Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
LMG 1975 §26 Abs1 litd;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fichtner, über die Beschwerde des H in B, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 28. September 1993, Zl. Senat-MD-92-181, betreffend Übertretung des Lebensmittelgesetzes 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung der §§ 26 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit 74 Abs. 1 des Lebensmittelgesetzes 1975 (LMG 1975) schuldig erkannt. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe verhängt.
Der Spruch des angefochtenen Bescheides weist folgenden Inhalt auf:
"Die Firma V Gesellschaft m.b.H. (Standort B) hat am 21. Februar 1991 an die Firma A-Ges.m.b.H. das kosmetische Mittel mit der Bezeichnung "XY-Dusch-Gel", Inhalt 515 ml, geliefert. Auf der Verpackung befand sich die Angabe "klinisch getestet", obwohl es verboten ist, irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen anzubringen.
Herr (Beschwerdeführer) hat es daher als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma V Gesellschaft m.b.H. und somit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten, daß die genannte Firma ein kosmetisches Mittel in Verkehr gebracht hat, das falsch bezeichnet war."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschriften erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Im Beschwerdefall sind die folgenden Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes relevant:
Nach § 26 Abs. 1 lit. d LMG 1975 ist es verboten, kosmetische Mittel in Verkehr zu bringen, die falsch bezeichnet sind.
Nach § 26 Abs. 2 leg. cit. gelten § 8 lit. a, b und f sinngemäß, § 9 gilt mit der Maßgabe, daß nicht irreführende Hinweise auf physiologische oder pharmakologische Wirkungen sowie bildliche Darstellungen zur Erläuterung des Anwendungsbereiches zulässig sind. Werden solche Wirkungen behauptet, sind der Behörde auf Verlangen die wirksamen Komponenten bekanntzugeben.
§ 8 lit. f LMG 1975 bestimmt, daß Lebensmittel, Verzehrprodukte und Zusatzstoffe falsch bezeichnet sind, wenn sie mit zur Irreführung geeigneten Angaben über Umstände, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich sind, wie über Art, Herkunft, Verwendbarkeit, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Beschaffenheit, Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, Menge, Maß, Zahl oder Gewicht oder in solcher Form oder Aufmachung oder mit verbotenen gesundheitsbezogenen Angaben (§ 9) in Verkehr gebracht werden.
Nach § 9 Abs. 1 LMG 1975 ist es verboten, beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln, Verzehrprodukten oder Zusatzstoffen
a) sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krankheitssymptomen oder auf physiologische oder pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Alterserscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;
b) auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder auf Gutachten hinzuweisen;
c) gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden.
2. Der Beschwerdeführer rügt zunächst, daß der angefochtene Bescheid in seinem Spruch keine Angabe eines bestimmten Tatortes enthalte. Dem Beschwerdeführer werde die Lieferung eines kosmetischen Mittels an die A-GmbH vorgeworfen. Diese verfüge jedoch in Österreich über etwa 240 Filialen. Die Tathandlung sei somit nicht ausreichend konkretisiert, weil unbestimmt bleibe, wohin überhaupt geliefert worden sei. Mangels eines ausreichend konkretisierten Vorwurfes habe der Beschwerdeführer auch nicht die Möglichkeit gehabt, entsprechend Stellung zu nehmen, weshalb sein Recht auf Parteiengehör verletzt worden sei. Hätte die belangte Behörde die Verfahrensvorschriften eingehalten, so hätte der Beschwerdeführer die Möglichkeit zu einer entsprechenden Stellungnahme gehabt, was wiederum zur Folge gehabt hätte, daß die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.
Mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe zu verantworten, daß die Gesellschaft, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer er ist, ein bestimmtes kosmetisches Mittel ("XY-Dusch-Gel", Inhalt 515 ml), das falsch bezeichnet gewesen sei, an einem ganz bestimmten Tag (21. Februar 1991) an die A-GmbH geliefert habe. Dem Beschwerdeführer wurde nach § 74 Abs. 1 LMG 1975 das Inverkehrbringen eines falsch bezeichneten kosmetischen Mittels zum Vorwurf gemacht. Es liegt dabei ein Begehungsdelikt vor. Tatort ist der Ort, wo das Lebensmittel in Verkehr gebracht worden ist. Dies war nach dem festgestellten Sachverhalt der Sitz der Gesellschaft, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer ist. Bereits die Behörde erster Instanz hat dies in der Strafverfügung vom 23. Oktober 1991 durch Anführung des Sitzes iVm der Umschreibung der Übertretungshandlung erkennbar zum Ausdruck gebracht.
