TE OGH 2021/9/22 21R163/21a

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Veröffentlicht am 22.09.2021
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Kopf

Das Landesgericht Wels als Rekursgericht hat durch Dr. Hohensinner als Vorsitzende sowie Mag. Prielinger und Mag. Lichtenegger als weitere Richterinnen in der Erwachsenenschutzsache der G*****, über den Rekurs des Erwachsenenvertreters Dr. K*****, gegen den Beschluss des Bezirksgerichtes Gmunden vom 22.4.2021, 6 P 120/19f-43, in nicht öffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird in seinem Spruchpunkt 2. und 3. aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.

Der Rekurswerber hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

BEGRÜNDUNG:

Mit Beschluss vom 12.8.2020 wurde für die Betroffene Dr. K***** zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter bestellt. Der Wirkungskreis umfasste die Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten, die Vertretung vor Ämtern, Behörden, Gerichten und Sozialversicherungsträgern sowie die Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über die Geschäfte des Alltags hinausgehen. Am 8.1.2021 stellte der Erwachsenenvertreter einen Antrag auf Umbestellung, da er mit Schreiben vom 5.10.2020 um Austragung aus der Liste gemäß § 28 Abs 1 lit o RAO ersucht habe und seither nicht mehr in der Liste eingetragen sei. Er sei mit der Vertretung des Betroffenen unzumutbar belastet, zumal er aktuell für 21 Personen als (einstweiliger) Erwachsenenvertreter bestellt sei. Mit Beschluss vom 8.2.2021 kam das Erstgericht diesem Antrag nach, enthob Dr. K***** seines Amtes und bestellte zugleich Dr. F***** zum neuen Erwachsenenvertreter. Mit Eingabe vom 8.3.2021 erstattete der bisherige Erwachsenenvertreter seinen Schlussbericht und legte Schlussrechnung. Er begehrte für den Zeitraum 12.8.2020 – 1.3.2021 eine Entschädigung von insgesamt brutto Euro 7.560,00. Diese setze sich zusammen aus 5 % der Einkünfte (Euro 6.839,24 * 0,05 = 341,96, gerundet 340,00 + USt) und 5 % des Vermögens (200.800,00 * 0,05 = gerundet 5.860,00 + USt) sowie Barauslagen von Euro 100,00.

Mit dem angefochtenen Beschluss sprach das Erstgericht aus, dass die Schlussrechnung des Erwachsenenvertreters Dr. K***** für die Zeit vom 12.8.2020 bis 1.3.2021 über die Verwaltung des Einkommens und des Vermögens der betroffenen Person bestätigt werde. Weiters führte das Erstgericht in Punkt 2. des Beschlusses die Einkommens- und Vermögenssituation der Betroffenen an. Darin findet sich ua der ½-Anteil an der Liegenschaft EZ ***** mit dem anteiligen 3-fachen Einheitswert von Euro 31.830,72. In Spruchpunkt 3. bestimmte das Erstgericht die Entschädigung des Erwachsenenvertreters mit Eur 892,00 sowie den Aufwandersatz mit Euro 100,00 sowie 20 % USt von Euro 198,40, daher mit einem Gesamtbetrag von Euro 1.190,40. Das Mehrbegehren, ihm eine Entschädigung von Euro 7.560,00 zuzusprechen, wies das Erstgericht ab (dazu siehe Hinweis Seite 9).

Dagegen richtet sich der Rekurs des ehemaligen Erwachsenenvertreters im Umfang der Spruchpunkte 2. und 3. mit dem Rekursantrag, den angefochtenen Beschluss in Spruchpunkt 2. dahingehend abzuändern, dass der 1/2-Anteil an der Liegenschaft EZ ***** mit dem Verkehrswert von zumindest Euro 214.786,75 im Vermögen der Betroffenen ausgewiesen werde und dass Spruchpunkt 3. dahingehend abgeändert werde, dass dem Rekurswerber eine Entschädigung samt Aufwandersatz von gesamt brutto Euro 7.560,00 zuerkannt und die Betroffene zur Zahlung von Euro 7.560,00 samt 4 % Zinsen ab 8.3.2021 verpflichtet werde, in eventu die grundbücherliche Sicherstellung zur Sicherung des Entschädigungsanspruches samt Aufwandersatz in Höhe von Euro 7.560,00 zzgl Zinsen genehmigt bzw veranlasst werde. In eventu sei der angefochtene Beschluss hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 3. aufzuheben und dem Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.

