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82/02 Gesundheitsrecht allgemeinNorm
B-VG Art18 Abs2, Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Keine Gesetzwidrigkeit der Verordnung einer Salzburger Bezirkshauptmannschaft betreffend die Schließung von Seilbahn- und Beherbergungsbetrieben auf Grund hinreichender Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen; Weisungsakt des Landeshauptmann-Stellvertreters enthält die in der konkreten Situation mögliche und zumutbare DokumentationRechtssatz
Abweisung von Anträgen des Landesverwaltungsgerichts Salzburg (LVwG) auf Aufhebung des §2 und §3 Abs2 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau (BH) vom 13.03.2020, Z 30405-508/3618/137-2020, betreffend die Schließung des Seilbahnbetriebes und von Beherbergungsbetrieben zur Verhinderung der Ausbreitung von SARS-CoV-2.
Die Anforderungen an Verordnungsermächtigungen des COVID-19-Maßnahmengesetzes betreffend die einer Verordnung zugrunde liegende aktenmäßige Dokumentation der maßgeblichen Umstände sowie der Zeitpunkt der Verordnungserlassung sind zwecks Nachvollziehbarkeit auch für Verordnungen, die auf Grundlage von §20 EpiG ergehen, maßgeblich. Der Verordnungsakt zur angefochtenen Verordnung enthält neben einem vom 13.03.2020 datierten Schreiben des Landeshauptmann-Stellvertreters von Salzburg an die Bezirkshauptmannschaften und Bezirksverwaltungsbehörden des Landes Salzburg mit der Anweisung, "den beigeschlossenen Text als Verordnung zu erlassen und für die Kundmachung in den Gemeinden (§§26 sowie 20 Abs1 und 4 Epidemiegesetz 1950) zu sorgen" (samt angeschlossenem Verordnungsentwurf) und der elektronisch gefertigten (angefochtenen) Verordnung keine weitere Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen.
Die angefochtene Verordnung erging - wie entsprechende Verordnungen anderer Bezirksverwaltungsbehörden im Land Salzburg - auf Grund einer Weisung des für das Gesundheitswesen zuständigen Landeshauptmann-Stellvertreters des Landes Salzburg vom 13.03.2020, der wiederum eine Weisung des Landeshauptmannes von Salzburg vom 13.03.2020 an den Landeshauptmann-Stellvertreter voranging. In dieser Konstellation bedarf es einer hinreichenden Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen entweder unmittelbar im Verordnungsakt der verordnungserlassenden Behörde oder im Weisungsakt der die Weisung erlassenden, die Verordnungserlassung anordnenden Oberbehörde. Der entsprechende Weisungsakt enthält eine Information des Referates Sicherheit und Katastrophenschutz vom 26.02.2020, einen Aktenvermerk des Landeshauptmanns vom 27.02.2020, der unter anderem den Inhalt einer Koordinationssitzung vom 25.02.2020 dokumentiert sowie einen Aktenvermerk vom 12.02.2020, dem Tag vor Erlassung der angefochtenen Verordnung, des Landeseinsatzstabes des Landes Salzburg betreffend eine Videokonferenz.
Wie der VfGH bereits mehrfach ausgeführt hat, bestimmen sich die Anforderungen an die aktenmäßige Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen naturgemäß auch danach, was in der konkreten Situation möglich und zumutbar ist. Die angefochtene Verordnung erging in der ersten Phase der COVID-19-Pandemie, in der das Wissen über SARS-CoV-2 und über COVID-19 entsprechend beschränkt war. Jedenfalls vor diesem Hintergrund erachtet der VfGH die Dokumentation der Entscheidungsgrundlagen im Weisungsakt des Landeshauptmann-Stellvertreters von Salzburg als hinreichend.
Entscheidungstexte
Schlagworte
COVID (Corona), Verordnungserlassung, Weisung, Grundlagenforschung, Determinierungsgebot, Legalitätsprinzip, Bindung (des Verordnungsgebers), VfGH / GerichtsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2022:V319.2021Zuletzt aktualisiert am
18.03.2022