TE Vwgh Erkenntnis 1996/8/6 94/11/0156

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Veröffentlicht am 06.08.1996
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

AVG §37;
AVG §45 Abs3;
AVG §52;
AVG §59 Abs1;
KrPflG 1961 §52b Abs1 idF 1992/872;
KrPflG 1961 §52b Abs2 idF 1992/872;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Simetzberger, über die Beschwerde der S in S, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 6. April 1994, Zl. 256.730/1-II/B/13/a/91, betreffend Anerkennung eines im Ausland erworbenen Zeugnisses über eine Ausbildung als diplomierte Krankenschwester, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. April 1994 anerkannte die belangte Behörde auf Grund des Antrages der Beschwerdeführerin vom 10. Dezember 1991 gemäß § 52b in Verbindung mit § 68 Abs. 8 des Bundesgesetzes betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste (Krankenpflegegesetz), BGBl. Nr. 102/1961, idF. BGBl. Nr. 872/1992, die vom Leiter des Ausbildungszentrums in Rijeka/Kroatien am 21. Juni 1991 ausgestellte Urkunde über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung als Krankenschwester als einem österreichischen Diplom über die Berechtigung zur Ausübung des Berufes als "Diplomierte Krankenschwester" unter der aufschiebenden Bedingung gleichwertig, daß eine ergänzende theoretische Ausbildung in den Fächern "Allgemeine und Umwelthygiene, Mikrobiologie, Krankenhaushygiene, Infektionslehre, Sterilisation und Desinfektion", "Grundzüge des Sanitätsrechtes", "Grundzüge des Sozialversicherungs- und Arbeitsrechtes", "Röntgen- und Isotopenkunde, Strahlenschutz", "Ernährungslehre, Kranken- und Diätkost", "Geriatrische Pflege", "Haut- und Geschlechtskrankheiten, Pflege Haut- und Geschlechtskranker", "Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Einführung in die Logopädie, Pflege Hals-, Nasen- und Ohrenkranker", "Augenkrankheiten, Pflege Augenkranker", sowie Praktika in der Dauer von zwei Monaten auf der "Internen Abteilung", "Chirurgischen Abteilung" und in "Gynäkologie und Geburtshilfe mit Wochenbett- und Neugeborenenpflege" an einer österreichischen Krankenpflegeschule absolviert und darüber kommissionelle Ergänzungsprüfungen mit Erfolg abgelegt bzw. Nachweise über erfolgreich absolvierte Praktika erbracht werden. Die belangte Behörde sprach ferner aus, daß der erfolgreiche Abschluß der Ergänzungsausbildung vom Landeshauptmann im Anerkennungsbescheid einzutragen sei. Die Berechtigung zur Ausübung der entsprechenden beruflichen Tätigkeit entstehe erst mit Eintragung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, wobei die Beschwerdeführerin sich in ihrem Recht auf Anerkennung des außerhalb Österreichs erworbenen Zeugnisses über ihre mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung im Krankenpflegedienst als österreichischen Diplomen gleichwertig gemäß § 52b Krankenpflegegesetz, in ihrem Recht auf eine entsprechende Begründung des Bescheides und in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt erachtet und zum Ausdruck bringt, daß sie die aufschiebende Bedingung, insoweit ihr Ergänzungsprüfungen bzw. Nachweise über erfolgreich absolvierte Praktika in den Fächern "Ernährungslehre, Kranken- und Diätkost", "Haut- und Geschlechtskrankheiten, Pflege Haut- und Geschlechtskranker", "Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, Einführung in die Logopädie, Pflege Hals-, Nasen- und Ohrenkranker" und "Augenkrankheiten, Pflege Augenkranker" auferlegt werden, als rechtswidrig ansieht. Die Beschwerdeführerin beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde führte - nach Darstellung der Rechtslage gemäß Krankenpflegegesetz - in der Begründung ihres Bescheides im wesentlichen aus, daß "die Ermittlungen" ergeben hätten, daß die im Ausland zurückgelegte Ausbildung auf den im Spruch angeführten Fachgebieten der in Österreich für den Beruf einer Diplomierten Krankenschwester vorgeschriebenen Ausbildung in Inhalt und Umfang nicht entspreche und die für die Ausübung des Krankenpflegeberufes in Österreich notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht bzw. nicht ausreichend vermittelt hätte. Zu der der Beschwerdeführerin abverlangten Ausbildung sowie zu den Ergänzungsprüfungen, soweit sie die nun von der Beschwerdeführerin in der Beschwerde gerügten vier Fächer betreffen, führte die belangte Behörde folgendes aus:

