Entscheidungsdatum
03.02.2021Index
L92056 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe SteiermarkNorm
SHG Stmk 1998 §1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Leber über die Beschwerde der Frau A B, geb. am ****, Gstraße, G, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 10.04.2020, GZ: A5-12494/2020,
z u R e c h t e r k a n n t:
I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird der angefochtene Bescheid infolge der Beschwerde wie folgt abgeändert:
Frau A B, geboren ****, wird auf Antrag ein Zuschuss zur 24-Stunden-Betreuung, bis zu einer relevanten Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Umstände, jedoch längstens bis 31.12.2020, in nachfolgender Höhe, gewährt:
05.02.2020 bis 29.02.2020:
€ 343,94
01.03.2020 bis 31.05.2020:
€ 601,16 monatlich
01.06.2020 bis 30.06.2020:
€ 652,78
01.07.2020 bis 31.07.2020:
€ 884,54
01.08.2020 bis 31.12.2020:
€ 906,16 monatlich
II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Mit Bescheid vom 10.04.2020 gewährte der Bürgermeister der Stadt Graz Frau A B einen Zuschuss zu den monatlichen Kosten der 24-Stunden Betreuung in Höhe von € 294,74 von 05.02.2020 bis 29.02.2020 und iHv € 353,68 von 01.03.2020 bis 31.12.2020.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass ein Kostenzuschuss i.H.v. € 583,00 monatlich beantragt werde. Dies sei notwendig um den Lebensunterhalt nach Abzug der Kosten für Pflege, Betreuung und Wohnen decken zu können. Die Pflegeheimrestkosten wären vergleichsweise mit monatlich durchschnittlich € 1.931,32 wesentlich höher als die mobile Pflege zu Hause. Die Beschwerdeführerin verfüge über keine Nebeneinkünfte, beziehe lediglich eine Pension i.H.v. € 1.540,00 und ein Pflegegeld der Stufe 4. Weiters werde ihr ein Zuschuss zur 24-Stunden-Betreuung vom Sozialministeriumservice i.H.v. € 550,00 gewährt. Dem würden verschiedene Ausgaben gegenüberstehen. Das Honorar für die 24-Stunden-Betreuerin betrage € 1.830,00 monatlich. Dazu würden die Fahrtkosten in Höhe von monatlich € 240,00 und Kosten für die SVA Versicherung in Höhe von durchschnittlich monatlich € 400,00 kommen (pro Betreuerin € 600,00 im Quartal). Weiters müsse noch für Kost und Logis der Betreuungskräfte aufgekommen werden. Die Betreuerinnen würden ein eigenes Zimmer benötigen, das ihnen zur Verfügung gestellt werden müsse. Auch müssten ausreichend Lebensmittel und Pflegemittel angeschafft werden. Aufgrund der Hygienebestimmungen müssten mehr Reinigungs-und Desinfektionsmittel, Einmalhandschuhe usw. finanziert werden. Die Beschwerdeführerin sei an schwerer Diabetes sowie anderweitigen Leiden erkrankt und benötige Medikamente, deren Kosten monatlich etwa € 60,00 ausmachen würden. Eine Rezeptgebührenbefreiung sei nicht möglich. Weitere Kosten würden für die medizinische Fußpflege und Physiotherapie entstehen (nach Bedarf etwa € 90,00). In der Wohnung würden folgende Kosten anfallen: Heizung € 139,00, Strom € 47,00, Betriebskosten € 266,00. Trotz des Inhalts des Übergabevertrags seien die Betriebskosten immer von der Beschwerdeführerin gezahlt worden. Diese Klausel sei nicht so beabsichtigt und auch nicht so praktiziert worden. Dies sei auch aus den Kontoauszügen ersichtlich. Es seien auch aufgrund des Wohnrechts 25 % des Mindestsicherungsrichtsatzes in der Berechnung abgezogen worden und von einem Richtsatz i.H.v. 688,01 oder ausgegangen worden. Es sei niemals möglich damit den Lebensunterhalt zu Hause zu sichern und eine Betreuung zu ermöglichen. Kost und Logis für die Betreuerinnen sei viel zu niedrig bemessen. Da die Betreuerin ein eigenes Zimmer benötige und daher eine entsprechend große Wohnung die Grundvoraussetzung für die 24-Stunden-Betreuung sei. Es gebe daher nach den monatlichen Ausgaben einen Fehlbetrag i.H.v. € 160,00, hier sei das Essen für die Beschwerdeführerin und die Betreuerin noch nicht berücksichtigt. Es werde daher eine Berechnung begehrt, in der für den Lebensunterhalt mindestens € 917,35 herangezogen würden.
Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat Folgendes erwogen:
I. Festgestellter Sachverhalt:
Die Beschwerdeführerin wurde 1936 geboren. Sie lebt alleine in einer Wohnung. Ihr Pflege- und Betreuungsbedarf lässt es nicht mehr zu, dass sie alleine lebt. Eine 24-Stunden-Betreuung ist somit notwendig.
Mit Übergabsvertrag vom 25. August 2010 übergab die Beschwerdeführerin ihre Eigentumswohnung, in der sie nach wie vor lebt, ihren Söhnen. Unter „VI. Gegenleistungen“ wurde vereinbart, dass der Beschwerdeführerin das lebenslängliche, höchstpersönliche und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt wird. Weiters wurde vereinbart, dass sämtliche Betriebskosten, die mit der Benutzung der Wohnung verbunden sind, von den Söhnen bezahlt werden und die Beschwerdeführerin diesbezüglich schad- und klaglos gehalten wird.
Die Betriebs-, Strom- und Heizkosten werden von der Beschwerdeführerin bezahlt.
Die Beschwerdeführerin wird von 2 Betreuerinnen, die sich im 2-Wochen-Rhythmus abwechseln, betreut. Diese sind selbstständig, es existiert keine Vermittlungsagentur.
Die Beschwerdeführerin hat folgende Einkünfte:
Eigenpension iHv € 466,74
Witwenpension iHv € 1.073,32
mal 14, dividiert durch 12:
Eigenpension iHv € 544,53
Witwenpension iHv € 1.252,21
Pflegegeld Stufe 4 iHv € 689,80 (seit 01.01.2020)
Zuschuss 24-Stunden-Betreuung € 550,00
Summe der Einkünfte:
€ 3.036,54
Die monatlichen Kosten für die 24-Stunden-Betreuung setzen sich wie folgt zusammen:
bis 15.06.2020:
Entgelt für die Pflegerin (€ 60,00 x 366 / 12) € 1.830,00
Transportkosten € 240,00
SVA € 400,00
Kosten für Verpflegung € 196,20
Summe € 2.666,20
ab 16.06.2020:
Entgelt für die Pflegerin (€ 65,00 x 366 / 12) € 1.982,50
Transportkosten € 240,00
SVA € 400,00
Kosten für Verpflegung € 196,20
Summe € 2.818,70
ab 11.07.2020:
Entgelt für die Pflegerin (€ 70,00 x 366 / 12) € 2.135,00
Transportkosten € 240,00
SVA € 400,00
Kosten für Verpflegung € 196,20
Summe € 2.971,20
Die Beschwerdeführerin hat(te) folgende weitere monatliche Ausgaben:
Für den Lebensunterhalt:
Strom € 47,00
Heizung € 139,00
Betriebskosten € 266,82
Telefon-/TV-Rechnung € 44,15
Seniorenhandy Hutchison Drei Austria € 15,00
GIS € 26,73
Lebensmittel € 196,20
Für Pflege/Krankenhilfe:
Rufhilfe € 35,90
Medikamente € 88,50
Medizinische Fußpflege € 20,00
Physiotherapie 2020 € 00,00
Desinfektionsmittel / Hygieneartikel etc € 62,10
Mit den Pflegerinnen wurde vertraglich die Erbringung folgender Leistungen und Tätigkeiten vereinbart:
? Haushaltsnahe Dienstleistungen, insbesondere
Zubereitung von Mahlzeiten, Vornahme von Besorgungen, Reinigungstätigkeiten, Durchführung von Hausarbeiten, Durchführung von Botengängen, Sorgetragung für ein gesundes Raumklima, Betreuung von Pflanzen und Tieren, Wäscheversorgung (Waschen, Bügeln, Ausbessern)
? Unterstützung bei der Lebensführung:
Gestaltung des Tagesablaufes, Hilfestellung bei alltäglichen Verrichtungen
? Gesellschafterfunktion, insbesondere
Gesellschaftleisten, Führen von Konversation, Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Kontakte, Begleitung bei diversen Aktivitäten
? Führung des Haushaltsbuches mit Aufzeichnungen über für die betreute Person getätigte Ausgaben
? praktische Vorbereitung der betreuungsbedürftigen Person auf einen Ortswechsel
? Organisation von Personenbetreuung
? Sonstige (nicht oben angeführte) Dienstleistungen, wobei darauf zu achten ist, dass es sich nicht um pflegerische Leistungen, Leistungen der Basisversorgung sowie um sonstige Leistungen handeln darf, die in den Vorbehaltsbereich der Gesundheitsberufe fallen.
