Index
10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
UVPG 2000 §19 Abs1Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Mag. Rehak sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in den Revisionssachen 1. des Naturschutzbundes V in D, 2. des Verkehrs-Clubs F in V und 3. der Bürgerinitiative „s“ in F, alle vertreten durch die Heinzle - Nagel Rechtsanwälte OG in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. Juni 2019, W193 2114926-1/393E, betreffend Genehmigung nach dem UVP-G 2000 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Vorarlberger Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. Land Vorarlberg, 2. Stadt Feldkirch und 3. V GmbH in B, alle vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Die revisionswerbenden Parteien haben den erst- bis drittmitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde unter anderem auf Grund der Beschwerden der revisionswerbenden Parteien gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 15. Juli 2015, mit welchem die Genehmigung für die Errichtung eines Stadttunnels, einer Straße und einer 110 kV-Erdkabelleitung erteilt worden war, der Spruch des angefochtenen Bescheides in Bezug auf die Nebenbestimmungen abgeändert; im Übrigen wurden die Beschwerden als unzulässig zurück- bzw. als unbegründet abgewiesen und näher bezeichnete Projektunterlagen zum Bestandteil des Erkenntnisses erklärt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
2 Dagegen richten sich die vorliegenden Revisionen, in welchen die revisionswerbenden Parteien unter der Überschrift „V. Revisionspunkte“ inhaltsgleich ausführen, sie seien durch das angefochtene Erkenntnis insbesondere in ihrem Recht, „dass die Genehmigung, insbesondere gem. § 17 Abs 1, 3, 4, 5, 6 iVm § 24f Abs 1, § 39 Abs 1 sowie Anhang 1 Z 9 lit h des UVP-G“ für die Errichtung des gegenständlichen Vorhabens nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen erteilt werde, verletzt. Weiters seien sie in ihrem sich aus näher genannten Bestimmungen ergebenden Recht verletzt, „als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit Zugang zu relevanten Umweltinformationen sowie Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen unparteiischen Stelle zu haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, insbesondere in ihrem Recht auf Einsicht in die wesentlichen Ausgangsdaten des Verkehrsmodelles sowie in ihrem Recht, die Alternativenprüfung zum verfahrensgegenständlichen Straßenprojekt sowie die Entscheidung der belangten Behörde betreffend die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens, überprüfen zu lassen“. Zudem seien die revisionswerbenden Parteien durch das angefochtene Erkenntnis in ihrem „Recht auf gesetzmäßige Anwendung des AVG und VwGVG“ verletzt.
3 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision (u.a.) die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.
4 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet (vgl. etwa VwGH 14.11.2018, Ra 2017/06/0217 und 0218, mwN).
5 Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich.
6 Mit dem in den vorliegenden Revisionen unter dem Titel „V. Revisionspunkte“ geltend gemachten Recht auf Erteilung der Genehmigung „nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen“ wird nicht dargelegt, in welchem konkreten subjektiv-öffentlichen, einer Umweltorganisation bzw. einer Bürgerinitiative durch das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (vgl. § 19 Abs. 4 und 10 leg. cit.) eingeräumten Recht die revisionswerbenden Parteien verletzt seien. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht der revisionswerbenden Parteien verletzt sein könnte, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung die Revision behauptet (vgl. etwa VwGH 18.12.2019, Ra 2019/05/0323 und 0324, mwN).
7 Mit dem behaupteten Recht auf „Einsicht in die wesentlichen Ausgangsdaten des Verkehrsmodelles“, wird lediglich eine Mangelhaftigkeit des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens behauptet und damit ein Revisionsgrund, aber kein Revisionspunkt im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG dargelegt. Zudem wurde den revisionswerbenden Parteien mit dem angefochtenen Erkenntnis deren Parteistellung nicht abgesprochen, weshalb eine Verletzung in dem von ihnen geltend gemachten Recht auf „Zugang zu einem Überprüfungsverfahren“ nicht in Betracht kommt. Die von den revisionswerbenden Parteien genannten Entscheidungen betreffend die Alternativenprüfung und die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens, sind nicht Gegenstand des hier angefochtenen Erkenntnisses, weshalb sie durch Letzteres nicht in ihrem Recht auf Überprüfung dieser Entscheidungen verletzt sein können.
8 Schließlich wird auch mit dem in den vorliegenden Revisionen angeführten Recht auf „gesetzmäßige Anwendung des AVG und VwGVG“ kein subjektiv-öffentliches Recht im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG dargelegt, weil es nach ständiger hg. Judikatur kein solches abstraktes Recht gibt (vgl. VwGH 15.10.2021, Ra 2021/06/0167, mwN).
Die Revisionen waren daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
9 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 3. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019060148.L00Im RIS seit
14.03.2022Zuletzt aktualisiert am
14.03.2022