Entscheidungsdatum
28.02.2022Index
81/01 WasserrechtsgesetzNorm
WRG 1959 §111 Abs4 letzterSatzText
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Aicher über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.08.2021, Zl ***, betreffend die Zurückweisung eines Entschädigungsantrages nach dem Wasserrechtsgesetz 1959,
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
1)
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.08.2021 wurde auf der Rechtsgrundlage des § 111 Abs 4 iVm § 117 Wasserrechtsgesetz 1959 der vom nunmehrigen Rechtsmittelwerber gestellte Antrag vom 20.07.2021 auf behördliche Festsetzung einer Entschädigungssumme für die Inanspruchnahme seines Grundstückes **1 KG Y durch den Leitungsstrang M1 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X als verspätet zurückgewiesen.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Wasserrechtsbehörde im Wesentlichen aus, dass in Bezug auf den antragsgegenständlichen Anlagenteil der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X am 11.12.2014 eine mündliche Verhandlung der Wasserrechtsbehörde zur Überprüfung dieses Bauabschnittes stattgefunden habe, an der auch der Antragsteller teilgenommen habe.
Dementsprechend sei spätestens zu diesem Zeitpunkt für den Antragsteller erkennbar gewesen, dass der verfahrensgegenständliche Anlagenteil fertiggestellt gewesen sei.
Die Jahresfrist des § 111 Abs 4 iVm § 117 Wasserrechtsgesetz 1959 habe daher jedenfalls mit Ablauf eines Jahres nach der mündlichen Verhandlung – sohin am 11.12.2015 – geendet.
Der nunmehr erst am 20.07.2021 eingebrachte Entschädigungsantrag sei folglich jedenfalls verspätet. Infolgedessen sei dieser Antrag zurückzuweisen gewesen.
2)
Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde des AA, mit welcher die Vornahme einer mündlichen Beschwerdeverhandlung und in Beschwerdestattgabe die antragsgemäße Festsetzung des Entschädigungsanspruchs begehrt wurden. In eventu wurde beantragt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Wasserrechtsbehörde zurückzuverweisen.
Zur Begründung seines Rechtsmittels brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass das verfahrensgegenständliche Projekt „Wasserversorgungsanlage X – Bauabschnitt 03“ mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol und der Tiroler Landesregierung vom 22.09.2009 wasser-, forst- und naturschutzrechtlich bewilligt worden sei, wobei die Fertigstellungsfrist gemäß § 112 WRG 1959 mit 30.09.2011 festgelegt worden sei.
Erst nach Ablauf der Baufertigstellungsfrist sei mit Eingabe vom 21.12.2011 unter Vorlage eines Ausführungsprojekts um die nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung der im Zuge der Bauausführung erfolgten Änderungen angesucht worden. Diese nachträgliche Bewilligung sei mit Bescheid vom 20.07.2020 erfolgt, wobei dieser Bescheid dem Beschwerdeführer am 22.07.2020 zugestellt worden sei.
Er sei Alleineigentümer des Gst **1 KG Y, welches durch den Strang M1 des verfahrensgegenständlichen Projekts in einem nicht unerheblichen Ausmaß in Anspruch genommen werde.
Mit Antrag vom 20.07.2021 – mithin binnen Jahresfrist ab Zustellung des Bescheides vom 20.07.2020 – habe er die Festsetzung eines Entschädigungsanspruchs in Höhe von Euro 30.000,00, in eventu in angemessener Höhe begehrt. Die belangte Behörde habe zu Unrecht diesen Antrag mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen, dies unter Hinweis auf die Jahresfrist des § 111 Abs 4 WRG 1959.
Der Tatbestand des § 111 Abs 4 WRG knüpfe jedoch an die Fertigstellung der Anlage in tatsächlicher wie auch rechtlicher Hinsicht an.
Was die tatsächliche Fertigstellung der Anlage anbelange, habe die Behörde unzureichende Erhebungen vorgenommen, es sei unklar, ab wann sich die Anlage in einem endgültigen Zustand befunden habe und ab wann dieser Endzustand auch wasserrechtsbehördlich bewilligt gewesen sei.