Die Betroffene erstattete keine Rekursbeantwortung.

Der Rekurs ist im Sinne der beschlossenen Aufhebung berechtigt.

Der Rekurswerber macht in seinem Rekurs geltend, das Erstgericht habe keine Feststellungen zum Verkehrswert des im Eigentum der Betroffenen stehenden Hälfteanteiles an der Liegenschaft EZ *****, getroffen. Das Erstgericht gehe davon aus, dass das Liegenschaftsvermögen bei der Entschädigung nur mit dem 3-fachen Einheitswert zu berücksichtigen sei. Ein höherer Wert könne nur dann herangezogen werden, wenn ein gerichtliches Gutachten über den Verkehrswert vorläge. Diese Rechtsansicht sei unrichtig. Nach der Rechtsprechung und Lehre seien Immobilien nunmehr auch im Erwachsenenschutzrecht mit dem Verkehrswert (abzüglich Belastungen) zu bewerten. Das LGZ Wien halte in der Entscheidung 44 R 82/16h fest, dass ein Grundstückswert gemäß § 4 Abs 1 GrEStG in der Fassung ab 1.1.2016 auch anhand eines Immobilienpreisspiegels oder der Grundstückswerteverordnung – sohin auch nach dem Pauschalwertmodell gemäß § 2 GrWV – ermittelt werden könne. Von der Judikatur werde die Einholung eines Gutachtens über den Verkehrswert, welches nur der Bemessung der Entschädigung dienen solle, abgelehnt. Der Verkehrswert sei letztlich amtswegig gemäß § 34 AußStrG festzusetzen. Er begehre daher die Feststellung, dass der Verkehrswert des Hälfteanteiles an der Liegenschaft abzüglich Belastungen Euro 214.786,75 betrage. Diese Feststellung gründe sich auf den Schlussbericht samt Beilagen. Es liege daher ein sekundärer Feststellungsmangel vor. Unter Zugrundelegung der begehrten Feststellungen werde dem Rekurswerber aufgrund seiner besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen eine Entschädigung in Höhe von 5 % des Mehrbetrages des Vermögens zuzusprechen sein.

Dazu ist auszuführen:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 276 Abs 1 ABGB gebührt dem gerichtlichen Erwachsenenvertreter eine jährliche Entschädigung zuzüglich der allenfalls zu entrichtenden Umsatzsteuer. Die Entschädigung beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte der vertretenen Person nach Abzug der davon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind. Übersteigt der Wert des Vermögens der vertretenen Person 15.000 Euro, so sind darüber hinaus pro Jahr zwei Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren. Ist der gerichtliche Erwachsenenvertreter kürzer als ein volles Jahr tätig, so vermindert sich der Anspruch auf Entschädigung entsprechend. Bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des gerichtlichen Erwachsenenvertreters, insbesondere im ersten Jahr seiner Tätigkeit oder im Bereich der Personensorge, kann das Gericht die Entschädigung auch mit bis zu zehn Prozent der Einkünfte und bis zu fünf Prozent des Mehrbetrags vom Vermögen bemessen. Gemäß § 276 Abs 2 ABGB sind bei der Ermittlung des Werts des Vermögens Verbindlichkeiten ausnahmsweise außer Acht zu lassen, wenn die Tätigkeit des gerichtlichen Erwachsenenvertreters wegen der bestehenden Verbindlichkeiten mit einem besonderen Aufwand verbunden war. Das Gesetz enthält im vorliegenden Zusammenhang jedoch keine Vorschrift, wie die Aktiven zu bewerten sind.