Nach der Fassung des Spruches umfaßt der Tatvorwurf des erstinstanzlichen Bescheides SÄMTLICHE am 21. Februar 1991 vom Sitz der Gesellschaft aus erfolgten Lieferungen des näher bezeichneten kosmetischen Mittels an die A-GmbH. Die Beschwerde zeigt nicht auf, inwieweit der Beschwerdeführer daran gehindert gewesen wäre, auf diesen Vorwurf bezogene Beweise anzubieten; im Hinblick auf die insoweit gleichlautende Fassung des angefochtenen Bescheides ist der Beschwerdefüher auch davor geschützt, wegen desselben Verhaltens neuerlich zur Verantwortung gezogen zu werden.
3. In der Beschwerde wird ferner vorgebracht, die belangte Behörde habe den Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt aktenwidrig angenommen. Nach Auffassung der belangten Behörde enthalte die Angabe "klinisch getestet" auf dem in Verkehr gebrachten Produkt keine Einschränkung. Dies sei jedoch insofern aktenwidrig, als nach den im Akt erliegenden Untersuchungszeugnis die Verpackung des Produktes in einem ovalen Kreis zwischen der zweimal klein gedruckten Wortfolge "klinisch getestet" das Wort "hautneutral" enthalte. Daneben befinde sich in etwas größerer Schrift der Hinweis "alkalifrei" und darunter "pH 5 bis 6". Bei einer Reduktion der Angabe "klinisch getestet" auf die - tatsächlich vorliegende - "Hautneutralität" wäre die belangte Behörde zur Ansicht gelangt, daß der Hinweis nicht irreführend sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26. September 1994, Zl. 92/10/0468, mit der Frage beschäftigt, ob es sich bei der einem kosmetischen Mittel beigegebenen Bezeichnung "dermatologisch getestet" um eine nach § 9 Abs. 1 lit. b LMG 1975 verbotene gesundheitsbezogene Angabe handelt. Er hat diese Frage unter ausführlichen Hinweisen auf Vorjudikatur und Literatur bejaht. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist auch der Hinweis "klinisch getestet" als gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des § 9 Abs. 1 lit. b LMG 1975 zu beurteilen. Der Hinweis auf einzelne physiologische oder pharmakologische Wirkungen eines kosmetischen Mittels - losgelöst von den Folgen, die sich daraus für den Gesundheitszustand eines Menschen ergeben - ist hingegen unter der Voraussetzung, daß keine Irreführung vorliegt, zulässig. Eine Bezugnahme auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten ist allerdings auch bei kosmetischen Produkten nicht gestattet (vgl. das bereits genannten Erkenntnis vom 26. September 1994).
Der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. März 1992, Zl. 91/10/0005, ist im vorliegenden Fall nicht zielführend. Diesem Erkenntnis liegt die Auffassung zugrunde, daß an sich dem § 9 Abs. 1 lit. b LMG zu unterstellende Hinweise dann zulässig sind, wenn sie sich ausschließlich auf die Beschreibung einer physiologischen oder pharmakologischen Wirkung im Sinne des § 26 Abs. 2 LMG 1975 beziehen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor; es kann nicht gesagt werden, daß bei der hier maßgebenden flüchtigen Betrachtung der Hinweis "klinisch getestet", wie dies die Beschwerde annimmt, auf die Begriffe "hautneutral", "alkalifrei" und "pH 5 bis 6" (ausschließlich) bezogen würde, denn die erwähnten Begriffe werden sprachlich nicht mit dem Hinweis "klinisch getestet" in Beziehung gesetzt. Es erübrigt sich daher eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob die zuletzt erwähnten Begriffe Hinweise auf einzelne physiologische oder pharmakologische Wirkungen darstellen.
4. Aufgrund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
5. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1993100219.X00Im RIS seit
20.11.2000