Es sei davon auszugehen, dass erst mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 20.07.2020 die Fertigstellung angenommen werden könne und der Beschwerdeführer erst mit Zustellung dieses Bescheides vom Endzustand der Anlage Kenntnis gehabt habe.
Erst mit dem genannten Bescheid vom 20.07.2020 seien die vorgenommenen Änderungen an der Wasserversorgungsanlage bewilligt worden, so auch der Strang M1 in seiner jetzigen Ausgestaltung.
Bis zur abschließenden wasserrechtlichen Bewilligung vom 20.07.2020 sei die Anlage noch nicht als fertiggestellt zu betrachten. Noch dazu sei die mit Bescheid vom 22.09.2009 eingeräumte Baufrist (30.09.2011) nicht eingehalten worden, weshalb bis zur neuerlichen Bewilligung des Vorhabens mit Bescheid vom 20.07.2020 keine konsentierte Anlage vorgelegen sei, weshalb von einer – wasserrechtlich bewilligten – Fertigstellung nicht gesprochen werden könne.
Die Anzeige der angeblichen Fertigstellung der betreffenden Wasserversorgungsanlage sei dem Beschwerdeführer auch nicht zugestellt worden. Erst durch die Zustellung des Bescheides vom 20.07.2020 habe er vom Ausmaß der Inanspruchnahme seines Grundstückes Kenntnis erlangt, weshalb die Frist des § 111 Abs 4 WRG für ihn erst mit Zustellung dieses Bescheides zu laufen begonnen habe.
Der am 20.07.2021 eingebrachte Entschädigungsantrag sei demnach nicht verspätet.
II. Sachverhalt:
Gegenstand der vorliegenden Beschwerdesache ist ein administrativrechtliches Verfahren nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 betreffend einen Antrag auf behördliche Festsetzung eines Entschädigungsanspruchs für eine Grundstücksinanspruchnahme durch eine wasserrechtlich bewilligte Wasserversorgungsanlage.
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes **1 KG Y.
Dieses Grundstück wird durch den Wasserleitungsstrang M1 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X durchquert. Beim Gst **1 KG Y des Rechtsmittelwerbers handelt es sich um eine Waldparzelle, wobei die gemeindliche Wasserleitung in diesem Grundstück im Wesentlichen in einem Forstweg verlegt wurde.
Dieser Wasserleitungsstrang M1 wurde im Zuge des Bauabschnittes 03 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X ausgeführt, wobei ein ca 704 m langes Teilstück dieser Leitung bereits vorab im Zuge eines Forstwegebaus errichtet worden war. Dieser Bauabschnitt wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol und der Tiroler Landesregierung vom 22.09.2009 wasser-, forst- und naturschutzrechtlich bewilligt, im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung war lediglich das erwähnte ca 704 m lange Leitungsstück schon ausgeführt, die übrigen Anlagenteile des Bauabschnitts 03 noch nicht.
Im Mai und Juni 2011 wandte sich der Beschwerdeführer mehrfach an die Wasserrechtsbehörde, weil im Bereich seines Grundstückes **1 KG Y die Ausführungsarbeiten betreffend den Bauabschnitt 03 der Wasserversorgungsanlage erfolgten, er aber mit der Gemeinde X noch keine Einigung über die Entschädigung für die Grundstücksbeanspruchung erzielen konnte.
Mit Eingabe vom 21.12.2011 – eingelangt bei der Wasserrechtsbehörde am 23.12.2011 – legte die Gemeinde X in dreifacher Ausfertigung ein Ausführungsprojekt für den Bauabschnitt 03 ihrer Wasserversorgungsanlage vor und ersuchte die belangte Behörde gleichzeitig, dieses Bauvorhaben wasserrechtlich zu überprüfen und in Ansehung der im Zuge der Bauausführung geschehenen Abänderungen die nachträgliche Bewilligung zu erteilen.