Die Frage nach der Bewertung von Liegenschaften lässt sich auch mit Blick auf die - zur Rechtslage sowohl vor als auch nach dem 2. ErwSchG ergangene - Judikatur immer noch nicht einheitlich beantworten. So differenziert ein Teil der Rsp danach, ob über die Liegenschaft (in anderem Zusammenhang) bereits ein Bewertungsgutachten erstellt wurde respektive ein Verkehrswert aktenkundig ist oder nicht. Im ersten Fall soll der Schätzwert/Verkehrswert als Bemessungsgrundlage dienen. Im zweiten Fall wird - idR in analoger Anwendung des § 167 Abs 2 AußStrG - weiterhin der dreifache (steuerliche) Einheitswert als maßgeblich erachtet. Von einem Teil der jüngeren Rsp wird zur Lösung der Bewertungsfrage bei fehlendem Sachverständigengutachten „ein begrüßenswert pragmatischer Ansatz“ dahingehend verfolgt, als zur richterlichen Festsetzung nach § 34 AußStrG § 4 Abs 1 GrEStG analog anzuwenden, also der Grundstückswert anhand geeigneter Immobilienpreisspiegel abzuleiten sei. (Johann Schilchegger/Sabine Hohensinn, Entschädigung des Verlassenschaftskurators nach 2. ErwSchG, NZ 2021/1).

Für die Heranziehung des dreifachen Einheitswertes, wenn nicht bereits eine Liegenschaftsschätzung aus anderen Gründen vorgenommen wurde und im Akt erliegt, sprach sich ua das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien in 45 R 281/14b aus: Beim Wert einer Immobilie eines Betroffenen ist vom dreifachen Einheitswert der Liegenschaft auszugehen, wobei alle mit der Finanzierung der Liegenschaft in Zusammenhang stehenden Belastungen, aber auch Vermögenswerte, wie auf der Liegenschaft haftende Darlehen außer Acht zu lassen sind. Dies gilt nicht, wenn aus anderen Gründen eine Liegenschaftsschätzung durchgeführt wurde. Dann ist der ermittelte Verkehrswert auch für die Bestimmung der Sachwalterentschädigung maßgeblich (EFSlg 142.243). Diese Rechtsprechung wurde noch in 48 R 282/16z aufrecht erhalten. Es folgte dann weiterhin jener Rechtsprechung, wonach die dem Immobilienpreisspiegel entnommenen Angaben keine ausreichende Grundlage für eine objektive Bewertung des Liegenschaftseigentums eines Pflegebefohlenen zwecks Ausmessung der vermögensabhängigen Entschädigung nach § 276 ABGB zu bilden vermögen, weil die dort angeführten Kategorien ohne Befundaufnahme und Begutachtung durch einen SV nicht zweifelsfrei auf das konkret zu beurteilende Objekt angewendet werden können, jedoch die Einholung eines SV-GA allein zur Beantwortung der Frage, wie eine Immobilie vor dem Hintergrund des § 276 ABGB zu bewerten ist, abzulehnen ist (LGZ Wien 12.10.2017, 43 R 473/17b = EFSlg 153.668). Der Senat 44 wiederum (44 R 82/16h = EF 150.020) knüpft an die seit 1. 1. 2016 geltende Fassung des GrunderwerbsteuerG (§ 4 Abs 1) an und legt den nach der Grundstückswertverordnung, BGBl II 2015/442, zu erstellenden Immobilienpreisspiegel zugrunde. Der Senat 42 (42 R 83/16s = EF 150.021); im Ergebnis ähnlich LGZ Wien 43 R 473/17b; meint, das Pauschalwertmodell iSd § 4 treffe lediglich eine Aussage über den steuerlich relevanten Grundstückswert, der mit dem Verkehrswert einer Liegenschaft nicht ident sein müsse. Maßgeblich sei hier vielmehr die plausible und nachvollziehbare, wenn auch bloß grobe Schätzung des Verkehrswertes eines Sachverständigen (Weitzenboeck in Schwimann/Kodek (Hrsg), ABGB Praxiskommentar5 (2018) § 276 ABGB, Rz 15).

