TE Vwgh Beschluss 2022/2/28 Ra 2021/09/0202

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Veröffentlicht am 28.02.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal

Norm

ÄrzteG 1998 §53 Abs1
B-VG Art133 Abs4
MRK
MRK Art10 Abs2
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel sowie den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des Dr. A B in C, vertreten durch Dr. Stefan Stastny, Rechtsanwalt in 8650 Kindberg, Hauptstraße 7, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 28. Mai 2021, LVwG 49.11-3017/2019-32, betreffend Disziplinarstrafe nach dem Ärztegesetz 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer, Disziplinarkommission für Steiermark), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Österreichischen Ärztekammer Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der 1955 geborene Revisionswerber ist Arzt für Allgemeinmedizin in der Steiermark.

2        Mit Diszplinarerkenntnis der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom 8. Juli 2019 wurde der Revisionswerber wegen näher genannter Äußerungen in der Sendung Dok 1 „Immun gegen Fakten - Die wundersame Welt der Impfgegner“ vom 2. Mai 2019, 20.15 Uhr, des Disziplinarvergehens „gemäß § 136 (1) Z 1 und 2 ÄrzteG iVm § 49 (1) ÄrzteG iVm § 1 und 2 Abs. 1 der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) idF vom 15.12.2015“ schuldig erkannt. Über den Revisionswerber wurde hierfür gemäß § 139 Abs. 1 Z 3 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) die Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung der Berufsausübung für die Dauer von sechs Monaten verhängt. Weiters verpflichtete es den Revisionswerber gemäß § 163 Abs. 1 ÄrzteG 1998 zum Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens in der Höhe von € 1.000,--.

3        Die gegen dieses Disziplinarerkenntnis vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark (Verwaltungsgericht) mit dem angefochtenen Erkenntnis mit der Maßgabe ab, als der Spruch zu lauten habe,

„Herr Dr.med. AB hat in der Sendung ,Dok 1: Immun gegen Fakten - Die wundersame Welt der Impfgegner, erstmals ausgestrahlt am 02.05.2019, 20.15 Uhr, ORF 1, unter Anderem folgende Aussagen getätigt:

-    Masern ist eine übliche Kinderkrankheit, die zum Wachstumsprozess, zum Werdungs- und Reifungsprozess dazugehört und nicht per se eine Krankheit, die Komplikationen nach sich zieht. Denn ein Bakterium macht dich nicht krank und ein Virus macht dich auch nicht krank, sondern es kommt immer darauf an, was das Zusammenspiel der Kräfte belangt.

-    Ich glaube diesen ganzen Studien und Untersuchungen gar nicht, die Medizin hat sich schon lange entfernt von einer objektiven, sogenannten objektiven Wissenschaft und wenn wir wirklich krank würden von Bakterien und Viren gäbe es uns nicht, nie. Dann gäbe es gar nichts auf dem Planeten.

-    Ich selber habe auf der HIV-Station als Turnusarzt gearbeitet und ich habe überhaupt nie eine Angst vor einer Ansteckung gehabt. Denn ich habe genau das Leben derer angeschaut, die von diesen Krankheiten betroffen waren, und mir war klar, dass dieses Krankheitsgeschehen ein dramatisches Versagen der gesamten Immunologie ist. Aber das Versagen unserer Immunologie hat nichts mit Viren und Bakterien zu tun. Sondern das hat einzig zu tun - womit? Durch eine verkehrte Lebensführung und eine verkehrte Lebensanschauung.

-    Wenn der Mensch Angst hat vor irgendeiner Erkrankung, dann empfehle ich ihm, er soll sich impfen lassen, nach dem Hundebiss, aber ich impfe ihn selber nicht. Und wenn er keine Angst hat, wenn er das als Theater sieht, dann reden wir darüber, was wir machen können und es wird kein Problem geben. Es hat auch noch nie ein Problem gegeben.

-    Aus einer konsequent ganzheitlichen Sicht gibt es die Theorie der Ansteckung nicht.

Durch diese unsachlichen Aussagen, insbesondere, dass Viren nicht krankmachen, dass das Versagen unserer Immunologie mit einer verkehrten Lebensführung und verkehrten Lebensanschauung zu tun hat und es die Theorie der Ansteckung nicht gibt, hat er ein äußerst breites Publikum gegen jedwede Impfung zu beeinflussen versucht. Er hat dadurch ein Dizsiplinarvergehen nach § 136 Abs. 1 Z 1 Ärztegesetz BGBl I Nr. 169/1998 i.d.F. BGBl I Nr. 20/2019 (im Folgenden ÄrzteG) iVm § 1 und § 2 Abs 1 der Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) in der Fassung vom 14.12.2018 begangen.

Gemäß § 139 Abs 1 Z 3 ÄrzteG wird über den Disziplinarbeschuldigten die Disziplinarstrafe der befristeten Untersagung der Berufsausübung für die Dauer von 6 Monaten ab Zustellung dieses Erkenntnisses verhängt.