In dem den Bauabschnitt 03 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X betreffenden Ausführungsprojekt vom Dezember 2011 wird die Durchführung dieses Bauvorhabens beschrieben, wobei in Bezug auf das Gst **1 KG Y des Beschwerdeführers dargelegt wurde, dass der dort verlaufende Wasserleitungsstrang M1 bescheidgemäß – also ohne Abänderung gegenüber dem bewilligten Einreichprojekt aus dem Jahr 2009 – ausgeführt wurde, wogegen hinsichtlich des ebenfalls das Gst **1 KG Y betreffenden Leitungsstranges M2 festgehalten wurde, dass dieser Wasserleitungsstrang nicht ausgeführt wurde.
Von der belangten Wasserrechtsbehörde wurde am 11.12.2014 eine Verhandlung im Gemeindeamt von X durchgeführt, um die Bauabschnitte 02 sowie 03 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X zu überprüfen und im Zuge der Bauarbeiten erfolgte Abänderungen nachträglich wasserrechtlich zu bewilligen. Zu dieser Verhandlung wurde der Beschwerdeführer geladen und hat er auch persönlich an dieser Verhandlung teilgenommen. Im Rahmen dieser Verhandlung sprach der Rechtsmittelwerber die offene Entschädigungsfrage an und ergab sich diesbezüglich ein Gespräch zwischen ihm und dem ebenfalls an der Verhandlung teilnehmenden Bürgermeister der Gemeinde X.
In der Folge wurden über mehrere Monate zwischen dem Beschwerdeführer und der Gemeinde X Verhandlungen wegen der offenen Entschädigungsfrage geführt, letztlich erfolglos. In diesem Zusammenhang erklärte sich der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 30.03.2015 an den Amtsleiter der Gemeinde X mit einer Entschädigungszahlung in Höhe von Euro 10.000,00 für die Grundstücksbeanspruchung seines Grundstückes **1 KG Y durch den Wasserleitungsstrang M1 einverstanden, begehrte aber eine weitere Entschädigungszahlung in Höhe von Euro 5.000,00, sollte die Gemeinde auch noch den Wasserleitungsstrang M2 ausführen. Eine Einigung kam diesbezüglich jedoch nicht zustande, da die Gemeinde X zur Zahlung eines Betrages von Euro 10.000,00 an den Beschwerdeführer nur bereit war, wenn damit nicht nur der bereits ausgeführte Strang M1, sondern auch der noch nicht gebaute Strang M2 entschädigt gewesen wären.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 20.07.2020 wurde schließlich das Vorhaben „Bauabschnitt 03 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X“ wasserrechtlich für überprüft erklärt und wurden zugleich die im Zuge der Bauausführung erfolgten Änderungen (nachträglich) wasserrechtlich genehmigt.
Die dagegen vom Rechtsmittelwerber erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 06.12.2021, ***, als unbegründet abgewiesen.
Die Säumnisbeschwerde des Beschwerdeführers vom 30.03.2021 in Bezug auf die offene Entschädigungsfrage wurde vom Landesverwaltungsgericht Tirol mit Erkenntnis vom 06.12.2021, ***, als unbegründet abgewiesen, dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die belangte Wasserrechtsbehörde nicht säumig geworden sei, weil an diese bis zur Erhebung der Säumnisbeschwerde kein konkreter Entschädigungsantrag herangetragen worden sei.
Mit Eingabe vom 20.07.2021 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Wasserrechtsbehörde den Antrag auf behördliche Festsetzung eines Entschädigungsanspruches gemäß § 111 Abs 4 WRG 1959, und zwar im Betrag von Euro 30.000,00, eventualiter in angemessener Höhe, für die Beanspruchung seines Grundstückes **1 KG Y durch den Wasserleitungsstrang M1 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X.
Dieser das nunmehrige Verfahren auslösende Antrag wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 17.08.2021 als verspätet zurückgewiesen, da nicht innerhalb der gesetzlichen Jahresfrist des § 111 Abs 4 WRG 1959 gestellt.
III. Beweiswürdigung:
Beweiswürdigend ist in der vorliegenden Beschwerdesache festzuhalten, dass sich der zuvor festgestellte Sachverhalt in unbedenklicher Weise aus der gegebenen Aktenlage ergibt.