Es vertrat auch das LG Linz zu 15 R 390/19g noch die Auffassung, dass Liegenschaften bei der Berechnung der Vermögensentschädigung mit dem dreifachen Einheitswert bewertet werden sollen (EFSlg 160.461).

Hingegen sprach sich der erkennende Senat bereits zu 21 R 120/19z dafür aus, dass allenfalls das Gericht den Verkehrswert iSd § 34 AußStrG zu schätzen hat; dabei empfiehlt es sich, den Immobilienpreisspiegel heranzuziehen, der jährlich veröffentlicht wird und nach Bezirken, nach gebrauchten und nicht gebrauchten Wohnobjekten sowie nach der Qualität des Wohnrechts unterscheidet (LG Wels 28.8.2019, 21 R 120/19z = EFSlg 160.462).

Das LG Wels als Rekursgericht befasste sich zuletzt in 21 R 47/21t im Zusammenhang mit der Frage, wie der Wert des Vermögens für die Zuordnung gemäß § 19 Abs 2 Z4 iVm § 18 Abs 3 RpflG zu ermitteln ist, mit der Frage der Bewertung von Liegenschaftsvermögen in Erwachsenenschutzverfahren. Hiezu wurde erwogen, dass dieser Wert gemäß § 18 Abs 3 RpflG nach § 167 AußStrG zu erfolgen hat. Wird eine Bewertung zum Verkehrswert (§ 167 Abs. 1 AußStrG) oder nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz (§ 167 Abs. 2 AußStrG) vorgenommen, ist der so ermittelte Wert zu Grunde zu legen. Unbewegliche Sachen sind gemäß § 167 Abs 2 AußStrG grundsätzlich mit ihrem dreifachen Einheitswert, beantragt dies aber eine Partei oder ist es im Interesse einer schutzberechtigten Person erforderlich, nach dem Liegenschaftsbewertungsgesetz zu bewerten. Nach Ansicht von Schauer ist auf die allgemeine Regel zurückzugreifen, wonach Sachen mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind (§ 306 ABGB). Welche Bewertungsmethode heranzuziehen ist, hängt vom Zweck ab, für den die Bewertung erfolgt. In der Regel wird der Verkehrswert heranzuziehen sind. Liegenschaften sind nach dem LBG zu bewerten, weil die darin enthaltenen Bewertungsregeln „in allen gerichtlichen Verfahren“ gelten (§ 1 leg cit). Maßgeblich ist hiernach der Verkehrswert (§ 2 leg cit), der auf verschiedene Weise ermittelt werden kann (§§ 4 ff leg cit). Einheitswerte dienen allein abgabenrechtlichen Zwecken (§ 1 BewG 1955), weshalb ihnen für die Bemessung der Entschädigung gemäß § 276 keine Bedeutung zukommen kann. Für die Wertermittlung zieht die neuere Rsp den nach der Grundstückswertverordnung (BGBl II 2015/442) maßgeblichen Immobilienpreisspiegel heran; hilfsweise wird auf § 34 AußStrG zurückgegriffen (Schauer in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.04 § 276, Rz 14). Der dreifache Einheitswert war seinerzeit in Anlehnung an die für das GrEStG maßgebliche Bemessungsgrundlage eingeführt worden. Offenbar sollte ein Gleichklang zwischen der Bewertung im Inventar und der steuerlichen Bemessungsgrundlage bestehen. Eine Anpassung des § 167 an das neue Bewertungssystem im Rahmen der Novellierung des GrEStG wurde – aus welchem Grund immer – unterlassen (Verweijen in Schneider/Verweijen, AußStrG, Rz 13 ff zu § 167). Wenn nun Teile der jüngeren Rechtsprechung die Bewertung einer Liegenschaft für die Entschädigung des Erwachsenenvertreters entweder analog § 167 Abs 2 AußStrG vornehmen oder unter Anwendung von § 304 ABGB oder § 34 AußStrG, so ist im Ergebnis und in Zusammenschau mit dem geänderten GrEStG und der erlassenen Grundstückswertverordnung und in Anbetracht dessen, dass der dreifache Einheitswert dem tatsächlichen Wert der Liegenschaft zu allermeist nicht einmal annähernd entspricht, nach Ansicht des erkennenden Senats jedenfalls eher der Immobilienpreisspiegel heranzuziehen als der dreifache Einheitswert (so auch LG Wels 17.3.2021, 21 R 47/21t).