"Auch hinsichtlich der weiteren im Spruch angeführten Fächer konnte die Partei keine ausreichenden Nachweise über die Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildung mit der österreichischen sowie über absolvierte Ergänzungsausbildungen erbringen. Aus den vorgelegten Unterlagen ist vielmehr ersichtlich, daß die im Ausland vermittelte Ausbildung inhaltlich und umfangmäßig nicht der österreichischen entspricht. Im Lehrplanvergleich zeigte es sich, daß im Ausland nicht die gleichen Lehrinhalte wie in Österreich vermittelt wurden.

Während bei der Dauer der zu ergänzenden praktischen Ausbildung die im Ausland vermittelten Lehrinhalte entsprechend berücksichtigt werden konnten, war eine Einschränkung der Dauer der erforderlichen Ergänzungsausbildung bei den theoretischen Fächern nicht möglich. Der Unterricht in diesen Fächern ist praxisbezogen und baut darüber hinaus laufend auf bereits vermitteltes Wissen auf, sodaß der Besuch der gesamten Lehrveranstaltung erforderlich ist.

Auf die Notwendigkeit einer Ergänzungsausbildung bzw. der Ablegung von Ergänzungsprüfungen wurde die Partei im Rahmen des Parteiengehörs informiert. Sie nahm dies ohne Einwand zur Kenntnis".

Die Beschwerdeführerin setzt dem im wesentlichen entgegen, daß ihr die belangte Behörde nicht im hinreichenden Ausmaß Parteiengehör eingeräumt habe, daß die der Beschwerdeführerin in Kroatien gewährte Ausbildung auch in den hier gegenständlichen Fächern derjenigen in Österreich gleichwertig sei und die belangte Behörde im übrigen den angefochtenen Bescheid auch diesbezüglich nicht hinreichend begründet habe.

Nach der Übergangsbestimmung des § 68 Abs. 8 zweiter Satz des KrankenpflegeG idF. BGBl. Nr. 872/1992, mit dem das Bundesgesetz betreffend die Regelung des Krankenpflegefachdienstes, der medizinisch-technischen Dienste und der Sanitätshilfsdienste (KrankenpflegeG) geändert wurde, sind anhängige Verfahren u.a. gemäß § 52b KrankenpflegeG (Nostrifikation ausländischer Urkunden) vom Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz fortzusetzen und abzuschließen. Da es sich im Beschwerdefall um ein seit Dezember 1991 anhängiges Verfahren handelt, war die belangte Behörde auf Grund dieser Bestimmung zur Erlassung des angefochtenen Bescheides zuständig.

Ferner ist hier vorauszuschicken, daß die vorliegende Beschwerde "gegen den Bescheid" der belangten Behörde vom 6. April 1994 eingebracht wurde, in der dessen (gänzliche) Aufhebung beantragt wird. Wenn im Zuge des Beschwerdevorbringens ausgeführt wurde, daß sich die Beschwerde nur gegen die aufschiebende Bedingung richtet, insoweit sie vier näher bezeichnete Ausbildungen bzw. Prüfungen betrifft, kann dies nicht bewirken, daß die übrigen Teile des Bescheides unangefochten bleiben. Die Bedingungen bzw. Auflagen - als belastende Nebenbestimmungen - bilden mit der Bewilligung, welche an sie geknüpft wird, eine notwendige Einheit. Die Einschränkung in der Beschwerde ist als Bezeichnung des Rechtes, in dem die Beschwerdeführerin verletzt zu sein behauptet, im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG zu werten. Im Rahmen dieses Beschwerdepunktes hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 41 Abs. 1 VwGG den angefochtenen Bescheid zu überprüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 1975, Slg. Nr. 8822/A).