Gegen die von der belangten Behörde vorgelegten Aktenstücke bestehen seitens des entscheidenden Verwaltungsgerichts keine Bedenken, solche wurden auch vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
Dass der Beschwerdeführer Eigentümer des Grundstückes **1 KG Y ist, geht aus der Aktenlage sowie aus dem unbedenklichen Vorbringen des Rechtsmittelwerbers hervor.
Der festgestellte bisherige Verfahrensverlauf stützt sich auf die vorliegenden Aktenstücke, der vom Rechtsmittelwerber vorgetragene Verfahrensgang steht damit im Übrigen in Einklang, maßgebliche Widersprüche bestehen diesbezüglich nicht.
Dass der Beschwerdeführer wegen der Bauausführungsarbeiten betreffend die nunmehr verfahrensgegenständlichen Anlagenteile der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X im Mai und Juni 2011 mehrfach an die Wasserrechtsbehörde herangetreten ist, gründet auf aktenkundigen E-Mails des Rechtsmittelwerbers.
Ebenso verhält es sich mit der Feststellung, dass sich der Rechtsmittelwerber mit einem Entschädigungsbetrag von Euro 10.000,00 für den bereits auf seinem Gst **1 KG Y verlegten Wasserleitungsstrang M1 einverstanden erklärt hat und für die allenfalls noch erfolgende Verlegung des Wasserleitungsstrangs M2 einen zusätzlichen Betrag von Euro 5.000,00 verlangt hat, können doch seine Ausführungen im aktenkundigen E-Mail vom 30.03.2015 nicht anders verstanden werden, wenn er darin ausgeführt hat, mit einer Entschädigungszahlung von Euro 10.000,00 für den „jetzigen Zustand“ einverstanden zu sein, aber noch weitere Euro 5.000,00 zu begehren, sollte die Gemeinde X doch noch die Wasserleitung zur Versorgung der „CC“ errichten.
Im Zusammenhalt mit dem Ausführungsprojekt ist klar, dass mit der Wasserleitung zur Versorgung der „CC“ der Leitungsstrang M2 gemeint ist, welche Wasserleitung noch nicht ausgeführt worden ist, wogegen der Leitungsstrang M1 im Zeitpunkt des in Rede stehenden E-Mails vom 30.03.2015 bereits im Gst **1 KG Y verlegt gewesen ist und somit den „jetzigen Zustand“ dargestellt hat. Auch dem vorangegangenen E-Mail der Gemeinde X an den Beschwerdeführer lässt sich dieser Sinngehalt entnehmen, wobei in diesem E-Mail vom 27.03.2015 die beiden Wasserleitungsstränge M1 und M2 auch als solche angesprochen wurden.
Aus der vorliegenden Aktenlage lässt sich auch unzweifelhaft ableiten, dass der Beschwerdeführer sehr gut über die Beanspruchung seines Grundstückes **1 KG Y durch Anlagenteile der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X und über den Ausführungsstand der entsprechenden Bauarbeiten informiert gewesen ist.
So hat er nicht nur den Baubeginn des Bauabschnittes 03 mitbekommen, was sich aus seinen eigenen Ausführungen in seinem Beschwerdeschriftsatz gegen den wasserrechtlichen Kollaudierungsbescheid vom 20.07.2020 erschließen lässt, wenn er darin ausgeführt hat, dass am 09.05.2011 mit dem Bau begonnen worden ist.
Vielmehr hat er darüber hinaus auch über den Ausführungsstand der Errichtung der WVA-Anlagenteile auf seinem Grundstück sehr gut Bescheid gewusst, wenn er in seinem E-Mail vom 25.03.2015 wie auch in seinem E-Mail vom 30.03.2015 an die Gemeinde X sein Entschädigungsverlangen aufgesplittet hat, nämlich in einen Entschädigungsteil von Euro 10.000,00 für die auf seinem Grundstück bereits ausgeführten Anlagenteile und in einen Entschädigungsteil von Euro 5.000,00 für die ursprünglich geplanten, ebenso bewilligten, aber noch nicht errichteten Anlagenteile.
