferorthopädische Leistungen im Bereich der „Gratiszahnspange“, (zweitens) sonstige kieferorthopädische Leistungen und (drittens) sonstige zahnmedizinische Leistungen für Kinder und Jugendliche. Erkennbar in Bezug auf die zuletzt (drittens) genannte Leistungsgruppe führte das Verwaltungsgericht aus, dass für Leistungen der Prophylaxe (Mundhygiene) eine sozialversicherungsrechtliche Kostenerstattung nur für Personen zwischen dem vollendeten zehnten und 18. Lebensjahr vorgesehen sei.
12 Im Bereich der „Gratiszahnspange“ betrage die Wartezeit im Vertrags- bzw. Sachleistungsbereich bei 71% der Anbieter mehr als zwei Wochen, bei 38% der Anbieter sogar vier Wochen oder mehr. Im Wahlarztbereich nach § 153a Abs. 4 iVm. § 131 ASVG, auf den (bei sinkender Tendenz) nur zehn Prozent der Behandlungen entfielen, betrage die Wartezeit bei 44% der Anbieter über zwei Wochen. Es sei daher auch unter Berücksichtigung des Wahlarztbereiches, in dem bei etwa der Hälfte der Anbieter die Wartezeit über zwei Wochen betrage, von einer Unterversorgung im Bereich der „Gratiszahnspange“ auszugehen. Dass die durchschnittliche Wartezeit im Wahlarztbereich deutlich unter der durchschnittlichen Wartezeit im Vertragsarztbereich liege, lasse darauf schließen, dass von der Bevölkerung im Einzugsgebiet trotz durchschnittlich längerer Wartezeit bevorzugt Vertragsärzte bzw. -einrichtungen in Anspruch genommen würden. Es sei naheliegend, dies auf den im Wahlarztbereich nicht unbeträchtlichen Kostenanteil, welcher selbst zu tragen sei, zurückzuführen. Der Bedarf nach Leistungen im Bereich der „Gratiszahnspange“ am Standort des Ambulatoriums ergebe sich auch daraus, dass der Mitbeteiligte schon derzeit diese Leistungen erbringe und die durchschnittliche Wartezeit dafür vier Wochen betrage.
13 Im Bereich der sonstigen kieferorthopädischen Leistungen (ohne „Gratiszahnspange“) sei Zahnbehandlung gemäß § 153 Abs. 1 ASVG nach Maßgabe der Bestimmungen der Satzung zu leisten, wobei Kieferregulierungen als Leistungen in Betracht kämen, soweit sie zur Verhütung von schweren Gesundheitsschäden oder zur Beseitigung von berufsstörenden Verunstaltungen notwendig seien. Eine sozialversicherungsrechtliche Erstattungsfähigkeit von Kieferregulierungen sei daher nur in wenigen Fällen gegeben. Für die Beurteilung des Bedarfes nach diesen Leistungen sei auf die Auslastung der auf kieferorthopädische Behandlungen spezialisierten Leistungsanbieter abzustellen. Zwar könne jeder Zahnarzt die gegenständlichen kieferorthopädischen Leistungen erbringen. Es sei jedoch zu erwarten, dass das Ambulatorium, welches andere als kieferorthopädische Leistungen (außer Prophylaxe) für Erwachsene gar nicht anbiete, nur von jenen Patienten in Anspruch genommen werde, welche eine Behandlung durch einen auf Kieferorthopädie spezialisierten Leistungsanbieter wünschten. Diese Qualifizierung und Spezialisierung sei „von außen“ nur durch den Erwerb des Diploms „Kieferorthopädie“ und einen entsprechenden Eintrag in der Zahnärzteliste ersichtlich. Bei der Bedarfsprüfung seien daher nur die durchschnittlichen Wartezeiten jener Leistungsanbieter zu erheben und zu berücksichtigen gewesen, welche nach dem Eintrag in der Zahnärzteliste über das Diplom „Kieferorthopädie“ verfügten. Bei 44% dieser Anbieter betrage die Wartezeit für kieferorthopädische Leistungen mehr als zwei Wochen, sodass von einer ausreichenden Versorgung nicht mehr die Rede sein könne. Der Bedarf nach kieferorthopädischen Leistungen außerhalb des Bereichs der „Gratiszahnspange“ am Standort des Ambulatoriums ergebe sich auch daraus, dass der Antragsteller schon derzeit solche Leistungen erbringe und die durchschnittliche Wartezeit dafür vier Wochen betrage.
