RS Vfgh 2022/3/3 G324/2021 (G324/2021-10)

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Veröffentlicht am 03.03.2022
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Index

63/02 Gehaltsgesetz 1956

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art140 Abs1 Z1 litb
StGG Art2
GehG 1956 §2, §75 Abs1, §80
BDG 1979 §38, §39, §143
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Verletzung im Gleichheitsrecht durch eine Bestimmung des GehaltsG 1956 betreffend den Ausschluss einer ruhegenussfähigen Verwendungszulage für Beamte des Exekutivdienstes im Falle der höherwertigen besoldungsgruppenübergreifenden dauernden Verwendung; Wertungswiderspruch zum Bestehen eines Anspruchs auf ruhegenussfähige Verwendungszulage bei Verwendung innerhalb derselben Besoldungsgruppe sowie bei bloß vorübergehender höherwertiger Verwendung in einer anderen Besoldungsgruppe

Rechtssatz

Verfassungswidrigkeit der Wortfolge "des Exekutivdienstes" nach der Wortfolge "nächsthöheren Verwendungsgruppe" in §75 Abs1 Gehaltsgesetz 1956 - GehG, idF BGBl I 60/2018. Im Übrigen: Keine Aufhebung des §75 Abs1 GehG idF BGBl I 60/2018.

§75 Abs1 GehG sah bis zur Neufassung dieser Bestimmung mit der Novelle BGBl I 60/2018 vor, dass Beamten des Exekutivdienstes eine ruhegenussfähige Verwendungszulage gebührte, wenn sie dauernd auf einem Arbeitsplatz der nächsthöheren Verwendungsgruppe verwendet wurden, ohne in diese Verwendungsgruppe ernannt zu sein. Diese Verwendungszulage gebührte auch, wenn Beamte auf einem Arbeitsplatz einer anderen Besoldungsgruppe - somit besoldungsgruppenübergreifend - verwendet wurden. §75 Abs1 GehG idF BGBl I 60/2018 sieht hingegen nunmehr vor, dass Beamten des Exekutivdienstes eine ruhegenussfähige Verwendungszulage nur gebührt, wenn sie dauernd auf einem Arbeitsplatz der nächsthöheren Verwendungsgruppe "des Exekutivdienstes" verwendet werden, ohne in diese Verwendungsgruppe ernannt zu sein. Bei einer entsprechenden höherwertigen besoldungsgruppenübergreifenden dauernden Verwendung gebührt daher nun keine Verwendungszulage.

Diese Novelle führt also dazu, dass Beamte des Exekutivdienstes, die besoldungsgruppenübergreifend in einer anderen Verwendungsgruppe als jener, in der sie eingestuft sind, dauernd höherwertig verwendet werden, ab 01.07.2018 keinen Anspruch (mehr) auf die Gewährung einer Verwendungszulage gemäß §75 Abs1 GehG haben. Demgegenüber haben jene Beamte, die im Exekutivdienst - also nicht besoldungsgruppenübergreifend - dauernd höherwertig verwendet werden, weiterhin einen solchen Anspruch. Lediglich für eine vorübergehende höherwertige Verwendung in einer anderen Besoldungsgruppe ist in §80 GehG eine Abgeltung vorgesehen.

Der Ausgangspunkt der im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken ist die tatsächliche höherwertige Verwendung eines Beamten. Die Belastung, die mit einer dauernden höherwertigen Verwendung verbunden ist, wird nach der bestehenden Rechtslage im Fall einer besoldungsgruppenübergreifenden Verwendung nicht durch eine entsprechende Zulage abgegolten. Dies steht in einem Wertungswiderspruch dazu, dass innerhalb derselben Besoldungsgruppe gemäß §75 Abs1 GehG für eine dauernde höherwertige Verwendung eine Zulage zusteht. Ein solcher Wertungswiderspruch besteht schließlich auch zur Bestimmung des §80 GehG, nach der auch für eine bloß vorübergehende höherwertige Verwendung in einer anderen Besoldungsgruppe eine entsprechende Abgeltung vorgesehen ist. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, dass gerade im Fall einer besoldungsgruppenübergreifenden Verwendung keine entsprechende Abgeltung für eine dauernde höherwertige Verwendung besteht.

Der Einwand der Bundesregierung, dass eine dauernde besoldungsgruppenübergreifende Verwendung für die Besoldungsgruppe "Exekutivdienst" - ebenso wie für die Besoldungsgruppen "Allgemeiner Verwaltungsdienst" und "Militärischer Dienst" - im BDG 1979 gar nicht vorgesehen ist, ändert nichts an diesem Ergebnis. Die Verantwortung dafür, dass Beamte des Exekutivdienstes gemäß dem Verwendungsverbot nach §143 Abs6 BDG 1979 nicht zu einer "dauernden" besoldungsgruppenübergreifenden Verwendung herangezogen werden, liegt ausschließlich beim Dienstgeber und nicht beim Beamten. Dass eine solche vom Dienstgeber veranlasste (dauernde) Verwendung - wie die Bundesregierung in ihrer Äußerung einwendet - rechtswidrig ist, kann daher keine sachliche Rechtfertigung dafür sein, dass einem Beamten, der tatsächlich höherwertig verwendet wird, diese höherwertige Verwendung nicht entsprechend abgegolten wird.

Zur Herstellung eines Rechtszustandes, gegen den die im Prüfungsbeschluss dargelegten Bedenken nicht bestehen, genügt es, in §75 Abs1 GehG lediglich die Wortfolge "des Exekutivdienstes" nach der Wortfolge "nächsthöheren Verwendungsgruppe" aufzuheben. Damit steht nach der bereinigten Rechtslage (die insofern mit jener vor der Novelle BGBl I 60/2018 übereinstimmt) Beamten des Exekutivdienstes, die in einer höheren Verwendungsgruppe verwendet werden eine Verwendungszulage unabhängig davon zu, in welcher Besoldungsgruppe diese Verwendung erfolgt.

(Anlassfall E1299/2021, E v 03.03.2022; Aufhebung der angefochtenen Entscheidung).

Entscheidungstexte

Schlagworte

Dienstrecht, Verwendungszulage, Ruhegenuss, VfGH / Verwerfungsumfang, Verwendungsänderung, Polizei, Dienstzuteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2022:G324.2021

Zuletzt aktualisiert am

30.03.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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