TE OGH 2022/3/9 21R14/22s

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Veröffentlicht am 09.03.2022
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Das Landesgericht Wels als Rekursgericht hat durch Dr. Hohensinner als Vorsitzende sowie Mag. Prielinger und MMag. Dunzendorfer als weitere Richterinnen in der Erwachsenenschutzsache der G*****, über den Rekurs des Erwachsenenvertreters Dr. K*****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Gmunden vom 25.11.2021, 6 P 120/19f-54, in nicht-öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

Mit Beschluss vom 12.8.2020 wurde für die Betroffene Dr. K***** zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellt. Der Wirkungskreis umfasst die Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten, die Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern sowie die Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über die Geschäfte des Alltags hinausgehen. Mit Eingabe vom 8.3.2021 erstattete er – infolge Umbestellung - seinen Schlussbericht und legte Schlussrechnung. Er begehrte für den Zeitraum 12.8.2020 – 1.3.2021 eine Entschädigung von insgesamt brutto EUR 7.560,00. Diese setze sich zusammen aus 5 % der Einkünfte (EUR 6.839,24 * 0,05 = 341,96, gerundet 340,00 + USt) und 5 % des Vermögens (200.800,00 * 0,05 = gerundet 5.860,00 + USt) sowie Barauslagen von EUR 100,00.

Mit Beschluss vom 22.4.2021 sprach das Erstgericht aus, dass die Schlussrechnung des Erwachsenenvertreters Dr. K***** für die Zeit vom 12.8.2020 bis 1.3.2021 über die Verwaltung des Einkommens und des Vermögens der betroffenen Person bestätigt werde. Weiters führte das Erstgericht in Punkt 2. des Beschlusses die Einkommens- und Vermögenssituation der Betroffenen an. Darin fand sich ua der ½-Anteil an der Liegenschaft EZ ***** mit dem anteiligen 3-fachen Einheitswert von EUR 31.830,72. In Spruchpunkt 3. bestimmte es die Entschädigung des Erwachsenenvertreters mit EUR 892,00 sowie den Aufwandersatz mit EUR 100,00 sowie 20 % USt von EUR 198,40, daher mit einem Gesamtbetrag von EUR 1.190,40. Das Mehrbegehren wies es ab. Dagegen richtete sich der Rekurs des ehemaligen Erwachsenenvertreters im Umfang der Spruchpunkte 2. und 3. mit dem Rekursantrag, den angefochtenen Beschluss in Spruchpunkt 2. dahingehend abzuändern, dass der 1/2-Anteil an der Liegenschaft EZ ***** mit dem Verkehrswert von zumindest EUR 214.786,75 im Vermögen der Betroffenen ausgewiesen werde und dass Spruchpunkt 3. dahingehend abgeändert werde, dass dem Rekurswerber eine Entschädigung samt Aufwandersatz von gesamt brutto EUR 7.560,00 zuerkannt werde, hilfsweise wurde ein Aufhebungsantrag gestellt. Das Landesgericht Wels als Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück (21 R 163/21a).

Mit dem nunmehr angefochtenen Beschluss vom 25.11.2021 führte das Erstgericht das Vermögen der Betroffenen mit einem Guthaben am Girokonto von EUR 1.000,33 an. Den 1/2-Anteil an der Liegenschaft EZ ***** bewertete es mit EUR 91.110,94, sodass sich ein Gesamtvermögen von EUR 92.111,27 ergebe. Abzüglich eines Sockelbetrages von EUR 15.000,00 sei die Bemessungsgrundlage für die vermögensabhängige Entschädigung EUR 77.111,27. Aufgrund der umfangreichen Tätigkeiten des Erwachsenenvertreters seien ihm davon 5 %, aliquotiert auf 7 Monate, daher EUR 2.249,08, zuzusprechen. Das Pfandrecht habe außer Acht zu bleiben. So errechne sich eine gesamte Entschädigung von EUR 2.591,04 zzgl Aufwandersatz von EUR 100,00 und EUR 538,21 USt.

Dagegen richtet sich der Rekurs des ehemaligen Erwachsenenvertreters aus den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, den Beschluss dahin abzuändern, den 1/2-Anteil an der Liegenschaft mit EUR 214.786,75 im Vermögen auszuweisen und die Entschädigung samt Aufwandersatz mit EUR 7.560,00 zuzuerkennen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Betroffene und der aktuell bestellte Erwachsenenvertreter erstatteten keine Rekursbeantwortung.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens macht der Rekurswerber geltend, dass der Verkehrswert der Liegenschaft nicht aktenkundig sei. Es würden aber die für die Anwendbarkeit des § 34 AußStrG notwendigen Prämissen jedenfalls vorliegen. Er habe mit dem Schlussbericht die Berechnung auf Grundlage des Pauschalwertmodells vorgelegt. Es sei daher der Verkehrswert richterlich festzusetzen gewesen.