II. Beweiswürdigung
Die Feststellungen stützen sich auf den unbedenklichen Akteninhalt. Die Einkünfte der Beschwerdeführerin lassen sich den vorgelegten Unterlagen entnehmen und werden von der belangten Behörde nicht bestritten.
Zu den Ausgaben ist Folgendes festzuhalten:
Die Kosten der Betreuerinnen lassen sich den abgeschlossenen Werkverträgen entnehmen. Die Kosten der Medikamente sowie für die medizinische Fußpflege wurden ebenfalls belegt. Da im fortgeschrittenen Alter nicht damit zu rechnen ist, dass körperliche Beschwerden im wesentlichen Ausmaß abnehmen, spricht nichts gegen die Zugrundelegung der Medikamenten-Rechnungen aus 2019. Diese ergeben Durchschnittskosten von € 66,00 pro Monat und decken sich mit den Angaben in der Beschwerde. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass weiteren angegebenen Kosten für Hygiene – Artikel bzw. Schmerzsalben und Wärmepflaster nicht tatsächlich angefallen sind. Physiotherapie-Kosten sind im Jahr 2020 laut eigenen Angaben nicht entstanden.
Hinsichtlich der Verpflegungskosten sowohl für die Betreuerinnen als auch für die Beschwerdeführerin iHv je € 196,20 ist festzuhalten, dass es sich dabei um den vom Bundesministerium für Finanzen festgelegten Betrag für die steuerliche Absetzbarkeit der Kosten für Unterkunft und Verpflegung des Betreuungs/Pflegepersonals im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung handelt und auch aus diesem Grund keine Bedenken dagegen bestehen, diesen in Anschlag zu bringen. (https://www.bmf.gv.at/steuern/familien-kinder/hausbetreuung-pflege/betreuung-selbstaendige-taetigkeit.html, Stand 02.02.2020). Mangels konkreter Nachweise durch die Beschwerdeführerin bestehen keine Bedenken diesen als Richtwert für monatliche Lebensmittelkosten heranzuziehen. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass dieser Betrag selbst für die Verpflegung viel zu niedrig bemessen sei, ist nicht nachvollziehbar. Unter Einbeziehung der allgemeinen Lebenserfahrung ist durchaus davon auszugehen, dass mit diesem Betrag von knapp € 400,00 in einem Zwei-Personen-Haushalt das Auslangen gefunden werden kann.
Was den Abzug des gesamten Richtwertes für Lebensunterhalt angeht, so wird diesbezüglich unter III. Näheres ausgeführt. Auch wenn keine konkreten Nachweise zu weiteren monatlichen Ausgaben vorgelegt wurden, so fallen diese zweifellos an.