Die Grundstückswertverordnung (kurz: GrWV) ist die Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend Festlegung der Ermittlung des Grundstückswertes, dies auf Grund des § 4 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes 1987. Der Erwerb von inländischen Grundstücken wird mittels der Grunderwerbssteuer besteuert. Die Steuer ist vom Wert der Gegenleistung, mindestens jedoch vom Grundstückswert, zu berechnen. Als Gegenleistung im Sinne des § 5 GrEStG ist bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen und bei einem Tausch die Tauschleistung des anderen Vertragsteiles einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung zu verstehen. Der Grundstückswert ist gemäß § 4 Abs 1 GrEStG entweder im Sinne des Pauschalwertmodells, als Summe des hochgerechneten (anteiligen) dreifachen Bodenwertes gemäß § 53 Abs. 2 BewG. 1955 und des (anteiligen) Wertes des Gebäudes, in Höhe eines von einem geeigneten Immobilienpreisspiegel abgeleiteten Wertes oder unter Nachweis durch Vorlage eines Schätzungsgutachtens, das von einem allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobiliensachverständigen erstellt wurde zu berechnen (Reithofer, Die Grundstückswertverordnung, in Stabentheiner/Vonkilch (Hrsg), Wohnrecht. Jahrbuch 2017 (2017) 265.). Der Bundesminister für Finanzen hat im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler unter Berücksichtigung der Grundsätze einer einfachen und sparsamen Verwaltung durch Verordnung sowohl die näheren Umstände und Modalitäten für die Hochrechnung des Bodenwertes und die Ermittlung des Gebäudewertes als auch den anzuwendenden Immobilienpreisspiegel samt Höhe eines Abschlages festzulegen. Gemäß § 3 Abs 2 der Grundstückswertverordnung (GrWV) sind für Erwerbsvorgänge, für die die Steuerschuld nach dem 31. Dezember 2016 entsteht, ausschließlich die im Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld zuletzt veröffentlichten Immobiliendurchschnittspreise der Bundesanstalt Statistik Österreich heranzuziehen. Diese Immobiliendurchschnittspreise dürfen nur angewendet werden, wenn das Grundstück mit den für die Bewertung eines gleichartigen Grundstückes zugrunde liegenden Kategorien der Tabellen der Immobiliendurchschnittspreise übereinstimmt. Der Grundstückswert beträgt 71,25 % des ermittelten Wertes.

Wenn nun der vormalige Gleichklang mit der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer, die damals eben der dreifache Einheitswert war, weiterhin aufrecht erhalten werden soll, so erscheint eine analoge Anwendung des § 167 AußStrG, sohin die Bestimmungen zum Verlassenschaftsverfahren, nicht angebracht. Thematisch näher liegt § 4 GrEStG bzw die Grundstückswertverordnung, die per 1.1.2016 in Geltung steht. Diese sieht wie oben angeführt drei alternative Berechnungsarten vor. Welche der angeführten Methoden für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die zu entrichtende Grunderwerbsteuer nun zur Anwendung kommt, steht nach dem Gesetzestext letztlich dem Steuerpflichtigen zur freien Auswahl, wobei regelmäßig wohl jene Methode ausgewählt wird, die die geringste Steuerbelastung für den Einzelnen bedeutet. Wenn man sich daher auch für die Bemessung des Liegenschaftsvermögens für die Berechnung der Entschädigung des Erwachsenenvertreters an der Grunderwerbsteuer orientiert, so ist sachgerecht, diese Richtschnur auch auf den vorliegenden Fall anzuwenden.