IV. Rechtslage:
In der vorliegenden Rechtssache sind die Bestimmungen des § 111 Abs 4 und des § 117 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl Nr 215/1959 idF BGBl I Nr 73/2018, verfahrensmaßgeblich.
Diese Vorschriften haben folgenden Inhalt:
„§ 111
Inhalt der Bewilligung
(1) …
(2) …
(3) …
(4) Hat sich im Verfahren ergeben, daß die bewilligte Anlage fremden Grund in einem für den Betroffenen unerheblichen Ausmaß in Anspruch nimmt, und ist weder vom Grundeigentümer eine Einwendung erhoben noch von diesem oder vom Bewilligungswerber ein Antrag auf ausdrückliche Einräumung einer Dienstbarkeit nach § 63 lit. b gestellt noch eine ausdrückliche Vereinbarung über die Einräumung einer solchen getroffen worden, so ist mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung die erforderliche Dienstbarkeit im Sinne des § 63 lit. b als eingeräumt anzusehen. Allfällige Entschädigungsansprüche aus diesem Grunde können in Ermangelung einer Übereinkunft binnen Jahresfrist nach Fertigstellung der Anlage geltend gemacht werden (§ 117).
(5) …
§ 117
Entschädigungen und Beiträge
(1) Über die Pflicht zur Leistung von Entschädigungen, Ersätzen, Beiträgen und Kosten, die entweder in diesem Bundesgesetz oder in den für die Pflege und Abwehr bestimmter Gewässer geltenden Sondervorschriften vorgesehen sind, entscheidet, sofern dieses Bundesgesetz (§ 26) oder die betreffende Sondervorschrift nichts anderes bestimmt, die Wasserrechtsbehörde. In der Entscheidung ist auszusprechen, ob, in welcher Form (Sach- oder Geldleistung), auf welche Art, in welcher Höhe und innerhalb welcher Frist die Leistung zu erbringen ist. Gebotenenfalls können auch wiederkehrende Leistungen und die Sicherstellung künftiger Leistungen vorgesehen sowie die Nachprüfung und anderweitige Festlegung nach bestimmten Zeiträumen vorbehalten werden.
(2) …“
V. Erwägungen:
1)
In dem in Prüfung stehenden Beschwerdefall ist strittig, wann die Jahresfrist des § 111 Abs 4 letzter Satz WRG 1959 zu laufen begonnen hat und ob diese Jahresfrist im Zeitpunkt der Einbringung des verfahrensauslösenden Entschädigungsantrages vom 20.07.2021 bereits abgelaufen gewesen ist oder nicht
Der Beschwerdeführer vertritt diesbezüglich den Standpunkt, dass von einer Fertigstellung der Anlage im Sinne des Tatbestandes des § 111 Abs 4 WRG 1959 erst dann gesprochen werden könne, wenn die Anlage einerseits tatsächlich und andererseits auch in rechtlicher Hinsicht fertiggestellt sei, wobei er bezüglich des letzteren Aspekts auf den wasserrechtlichen Konsens abstellt.
Folgte man diesem Rechtsstandpunkt, so ergibt sich im Gegenstandsfall Folgendes:
In seinem verfahrensauslösenden Entschädigungsantrag vom 20.07.2021 hat der Beschwerdeführer dargelegt, dass auf seinem Gst **1 KG Y der Wasserleitungsstrang M1 im Forstweg mit der Errichtung dieses Forstweges bereits vor der Bewilligung des Bauabschnittes 03 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X verlegt worden ist. Diese Aussage des Rechtsmittelwerbers deckt sich mit den Ausführungen im betreffenden Einreichprojekt vom Februar 2009 (vgl Seite 13 des Technischen Berichts dieses Einreichprojekts), wonach im Zuge einer Forstwegeerrichtung der Bringungsgemeinschaft „DD“ auf einer Länge von ca 704 Metern das Teilstück der Sphärogussleitung (ohne wasserrechtliche Bewilligung) mitverlegt worden ist.
Die das Grundstück **1 KG Y im Eigentum des Beschwerdeführers berührende Wasserleitung wurde in der Folge mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol als Wasserrechtsbehörde vom 22.09.2009 wasserrechtlich konsentiert.