Der wesentliche Sachverhalt steht fest, die diesbezüglich nachgereichten Unterlagen wurden der belangten Behörde im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Fragen der Beweiswürdigung wurden in der Stellungnahme der belangten Behörde dazu nicht aufgeworfen, vielmehr wurden rechtliche Ausführungen getätigt, auf die unter III. näher eingegangen wird. Bei der Beurteilung der gegenständlichen strittigen Frage handelt es sich um eine (nicht übermäßig komplexe) rechtliche Beurteilung. Eine mündliche Erörterung lässt somit eine weitere Klärung der Rechtssache bzw. des Sachverhalts nicht erwarten, weshalb von einer Verhandlung abgesehen werden kann. Dies entspricht auch den aktuellen Maßnahmen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie, wonach Zusammenkünfte nur in unbedingt notwendigen Ausnahmesituationen erfolgen sollen. Dem Entfall der Verhandlung steht somit weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen. Die Verwaltungsgerichte können bei der Entscheidung über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch auf Aspekte der Effizienz und Verfahrensökonomie Rücksicht nehmen und auf das Gebot der angemessenen Verfahrensdauer Bedacht nehmen (vgl. VwGH 16.11.2015, Ra 2015/11/0091; 29.01.2014, 2013/03/0004 mwN; vgl. auch VwGH 16.10.2013, 2012/04/0086).
III. Rechtliche Beurteilung:
Die maßgeblichen Bestimmungen des SHG, LGBl. Nr. 29/1998 idF LGBl. Nr. 47/2018, 35/2020 und 113/2020, lauten wie folgt:
Aufgabe der Sozialhilfe(1) Durch die Sozialhilfe soll jenen Personen die Führung eines menschenwürdigen Lebens ermöglicht werden, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.
(2)Die Sozialhilfe umfaßt:
a) Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs,
b) Hilfe in besonderen Lebenslagen,
c) Soziale Dienste.
(3) Die Sozialhilfe ist zu gewähren, um eine bestehende Notlage zu beseitigen oder eine drohende Notlage abzuwenden. Sie ist fortzusetzen, wenn dies notwendig ist, um die Wirksamkeit der geleisteten Hilfe zu sichern.
Voraussetzung der Hilfe(1) Auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes besteht für Personen, die den Lebensbedarf für sich und unterhaltsberechtigte Angehörige nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften beschaffen können und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhalten, nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes ein Rechtsanspruch.
1.
Wer sich in der Steiermark aufhält und zu einem mehr als dreimonatigen Aufenthalt berechtigt ist, hat einen Rechtsanspruch auf Leistungen im Sinne der §§ 7 und 14.
2.
Wer sich in der Steiermark aufhält und die genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, hat einen Rechtsanspruch im Sinne der §§ 7 Abs. 1 lit. b, c, d, Abs. 2 lit. a Z 2 und 3 und lit. b und 14. Zur Vermeidung unbilliger Härten können vom Träger der Sozialhilfe als Träger von Privatrechten auch andere Leistungen gewährt werden.
(1a) Personen, denen nach betreuungsrechtlichen Bestimmungen ein Rechtsanspruch auf Gewährung der Grundversorgung zusteht, haben keinen Rechtsanspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfs. Ebenso haben Personen, die zum Adressatenkreis des Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetzes zählen, keinen Rechtsanspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes mit Ausnahme der Leistungen gemäß § 7 Abs. 2 lit. a Z. 3, § 9 Abs. 2 lit. a und c, §§ 10, 11 und 14.
(2) Zuwendungen der freien Wohlfahrtspflege, durch die der Lebensbedarf nicht ausreichend gesichert wird, sind nicht zu berücksichtigen.
(3) Pflegegeld nach bundes- oder landesgesetzlichen Bestimmungen gilt nicht als Einkommen im Sinne des § 5. Es ist jedoch bei einer Hilfeleistung nach §§ 7 Abs. 1 lit. b, 9 Abs. 2 lit. a und b, 13 und 16 zu berücksichtigen.
Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 47/2004, LGBl. Nr. 21/2007, LGBl. Nr. 14/2011, LGBl. Nr. 64/2011, LGBl. Nr. 10/2012, LGBl. Nr. 7/2015
Einsatz der eigenen Mittel
(1) Hilfeleistungen gemäß § 13 sind nur soweit zu gewähren, als das Einkommen der Hilfeempfängerin/des Hilfeempfängers nicht ausreicht, um den Lebensbedarf zu sichern. Alle übrigen Hilfeleistungen sind nur soweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen der Hilfeempfängerin/des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.