Gemäß § 52b Abs. 1 KrankenpflegeG idF. BGBl. Nr. 872/1992 sind außerhalb Österreichs erworbene Urkunden über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung, die einer durch dieses Bundesgesetz geregelten Ausbildung entsprechen, ausgenommen Sonderausbildungen, als österreichischen Zeugnissen oder Diplomen gleichwertig anzuerkennen, wenn nachgewiesen wird, daß die im Ausland absolvierte Ausbildung die für die Ausübung des entsprechenden Berufes in Österreich notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt hat. Für den Nachweis der Gleichwertigkeit kann ein Sachverständigengutachten eines Direktors einer Krankenpflegeschule oder einer medizinisch-technischen Akademie eingeholt werden.

Gemäß Abs. 2 kann die Anerkennung an die Bedingungen geknüpft werden, daß die im Ausland zurückgelegte Ausbildung durch eine theoretische und/oder praktische Ausbildung an einer gemäß diesem Bundesgesetz bewilligten Ausbildungseinrichtung ergänzt wird und/oder kommissionelle Ergänzungsprüfungen mit Erfolg abgelegt bzw. Nachweise über erfolgreich absolvierte Praktika erbracht werden.

Die Vorschreibung einer ergänzenden Ausbildung und kommissioneller Ergänzungsprüfungen erfordert somit eine Beurteilung, ob die ausländische Ausbildung die für die Ausübung des betreffenden Berufes in Österreich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten ausreichend vermittelt hat. Grundlage für eine solche Beurteilung ist ein

- erforderlichenfalls auf der Basis eines Sachverständigengutachtens vorgenommener - Vergleich der absolvierten ausländischen mit der in Österreich vorgesehenen Ausbildung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/11/0100).

Der antragstellenden Partei ist gemäß § 45 Abs. 3 AVG Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Diesen Anforderungen wurde durch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht entsprochen: Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren eine Reihe von Zeugnissen und Nachweisen vorgelegt, auf die die belangte Behörde im einzelnen nicht eingegangen ist. Sie hat hinsichtlich der von der Beschwerde erfaßten Ausbildungen bzw. Prüfungsgegenstände in der Frage der hinreichenden Vermittlung der für die Ausübung des Krankenpflegefachdienstes in Österreich notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten keine hinreichende Begründung gegeben. Insbesondere ist diesbezüglich aus dem Bescheid auch nicht ersichtlich, welche Ergebnisse die Ermittlungen im einzelnen erbracht haben und aus welchen konkreten Erwägungen die belangte Behörde zu der Schlußfolgerung gelangte, die von der Beschwerdeführerin genossene Ausbildung habe die für die Ausübung des Berufes einer Diplomierten Krankenschwester in Österreich notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht bzw. nicht ausreichend vermittelt. Durch ihre Ausführungen in der Gegenschrift kann die belangte Behörde diesen Mangel nicht sanieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 92/11/0192).

Daß die belangte Behörde ein Amtssachverständigengutachten eingeholt hätte, ist aus dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes nicht ersichtlich. Dem Verwaltungsakt ist aber auch nicht zu entnehmen, daß der Beschwerdeführerin zu konkreten Ermittlungsergebnissen Parteiengehör gewährt worden wäre. In diesem Zusammenhang findet sich im Verwaltungsakt lediglich ein Aktenvermerk über eine Adressenbekanntgabe der Beschwerdeführerin, wobei im Aktenvermerk festgehalten wurde "Die Partei ist mit den Prüf. einverstanden (9 + 3) lt. Telef."

Diese von der Behörde als "Zustimmungserklärung" gewertete Mitteilung der Beschwerdeführerin vermag das Erfordernis einer nachvollziehbaren Begründung nicht zu ersetzen (vgl. in diesem Sinne das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1993, Zl. 93/11/0100).

Die belangte Behörde hat somit Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften - wegen der Untrennbarkeit der bekämpften Bedingungen vom unbekämpft gebliebenen Teil des Bescheidspruches zur Gänze - aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft die bereits im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand enthaltene Umsatzsteuer sowie überhöht verzeichnete Stempelgebühren.

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Diverses Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Sachverständigenbeweis Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Rechtliche Beurteilung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Verfahrensmangel Sachverständiger Erfordernis der Beiziehung Besonderes Fachgebiet Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1994110156.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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