Nach § 163 Abs. 1 ÄrzteG hat der Disziplinarbeschuldigte die Kosten des Disziplinarverfahrens vor der Disziplinarkommission für Steiermark in der Höhe von € 1.000,00 binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu bezahlen.“

4        Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

6        Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7        Der Revisionswerber macht zur Zulässigkeit seiner Revision ein Abweichen des Verwaltungsgerichts von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 2019, Ra 2019/09/0010, geltend. In der genannten Entscheidung habe der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 nur Informationen durch einen Arzt „in Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes“ betreffe und die von einem Arzt in einem Vortrag geäußerten Informationen, die nicht dem „Mainstream der Impftheorie bzw. Ansteckungstheorie“ entsprächen, keine Berufspflichtverletzung darstellen würden. Die hier inkriminierten Äußerungen seien als weniger impfschädlich anzusehen als die dem dortigen Verfahren zugrundeliegenden. Weiters macht der Revisionswerber einen Verstoß gegen die Meinungsfreiheit nach Art. 10 EMRK geltend.

8        Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt.

9        Gemäß § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 hat der Arzt sich jeder unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten. § 53 Abs. 4 ÄrzteG 1998 sieht eine Verordnungsermächtigung für Art und Form der im Abs. 1 genannten Informationen für die Österreichische Ärztekammer vor. Auf deren Grundlage wurde die Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die Art und Form zulässiger Informationen in der Öffentlichkeit (Arzt und Öffentlichkeit 2014) erlassen (Stammfassung, beschlossen von der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer am 27. Juni 2014 im Rahmen des 129. Österreichischen Ärztekammertages in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung der von der Vollversammlung der Österreichischen Ärztekammer im Rahmen des 138. Österreichischen Ärztekammertages am 14.12.2018 beschlossenen Änderung).

10       Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 nur Informationen durch einen Arzt „im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes“ betrifft und daher einen ausreichenden Zusammenhang mit dem ärztlichen Beruf voraussetzt (vgl. VwGH 29.10.2019, Ra 2019/09/0010; dem folgend 28.10.2021, Ra 2019/09/0140).

11       Die Frage, ob Informationen einen ausreichenden Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes im Sinn des § 53 Abs. 1 ÄrzteG 1998 aufweisen, ist anhand der konkreten Umstände im Einzelfall zu klären. Eine solche Einzelfallbeurteilung wirft nur dann eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichts in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise erfolgt wäre (vgl. denselben Revisionswerber betreffenden Disziplinarverfahren erneut VwGH 28.10.2021, Ra 2019/09/0140).

12       Bei der vom Revisionswerber ins Treffen geführten Entscheidung vom 29. Oktober 2019, Ra 2019/09/0010, ging es um Äußerungen im Rahmen eines Vortrags in einem Pfarrheim zu Nachteilen und Gefahren des Impfens. Der Verwaltungsgerichtshof hat bei seiner Beurteilung als wesentlich erachtet, dass Feststellungen, ob und welcher Zusammenhang der Äußerungen mit der Ausübung des ärztlichen Berufes bestand, fehlten und der dortige Revisionswerber nach den Feststellungen eingangs seines Vortrages offenlegte, dass er eine Mindermeinung vertrete und für positive Informationen zum Thema Impfen auf Hausärzte oder Apothekern verwies.

13       Im Gegensatz dazu ging es bei den hier inkriminierten Äußerungen des Revisionswerbers nicht um die Nachteile und Gefahren von bestimmten Impfungen, sondern in erster Linie um die Frage, ob Viren und Bakterien Erkrankungen verursachen und diese durch Ansteckung übertragen werden können. Der Revisionswerber wies im Unterschied zu der von ihm ins Treffen geführten Entscheidung ausdrücklich auf seine Stellung und Erfahrung als Arzt hin und stellte damit selbst einen Zusammenhang zu seinem ärztlichen Beruf her. Auch ist den vom Verwaltungsgericht getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen, dass der Revisionswerber darauf verwiesen hätte, dass seine Informationen eine Mindermeinung darstellen und nicht dem Stand der Wissenschaft entsprächen oder dass er auf andere Stellen verwiesen hätte, bei denen auch andere (gegenteilige, dem Stand der Wissenschaft entsprechende) Informationen eingeholt werden können. Die vom Verwaltungsgericht auf Basis des eingeholten Sachverständigengutachtens getroffenen Feststellungen, dass die inkriminierten Aussagen des Revisionswerbers nicht dem aktuellen Wissensstand der Medizin entsprechen, werden in der Revision nicht bestritten. Ausgehend davon vermag der Revisionswerber ein Abweichen von den in der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen und eine Unvertretbarkeit der im Einzelfall vorgenommen Beurteilung nicht aufzuzeigen.