14 Zu den (sonstigen) zahnmedizinischen Leistungen für Kinder und Jugendliche führte das Verwaltungsgericht aus, die überwiegende Zahl der Leistungsanbieter im Bereich ZMK behandle auch Kinder, wobei bei mehr als vier Fünftel der Anbieter die Wartezeit unter zwei Wochen betrage. Allerdings werde nur von einem geringen Teil dieser Leistungsanbieter Zahnprothetik für Kinder sowie prothetischer Zahnersatz für Kinder unter zehn Jahren angeboten. Bei Kurz(Rausch)narkosen betrage der Anteil der Leistungsanbieter mit einer Wartezeit von mehr als zwei Wochen 50%, bei der Leistung Zahnprothetik für Kinder betrage die Wartezeit bei sämtlichen Anbietern weniger als zwei Wochen. Bei den Anbietern mit dem Zusatzdiplom „Kinderzahnheilkunde“ betrage die Wartezeit bei der Hälfte der Leistungsanbieter allerdings mehr als zwei Wochen. Für die Beurteilung des Bedarfs sei auf die Wartezeit bei den auf Kinder- und Jugendzahnheilkunde spezialisierten Anbietern abzustellen. Der eklatante Unterschied bei den durchschnittlichen Wartezeiten zwischen den Leistungsanbietern mit und ohne Zusatzdiplom „Kinderzahnheilkunde“ zeige, dass Patienten bereit seien, für das auf Kinder und Jugendliche spezialisierte Angebot deutlich längere Wartezeiten in Kauf zu nehmen. Bei einer durchschnittlichen Wartezeit von mehr als zwei Wochen bei der Hälfte der Leistungsanbieter sei ein ausreichendes Versorgungsangebot für Patienten, die auf die Behandlung durch einen spezialisierten Anbieter Wert legten, nicht gegeben. Dazu komme, dass es im Einzugsgebiet nur sechs Anbieter mit dem Zusatzdiplom „Kinderzahnheilkunde“ gebe und von den nichtspezialisierten Leistungsanbietern lediglich ein geringer Anteil auch Prothetik und Kurz(Rausch)Narkose anbiete.
15 Insgesamt ergebe sich somit unter dem Aspekt des Inanspruchnahmeverhaltens und der Auslastung und Belastung der bestehenden Leistungsanbieter durch die Patienten ein Bedarf nach dem Ambulatorium.
16 Auch unter dem Aspekt der Entwicklungstendenzen in der Zahnmedizin, in welcher Spezialisierungstendenzen in Richtung Kieferorthopädie und Kinderzahnheilkunde bestünden, sei ein Bedarf an dem auf Kieferorthopädie und Kinderzahnheilkunde spezialisierten Ambulatorium gegeben.
17 Den Spruchpunkt II. (Vorschreibung von Barauslagenersatz) begründete das Verwaltungsgericht mit § 17 VwGVG iVm. § 76 Abs. 1 AVG.
18 1.2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren durchgeführt, in welchem die belangte Behörde und der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstatteten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses (Vorabfeststellung des Bedarfs):
19 2.1.1. Die Revisionslegitimation der Revisionswerberin gründet sich auf § 5 Abs. 8 Wr. KAG in Verbindung mit Art. 133 Abs. 8 B-VG.
