TE Lvwg Erkenntnis 2022/1/4 LVwG 41.20-3195/2021

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Veröffentlicht am 04.01.2022
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Entscheidungsdatum

04.01.2022

Index

82/02 Gesundheitsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

EpidemieG 1950 (EpiG) §32
EpG 1950 Berechnungs-Verordnung BGBl II. Nr. 329/2020 §6
AVG §13

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch den Richter Dr. Auprich über die Beschwerde der Frau AB, geb. am ****, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 19.10.2021, GZ: A7-067025/2021/0004,

z u R e c h t e r k a n n t:

I.     Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

III.  Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag auf Vergütung für den Verdienstentgang der Beschwerdeführerin vom 28.06.2021 wegen nicht rechtzeitiger Behebung der Mängel nach Aufforderung gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückgewiesen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, dass eine Aufforderung nach § 13 Abs 3 AVG nicht hätte ergeben dürfen, weil § 32 EpiG keine Anforderungen an einen Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges enthält und sich auch aus der Verordnungsermächtigung in § 32 Abs 6 EpiG keine Anforderungen an einen zustellenden Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges erblicken ließen. Der aufgrund § 32 Abs 6 EpiG beruhende § 6 der Berechnungsverordnung erweise sich daher als verfassungswidrig.

Abgesehen davon sei der Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG rechtswidrig gewesen, weil die Beschwerdeführerin nicht aufgefordert worden sei, eine Berechnung vorzunehmen, sondern lediglich die Grundlagen für eine Berechnung zu übermitteln. Zu keiner Zeit sei die Beschwerdeführerin aufgefordert worden, ihren Antrag unter Verwendung des EpG-Formulars zu konkretisieren, noch eine Bestätigung der Richtigkeit der Berechnung durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter vorzulegen.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark stellt Nachfolgendes fest:

Mit Schreiben vom 28.06.2021 beantragte die Beschwerdeführerin als Unternehmerin die Vergütung ihres Verdienstentganges für den Zeitraum 06.04.2021 bis 21.04.2021. Für diesen Zeitraum war sie gemäß Bescheid vom 22.04.2021, GZ: A7-74055/2020-0072618, abgesondert.

Mit Schreiben vom 19.08.2021 erteilte die belangte Behörde einen Verbesserungsauftrag, welcher auszugsweise wie folgt lautet:

„Sie werden daher gemäß § 13 Abs 3 AVG aufgefordert, die Berechnungsgrundlagen nach der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung für den betroffenen Zeitraum der behördlichen Maßnahme innerhalb von vier Wochen ab Zustellung dieses Schreibens an uns zu übermitteln. Informationen zur Berechnung des Verdienstentganges und das EpG-Berechnungstool finden Sie unter https://www.sozialministerium.at/informationen-zum-coronavirus/coronavirus---rechtliches.html.

Sollten diese Unterlagen nicht fristgerecht bei uns einlangen, wird Ihr Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges mittels Bescheid zurückgewiesen.

Hinweis: Zur Einbringung von Unterlagen finden Sie unsere Adressdaten im Briefkopf und in der Fußzeile dieses Schreibens.

Sie finden das amtliche Formular (EpG-Berechnungstool) zum Antrag gemäß § 32 Epidemiegesetz unter https://www.sozialministerium.at/informationen-zum-coronavirus/coronavirus---rechtliches.htm unter dem Unterpunkt Erlässe. Das Formular kann online ausgefüllt und per E-Mail an service.gesundheit@stadt.graz.at geschickt werden.“

Nach Fristverlängerung übermittelte die Beschwerdeführerin binnen offener Frist Honorarnoten, Zahlungsbestätigungen, Kontoauszüge und eine Aufstellung mit Berechnung der übermittelten Unterlagen, datiert mit 14.09.2021. Unter einem wurden auch die Betreuungsvereinbarungen und ein Personenbetreuungsvertrag 2008 übermittelt.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 19.10.2021 wurde der Antrag auf Vergütung für den Verdienstentgang zurückgewiesen, weil dem Antrag jene Nachweise, die für eine Berechnung des zustehenden Verdienstentganges erforderlich seien, nicht angeschlossen gewesen wären. Insbesondere hätte das vollständige ausgefüllte, amtliche EpG-Berechnungsformular im Sinne des § 6 Abs 1 EpG-Berechnungs-VO (EpG-Berechnungstool) und eine Bestätigung der Richtigkeit der Berechnung nach §§ 3 und 4 durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter gemäß § 6 Abs 2 EpG Berechnungsverordnung gefehlt.

