TE Vwgh Beschluss 2022/3/1 Ra 2019/11/0060

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Veröffentlicht am 01.03.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/02 Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
FSG 1997 §23
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator und Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des O A in F, vertreten durch die Vogl Rechtsanwalt GmbH in 6800 Feldkirch, Hirschgraben 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Vorarlberg vom 28. Februar 2019, Zl. LVwG-411-80/2018-R5, betreffend Erteilung einer Lenkberechtigung (Umschreibung eines ausländischen Führerscheins) (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Feldkirch), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit Bescheid vom 17. Oktober 2018 wies die belangte Behörde den Antrag des Revisionswerbers auf Umschreibung seines irakischen Führerscheins gemäß § 23 FSG ab. Begründend führte sie aus, laut Untersuchungsbericht des Landeskriminalamtes Vorarlberg vom 4. Juni 2018 handle es sich bei dem vorgelegten Scheckkarten-Führerschein um eine Totalfälschung. Der daraufhin ergangenen Aufforderung seitens der belangten Behörde, andere geeignete Unterlagen vorzulegen, aus denen hervorgehe, dass er im Besitz einer ausländischen Lenkerberechtigung sei, sei der Revisionswerber nicht nachgekommen.

2        In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte der Revisionswerber vor, im Juli 2018 habe er die Konsularabteilung der Botschaft der Republik Irak in Wien mit einer Überprüfung seines irakischen Führerscheins beauftragt. Nach Auskunft seitens der zuständigen Behörden im Irak habe diese bestätigt, dass es sich bei dem der belangten Behörde vorgelegten Scheckkarten-Führerschein um ein Originaldokument handle, das von der irakischen Verkehrsbehörde dem Gesetz nach richtig und ordnungsgemäß ausgestellt worden sei. Die Echtheit des Führerscheins sei nach Überprüfung durch die zuständigen Behörden festgestellt worden.

3        2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) diese Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision erklärte es für unzulässig.

4        In seiner Begründung stellte es fest, der Revisionswerber sei ein irakischer Staatsangehöriger, der in Österreich wohnhaft sei. Der vom Revisionswerber im Verfahren vorgelegte Scheckkarten-Führerschein sei eine Totalfälschung. Der Revisionswerber habe im Irak keine Fahrausbildung im Rahmen einer Fahrschule absolviert. Darüber hinaus könne nicht festgestellt werden, ob der Revisionswerber erfolgreich eine Fahrprüfung für den Erwerb einer Lenkberechtigung absolviert habe.

5        Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht aus, die urkundentechnische Untersuchung des Scheckkarten-Führerscheins habe ergeben, dass es sich bei diesem um eine Totalfälschung handle. Davon sei aufgrund von im Einzelnen wiedergegebenen Ergebnissen des Untersuchungsberichtes des Landeskriminalamtes Vorarlberg sowie von den vom für die Untersuchung verantwortlich zeichnenden Kriminalbeamten in der mündlichen Verhandlung dazu getätigten, mittels Fotodokumentation untermauerten Erläuterungen auszugehen. Der vom Revisionswerber im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegte Fotoausdruck eines Schreibens der lokalen Zulassungsstelle der allgemeinen Verkehrsdirektion des irakischen Innenministeriums samt beglaubigter Übersetzung, in dem die Echtheit des von dieser Zulassungsstelle ausgestellten Führerscheins bestätigt werde, könnte zwar nach ihrem äußeren Erscheinungsbild eine ausländische öffentliche Urkunde sein. Da für sie eine diplomatische Beglaubigung infolge derzeitiger genereller Aussetzung der Beglaubigung von Urkunden aus dem Irak durch den Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres jedoch fehle, müsste ihre Echtheit sicher festgestellt werden können, um als Beweis anerkannt zu werden, was schon deshalb nicht möglich sei, weil das Dokument und insbesondere der Stempelaufdruck nicht im Original vorlägen. Da nach den Angaben des Kriminalbeamten in der mündlichen Verhandlung auch kein Vergleichsmaterial vorliege, könne keine verlässliche Aussage zur Echtheit des Dokuments getroffen werden, sodass die Bestätigung keinen ausreichenden Nachweis dafür erbringe, dass der Revisionswerber Besitzer einer ausländischen Lenkberechtigung sei. Bei der vom Revisionswerber im Beschwerdeverfahren vorgelegten Bestätigung der Konsularabteilung der Botschaft der Republik Irak in Wien, wonach es sich bei dem der belangten Behörde vorgelegten Scheckkarten-Führerschein um ein Originaldokument handle, das von der irakischen Verkehrsbehörde dem Gesetz nach richtig und ordnungsgemäß ausgestellt worden sei, seien zwar keine Bedenken hinsichtlich der Echtheit des Dokumentes gegeben, jedoch Gründe, die inhaltliche Richtigkeit anzuzweifeln. Dem Revisionswerber sei nämlich der von ihm vorgelegte Führerschein nach Aufdeckung der Totalfälschung nicht wieder ausgefolgt worden, sodass er ihn der Botschaft nicht habe vorlegen können. Es sei insofern nicht nachvollziehbar, wie die irakischen Behörden bzw. die irakische Botschaft in Wien zu einer Aussage über die Echtheit des ihnen gar nicht vorliegenden Führerscheindokumentes hätten gelangen können. In der mündlichen Verhandlung habe der Revisionswerber schließlich ausgesagt, dass er im Irak zuerst im Jahr 2006 einen Papierführerschein und dann im Jahr 2014 den Scheckkarten-Führerschein bekommen habe. Er habe im Irak keine Fahrschule besucht, sondern das Autofahren privat gelernt. Sowohl 2006 als auch 2014 habe er eine Fahrprüfung gemacht, bei der er nur einen Achter vorwärts und rückwärts und im ersten Fall auch einen Slalom fahren habe müssen. Prüfungsfragen über Verkehrsvorschriften habe es nicht gegeben. Geeignete Unterlagen über die erfolgreiche Ablegung der angegebenen Fahrprüfung habe der Revisionswerber trotz entsprechender Aufforderung nicht vorgelegt.