20 2.1.2. Die Revision ist zulässig, weil sie zutreffend vorbringt, das Verwaltungsgericht sei bei der Erhebung der Wartezeiten als Grundlage der Bedarfsprüfung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
21 2.2. Der im Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts geltende § 5 Wiener Krankenanstaltengesetz 1987 - Wr. KAG, LGBl. Nr. 23 in der Fassung LGBl. Nr. 10/2018, lautete (auszugsweise):
„Errichtung von selbständigen Ambulatorien
§ 5. (1) Selbständige Ambulatorien bedürfen, sofern § 64i nicht anderes bestimmt, sowohl zu ihrer Errichtung als auch zu ihrem Betrieb einer Bewilligung der Landesregierung. Anträge auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung haben den Anstaltszweck und das in Aussicht genommene Leistungsangebot (Leistungsspektrum, Öffnungszeiten unter Berücksichtigung von Tagesrand- und Nachtzeiten, Sams-, Sonn- und Feiertagen sowie Leistungsvolumen einschließlich vorgesehener Personalausstattung, insbesondere vorgesehener Anzahl und vorgesehenes Beschäftigungsausmaß von Ärztinnen und Ärzten bzw. Zahnärztinnen und Zahnärzten unter Angabe der Berufsberechtigung und vorgesehener Anzahl von Angehörigen anderer Gesundheitsberufe) genau zu bezeichnen. Eine Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3 ist zulässig.
(2) Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt im Sinne des Abs. 1 darf unbeschadet der nach sonstigen Rechtsvorschriften geltenden Erfordernisse nur unter den nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft und nach den Erfordernissen für einen einwandfreien Krankenanstaltsbetrieb notwendigen Bedingungen und Auflagen und nur dann erteilt werden, wenn insbesondere
1. nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch Ambulanzen der genannten Krankenanstalten und kasseneigene Einrichtungen, niedergelassene Ärztinnen und Ärzte, Gruppenpraxen und selbständige Ambulatorien, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, bei selbständigen Zahnambulatorien auch im Hinblick auf niedergelassene Zahnärztinnen, Zahnärzte, Dentistinnen, Dentisten und zahnärztliche Gruppenpraxen, soweit sie sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen,
a) zur Aufrechterhaltung einer qualitativ hochwertigen, ausgewogenen und allgemein zugänglichen Gesundheitsversorgung und
b) zur Wahrung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit
eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann,
...
(3) Bei der Beurteilung, ob eine wesentliche Verbesserung des Versorgungsangebots im Einzugsgebiet erreicht werden kann, sind ausgehend von den Ergebnissen der Planungen des jeweiligen RSG folgende Kriterien zu berücksichtigen:
1. örtliche Verhältnisse (regionale, rurale oder urbane Bevölkerungsstruktur, Besiedlungsdichte),
2. die für die Versorgung bedeutsamen Verkehrsverbindungen,
3. das Inanspruchnahmeverhalten und die Auslastung von bestehenden Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbietern, die sozialversicherungsrechtlich erstattungsfähige Leistungen erbringen, durch Patientinnen und Patienten,
4. die durchschnittliche Belastung bestehender Leistungsanbieterinnen und Leistungsanbieter gemäß Z 3 und
5. die Entwicklungstendenzen in der Medizin bzw. Zahnmedizin.
...
(5) Im Bewilligungsverfahren bzw. Verfahren zur Vorabfeststellung ist ein Gutachten der Gesundheit Österreich GesmbH oder eines vergleichbaren Planungsinstituts sowie eine begründete Stellungnahme des Wiener Gesundheitsfonds zum Vorliegen der Kriterien gemäß Abs. 3 einzuholen.
...
(8) In Verfahren zur Erteilung der Bewilligung zur Errichtung eines selbständigen Ambulatoriums - ausgenommen im Fall des Abs. 4 - haben betroffene Sozialversicherungsträger, die gesetzliche Interessenvertretung privater Krankenanstalten und die Ärztekammer für Wien bzw. bei selbständigen Zahnambulatorien die Österreichische Zahnärztekammer hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung im Sinne des § 8 AVG und das Recht der Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien gemäß Art. 132 Abs. 5 B-VG und gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Wien das Recht der Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 1 B-VG. Dies gilt auch für Verfahren zur Vorabfeststellung zu den Voraussetzungen des Abs. 3.
...“
22 2.3. Die Revision bringt vor, es fehlten Feststellungen zu den maßgeblichen Kriterien der Bedarfsprüfung bzw. beruhten die getroffenen Feststellungen auf unzureichenden Ermittlungen und nicht tragfähigen Beweisergebnissen.
