TE Vwgh Erkenntnis 2022/2/22 Ra 2021/02/0256

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Veröffentlicht am 22.02.2022
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §44a Z2
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGVG 2014 §38

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des E in W, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das am 16. September 2021 mündlich verkündete und am 29. September 2021 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, LVwG-604425/15/JP, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 24. März 2021 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe sich am 26. Februar 2021 um 23:01 Uhr auf einer näher genannten Polizeiinspektion „nach Aufforderung durch ein besonders geschultes Organ der Bundespolizei geweigert, [seine] Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden konnte, dass [er] zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt“ habe. Der Revisionswerber habe dadurch § 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe in Höhe von € 1.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 14 Tage) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt wurde.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die vom Revisionswerber gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses erhobene Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab, setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei.

3        Mit der vorliegenden außerordentlichen Revision begehrt der Revisionswerber die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4        Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5        Die Revision erweist sich im Hinblick auf ihr Vorbringen, das angefochtene Erkenntnis weiche von näher bezeichneter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 2 und Z 3 VStG ab, weil im Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde, der durch die Abweisung der Beschwerde vom Verwaltungsgericht übernommen worden sei, die Fundstellen der verletzten Verwaltungsvorschrift und der herangezogenen Strafnorm nicht angeführt worden seien, als zulässig und begründet.

6        Gemäß § 44a Z 2 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, zu enthalten. § 44a Z 2 VStG räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint (vgl. VwGH 6.8.2020, Ra 2020/09/0013, mwN).

7        Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird dem Gebot des § 44a Z 2 VStG dann nicht entsprochen, wenn die durch die Tat verletzte Verwaltungsvorschrift nicht unter Zitierung der entsprechenden Norm im Spruch angeführt wird. Hiezu zählt auch die Angabe ihrer - richtigen - „Fundstelle“. Dem Gebot der ausreichend deutlichen Angabe der Fundstelle der verletzten Verwaltungsvorschrift wird nur dann Rechnung getragen, wenn die Fundstelle jener Novelle angegeben wird, durch welche die als verletzt betrachtete Norm ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten hat. Ein diesbezüglich unrichtiger oder unvollständiger Ausspruch im Spruch kann durch Ausführungen in der Begründung des Straferkenntnisses nicht ersetzt werden (vgl. VwGH 2.12.2021, Ra 2021/02/0178, mwN).

8        Entsprechendes gilt auch für die Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmung nach § 44a Z 3 VStG, zumal darunter jene Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen ist, welche die Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. VwGH 1.9.2020, Ra 2019/02/0153, mwN).

9        Dem Spruchpunkt 1. des behördlichen Straferkenntnisses sind weder die Fundstellen der als verletzte Verwaltungsvorschriften zitierten Normen der „§ 99 Abs. 1 lit. b iVm. § 5 Abs. 2 StVO“ zu entnehmen, noch ergibt sich aus diesem die Fundstelle der herangezogenen Strafsanktionsnorm des § 99 Abs. 1 StVO. Obwohl das Verwaltungsgericht verpflichtet gewesen wäre, den Spruch des behördlichen Straferkenntnisses in seinem Abspruch zu ergänzen, wenn dieser - wie hier - unvollständig ist, hat es durch die Abweisung der Beschwerde den Spruch des bei ihm in Beschwerde gezogenen Straferkenntnisses unverändert übernommen (vgl. VwGH 29.3.2021, Ra 2021/02/0023, mwN).

10       Dadurch hat das Verwaltungsgericht sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb das Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

11       Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. Februar 2022

Schlagworte

Mängel im Spruch unvollständige Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021020256.L00

Im RIS seit

28.07.2022

Zuletzt aktualisiert am

29.07.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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