Mit dem im Dezember 2011 der belangten Wasserrechtsbehörde vorgelegten Ausführungsprojekt betreffend den Bauabschnitt 03 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X wurde die Funktionsfähigkeit dieses Teiles der gemeindlichen Wasserversorgungsanlage – also des Bauabschnittes 03 – berichtet, ebenso die bescheidgemäße Ausführung des Wasserleitungsstranges M1, dies jedenfalls im Bereich des Grundstückes **1 KG Y. Im Ausführungsprojekt wird auch dargetan, dass der Wasserleitungsstrang M2 nicht ausgeführt wurde.
Demnach ergibt sich in Bezug auf den allein antragsgegenständlichen Wasserleitungsstrang M1 auf dem Gst **1 KG Y des Beschwerdeführers, dass diese Wasserleitung bereits vor dem wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vom 22.09.2009 auf diesem Grundstück bestanden hat, zum Zeitpunkt der Einreichung des Ausführungsprojekts im Dezember 2011 als Teil des Gesamtvorhabens „Bauabschnitt 03 der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde X“ funktionstüchtig gewesen ist und sohin der bewilligten Wasserbenutzung dienen konnte und schließlich in rechtlicher Hinsicht seit Erlassung des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 22.09.2009 auch Bestand hatte.
Da der antragsgegenständliche Wasserleitungsstrang M1 entsprechend dem Genehmigungsbescheid vom 22.09.2009 errichtet wurde, bedurfte dessen Bestand auf dem Gst **1 KG Y auch keiner weiteren wasserrechtlichen Bewilligung, dies im Gegensatz zu Anlagenteilen, die im Vergleich zum erteilten Wasserrechtskonsens abgeändert ausgeführt worden waren. Für letztere Anlagenteile wurde der Wasserrechtskonsens mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol als Wasserrechtsbehörde vom 20.07.2020 (nachträglich) hergestellt.
Auf der Basis des vom Beschwerdeführer bezüglich der „Fertigstellung einer WVA-Anlage“ vertretenen Standpunktes ist im Gegenstandsfall festzustellen, dass der strittige Wasserleitungsstrang M1, auf den sich das verfahrensauslösende Entschädigungsbegehren bezieht, seit mehr als 10 Jahren besteht, seit 2009 auch über eine entsprechende wasserrechtliche Bewilligung verfügt und zufolge der mit der Vorlage des Ausführungsprojekts an die belangte Wasserrechtsbehörde erfolgten Bauvollendungsanzeige im Jahr 2011 schließlich seitdem rechtmäßig in Betrieb steht (siehe § 112 Abs 6 WRG 1959).
Dementsprechend ist die entschädigungsgegenständliche Wasserleitung M1 auf dem Gst **1 KG Y des Beschwerdeführers zumindest seit 2011 sowohl in tatsächlicher wie auch in rechtlicher Hinsicht „fertiggestellt“ und rechtskonform in Betrieb stehend.
Davon ausgehend erweist sich der erst mit Eingabe vom 20.07.2021 vom Rechtsmittelwerber gestellte Antrag auf behördliche Festsetzung eines Entschädigungsanspruches, dies in Ermangelung einer Übereinkunft mit der Gemeinde X, als nicht binnen Jahresfrist nach Fertigstellung der Anlage bei der Wasserrechtsbehörde geltend gemacht, also im Sinne der in § 111 Abs 4 WRG 1959 vorgesehenen Jahresfrist als verspätet.
Folgerichtig hat die belangte Wasserrechtsbehörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 17.08.2021 diesen Entschädigungsantrag des Beschwerdeführers rechtsrichtig als verspätet zurückgewiesen. Infolgedessen war die angefochtene Entscheidung zu bestätigen und die vorliegende Beschwerde abzuweisen.