(1a) Nähere Bestimmungen zum Einkommensbegriff und zum Nachweis des Einkommens hat die Landesregierung durch Verordnung zu erlassen.
(2) Hilfeempfänger haben Ansprüche gegenüber Dritten zu verfolgen, soweit dies nicht offenbar aussichtslos oder unzumutbar oder mit einem unverhältnismäßigen Kostenrisiko verbunden ist. Keine Rechtsverfolgungspflicht besteht bei Ansprüchen gemäß § 947 ABGB, bei Schmerzengeldansprüchen sowie bei nichttitulierten Unterhaltsansprüchen des Hilfeempfängers.
(3) Zum verwertbaren Vermögen gehören nicht jene Sachen, die zur persönlichen Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit oder zur Befriedigung allgemein anerkannter kultureller Bedürfnisse dienen.
(4) Hat der Hilfeempfänger Vermögen, dessen Verwertung ihm vorerst nicht möglich oder zumutbar ist, kann im Zuerkennungsbescheid oder in einem getrennten Verfahren die Sicherstellung des Ersatzanspruches verfügt werden.
(5) (Anm.: entfallen)
Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 46/2008, LGBl. Nr. 14/2011, LGBl. Nr. 64/2011, LGBl. Nr. 10/2012, LGBl. Nr. 64/2014, LGBl. Nr. 47/2018
§ 7 SHGLebensbedarf(1) Zum Lebensbedarf gehören:
a) der Lebensunterhalt (§ 8);
b) die erforderliche Pflege (§ 9);
c) die Krankenhilfe (§ 10);
d) die Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen (§ 11);
e) die Erziehung und Erwerbsbefähigung (§ 12).
(2) Der ausreichende Lebensbedarf ist durch geeignete Maßnahmen zu sichern. Je nach Bedarf und Zweckmäßigkeit werden gewährt:
a) Geldleistungen:
1. als richtsatzgemäße Geldleistungen, wenn Sozialhilfe voraussichtlich über einen längeren Zeitraum zu gewähren sein wird;
2. zur Kostendeckung einer notwendigen Heim- oder Anstaltsunterbringung;
3. für einmalige Unterstützungen.
b) Sachleistungen,
wie insbesondere Unterkunft, Bekleidung und Lebensmittel. Sachleistungen sind vor allem dann zu gewähren, wenn eine zweckentsprechende Verwendung einer Geldleistung nicht gesichert ist oder erwartet werden kann.
Lebensunterhalt, Richtsätze
(1) Der Lebensunterhalt umfaßt den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Unterkunft, Hausrat, Beheizung, Bekleidung und andere persönliche Bedürfnisse, zu denen auch eine angemessene Pflege der Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben gehören.
(2) Als Maßnahme zur Sicherung eines ausreichenden Lebensunterhaltes, ausgenommen den Aufwand für Unterkunft, können fortlaufende monatliche Geldleistungen gewährt werden. Solche Geldleistungen sind nach Richtsätzen zu bemessen (richtsatzgemäße Geldleistung).
(3) (Anm.: entfallen)
(4) Die richtsatzgemäße Geldleistung kann im Einzelfall auf das zum Lebensunterhalt unerläßliche Maß beschränkt werden, wenn der Hilfeempfänger trotz wiederholter Aufforderung mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln nicht sparsam umgeht oder trotz Erwerbsfähigkeit und Erwerbsmöglichkeit nicht gewillt ist, seine Arbeitskraft zur Sicherung seines Lebensbedarfes einzusetzen. Der Lebensunterhalt unterhaltsberechtigter Familienangehöriger darf dadurch jedoch nicht beeinträchtigt werden.
(5) Richtsatzgemäße Geldleistungen sind minderjährigen Mitunterstützten, für die Familienbeihilfe bezogen wird, in den Monaten Juni und November in zweifacher Höhe zu gewähren, wobei die diesen tatsächlich zufließenden Einkünfte dem zweifachen Richtsatz gegenüberzustellen sind und die sich ergebende Differenz als Sozialhilfeleistung zu gewähren ist.