Zieht man nun im hier vorliegenden Fall den Immobilienpreisspiegel, dh die Liste der Immobiliendurchschnittspreise der Statistik Austria, heran, so ist zunächst die Grundstücksgrößenkategorie mit Kategorie „C“ zu bestimmen. In der Preistabelle ist anhand der Bauperiode (bis 1960) und der Größe der Wohnfläche (120-160) der durchschnittliche Preis pro m² Wohnfläche angegeben (Euro 1.705,00). Nun ist die Nutzfläche (hier laut Erw.V. 150 m²) mit dem vorhin ermittelten Preis pro m² zu multiplizieren. Dies ergibt rechnerisch einen Wert des (gesamten) Hauses samt Grundstück von rund Euro 255.750,00 (Hälteanteil Euro 127.875,00) laut Immobilienpreisspiegel. Davon sind 71,25 % als Bemessungsgrundlage für den Grunderwerbsteuertarif anzusetzen (Euro 182.221,88). Der tatsächlich am Immobilienmarkt erzielbare Preis wird davon freilich angesichts der Lage des Objekts deutlich nach oben abweichen. Nach der vom ehemaligen Erwachsenenvertreter herangezogenen Pauschalwertmethode und dem Berechnungstool des Bundesministeriums für Finanzen ergibt sich der von ihm angegebene Wert von Euro 554.519,30 für die gesamte Liegenschaft. In Übereinstimmung mit dem für die Entrichtung der Grunderwerbsteuer ermittelten (niedrigeren) Wert durch den Immobilienpreisspiegel, ist auch im vorliegenden Fall wohl eher dieser (niedrigere) Wert heranzuziehen. Der so ermittelte Wert ist im Vermögen der Betroffenen auszuweisen.

Ob nun die Verbindlichkeiten gemäß § 276 Abs 2 ABGB ausnahmsweise außer Acht zu lassen sind, lässt sich ausgehend vom Inhalt des Beschlusses nicht abschließend beurteilen. Es wurden keine Feststellungen vom Erstgericht dazu getroffen. Mit der Bestimmung des § 276 Abs 2 letzter Satz ABGB hatte der Gesetzgeber Maßnahmen zur Schuldenregulierung vor Augen. Wenn der Erwachsenenvertreter Ratenvereinbarungen mit Gläubigern treffen oder anderer Maßnahmen ergreifen musste, dann soll er nicht um die Entschädigung gebracht werden, weil der Wert des Vermögens nach Abzug der Verbindlichkeiten gleich Null ist. Im Umkehrschluss ergibt sich aber, dass Verbindlichkeiten in anderen Fällen vom Wert der Aktiven abzuziehen sind, wodurch sich die Bemessungsgrundlage für den vermögensbezogenen Teil der Entschädigung vermindert (kritisch: Schauer in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.04, § 276, Rz 15). Der Gesetzgeber hat die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bewusst geregelt. Zunächst waren nach dem Ministerialentwurf Verbindlichkeiten bei der Berechnung der Entschädigung eines Kurators gemäß § 283 ABGB nicht zu berücksichtigen. Dieser Vorschlag wurde jedoch in der Regierungsvorlage umgedreht und ebenso mit dem 2. ErwSchG beschlossen. Danach war zum Thema „Verbindlichkeiten“ in § 283 Abs 2 letzter S Folgendes festgelegt: „Bei der Ermittlung des Wertes des Vermögens nach Abs. 1 sind Verbindlichkeiten ausnahmsweise dann nicht zu berücksichtigen, wenn die Tätigkeit des Kurators wegen der bestehenden Verbindlichkeiten mit einem besonderen Aufwand verbunden war.“ Dies bedeutete also eine Umkehr vom Ministerialentwurf; Verbindlichkeiten sollten grundsätzlich abzuziehen sein, nur in besonderen Fällen nicht. Der Hintergrund dieser Abänderung ist folgender: Der Ministerialentwurf sah eine parallele Wertung für den Erwachsenenvertreter in § 276 vor. Im Zuge des Begutachtungsverfahrens wurde zur Entschädigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters (und inhaltlich nur zu diesem, also nicht zum Kurator) von mehreren Stellen bzw Institutionen gefordert, dass für die Ermittlung des Wertes des Vermögens die Verbindlichkeiten grundsätzlich zu berücksichtigen seien. Damit sollte auf eine bestimmte Problematik bei vertretenen Personen eingegangen werden, die verschuldet sind. Der Gesetzgeber ist dieser Forderung nachgekommen und hat daher § 276 – bewusst – abgeändert (Mondel in Fenyves/Kerschner/Vonkilch (Hrsg), ABGB: Großkommentar zum ABGB - Klang-Kommentar - 239 bis 284, Erwachsenenschutz³ (2020) zu § 283 ABGB, Rz 13). Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass vom mittels Immobilienpreisspiegel oder Pauschalwertmethode ermittelten (niedrigeren) Wert der Liegenschaft grundsätzlich in einem nächsten Schritt die Verbindlichkeiten (hier lt ErwVertreter Euro 62.472,90 Hälfteanteil) abzuziehen sind, die das Vermögen verringern. Wenn der Kredit ausnahmsweise gemäß § 276 Abs 2 ABGB außer Acht zu lassen ist - wovon nach den Angaben des Erwachsenenvertreters in seinem Schlussbericht im konkreten Fall wohl ausgegangen werden kann - werden jedoch ausdrückliche Feststellungen (!) zu den Tätigkeiten des Erwachsenenvertreters im Zusammenhang mit der Liegenschaftsverwaltung, Maßnahmen zur Schuldenregulierung etc im Beschluss zu treffen sein. Erst wenn die Tätigkeiten des Erwachsenenvertreters feststehen, kann über dessen Entschädigungsanspruch abschließend entschieden werden.