23 2.3.1. Damit macht die Revision Verfahrensmängel geltend. Sie wendet sich im Wesentlichen gegen das der Bedarfsprüfung vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegte (ergänzte) Gutachten der GÖG. Die Revisionswerberin ist diesem Gutachten zwar im Verfahren - in welchem sie hinsichtlich des Bedarfs Parteistellung hatte (vgl. § 5 Abs. 8 Wr. KAG) - nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten (vgl. dazu VwGH 26.3.2015, 2013/11/0048, Pkt. 2.4.4.; vgl. allgemein zur Notwendigkeit, einem Gutachten auf gleichem fachlichen Niveau entgegenzutreten, es sei denn, das Gutachten ist unschlüssig oder unvollständig, zuletzt etwa VwGH 8.3.2021, Ra 2020/11/0140, mwN, sowie die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG § 52 Rn 64f). Die Revision zeigt aber im Ergebnis zutreffend auf, dass das vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Gutachten mit Mängeln behaftet ist, welche aus der Außerachtlassung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes resultieren.
24 2.3.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Bedarf nach einem selbständigen Ambulatorium dann gegeben, wenn dadurch die ärztliche Betreuung der Bevölkerung wesentlich erleichtert, beschleunigt, intensiviert oder in anderer Weise wesentlich gefördert wird. Als wichtigster Indikator für die Beantwortung der Bedarfsfrage betreffend selbständige Ambulatorien ist nach dieser Rechtsprechung die durchschnittliche Wartezeit anzusehen, die der Patient im Einzugsbereich in Kauf nehmen muss. Eine Wartezeit von etwa zwei Wochen in nicht dringenden Fällen hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur für durchaus zumutbar gehalten und selbst bei einem Überschreiten dieses Richtwertes in einzelnen Fällen um einige Tage noch kein unzumutbares Versorgungsdefizit gesehen. Von einem Bedarf nach einem beabsichtigten Ambulatorium kann der Judikatur zufolge dann nicht die Rede sein, wenn im Großen und Ganzen die Wartezeiten zwei Wochen nicht übersteigen und Akutpatienten noch am selben Tag behandelt werden. Als unabdingbare Voraussetzung für die Feststellung des Bedarfs wurde freilich angesehen, dass das Einzugsgebiet für das zu bewilligende Ambulatorium klar umrissen ist, wobei eine Bindung an Bezirks- und Landesgrenzen nicht gegeben sei (vgl. etwa VwGH 20.3.2012, 2012/11/0041; 24.7.2013, 2010/11/0195). Bei der Bedarfsprüfung sind nach der zitierten Judikatur die im Einzugsgebiet des Ambulatoriums gelegenen bestehenden Behandlungseinrichtungen zu berücksichtigen. Die Größe des Einzugsgebietes hängt unter anderem wesentlich vom jeweiligen medizinischen Fachgebiet in der Weise ab, dass bei häufig in Anspruch genommenen Leistungen (zB allgemein- oder zahnmedizinischen Leistungen) das Einzugsgebiet kleiner anzusetzen ist als bei selten in Anspruch genommenen Facharztleistungen; bei solchen sei den Patienten eine längere Anreise zuzumuten als bei Inanspruchnahme von allgemeinmedizinischen Leistungen (vgl. die erwähnten Erkenntnisse VwGH 20.3.2012, 2012/11/0041; 24.7.2013, 2010/11/0195). Vor diesem Hintergrund, so die Judikatur, erfordert die Prüfung der Bedarfslage mängelfreie Feststellungen hinsichtlich des in Frage kommenden Einzugsgebietes des Ambulatoriums sowie darüber, in welchem Umfang ein Bedarf der in Frage kommenden Bevölkerung nach den angebotenen medizinischen Leistungen besteht und inwieweit er durch das vorhandene Angebot befriedigt werden kann. Dazu sind insbesondere Feststellungen hinsichtlich der Anzahl, der Verkehrsverhältnisse (Erreichbarkeit) - insbesondere hinsichtlich öffentlicher Verkehrsmittel - und Betriebsgröße der in angemessener Entfernung gelegenen bestehenden Behandlungseinrichtungen sowie deren Ausstattung und Auslastung (Ausmaß der Wartezeiten) erforderlich (vgl. etwa VwGH 23.11.2017, Ra 2016/11/0145; 27.9.2019, Ro 2017/11/0019; jeweils mwN).