Die Antragstellerin sei daher im Rahmen eines Verbesserungsauftrages gemäß § 13 Abs 3 AVG zur Beibringung der notwendigen Unterlagen, insbesondere des amtlichen EpG-Berechnungsformulars (EpG-Berechnungstool) mit dem Hinweis, dass der Antrag nach fruchtlosen Ablauf der Frist zurückgewiesen werde, aufgefordert worden. Trotz Aufforderung sei dieser Mangel nicht rechtzeitig behoben worden, weshalb der Antrag gemäß § 13 Abs 3 AVG zurückzuweisen gewesen wäre.

Diese Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage.

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 13 Abs 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amtswegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

Gemäß § 32 Abs 1 Z 1 EpiG 1950, BGBl. Nr. 186/1950 idF BGBl. I Nr. 90/2021, ist natürlichen und juristischen Personen sowie Personengesellschaften des Handelsrechtes wegen der durch die Behinderung ihres Erwerbes entstandenen Vermögensnachteile dann eine Vergütung zu leisten, wenn und soweit sie gemäß §§ 7 oder 17 abgesondert worden sind.

Gemäß § 32 Abs 4 EpiG ist die Entschädigung für selbstständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen nach den vergleichbaren vorgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen zu bemessen.

Gemäß § 32 Abs 6 EpiG 1950 kann der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister, wenn und soweit dies zur Gewährleistung einer einheitlichen Verwaltungsführung erforderlich ist, durch Verordnung nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Entschädigung oder Vergütung des Verdienstentgangs erlassen.

Gemäß § 6 Abs 1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz über nähere Vorgaben zur Berechnung der Höhe der Vergütung des Verdienstentgangs für selbstständig erwerbstätige Personen und Unternehmungen nach EpG 1950 (EpG 1950-Berechnungs-Verordnung), BGBl. II Nr. 329/2020, hat der Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges für selbstständig erwerbstätige Personen und Unternehmen alle im amtlichen Formular vorgesehen, für die Berechnung des Verdienstentganges maßgeblichen Daten zu enthalten.

Gemäß § 6 Abs 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung ist die Richtigkeit der Berechnung nach den §§ 3 und 4 durch einen Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Bilanzbuchhalter zu bestätigen.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken vermag das Landesverwaltungsgericht Steiermark nicht zu teilen, entspricht es doch der Natur der Sache, dass ein Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges hinreichend substantiiert sein muss, wozu auch die Grundlagen der Berechnung gehören.

Mit Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 19.08.2021 wurde die Beschwerdeführerin unmissverständlich dazu aufgefordert, die Berechnungsgrundlagen nach der EpG 1950-Berechnungs-Verordnung zu übermitteln.

Dass der Antrag auf Vergütung des Verdienstentganges die im amtlichen Formular vorgesehenen für die Berechnung des Verdienstentganges maßgeblichen Daten zu enthalten hat, ergibt sich ohne weiteres aus § 6 Abs 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung.

Aufgrund des bloß allgemeinen Hinweises auf eine Webseite mangelte es dem Verbesserungsauftrag an hinreichender Deutlichkeit.

Abgesehen davon, ergibt sich aus § 6 Abs 1 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung nicht, dass zwingend das amtliche Formular zu verwenden ist. Dies wurde explizit im Verbesserungsauftrag auch nicht gefordert. Ebenso wenig wurde im Verbesserungsauftrag eine Bestätigung der Richtigkeit der Berechnung im Sinne des § 6 Abs 2 EpG 1950-Berechnungs-Verordnung verlangt.

Im gegenständlichen Fall durfte die belangte Behörde daher den Antrag auf Vergütung aufgrund des Mängelbehebungsauftrages vom 19. 08. 2021 nicht zurückweisen.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

EpiG, Antrag auf Entschädigung, Vergütung Verdienstentgang, Verbesserungsauftrag, Mängelbehebung, Hinweis auf Webseite, amtliches Formular

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2022:LVwG.41.20.3195.2021

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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