Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Hon.-Prof. PD Dr. Rassi als Vorsitzenden und die Hofräte und Hofrätinnen Dr. Schwarzenbacher, Dr. Kodek, MMag. Matzka sowie Mag. Istjan, LL.M., als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S* GmbH (ehemals S* Ges.m.b.H.), *, vertreten durch Dr. Peter Karlberger und andere Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei M* GmbH, *, vertreten durch Meinhard Novak Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen 14.580 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei, gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 18. Februar 2021, GZ 50 R 133/20w-15, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 25. August 2020, GZ 7 C 96/20y-10, bestätigt wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
1. Die Bezeichnung der klagenden Partei wird auf „S* GmbH“ berichtigt.
2. Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil wie folgt zu lauten hat:
„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen 14.580 EUR samt 9,2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 24. 1. 2020 samt 4 % Zinseszinsen von den bis zum 2. 3. 2020 fällig gewordenen Zinsen zu zahlen und die Prozesskosten zu ersetzen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.335,16 EUR (darin 944,36 EUR USt und 2.669 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu Handen der Beklagtenvertreterin zu ersetzen.“
Text
Entscheidungsgründe:
[1] Die Klägerin war als Maklerin für zwei Wohnungen in Wien tätig. Dafür hatte sie vom Eigentümer den Alleinvermittlungsauftrag. Eine Mitarbeiterin einer von der Beklagten mit der Wohnungssuche beauftragten Immobilien GmbH kontaktierte die Klägerin hinsichtlich eines sogenannten „A-meta-Geschäfts“ (Metageschäfts: Aufteilung der Käuferprovision im Verhältnis 50:50 zwischen den Immobilienmaklern). Die Klägerin stimmte dem Metageschäft zu und übermittelte der Immobilien GmbH ein Exposé samt Objektadresse und Plan, das diese an die Beklagte weiterleitete. Darin wurde auf die anfallende Provision in Höhe von 3 % des Kaufpreises zuzüglich 20 % USt hingewiesen. Der Geschäftsführer der Beklagten besichtigte das Objekt und es kam in der Folge zum Kauf einer der beiden besichtigten Wohnungen. Die Beklagte entrichtete auch die dafür anfallende Maklergebühr. Auf Vorschlag des Architekten der Eigentümerin entschloss sich die Beklagte einige Monate später, auch die zweite dieser Wohnungen zu kaufen. Zu diesem Zeitpunkt war zwar der Alleinvermittlungsauftrag der Klägerin nicht mehr aufrecht, sie hatte jedoch weiterhin ein Vertragsverhältnis zur Eigentümerin der Wohnung.
[2] Die Klägerin begehrte von der Beklagten aufgrund ihrer Verdienstlichkeit im Zusammenhang mit der Vermittlung des Kaufvertrags auch über die zweite Wohnung die Zahlung ihrer anteiligen Provision von 14.580 EUR (die Hälfte von 3 % des Kaufpreises von 810.000 EUR zuzüglich USt).
[3] Die Beklagte bestritt und wendete im Wesentlichen ein, zwischen den Streitteilen sei zu keinem Zeitpunkt ein Vertragsverhältnis zustande gekommen. Sie habe vielmehr die Immobilien GmbH zwecks Kauf einer Wohnung in Wien beauftragt, die ihr hinsichtlich der ersten Wohnung die Vereinbarung mit der Klägerin über die Aufteilung der Provision offengelegt habe. Die zweite Wohnung habe die Beklagte direkt vom Eigentümer, ohne Vermittlung eines Maklers, gekauft.
[4] Das Erstgericht gab der Klage statt. Die Klägerin sei auch nach Ablauf des Alleinvermittlungsauftrags noch immer als Maklerin für die Eigentümerin der Wohnungen tätig gewesen. Der Beklagten sei das Tätigwerden der Klägerin als Maklerin sowie deren Provisionsforderung seit der Übermittlung des Exposés für die zuerst angekaufte Wohnung bewusst gewesen, sie habe der Tätigkeit der Klägerin nicht widersprochen. Es sei daher ein konkludenter Maklervertrag zwischen den Parteien inklusive Provisionsvereinbarung zustande gekommen, und zwar auch hinsichtlich der zweiten Wohnung, die ja gleichzeitig besichtigt worden sei. Von der Verdienstlichkeit des Maklers im Sinne des § 6 Abs 1 MaklerG sei auszugehen, wenn dem Kaufinteressenten das zu verkaufende Objekt – wie hier – gezeigt und dem Geschäftsherrn der Name des Kaufinteressenten bekannt gegeben werde. Die Kausalität zwischen Maklertätigkeit und Vertragsabschluss gehe nicht schon deshalb verloren, weil zwischenzeitig auch andere Ursachen für den Vertragsabschluss gesetzt wurden.
[5] Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und erklärte zunächst die ordentliche Revision für nicht zulässig.
[6] Die Beklagte erhob zunächst außerordentliche Revision, zog diese aber sodann zurück und brachte einen Abänderungsantrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO, verbunden mit der ordentlichen Revision ein.
[7] Das Berufungsgericht gab dem Abänderungsantrag Folge und ließ nachträglich die ordentliche Revision zwecks Überprüfung zu, ob ein Abgehen des Berufungsgerichts von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum konkludenten Abschluss eines Maklervertrags vorliege.
[8] Die Beklagte macht in ihrer Revision geltend, die Klägerin sei nur als Untermakler tätig geworden, der mit der Beklagten in keinem Rechtsverhältnis stehe. Die Klägerin habe daher keinen Provisionsanspruch gegen die Beklagte.