25 2.3.3. Die Revision wendet sich zunächst gegen das vom Verwaltungsgericht zu Grunde gelegte Einzugsgebiet, weil dessen Abgrenzung nicht nach der Art der zahnmedizinischen Leistungen getroffen und pauschal bzw. zu Unrecht auf die Gemeindegrenze von Wien abgestellt worden sei.
26 Das Verwaltungsgericht stellte als Einzugsgebiet des Ambulatoriums hinsichtlich des gesamten Leistungsspektrums das gesamte Gemeindegebiet von Wien fest. Beweiswürdigend stützte es sich dafür auf die Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht und die Angaben des Mitbeteiligten, dass 95% seiner derzeitigen Patienten aus Wien stammten. Es sei nicht zu erwarten, dass sich das Einzugsgebiet des Ambulatoriums von jenem der bisherigen zahnärztlichen Ordination unterscheiden werde. Sowohl der öffentliche Nahverkehr als auch das Straßennetz seien in Wien flächendeckend gut ausgebaut, sodass das in zentraler Lage geplante Ambulatorium von jedem Wiener Gemeindebezirk aus in kurzer Zeit zu erreichen sei. Bei medizinischen Leistungen, die wie kieferorthopädische Behandlungen nicht regelmäßig in Anspruch genommen würden, und bei spezialisierten Angeboten, wie die vom Ambulatorium im Bereich der Kinder- und Jugendzahnheilkunde angebotenen Leistungen, spiele die Entfernung vom Wohnort überdies eine geringe Rolle. Eine Abgrenzung des Einzugsgebietes nach Bezirken oder Versorgungsregionen sei realitätsfremd. Auch habe die Revisionswerberin im Verfahren selbst vorgebracht, dass im Bereich der „Gratiszahnspange“ von ganz Wien als Einzugsgebiet auszugehen sei. Weshalb dies bei anderen kieferorthopädischen Leistungen und, angesichts der geringen Anzahl von auf Kinder- und Jugendzahnheilkunde spezialisierten Leistungsanbietern, bei den Leistungen auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendzahnheilkunde anders sein solle, sei nicht ersichtlich und plausibel.
27 Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Größe des der Bedarfsprüfung zu Grunde zu legenden Einzugsgebietes des beantragten Ambulatoriums eine Bindung an Bezirks- und Landes(Gemeinde)grenzen nicht besteht. Diese Rechtsprechung ist aber nicht so zu verstehen, dass ein mit einer Bezirks- oder Landes(Gemeinde)grenze begrenzt festgestelltes Einzugsgebiet per se rechtswidrig wäre. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in den in der Revision zitierten Entscheidungen eine solche Abgrenzung eines Einzugsgebietes dann für rechtswidrig erachtet, wenn sie ohne entsprechende Begründung oder ohne die nach der Rechtsprechung erforderlichen Feststellungen erfolgte (vgl. VwGH 27.6.2000, 99/11/0310; 27.11.2001, 2000/11/0195; 24.2.2009, 2007/11/0028).
28 Im Revisionsfall ist das Verwaltungsgericht nicht davon ausgegangen, dass ihm eine andere Abgrenzung des Einzugsgebietes rechtlich verwehrt wäre. Vielmehr hat es seiner diesbezüglichen Feststellung beweiswürdigend die Aussagen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zu Grunde gelegt und (zu Recht) auch die Angaben des Mitbeteiligten über die Herkunft der Patienten in seiner am selben Standort wie das geplante Ambulatorium bestehenden Ordination mitberücksichtigt (vgl. VwGH 27.11.2001, 2000/11/0195). Entgegen dem Revisionsvorbringen hat das Verwaltungsgericht die Größe des Einzugsgebietes auch ausgehend von dem im Ambulatorium in Aussicht genommenen Leistungsangebot (vom Verwaltungsgericht in „Leistungsgruppen“ gegliedert) bestimmt (vgl. dazu VwGH 23.9.2014, 2013/11/0241). Die Revision, die auch nicht darlegt, ob und für welche Leistungen das Einzugsgebiet größer oder kleiner abzugrenzen wäre, zeigt nicht konkret auf den Fall bezogen auf, dass diese Beweiswürdigung unvertretbar wäre.
