TE Vwgh Beschluss 2022/2/4 Ro 2019/13/0013

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Veröffentlicht am 04.02.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
50/01 Gewerbeordnung
81/01 Wasserrechtsgesetz
83 Naturschutz Umweltschutz

Norm

AbfallverbrennungSammelV 2002 §3 Z6
AbfallverbrennungSammelV 2002 §3 Z7 idF 2007/II/296
ALSAG 1989 §3 Abs1 Z2
ALSAG 1989 §3 Abs1a Z7
AWG 2002 §24a
B-VG Art133 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision des Zollamts Österreich, Zollstelle Salzburg in 5026 Salzburg, Aigner Straße 10, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 23. November 2018, Zl. RV/6200025/2014, betreffend Altlastenbeitrag für die Quartale 1/2010 bis 1/2013 (mitbeteiligte Partei: N eGen in F, vertreten durch die AGROTEST Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in 4020 Linz, Starhembergstraße 49), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Aufgrund einer Mitteilung des Amtes der Salzburger Landesregierung, wonach die mitbeteiligte Partei in den Jahren 2010 bis 2013 Bau- und Abbruchholz verbrannt habe, ohne über die hierfür erforderliche Erlaubnis für die Sammlung und Behandlung von Abfällen gemäß § 24a AWG zu verfügen, führte das Zollamt Erhebungen bei der mitbeteiligten Partei durch. In der Folge schrieb es der mitbeteiligten Partei mit Bescheiden vom 20. September 2013 Altlastenbeiträge samt Zuschlägen für die Quartale 1/2010 bis 1/2013 vor und führte zur Begründung aus, das Verbrennen von Abfällen in einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage iSd Abfallverbrennungsverordnung (AVV), BGBl. II Nr. 389/2002, unterliege gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG dem Altlastenbeitrag. Der Befreiungstatbestand des § 3 Abs. 1a Z 7 ALSAG setze das Verbrennen von Abfällen in einer dafür genehmigten Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage im Sinne der AVV voraus. Die mitbeteiligte Partei hätte die Abfälle aus Bau- und Abbruchholz erst gar nicht übernehmen dürfen, weil ihr keine Bewilligung zum Sammeln und Behandeln von Abfällen der Schlüsselnummer 17202 erteilt worden sei (§ 24a AWG). Sie habe auch über keine bewilligte Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage im Sinne der AVV verfügt.

2        Die mitbeteiligte Partei erhob gegen die Bescheide vom 20. September 2013 Berufung und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, sie habe keinen Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) erworben und verbrannt, sondern ein aus unbehandeltem Holz durch mechanische Bearbeitung gewonnenes Brennstoffprodukt. Durch die Bearbeitung des Altholzes sei ein marktfähiges Produkt anderer Art entstanden, nämlich „Hackschnitzel unbehandelt“, dem keine Abfalleigenschaft zukomme. Es stelle eine unsachliche Differenzierung dar, wenn die Behörde das Verbrennen von Waldhackgut anders beurteile als das Verbrennen von Hackschnitzeln. Selbst wenn eine andere Rechtsansicht vertreten und vom Verbrennen von Abfällen ausgegangen werde, wäre die Befreiungsbestimmung des § 3 Abs. 1a Z 7 ALSAG anzuwenden.

3        Das Zollamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidungen ab, woraufhin die mitbeteiligte Partei einen Antrag auf Entscheidung über die (nunmehr) Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht stellte.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision für zulässig erklärt wurde, gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde Folge und hob die angefochtenen Bescheide ersatzlos auf. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der bezughabenden Normen führte das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen aus, dass es sich bei den von der mitbeteiligten Partei angekauften und verbrannten Hackschnitzeln aus Bau- und Abbruchholz um Abfall im Sinne des AWG 2002 handle.

5        Nach § 3 Abs. 1a Z 7 ALSAG seien Abfälle mit hohem biogenen Anteil gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 des Ökostromgesetzes, die für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 2 verwendet würden, also das Verbrennen solcher Abfälle in einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage im Sinne der Abfallverbrennungsverordnung (AVV), von der Beitragspflicht ausgenommen.

6        Als Mitverbrennungsanlage im Sinne der AVV gelte jede ortsfeste oder mobile technische Anlage, deren Hauptzweck in der Energieerzeugung oder der Produktion stofflicher Erzeugnisse bestehe und in der Abfall als Regel- oder Zusatzbrennstoff verwendet werde (§ 3 Z 33 lit. a AVV).