[9] Die Revision ist wegen der Korrekturbedürftigkeit der angefochtenen Entscheidung zulässig und auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[10] 1. Das Berufungsgericht hat die Zurückziehung der zunächst irrigerweise erhobenen „außerordentlichen“ Revision bei zeitgleicher Einbringung eines Antrags nach § 508 ZPO in Verbindung mit einer ordentlichen Revision zutreffend als zulässige Verbesserung gewertet (vgl RS041666 [T55, T60]). Es liegt daher ein zulässiges Rechtsmittel vor.
[11] 2. Mit Generalversammlungsbeschluss vom 16. 12. 2020 wurde der Firmenname der Klägerin von „S* GmbH“ auf „S* GmbH“ geändert. Diese Änderung wurde am 29. 12. 2020 in das Firmenbuch eingetragen. Die Parteienbezeichnung der Klägerin war daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO zu berichtigen.
[12] 3. Der von der Klägerin verfolgte Provisionsanspruch nach § 6 MaklerG setzt voraus, dass zwischen den Parteien ein zumindest konkludent geschlossener Maklervertrag zustande gekommen ist (RS0062685; RS0063026). Die Beweispflicht für das Zustandekommen dieses Vertrags trifft hier die Klägerin, die sich auf einen konkludent abgeschlossenen Maklervertrag zwischen den Parteien beruft (vgl RS0037797).
[13] 4. Das Zustandekommen eines Maklervertrags zwischen den Parteien ist aus den Feststellungen nicht abzuleiten.
[14] 4.1. Die Beklagte hat bereits in erster Instanz das fehlende Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen eingewendet. Dem widerspricht es auch nicht, dass sie den Honoraranspruch der Klägerin in Bezug auf die andere Wohnung erfüllte. Ein Anerkenntnis hinsichtlich des nunmehr geltend gemachten Anspruchs liegt darin nicht und wurde von der Klägerin auch nicht behauptet.
[15] 4.2. Die Klägerin stützt sich darauf, mit der von der Beklagten beauftragten Makler GmbH ein Metageschäft bezüglich beider Wohnungen geschlossen zu haben. Dabei war die Klägerin vom Eigentümer mit der Suche nach einem Käufer und die Makler GmbH von der Beklagten mit der Suche nach einem geeigneten Objekt beauftragt worden.
[16] 4.2.1. Als Metageschäft wird eine spezielle Form des Gemeinschaftsgeschäfts zwischen Maklern bezeichnet, wenn die Gesamtprovision zwischen den beteiligten Maklern zu gleichen Teilen aufzuteilen ist (7 Ob 148/12h; 1 Ob 700/86). Auf derartige Geschäfte sind die Regeln des MaklerG nicht anzuwenden; sie betreffen ausschließlich das Innenverhältnis zwischen den Maklern (RS0022498; Gartner/Karandi, MaklerG3 § 6 Rz 59).
[17] 4.2.2. Der Auftraggeber eines Maklers tritt zu dem anderen, im Rahmen eines Metageschäfts zugezogenen Makler in keine unmittelbare Rechtsbeziehung. In diesem Sinne verbieten die Standesregeln für Immobilienmakler sogar eine Kontaktaufnahme mit dem Auftraggeber des anderen Maklers ohne dessen Zustimmung, um so zu vermeiden, dass Kontakte des zweiten Maklers mit dem Auftraggeber des ersten als (schlüssige) Auftragserteilung an den zweiten Makler qualifiziert werden (1 Ob 634/84). Jedem Makler ist nur die Provision „seines“ Auftraggebers zugewiesen, sodass es – will der zweite Makler seinen Anteil unmittelbar geltend machen – einer Zession bedarf (Kothbauer, Gemeinschaftsgeschäfte der Immobilienmakler, immolex 2009, 228).
[18] 4.3. Handelt der Vermittler ersichtlich bereits für einen anderen Auftraggeber, ist in der Annahme seiner Dienste durch den Interessenten kein stillschweigender Vertragsabschluss zu sehen (RS0062684). Wenn der Makler erkennbar für einen anderen Auftraggeber tätig wurde, kann die Annahme der Dienste des Maklers nur dann als konkludentes Einverständnis zum Abschluss eines Maklervertrags gedeutet werden, wenn der Makler zuvor deutlich zu erkennen gab, für seine Bemühungen (auch) eine Provision von seinem Gesprächspartner beziehungsweise Verhandlungspartner zu erwarten (RS0062234 [T3, T4]).
[19] 4.4. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin das die Provisionsinformation enthaltende Exposé nicht der Beklagten direkt übermittelt, sondern der Immobilien GmbH, die es wiederum an die Beklagte weiterleitete. Unter diesen Umständen kann aber kein stillschweigender Vertragsabschluss angenommen werden (vgl 1 Ob 88/19a [Pkt 3]).
[20] Da es somit an einem – konkludent abgeschlossenen – Maklervertrag zwischen den Streitteilen fehlt, ist der von der Klägerin geltend gemachte Provisionsanspruch zu verneinen. Der Revision der Beklagten ist daher Folge zu geben und die Entscheidungen der Vorinstanzen sind dahin abzuändern, dass die Klage abgewiesen wird.
[21] 5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Einspruch war mit TP 2 zu bewerten, weil er sich auf eine Mahnklage nach TP 2 bezog und eine kurze Darstellung der Tatsachen und Umstände, auf die sich der Einspruch gründete, enthielt.
Textnummer
E134132European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2022:0040OB00164.21B.0125.000Im RIS seit
17.03.2022Zuletzt aktualisiert am
17.03.2022