29 2.3.4. Die Revision ist allerdings mit ihrem Vorbringen im Recht, das Verwaltungsgericht habe bei der Erhebung der Wartezeiten die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes außer Acht gelassen:
30 Von der prinzipiellen Bedeutung der Wartezeiten für die Bedarfsbeurteilung zu unterscheiden ist die Frage, auf welche Art die Wartezeiten ermittelt werden. So hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. März 2015, 2013/11/0048, unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 10. März 2009, C-169/07, Hartlauer, ausgeführt, dass Wartezeiten - sofern deren Feststellung auf objektiven Ermittlungsergebnissen beruht - je nach ihrem Ausmaß für oder gegen den Bedarf entsprechender Leistungen in Krankenanstalten sprechen können. Daran anknüpfend wurde im Erkenntnis VwGH 27. April 2015, 2012/11/0055, unter Bezugnahme auf das genannte Urteil des EuGH entschieden, dass eine Wartezeiterhebung „lediglich mittels Befragung bestehender, mit der zu bewilligenden Krankenanstalt in wirtschaftlicher Konkurrenz stehender Einrichtungen“ nicht geeignet ist, eine objektive und unparteiliche Ermittlung der Wartezeiten zu gewährleisten (vgl. auch VwGH 13.12.2018, Ro 2017/11/0009).
31 Im Revisionsfall erfolgte die Erhebung der Wartezeiten, wie sich aus den beiden Ergänzungsgutachten der GÖG vom 31. Oktober 2017 und vom 8. November 2018 ergibt, ausschließlich im Wege einer telefonischen Befragung unter Hinweis auf ein anhängiges Verfahren nach dem Wr. KAG. Somit stützte sich das Gutachten der GÖG - nur - auf eine sog. „offene Befragung“ bestehender, mit der geplanten Krankenanstalt in wirtschaftlicher Konkurrenz stehender Einrichtungen, für welche auf Grund der Fragestellung erkennbar war bzw. sein musste, dass es um die Bedarfsprüfung für ein geplantes Zahnambulatorium ging. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon im Erkenntnis vom 27. September 2019, Ro 2017/11/0019, ausgeführt, dass eine solche Art der Befragung allein keine Gewähr für - objektive - Ermittlungsergebnisse und daher keine taugliche Entscheidungsgrundlage für das Verwaltungsgericht bietet.
32 Wenn das Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang ausführt, eine andere - methodisch unbedenkliche - Art der Wartezeitenerhebung als die Befragung konkurrierender Anbieter stehe im vorliegenden Fall nicht zur Verfügung, ist ihm zu entgegen, dass es nach der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum einen auf die Art der Ermittlung von Wartezeiten und zum anderen auf den Schutz der Bewilligungswerber im Rahmen des Bedarfsprüfungsverfahrens ankommt. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa - den erstgenannten Aspekt betreffend - keine prinzipiellen Bedenken gegen die Ermittlung der Wartezeiten durch telefonische Anfragen nach dem nächsten zur Verfügung stehenden Termin ohne Bezugnahme auf ein anhängiges Bedarfsprüfungsverfahren geäußert (vgl. VwGH 16.5.1997, 96/11/0342). Eine solche Ermittlung von Wartezeiten erschiene auch bei konkurrierenden Leistungsanbietern nicht von vornherein als unzulässige Ermittlungsmethode, solange durch die gewählte Vorgangsweise - auf den zweitgenannten Aspekt Bezug nehmend - im Einzelfall eine objektive und unparteiliche Entscheidungsgrundlage sichergestellt ist (vgl. EuGH C-169/07, Hartlauer, Rn. 69).