2)
Die gegen die (zurückweisende) Entscheidung vom Beschwerdeführer vorgetragenen Argumente sind nicht geeignet, das vorliegende Rechtsmittel zum Erfolg zu führen und ein anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen, wozu noch Folgendes auszuführen verbleibt:
a)
Insofern der Rechtsmittelwerber moniert, dass ihm die Anzeige über die Fertigstellung der betreffenden Wasserversorgungsanlage nicht zugestellt worden sei und er erst mit Zustellung des Überprüfungsbescheides vom 20.07.2020 Kenntnis vom Ausmaß der Inanspruchnahme seines Grundstückes erlangt habe, ihm mithin eine ihm nicht bekannte Fertigstellung der Anlage nicht zum Nachteil gereichen könne, ist vom entscheidenden Verwaltungsgericht wie folgt klarzustellen:
Wenn auch von Grundstückseigentümern ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit bezüglich ihrer Grundstücke zu verlangen sein wird, was auf ihren Grundstücken geschieht, sodass es fraglich erschiene, bei der Berechnung der Jahresfrist des § 111 Abs 4 WRG 1959 allein auf eine den Grundstückseigentümern zunächst unbekannte Baufertigstellungsmeldung an die Behörde abzustellen, so vermag sich das erkennende Verwaltungsgericht dennoch der Auffassung des Rechtsmittelwerbers anzuschließen, dass er eine ihm nicht bekannte Bauvollendungsanzeige nicht gegen sich gelten lassen müsse.
Damit ist aber für den Beschwerdeführer vorliegend nichts zu gewinnen.
Spätestens mit seiner Einladung zur Überprüfungsverhandlung am 11.12.2014 hat der Beschwerdeführer darüber Kenntnis erlangt, dass die Gemeinde X das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben der belangten Behörde als fertiggestellt gemeldet hat. In der Ladung zu dieser Verhandlung wurde auch darauf hingewiesen, dass die ausgeführten Anlagenteile in einem Ausführungsoperat genau beschrieben und planlich dargestellt sind, ebenso wurde dargelegt, dass diese Planunterlagen sowohl beim Amt der Tiroler Landesregierung in Z als auch beim Gemeindeamt der Gemeinde X zur Einsichtnahme aufliegen. Diesen Plänen hätte der Beschwerdeführer ohne weiteres entnehmen können, in welchem Umfang auf seinem Gst **1 KG Y Anlagenteile ausgeführt wurden.
Davon abgesehen zeigt der E-Mail-Schriftverkehr des Beschwerdeführers einerseits an die belangte Wasserrechtsbehörde und andererseits an die Gemeinde X, dass er genaues Wissen darüber hatte, welche Wasserleitungsstränge auf seinem Grundstück errichtet wurden und welche nicht, hätte er doch ansonsten nicht beispielsweise in seinem E-Mail vom 25.03.2015 und ebenso in seinem E-Mail vom 30.03.2015 an die Gemeinde X sein Entschädigungsbegehren aufsplitten können, und zwar in einen Teilbetrag für den ausgeführten Leitungsstrang M1 und in einen Teilbetrag für den noch nicht errichteten Leitungsstrang M2, wobei der letztere Teilbetrag nach den Vorstellungen des Rechtsmittelwerbers dann bezahlt werden sollte, wenn die Gemeinde X den Leitungsstrang M2 (zur Versorgung der „CC“) noch ausführen sollte.
Daraus ergibt sich zwanglos, dass der Beschwerdeführer über den Ausführungsstand der strittigen WVA-Anlagenteile auf seinem Grundstück sehr gut Bescheid wusste.
Vor diesem Hintergrund einer sehr guten Kenntnis des Rechtsmittelwerbers über die auf seinem Gst **1 KG Y fertiggestellten Anlagenteile spätestens zum Zeitpunkt der mündlichen Überprüfungsverhandlung am 11.12.2014 erweist sich der erst im Jahr 2021 für den Wasserleitungsstrang M1 gestellte Antrag auf behördliche Festsetzung einer Entschädigung für die erfolgte Grundstücksinanspruchnahme jedenfalls als verspätet.
b)
Wenn der Rechtsmittelwerber in seinem Beschwerdeschriftsatz ausgeführt hat, dass die gegenständliche Wasserversorgungsanlage erst mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol als Wasserrechtsbehörde vom 20.07.2020 als „fertiggestellt“ gelten könne, dies mit Blick auf die erheblichen Änderungen an der Anlage, welche eine neuerliche wasserrechtliche Bewilligung erfordert hätten, so übersieht er, dass der von seinem Entschädigungsantrag erfasste Wasserleitungsstrang M1 auf seinem Gst **1 KG Y nicht geändert ausgeführt worden ist, sondern entsprechend dem mit Bescheid vom 22.09.2009 erteilten Konsens.
