TE Vwgh Erkenntnis 1986/9/10 84/03/0043

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Veröffentlicht am 10.09.1986
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Index

Verwaltungsverfahren - VStG
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §31 Abs3
VStG §53 Abs2

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
84/03/0045

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Riha, über die Beschwerde des Dr. GH in S, vertreten durch Dr. Alexander Diemand, Rechtsanwalt in Salzburg, Schallmooser Hauptstraße 31, gegen die Bescheide der Tiroler Landesregierung und des Landeshauptmannes von Tirol vom 19. Dezember 1983, Zl. IIb 2-V-3379/1-1983, betreffend Einwendungen nach § 3 Abs. 2 VVG 1950, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol und dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 1.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bundespolizeidirektion Innsbruck hatte mit Straferkenntnis vom 11. Juli 1980 über den Beschwerdeführer wegen der von ihm am 6. November 1979 in Innsbruck begangenen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 und des Kraftfahrgesetzes 1967 Geldstrafen in der Höhe von insgesamt S 12.500,-- verhängt und dem Beschwerdeführer einen Verfahrenskostenbeitrag von S 1.250,-- sowie die Kosten für den Alkotest in der Höhe von S 33,-- auferlegt.

Die gegen dieses Straferkenntnis vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid vom 6. Mai 1981 hinsichtlich der Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960 von der Tiroler Landesregierung und hinsichtlich der Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967 vom Landeshauptmann von Tirol als unbegründet abgewiesen und der Beschwerdeführer verpflichtet, als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens S 1.250,-- zu zahlen. Diese Bescheide erwuchsen in Rechtskraft.

Zur Hereinbringung der Geldstrafen und des Kostenbeitrages wurde von der Bundespolizeidirektion Innsbruck an das Exekutionsgericht Wien (dort eingelangt am 12. Mai 1982) der Antrag auf Pfändung und Verkauf beweglicher körperlicher Sachen und auf Pfändung der im § 296 EO angeführten Wertpapiere und Einlagebücher des in Wien, A-gassebei A wohnhaften Beschwerdeführers gestellt. Mit Exekutionsbewilligungsbeschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 13. Mai 1982 wurde die beantragte Exekution zur Hereinbringung der Forderung in der Höhe von S 15.033,-- bewilligt. Den Verwaltungsakten ist die Fotokopie eines Schreibens des Exekutionsgerichtes Wien vom 10. August 1982 an die Bundespolizeidirektion Innsbruck angeschlossen, in dem festgehalten ist, daß die bewilligte Pfändung nicht vollzogen worden ist, weil die verpflichtete Partei an der angegebenen Anschrift nicht wohnt. Diese Tatsache ist in einem weiteren Bericht des Exekutionsgerichtes Wien vom 4. Februar 1983 festgehalten.

Am 31. August 1983 stellte die Bundespolizeidirektion Innsbruck an das Bezirksgericht Salzburg den Antrag auf Pfändung und Verkauf beweglicher körperlicher Sachen und auf Pfändung der im § 296 EO angeführten Wertpapiere und Einlagebücher des in S, P-Straße, wohnhaften Beschwerdeführers, wobei im Antrag darauf hingewiesen wurde, daß die Fahrnispfändung durch das Exekutionsgericht Wien negativ verlaufen sei. Mit Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 12. September 1983 wurde die beantragte Exekution zur Hereinbringung der Forderung in der Höhe von S 15.033,-- bewilligt. Einem Bericht des Bezirksgerichtes Salzburg vom 20. Oktober 1983 an die Bundespolizeidirektion Innsbruck ist zu entnehmen, daß die bewilligte Pfändung vollzogen worden ist.

Mit dem an die Bundespolizeidirektion Innsbruck gerichteten Schreiben vom 8. November 1983 erhob der Beschwerdeführer Einwendungen gegen den Anspruch, weil dieser verjährt sei. Er stellte den Antrag, auszusprechen, daß der Anspruch aus dem vollstreckbaren Bescheid vom 6. Mai 1981 erloschen sei und die gegen ihn beim Bezirksgericht Salzburg geführte Exekution eingestellt werden könne.