33 2.4. Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
34 2.5. Darüber hinaus sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu folgenden Klarstellungen in Zusammenhang mit der Ermittlung von Wartezeiten veranlasst:
35 Die Revision bringt vor, Wartezeiten seien bei allen in die Bedarfsprüfung einzubeziehenden Leistungsanbietern im Einzugsgebiet zu erheben; eine bloße Stichprobe, wie sie dem Gutachten der GÖG zu Grunde liege, sei hingegen unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind bei der Bedarfsprüfung, ausgehend vom - auf entsprechenden Feststellungen beruhenden - Leistungsangebot (Leistungsspektrum) des geplanten Ambulatoriums die im Einzugsgebiet gelegenen bestehenden Behandlungseinrichtungen zu berücksichtigen (vgl. etwa VwGH 23.11.2017, Ra 2016/11/0145, mwN), wobei zu prüfen ist, ob die bestehenden Leistungsanbieter eine mit dem zu beurteilenden Antragsgegenstand gleichwertige medizinische Leistung anbieten, und gegebenenfalls deren durchschnittliche Belastung (die insbesondere durch die Wartezeiten abgebildet wird) (vgl. VwGH 13.12.2018, Ro 2017/11/0009). Eine Verpflichtung zur Ermittlung der Wartezeiten bei jedem einzelnen dieser Leistungsanbieter ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut des § 5 Abs. 2 Z 1 Wr. KAG (oder des § 3a Abs. 2 Z 1 KAKuG) noch aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Vielmehr wäre bei einer entsprechend großen Zahl an bestehenden Leistungsanbietern (wie sie etwa die von der Revisionswerberin behauptete Gruppe sämtlicher Zahnärzte in Wien jedenfalls darstellen würde) auch eine bloße Stichprobe eine mögliche Methode zur Ermittlung der Wartezeiten, sofern sie repräsentativ in dem Sinn ist, dass es die solcherart ermittelten Ergebnisse ermöglichen, eine Aussage über die Wartezeiten in Bezug auf die gesamte Gruppe der bestehenden Leistungsanbieter im Einzugsgebiet zu treffen.
36 Sollte im fortzusetzenden Verfahren neuerlich eine Bedarfsprüfung gemäß § 5 Abs. 3 Wr. KAG durchzuführen sein, wird das Verwaltungsgericht zu beachten haben, dass die dem Gutachten der GÖG als Anhänge angefügten „anonymisierten Einzelergebnisse“ der Befragung der bestehenden Leistungsanbieter („Kostenschätzung für die Gutachtensergänzung“ vom 5. Mai 2018) keine nachvollziehbaren Aussagen über deren örtliche Lage im Einzugsgebiet und die angefragten Leistungen enthalten und somit die Auseinandersetzung mit dem Befund des Gutachtens nicht ermöglichen (vgl. VwGH 23.11.2017, Ra 2016/11/0145, Rn. 62).
Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses (Barauslagenersatz):
37 3. Gemäß § 5 Abs. 8 Wr. KAG kommt der Österreichischen Zahnärztekammer sowohl die Parteistellung gemäß § 8 AVG als auch die Beschwerde- und die Revisionslegitimation ausschließlich „hinsichtlich des Bedarfs“ zu, sodass die Revision, soweit sie sich (ausdrücklich) gegen die Vorschreibung des Barauslagenersatzes gegenüber der mitbeteiligten Partei (hier: gemäß § 17 VwGVG iVm. § 76 Abs. 1 AVG) wendet, mangels Legitimation zurückzuweisen war (vgl. VwGH 18.5.2021, Ra 2019/11/0124, Rn. 37).
38 4. Der Antrag der Revisionswerberin auf Zuerkennung von Aufwandersatz war gemäß § 47 Abs. 4 VwGG abzuweisen.
Wien, am 24. Februar 2022
Gerichtsentscheidung
EuGH 62007CJ0169 Hartlauer VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019110117.L00Im RIS seit
21.03.2022Zuletzt aktualisiert am
11.04.2022