6        Auf Grundlage der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens kam das Verwaltungsgericht zu der rechtlichen Beurteilung, dass der Revisionswerber nicht im Besitz einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung sei. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung gemäß § 23 Abs. 3 FSG seien daher nicht erfüllt.

7        3. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8        4.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       4.2. Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht sei von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Indem es die unbedenkliche Bestätigung der irakischen Botschaft über den Besitz einer Lenkerberechtigung des Revisionswerbers missachtet und nur auf die Echtheit des vorgelegten Führerscheins abgestellt habe, habe es den Beweis der Lenkerberechtigung auf andere Art und Weise als durch die Vorlage eines Führerscheins ausgeschlossen. Ferner sei dem Vorwurf des Verwaltungsgerichts, wonach die Bestätigung der irakischen Zulassungsstelle nicht im Original und ohne diplomatische Beglaubigung vorgelegt worden sei, entgegenzuhalten, dass die Beglaubigung von Urkunden aus dem Irak derzeit „vom Außenministerium“ ausgesetzt sei.

12       Mit diesem Vorbringen wendet sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Dabei läge eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 22.2.2021, Ra 2021/11/0019, mwN).

13       Dass dies hier der Fall sei, zeigt die Revision nicht auf: So trifft schon die Rüge, wonach das Verwaltungsgericht die unbedenkliche Bestätigung der irakischen Botschaft über den Besitz einer Lenkberechtigung des Revisionswerbers missachtet und nur auf die Echtheit des vorgelegten Führerscheins abgestellt habe, nicht zu. Zum einen begründete das Verwaltungsgericht seine Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Bestätigung in nachvollziehbarer Weise mit dem Hinweis, dass der Führerschein nach der Überprüfung durch Landeskriminalamt Vorarlberg dort verblieben sei, weshalb das Dokument den irakischen Behörden für die Bestätigung seiner Echtheit nicht zur Verfügung gestanden sei. Zum anderen wurde der Revisionswerber zur Vorlage geeigneter Unterlagen aufgefordert, die als Beweis für den Besitz einer ausländischen Lenkberechtigung hätten dienen können, und befragte das Verwaltungsgericht den Revisionswerber im Rahmen der mündlichen Verhandlung zur Ablegung etwaiger Fahrprüfungen. Inwiefern die Würdigung der vom Revisionswerber diesbezüglich gemachten Angaben zu beanstanden sei, bringt die Revision nicht vor. Soweit die Revision gegen die Würdigung der Bestätigung der irakischen Zulassungsstelle durch das Verwaltungsgericht einwendet, dass die Beglaubigung von Urkunden aus dem Irak im Entscheidungszeitpunkt „vom Außenministerium“ ausgesetzt gewesen sei, ist ihr entgegenzuhalten, dass dieser Umstand vom Verwaltungsgericht schon insofern ausreichend berücksichtigt wurde, als es in Anbetracht der genannten Aussetzung zwecks Feststellung der Echtheit der Bestätigung über die Beglaubigung hinausgehende Ermittlungen durchführte. Auch der Würdigung der Ergebnisse dieser Ermittlungen wird von der Revision nichts entgegengesetzt.

14       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 1. März 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019110060.L00

Im RIS seit

21.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.04.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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