(6) Werden richtsatzgemäße Geldleistungen gewährt, so ist zusätzlich der tatsächlich vertretbare Aufwand des Hilfeempfängers für Unterkunft zu tragen. Wenn der Hilfeempfänger mehr als ein Jahr Hilfen gemäß Abs. 1 bezogen hat, darf die richtsatzgemäße Geldleistung einschließlich des Aufwandes für Unterkunft die Höhe der Mindestleistungen gemäß Abs. 9 nicht überschreiten.
(7) Die Zuerkennung richtsatzgemäßer Geldleistungen schließt erforderliche weitere Maßnahmen zur Sicherung des ausreichenden Lebensunterhaltes im Einzelfall nicht aus.
(8) Zur Bemessung von monatlichen Geldleistungen sind durch Verordnung der Landesregierung Richtsätze für
a) alleinstehend Unterstützte,
b) Hauptunterstützte oder Unterstützte in Haushaltsgemeinschaft,
c) Mitunterstützte, die mit einem Hauptunterstützten in einer Haushaltsgemeinschaft leben,
festzusetzen.
(9) Bei der Festsetzung der Richtsätze ist davon auszugehen, daß die im Rahmen der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, in der geltenden Fassung, gewährten vergleichbaren Mindestleistungen in der Regel den ausreichenden Lebensbedarf sicherstellen, und zwar jeweils ausgenommen den Aufwand für Unterkunft.
(10) Durch Verordnung der Landesregierung ist ein Betrag festzusetzen, der dem alleinstehend Unterstützten und dem Hauptunterstützten in den Monaten Februar und August zur Abdeckung von Energiekosten gebührt.
(11) Die richtsatzgemäße Geldleistung sowie der Aufwand für Unterkunft dürfen in Summe die Höhe der vergleichbaren Leistungen der Mindestsicherung nach dem Steiermärkischen Mindestsicherungsgesetz nicht übersteigen.
Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 70/2004, LGBl. Nr. 21/2007, LGBl. Nr. 14/2011, LGBl. Nr. 7/2015
Erforderliche Pflege
(1) Zum Lebensbedarf gehört jene Pflege, die erforderlich wird, wenn auf Grund des körperlichen, geistigen oder psychischen Zustandes die Fähigkeit fehlt, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen.
(2) Die erforderliche Pflege umfaßt
a) die mobile Pflege;
b) die Pflege in geeigneten stationären Einrichtungen;
c) die Versorgung mit Pflegemitteln und Pflegebehelfen.
Kosten der Hilfe zu mobiler Pflege sind bis zu jenem Betrag zu gewähren, der vergleichsweise für dieselben Leistungen in einer stationären Einrichtung anfällt.
Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 70/2004
§ 13Unterbringung in stationären Einrichtungen(1) Pflegebedürftige Personen, die ihren Lebensbedarf auf Grund ihrer Pflege- und Betreuungsbedürftigkeit sonst nicht in zumutbarer Weise ausreichend decken können, haben Anspruch auf Übernahme der Kosten oder Restkosten der Unterbringung in einer stationären Einrichtung. Bei Personen, die zumindest Pflegegeld der Stufe 4 beziehen, ist das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen anzunehmen. Bei Personen, die nach den pflegegeldrechtlichen Bestimmungen ein Pflegegeld der Stufe 1 bis 3 beziehen oder bei denen das Verfahren der Pflegegeldeinstufung noch nicht abgeschlossen ist, ist die tatsächliche Notwendigkeit der Unterbringung sowie der Pflege- und Betreuungserfordernisse durch ein amtsärztliches und/oder pflegerisches und/oder sozialarbeiterisches Gutachten zu bestätigen.
…
(3) Wird einem Hilfeempfänger, der über kein eigenes Einkommen verfügt, Hilfe gemäß Abs. 1 gewährt, so gebührt ihm, insbesondere zur Sicherung des Aufwandes für persönliche Bedürfnisse, ein Taschengeld. Das Taschengeld darf 20% des Richtsatzes für den alleinstehend Unterstützten (§ 8 Abs. 8 lit. a) nicht überschreiten. Das Taschengeld gebührt in den Monaten Juni und November in zweifacher Höhe.