Mit Bescheid vom 18. November 1983 sprach die Bundespolizeidirektion Innsbruck aus, daß dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einstellung der Exekution nicht stattgegeben werde. Zur Begründung führte die Behörde aus, die vom Exekutionsgericht Wien am 13. Mai 1982 bewilligte Exekution sei innerhalb der dreijährigen Frist des § 31 Abs. 3 VStG 1950 beantragt und erteilt worden und sei nach wie vor aufrecht. Von der Behörde sei niemals die Einstellung der Exekution beantragt worden. Vielmehr sei in weiterer Folge beim Bezirksgericht Salzburg die Weiterführung der Exekution beantragt und von diesem Gericht durch Pfändung von Gegenständen fortgeführt worden.

Die gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid vom 19. Dezember 1983 hinsichtlich der Strafen nach der StVO von der Tiroler Landesregierung, hinsichtlich der Strafen nach dem KFG vom Landeshauptmann von Tirol als unbegründet abgewiesen, der erstinstanzliche Bescheid jedoch dahingehend abgeändert, daß gemäß § 3 Abs. 2 VVG 1950 den Einwendungen des Beschwerdeführers keine Folge gegeben werde. In der Begründung der Berufungsbescheide wurde nach Darstellung des bisherigen Verfahrens ausgeführt, es sei der Erstbehörde beizupflichten, daß die Vollstreckungsverjährung mit Folge der rechtzeitigen Geltendmachung des Exekutionstitels am 28. April 1982 nicht eingetreten sei. Die Frist des § 31 Abs. 3 VStG sei nämlich gewahrt, wenn die Behörde den Antrag auf gerichtliche Exekution zur Einbringung einer Geldstrafe innerhalb dieser Verjährungsfrist beim zuständigen Gericht eingebracht habe, es sei denn, daß sie selbst durch eigene Verfügung im Sinne des § 53 Abs. 2 VStG in den Lauf des gerichtlichen Exekutionsverfahrens eingreife. Dem Beschwerdeführer sei jedoch innerhalb des gerichtlichen Exekutionsverfahrens von der Verwaltungsbehörde Ratenzahlung oder Zahlungsaufschub nicht bewilligt worden. Zudem sei ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß das Exekutionsverfahren durch das Exekutionsgericht Wien nicht eingestellt worden, sondern lediglich ergebnislos verlaufen sei, weil der Wohnsitz des Beschwerdeführers damals nicht mit seinem wirklichen übereingestimmt habe. Im übrigen sei in beiden Anträgen der Bundespolizeidirektion Innsbruck an die Gerichte das Berufungserkenntnis vom 6. Mai 1981 angeführt worden, weshalb kein Zweifel an der Identität der zu vollstreckenden Geldbeträge bestanden habe. Die Ansicht des Beschwerdeführers sei daher verfehlt und es sei zu Recht sein Antrag abgewiesen worden. Offensichtlich aus einem Versehen habe die Erstbehörde einen Antrag auf Einstellung abgewiesen, den der Beschwerdeführer in dieser Form gar nicht gestellt habe. Er habe lediglich beantragt, beim Bezirksgericht Salzburg die Einstellung zu erwirken. Da aber mit dem im Spruch genannten Antrag nur die Einwendungen des Beschwerdeführers gemeint sein konnten, habe der Bescheid dahingehend präzisiert werden können.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangten Behörden legten die Verwaltungsakten vor und erstatteten in einer gemeinsamen Ausfertigung eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide in dem Recht verletzt, daß am 31. August 1983 von der Bundespolizeidirektion Innsbruck ein Antrag auf Vollstreckung gestellt worden sei, obwohl nach § 31 Abs. 2 bzw. Abs. 3 VStG Vollstreckungsverjährung eingetreten sei. Mit dem von der Bundespolizeidirektion Innsbruck am 31. Mai 1983 an das Bezirksgericht Salzburg gestellten Antrag sei nämlich kein Antrag auf neuerlichen Vollzug, sondern ein komplett neuer Antrag auf Bewilligung und Vollzug einer Fahrnisexekution gestellt worden. Würde ein Antrag auf Bewilligung eines neuen Vollzuges vorliegen, so hätte dieser durch die Bundespolizeidirektion Innsbruck beim Exekutionsgericht Wien eingebracht werden müssen, um den Vollzug hätte das Exekutionsgericht, das Bezirksgericht Salzburg, ersucht werden müssen. Es liege damit eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sach- und Rechtslage vor, weil gemäß § 31 Abs. 2 und 3 VStG der Anspruch aus dem Berufungserkenntnis vom 6. Mai 1981 verjährt und der neue Antrag auf Fahrnisexekution vom 31. August 1983 erst nach Ablauf der dreijährigen Vollstreckungsverjährungsfrist gestellt worden sei.