Als unrichtige rechtliche Beurteilung führt der Rekurswerber aus, dass das Erstgericht keine Feststellungen zum Verkehrswert der Liegenschaft getroffen habe. Es habe lediglich den dreifachen Einheitswert angeführt und den Hälftegrundstückswert nach der Grundstückswertverordnung abzüglich eines Abschlages von 28,75 % mit EUR 91.110,94 errechnet. Die Rechtsansicht des Erstgerichts sei unrichtig. Es sei vom Verkehrswert auszugehen. Es sei nicht der je nach gewählter Berechnungsmethode sich ergebende günstigere Wert heranzuziehen, sondern es habe der Erwachsenenvertreter das Wahlrecht, zumal er auch Leistungen erbringe, dies im Unterschied zur Republik im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer. Er begehre daher die Feststellung, dass der Verkehrswert der Liegenschaft EUR 214.796,75 (1/2-Anteil) betrage.

Diesen Ausführungen ist nach wie vor nicht beizupflichten.

Rechtliche Beurteilung

Wie das Rekursgericht bereits zu 21 R 163/21a ausführlich dargelegt hat, wird nach der jüngeren Rechtsprechung - auch des erkennenden Rekursgerichts – für die Bewertung von Liegenschaften im Erwachsenenschutzverfahren § 4 Abs 1 GrEStG analog herangezogen bzw allenfalls im Rahmen der richterlichen Festsetzung gemäß § 34 AußStrG auf ebendiese Bestimmung zurückgegriffen. Eine analoge Anwendung des § 167 AußStrG ist überholt, was auch der Rekurswerber nicht in Zweifel zieht.

Die auf Basis des § 4 GrEStG geschaffene Grundstückswertverordnung (GrWV), die per 1.1.2016 in Geltung steht, sieht drei alternative Berechnungsarten vor. Der Grundstückswert ist gemäß § 4 Abs 1 GrEStG entweder im Sinne des Pauschalwertmodells, als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 BewG. 1955 und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes, in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes oder unter Nachweis durch Vorlage eines Schätzungsgutachtens, das von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen erstellt wurde, zu berechnen (Reithofer, Die Grundstückswertverordnung, in Stabentheiner/Vonkilch (Hrsg), Wohnrecht. Jahrbuch 2017 (2017) 265.).

Welche der angeführten Methoden für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die zu entrichtende Grunderwerbsteuer nun zur Anwendung kommt, steht nach dem Gesetzestext letztlich dem Steuerpflichtigen zur freien Auswahl, wobei regelmäßig wohl jene Methode ausgewählt wird, die die geringste Steuerbelastung für den Einzelnen bedeutet. Wenn man sich daher auch für die Bemessung des Liegenschaftsvermögens für die Berechnung der Entschädigung des Erwachsenenvertreters an der Grunderwerbsteuer orientiert, so ist sachgerecht, diese Richtschnur auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden. In diesem Zusammenhang überzeugen die Argumente des Rekurswerbers nicht, dass er für die Betroffene - im Unterschied zur Republik bei Grundstückstransaktionen - Leistungen erbracht habe und deshalb es in seinem Ermessen stehe, jenes Bewertungsverfahren zu wählen, welches das für ihn vorteilhafteste Bewertungsergebnis bringe. Es ist nach Ansicht des Rekursgerichts jedenfalls ein Wert zu bemessen, der nicht auf dem Einheitswert-System beruht, das einerseits keinerlei Bezug mehr zum tatsächlichen Wert hat, und andererseits schon aus rechtlichen Gründen wie vorne dargelegt nicht mehr angebracht ist. Es ist aber nicht im Sinne der Betroffenen, durch die Wahl der Berechnungsmethode diese mit möglichst hohen Entschädigungsansprüchen zu konfrontieren. Schließlich ist der Erwachsenenvertreter im Sinne des § 281 Abs 1 Satz 2 ABGB verpflichtet, die Interessen der vertretenen Person bestmöglich zu wahren. Insofern ist den Interessen der vertretenen Person im Gegensatz zu den Interessen des Erwachsenenvertreters (auf höhere monetäre Abgeltung) der Vorzug zu geben. Im Ergebnis hat das Erstgericht daher zu Recht den Wert der Liegeschaft mithilfe des Immobilienpreisspiegels ermittelt und auf dieser Basis die Entschädigung des Erwachsenenvertreters korrekt berechnet. Der Beschluss erweist sich als nicht korrekturbedürftig, sodass dem Rekurs keine Folge zu geben war.

Der Revisionsrekurs ist gemäß § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig, weil es sich bei der Entscheidung über einen Entschädigungsanspruch um eine solche im Kostenpunkt handelt (RIS-Justiz RS017311, RS 0007695 [T 23, T30]).

Textnummer

EWE0000087

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00519:2022:02100R00014.22S.0309.000

Im RIS seit

16.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

16.03.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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