14       Mit seinem Hinweis auf das Nichtvorliegen einer Berufspflichtverletzung übersieht der Revisionswerber im Übrigen, dass eine solche vom Verwaltungsgericht nicht angenommen wurde. Das vom Revisionswerber weiters angezogene Argument, dass die in der genannten Entscheidung zugrundeliegende Äußerung, wenn die Eltern ein gesundes Kind haben wollen, sie es nicht impfen lassen sollen, „impfschädlicher“ als die ihm vorgeworfenen Äußerungen sei, geht schon deshalb ins Leere, weil es sich dabei nach den Feststellungen um ein Zitat eines Dritten handelte und vom dortigen Revisionswerber auch ausdrücklich als Zitat verwendet wurde.

15       Schließlich wird auch mit der pauschalen Behauptung, dass die Voraussetzung für eine Einschränkung der Meinungsfreiheit nach Art. 10 Abs. 2 EMRK nicht gegeben seien, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt: Das Verwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Erkenntnis mit der Zulässigkeit einer disziplinären Bestrafung des Revisionswerbers im Hinblick auf Art. 10 Abs. 2 EMRK unter Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes befasst und diese bejaht. Dass das Verwaltungsgericht dabei von den Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu etwa den ebenfalls den Revisionswerber betreffenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Oktober 2021, Ra 2019/09/0140, mwN) abgewichen wäre, wird in der Revision nicht geltend gemacht. Die Beurteilung der Zulässigkeit eines Eingriffs in eine der grundrechtlichen Gewährleistungen der EMRK wie jene des Art. 10 Abs. 2 EMRK erfordert eine Abwägung zwischen den diesen Eingriff rechtfertigenden öffentlichen Interessen und den Interessen des Betroffenen; eine solche Abwägung ist - wenn kein revisibler Verfahrensmangel aufgezeigt wird und sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. etwa zu Art. 8 EMRK VwGH 3.12.2021, Ra 2021/19/0186, zu Art. 8 Abs. 2 EMRK, mwN). Ein derartiger vom Verwaltungsgerichtshof in Auslegung einfachgesetzlicher Vorschriften im Lichte des Art. 10 EMRK aufzugreifender Fehler wird in der Revision nicht geltend gemacht und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht ersichtlich:

Gemäß Art. 10 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen erfasst. Art. 10 Abs. 2 EMRK sieht allerdings im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, die Möglichkeit von Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen vor, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sind. Ein Eingriff in die Freiheit der Meinungsäußerung muss sohin gesetzlich vorgesehen sein, einen oder mehrere der in Art. 10 Abs. 2 EMRK genannten rechtfertigenden Zwecke verfolgen und zur Erreichung dieses Zweckes oder dieser Zwecke „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ sein (vgl. etwa VfGH 24.2.2021, E 607/2020, mwN auch zur Rechtsprechung des EGMR). In diesem Sinne hat der Verfassungsgerichtshof in seiner Judikatur keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Disziplinarrecht der Ärzte gehegt (vgl. etwa VfSlg 6026/1969, 10.700/1985, 11.996/1989, 16.296/2001, 17.382/2004, 17.852/2006, 18.559/2008, 18.763/2009).

Auch wenn das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nach der ständigen Rechtsprechung sowohl des EGMR wie auch des Verfassungsgerichtshofes nicht nur für „Nachrichten“ oder „Ideen“ gilt, die ein positives Echo haben oder die als unschädlich oder gleichgültig angesehen werden, sondern auch für solche, die provozieren, schockieren oder stören (vgl. auch dazu VfGH 24.2.2021, E 607/2020), ist im gegenständlichen Fall zu berücksichtigen, dass es sich bei den eingangs wiedergegebenen Äußerungen des Revisionswerbers, die Gegenstand des vorliegenden Disziplinarverfahrens waren, nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts um unwahre oder unsachliche Informationen handelte. Eine disziplinäre Bestrafung derartiger unsachlicher, unwahrer oder das Standesansehen der Ärzteschaft beeinträchtigender Informationen liegt aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im öffentlichen Interesse des Schutzes der Gesundheit (vgl. zu Beschränkungen der Werbung durch Ärzte VfSlg 16.296/2001), nämlich sich bei der Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen von sachlichen Erwägungen leiten zu lassen, kann doch durch diese Äußerungen bei einem nicht fachkundigen oder laienhaften Zuseher ein falscher Eindruck über die Gefährlichkeit von Infektionen und die Wirksamkeit von Impfungen erweckt werden. Es handelte sich bei diesen Äußerungen auch nicht um die Darstellung einer begründeten Mindermeinung im Rahmen eines wissenschaftlichen Diskurses. Daher ist es nicht als unvertretbar zu werten, wenn das Verwaltungsgericht eine disziplinäre Bestrafung wegen dieser Äußerungen im Hinblick auf Art. 10 Abs. 2 EMRK als gerechtfertigt ansah. Im Hinblick darauf, dass der Revisionswerber in der Vergangenheit bereits wegen ähnlicher Aussagen disziplinär bestraft wurde, ohne dass ihn das von der Wiederholung derartiger Aussagen abgehalten hätte, erscheint ferner auch die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass mit einer Geldstrafe nicht mehr das Auslangen gefunden werden könne, nicht unvertretbar.

16       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

17       Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 28. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021090202.L00

Im RIS seit

21.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

28.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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