Der Lauf der Jahresfrist des § 111 Abs 4 WRG 1959 hat folglich nicht erst mit Zustellung des Überprüfungsbescheides vom 20.07.2020 an ihn begonnen.
c)
In der Beschwerde wird ausgeführt, dass die Gemeinde X erst mit Schreiben vom 21.12.2011 um die Überprüfung der ausgeführten WVA-Anlagenteile angesucht habe, ebenso um nachträgliche wasserrechtliche Bewilligung der im Zuge der Bauausführung erfolgten Änderungen, dies unter Vorlage eines Ausführungsoperates. In diesem Zusammenhang wies der Rechtsmittelwerber darauf hin, dass die gegenständliche Anlage entsprechend dem Bewilligungsbescheid bis spätestens 30.09.2011 – bei sonstigem Verlust des Wasserbenutzungsrechtes – fertigzustellen gewesen wäre.
Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass der Zeitpunkt einer Baufertigstellungsmeldung und der Zeitpunkt der Vorlage eines Ausführungsoperates an die Wasserrechtsbehörde nichts darüber besagt, wann die entsprechende Anlage fertiggestellt wurde.
Davon abgesehen übersieht der Beschwerdeführer hier die Bestimmung des § 121 Abs 1 letzter Satz WRG 1959 (korrespondierend § 112 Abs 1 letzter Satz WRG 1959), wonach bei einer Baufristüberschreitung die Anlage dennoch als fristgemäß ausgeführt gilt, wenn die Wasserrechtsbehörde die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, was in der vorliegenden Rechtssache der Fall ist.
Demnach vermag auch dieses Vorbringen das Rechtsmittel des Beschwerdeführers nicht zum Erfolg zu führen.
3)
Im gegenständlichen Beschwerdeverfahren konnte deshalb von der Vornahme der beantragten mündlichen Rechtsmittelverhandlung Abstand genommen werden, weil der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers zurückzuweisen gewesen ist (vgl § 24 Abs 2 Z 1 erster Fall VwGVG).
In der gegenständlichen Beschwerdesache waren auch keine Beweisaufnahmen zur Feststellung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalts erforderlich, vielmehr konnte die Beschwerdeentscheidung auf Basis der vorliegenden Aktenunterlagen erfolgen. Konkrete Beweisanträge hat der Rechtsmittelwerber ohnedies nicht gestellt.
Die mündliche Erörterung ließ vorliegend eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten und standen einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen.
4)
Abschließend sieht sich das erkennende Verwaltungsgericht noch zu folgendem „obiter dictum“ veranlasst:
Durch die Versäumung der Jahresfrist des § 111 Abs 4 WRG 1959 hat sich der Beschwerdeführer nicht sämtlicher Entschädigungsansprüche gegen die Gemeinde X infolge der Beanspruchung seines Grundstückes **1 KG Y zur Verlegung des gemeindlichen Wasserleitungsstranges M1 begeben, sondern nur der Möglichkeit, allfällige diesbezügliche Entschädigungsansprüche von der Wasserrechtsbehörde mit Bescheid festsetzen zu lassen.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung hat sich im Gegenstandsfall nicht gestellt, dies mit Blick auf die eindeutige Rechtslage (VwGH 24.09.2015, Ro 2014/07/0068).
Im Übrigen erforderte die vorliegende Rechtsmittelentscheidung eine Betrachtung der Umstände des zu entscheidenden Einzelfalles, wobei eine einzelfallbezogene Entscheidung im Allgemeinen nicht revisibel ist (VwGH 08.07.2020, Ra 2020/07/0032).
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Aicher
(Richter)
Schlagworte
EntschädigungsantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.26.2542.1Zuletzt aktualisiert am
17.03.2022