(4) Wird einem Hilfeempfänger, der über eigenes Einkommen verfügt, Hilfe gemäß Abs. 1 gewährt, so haben ihm 20 % des eigenen Einkommens und Sonderzahlungen, die mit einem Pensionsbezug im Zusammenhang stehen, als Taschengeld zu verbleiben.
…
Die maßgeblichen Bestimmungen der Sozialhilfegesetz-Durchführungsverordnung (StSHG-DVO), LGBl. Nr. 18/2012 idF idF LGBl. Nr. 81/2014, lauten (auszugsweise) wie folgt:
§ 1 StSHG-DVO:
Einkommen
Zum Einkommen zählen insbesondere:
1. Folgende Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 2 Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 1988/400, in der Fassung BGBl. I Nr. 2010/111 (im Folgenden: Einkommensteuergesetz):
a) Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft;
b) Einkünfte aus selbständiger Arbeit;
c) Einkünfte aus Gewerbebetrieb;
d) Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit;
e) Einkünfte aus Kapitalvermögen;
f) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung;
g) Sonstige Einkünfte gemäß § 29 Einkommensteuergesetz;
2. Wochengeld;
3. Kinderbetreuungsgeld;
4. Arbeitslosengeld;
5. Notstandshilfe;
6. Pensionsvorschuss;
7. erhaltene Unterhaltszahlungen;
8. Sonderzahlungen;
9. Wohnbeihilfe.
§ 2 StSHG-DVO:
Einkommensermittlung
(1) Vom Einkommen gemäß § 1 sind die auf die Einkünfte gemäß § 1 Z 1 entfallende Einkommensteuer gemäß § 33 Abs. 1 Einkommensteuergesetz – bereinigt durch die steuerrechtlichen Begünstigungen (Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen, Freibeträge nach §§ 104 und 105 Einkommensteuergesetz) vor Abzug der Absetzbeträge (allgemeiner Absetzbetrag, Alleinverdiener- bzw. Alleinerzieherabsetzbetrag, Unterhaltsabsetzbetrag, Arbeitnehmer- und Grenzgängerabsetzbetrag, Verkehrsabsetzbetrag, Pensionistenabsetzbetrag) – sowie die Sozialversicherungsbeiträge abzuziehen.
(2) Bei regelmäßig anfallendem Einkommen ist das Jahresnettoeinkommen zu ermitteln. Dieses ist – unter Berücksichtigung allfälliger Sonderzahlungen – durch 12 zu dividieren, um das monatliche Nettoeinkommen zu berechnen. Bei einem nicht regelmäßig anfallenden Einkommen ist das tatsächlich zufließende Einkommen heranzuziehen.
Die maßgebliche Bestimmung der Sozialhilfegesetz-Richtsatzverordnung (StSHG-RSVO), LGBl. Nr. 118/2012, lautet wie folgt:
Lebensunterhalt
(1) Die Richtsätze für den Lebensunterhalt betragen monatlich für:
1.
alleinstehend Unterstützte
579 Euro
Die maßgeblichen Bestimmungen des StMSG LGBl. Nr. 14/2011 idF LGBl. Nr. 113/2020, lauten (auszugsweise) wie folgt:
§ 3Erfasste Bedarfsbereiche(1) Die Mindestsicherung wird durch pauschalierte Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes, jeweils außerhalb von stationären Einrichtungen gemäß dem Stmk. Pflegeheimgesetz 2003 sowie § 18 Steiermärkisches Behindertengesetz sowie durch die bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung erforderlichen Leistungen erbracht.
(2) Der Lebensunterhalt umfasst den regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat sowie andere persönliche Bedürfnisse wie die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.
(3) Der Wohnbedarf umfasst den für die Gewährleistung einer angemessenen Wohnsituation erforderlichen regelmäßig wiederkehrenden Aufwand für Miete, Strom, Heizung, allgemeine Betriebskosten und Abgaben.
(4) Der Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung umfasst alle Sachleistungen und Vergünstigungen, die Bezieherinnen/Beziehern einer Ausgleichszulage aus der Pensionsversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung zukommen.