Mit der Frage, wann bei Eintreibung einer Geldstrafe im Wege der gerichtlichen Exekution die verhängte Strafe im Sinne des § 31 Abs. 3 VStG von der Behörde vollstreckt ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt befaßt. So hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 6. Dezember 1950, Slg. Nr. 1809/A, ausgesprochen, daß, sobald der tatsächliche Vollzug einer Strafe noch innerhalb der Verjährungsfrist eingesetzt hat, eine Vollstreckungsverjährung - ausgenommen in den Fällen des § 53 Abs. 2 VStG - nicht mehr eintreten kann. Er hat auch in der Folge daran festgehalten, daß die Frist des § 31 Abs. 3 VStG gewahrt ist, wenn die Behörde den Antrag auf gerichtliche Exekution zur Hereinbringung einer Geldstrafe innerhalb dieser Verjährungsfrist beim zuständigen Gericht eingebracht hat, es sei denn, daß sie selbst durch eigene Verfügung im Sinne des § 53 Abs. 2 leg. cit. in den Lauf des gerichtlichen Exekutionsverfahrens eingreift. (Vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. März 1974, Zl. 53/74, Slg. Nr. 8573/A (nur Rechtssatz) und die weitere darin angeführte Vorjudikatur, insbesondere das Erkenntnis vom 5. Mai 1958, Zl. 622/57; hinsichtlich der zitierten, nichtveröffentlichten hg. Entscheidungen wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.) Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlaßt, im Beschwerdefall von dieser Rechtsansicht, und zwar auch nicht im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen, abzugehen.

Ausgehend davon aber ist die Ansicht der belangten Behörden nicht als rechtswidrig zu erkennen, daß bereits mit dem noch innerhalb der Frist des § 31 Abs. 3 VStG von der Bundespolizeidirektion Innsbruck an das Exekutionsgericht Wien gestellten und von diesem bewilligten Antrag auf Hereinbringung der Geldstrafen einschließlich der Kosten der tatsächliche Vollzug eingesetzt hat und, da die Exekutionsbewilligung durch das Exekutionsgericht Wien nach wie vor aufrecht ist, Verjährung des Anspruches sohin nicht eingetreten ist. Den aus diesem Grunde gegen den Anspruch vom Beschwerdeführer vorgebrachten Einwendungen wurde daher von den belangten Behörden zu Recht keine Folge gegeben. Der Verwaltungsgerichtshof hatte im vorliegenden Fall lediglich zu beurteilen, ob die Ansicht der belangten Behörden, daß den Einwendungen des Beschwerdeführers gegen den Anspruch keine Berechtigung zukommt, zutrifft, was nach dem Vorgesagten zu bejahen ist. Er hatte jedoch nicht zu prüfen, ob die weiteren exekutionsrechtlichen Schritte zur Hereinbringung der Forderungen durch die Bundespolizeidirektion Innsbruck und durch das Bezirksgericht Salzburg im Einklang mit den Bestimmungen der Exekutionsordnung unternommen wurden, insbesondere also nicht, ob der Antrag der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 31. August 1983 an das Bezirksgericht Salzburg einen Antrag auf Weiterführung der vom Exekutionsgericht Wien bewilligten Exekution darstellte oder - wie der Beschwerdeführer meint - ein „komplett neuer Antrag auf Bewilligung und Vollzug einer Fahrnisexekution“ war. (Vgl. dazu die Ausführungen zum neuerlichen Vollzug im Kommentar zur Exekutionsordnung von Neumann-Lichtblau, herausgegeben von Heller-Berger-Stix, 4. Auflage, II. Band, Seite 1634 ff.)

Da sich die Beschwerde sohin nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei von der Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden konnte.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985, wobei die begehrten Kosten den belangten Behörden je zur Hälfte zuzusprechen waren. (Vgl. dazu den Beschluß eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1979, Slg. Nr. 9901/A.)

Wien, am 10. September 1986

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1986:1984030043.X01

Im RIS seit

17.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

17.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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