Mangels ausreichender Feststellungen war daher der Beschluss des Erstgerichts aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung, allenfalls nach Verfahrensergänzung, aufzutragen. Hingewiesen wird weiters darauf, dass der Erwachsenenvertreter 5% und nicht 10 % der einkommensabhängigen Entschädigung begehrt hatte. Zusammenfassend wird daher im fortgesetzten Verfahren zunächst der Wert des Liegenschaftsvermögens unter Hinweis auf die obigen Ausführungen zu ermitteln sein, es werden ausdrückliche Feststellungen (!) zu den Tätigkeiten des Erwachsenenvertreters im Zusammenhang mit der Liegenschaftsverwaltung, Maßnahmen zur Schuldenregulierung etc im Beschluss zu treffen sein, um beurteilen zu können, ob gemäß § 276 Abs 2 letzter Satz ABGB die Verbindlichkeiten bei der Berechnung des Vermögens außer Acht zu lassen sind. Weiters werden Feststellungen zu treffen und der Beschluss rechtlich zu begründen sein, weshalb das Erstgericht bei der vermögensabhängigen Entschädigung 2 % des Vermögens heranzieht anstatt der vom Erwachsenenvertreter begehrten 5%. Der Vollständigkeit halber wird auch darauf hingewiesen, dass bei der Abweisung des Mehrbegehrens (Spruchpunkt 3. des Beschlusses) nur der Differenzbetrag zwischen begehrtem und zugesprochenen Betrag, nicht der gesamte begehrte Betrag angeführt werden kann.

Nachdem in einem Verfahren im Zusammenhang mit der Genehmigung der Pflegschaftsrechnung und der Entscheidung über die Gewährung von Entgelt, Entschädigung und Aufwandersatz gemäß § 139 Abs 2 AußStrG ein Kostenersatz nicht stattfindet, hat der Rekurswerber die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Textnummer

EWE0000086

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LG00519:2021:02100R00163.21A.0922.000

Im RIS seit

15.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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