§ 6
Einsatz der eigenen Mittel
(3a) Nicht zu einer Wirtschaftsgemeinschaft zählen jedenfalls Personen, die Betreuungsleistungen im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung gemäß § 21b BPGG durchführen, für die Dauer der Arbeitsperiode, in der sie in die Haushaltsgemeinschaft der zu betreuenden Personen aufgenommen werden sowie Personen, die sich in einer Frauenschutzeinrichtung nach dem Steiermärkischen Gewaltschutzeinrichtungsgesetz oder in einer stationären Therapie- oder Wohneinrichtung aufhalten.
§ 10Mindeststandard für den Lebensunterhalt und den Wohnbedarf(1) Der monatliche Mindeststandard für die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs beträgt:
1. für alleinstehende volljährige Personen, alleinstehende minderjährige Personen bei besonderen sozialen Härten sowie Alleinerzieherinnen/Alleinerzieher
773,26 Euro;
…
Anm.: in der Fassung LGBl. Nr. 9/2012, LGBl. Nr. 7/2015, LGBl. Nr. 106/2016, LGBl. Nr. 12/2018
Die maßgeblichen Bestimmungen der Stmk. Mindestsicherungsgesetz-Durchführungsverordnung 2016 (StMSG – DVO), LGBl. Nr 109/2016 idF LGBl. Nr. 105/2019, lauten wie folgt:
§ 3
Mindeststandard
Zur Deckung des Lebensunterhaltes werden gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StMSG monatliche pauschalierte Geldleistungen in Höhe von 917,35 Euro gewährt.
§ 9 SHG regelt die erforderliche Pflege und ist ein Anspruch auf einen Kostenzuschuss zur 24-Stunden-Betreuung auf dieser Grundlage zu prüfen.
Das SHG enthält keine Definition des Begriffs Pflege.
Nach Pfeil, XVIII. Recht der Pflege, Rz 13 in Resch/Wallner, Handbuch Medizinrecht, 2. Auflage 2015, wird Pflege in der österreichischen Rechtsprache in unterschiedlicher Bedeutung verstanden. Dabei dominieren zwei Ausrichtungen, zum einen das „klassische“ Verständnis, das Pflege als im weiteren Sinn medizinische Tätigkeit zur Unterstützung von bzw. im Zusammenwirken mit ärztlichem Personal sieht. Zum anderen wird Pflege auch als Unterstützung und Hilfeleistung bei alltäglichen Verrichtungen verstanden, bei denen die medizinische Komponente keine oder eine nur sehr geringe Rolle spielt. Teilweise wird dieser Begriff synonym mit Betreuung verwendet, wenngleich auch dieser keine klare Abgrenzung erlaubt. Eine solche wird überhaupt verwischt, wenn Pflege und Betreuung zusammengezogen werden.
Nach § 9 Abs 1 SHG gehört zum Lebensbedarf eine Pflege „die erforderlich wird, wenn aufgrund des körperlichen, geistigen oder psychischen Zustandes die Fähigkeit fehlt, die notwendigen Verrichtungen des täglichen Lebens ohne fremde Hilfe zu besorgen“. Aus dieser Formulierung ergibt sich eindeutig, dass das SHG beim Begriff „Pflege“ von einem weit auszulegenden Pflegebegriff ausgeht, der über den medizinisch-pflegerischen Bereich hinausgeht.
Ein Anspruch besteht gemäß § 5 Abs 1 SHG nur, wenn das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfeempfängers nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern. Ein Anspruch auf Sicherung des Lebensbedarfes besteht gemäß § 4 Abs. 1 nur für Personen, die den Lebensbedarf für sich und unterhaltsberechtigte Angehörigen nicht oder ausreichend aus eigenen Mitteln und Kräften beschaffen können.
Wie unter I. festgestellt, fallen der Beschwerdeführerin monatlich für die 24-Stunden-Pflege Kosten in folgender Höhe an:
bis 15.06.2020:
Summe € 2.666,20
ab 16.06.2020:
Summe € 2.818,70
ab 11.07.2020:
Summe