7        Der Hauptzweck der von der mitbeteiligten Partei betriebenen ortsfesten technischen Anlage liege laut Aktenlage in der Energiegewinnung. Gehe man davon aus, dass es sich bei den „Hackschnitzeln unbehandelt“ um Abfall handle, sei dieser als Regel- oder Zusatzbrennstoff verwendet worden. Nach dem klaren Wortlaut der AVV liege somit eine Mitverbrennungsanlage im Sinne der AVV vor. Eine erweiterte Interpretation der Begriffsbestimmung komme nicht in Betracht; es sei also nicht darauf abzustellen, ob eine rechtskräftige Genehmigung für die Anlage vorliege.

8        Soweit das Zollamt die Festsetzung des Altlastenbeitrages allein darauf gestützt habe, dass die mitbeteiligte Partei Abfall verbrannt habe, ohne über eine bewilligte Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage iSd AVV zu verfügen, habe es die Rechtslage verkannt.

9        Der mitbeteiligten Partei sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 25. September 1995 eine Genehmigung für drei Dampfkesselanlagen zwecks Betrieb einer Fernwärmeversorgungsanlage erteilt worden. Entsprechend dieser Genehmigung sei als Brennstoff Industriehackgut plus Rinde und Waldhackgut zu verwenden.

10       Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 29. August 2000 sei der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für den Betrieb eines Biomassekessels und eines ölbefeuerten Dampfkessels erteilt worden.

11       Das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung habe der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 31. Jänner 2012 gemäß § 24a AWG 2002 die Erlaubnis zur Sammlung und Behandlung von nicht gefährlichen Abfällen (Rinde aus der Be- und Verarbeitung) erteilt. Über Antrag vom 17. Jänner 2013 habe das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung der Mitbeteiligten im Rahmen einer Erlaubniserweiterung zudem die Erlaubnis zur Sammlung und Behandlung von zusätzlichen nicht gefährlichen Abfällen (Bau- und Abbruchholz) erteilt. In der Begründung dieses Bescheides werde dazu ausgeführt:

„Gemäß § 25a Abs. 2 Z 3 ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn die Lagerung der Abfälle in einer geeigneten genehmigten Anlage sichergestellt ist; jedenfalls hat ein Abfallsammler über ein geeignetes genehmigtes Zwischenlager zu verfügen; die Behörde kann erforderlichenfalls verlangen, dass ein Abfallbehandler nicht gefährlicher Abfälle über eine geeignete genehmigte Behandlungsanlage verfügt.

Die Lagerung und Behandlung der beantragten Abfälle erfolgt in der von der Bezirkshauptmannschaft [...] mit Bescheiden vom 25.09.1995 [...] und vom 29.08.2000 [...] abfallwirtschaftsrechtlich genehmigten Anlage.“

12       Für die Sammlung und Behandlung von Abfällen sei zwar - soweit keine Ausnahme gelte - eine Erlaubnis erforderlich, Verstöße - also z.B. die Sammlung und Behandlung von Bau- und Abbruchholz ohne die erforderliche Erlaubnis gemäß § 24a AWG 2002 - seien aber nicht von der Zollverwaltung zu ahnden. Das Bundesfinanzgericht komme daher zu dem Schluss, dass das Verbrennen der verfahrensgegenständlichen „Hackschnitzel unbehandelt“ in der Anlage der mitbeteiligten Partei gemäß § 3 Abs. 1a Z 7 ALSAG von der Beitragspflicht ausgenommen sei.

13       Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende ordentliche Revision des Zollamts, zu der die mitbeteiligte Partei eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, in der kein Kostenersatz angesprochen wird.

14       Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

15       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

16       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

17       Das Bundesfinanzgericht hat die Revision mit der Begründung für zulässig erklärt, dass Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung des Begriffes „Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage im Sinne der AVV“ bzw. zur Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 1a Z 7 ALSAG fehle.

18       § 3 ALSAG in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung lautet auszugsweise:

„§ 3. (1) Dem Altlastenbeitrag unterliegen

[...]

2.   das Verbrennen von Abfällen in einer Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage im Sinne der Abfallverbrennungsverordnung, BGBl. II Nr. 389/2002,

[...]

(1a) Von der Beitragspflicht ausgenommen sind

[...]

7.   Abfälle mit hohem biogenen Anteil gemäß § 5 Abs. 1 Z 1 des Ökostromgesetzes, BGBl. I Nr. 149/2002, welche für eine Tätigkeit gemäß Abs. 1 Z 2 oder 3 verwendet werden, [...]“

19       In § 3 Z 6 der Abfallverbrennungsverordnung in der seit 1. Jänner 2011 in Geltung stehenden Fassung BGBl. II Nr. 476/2010 (weitgehend gleichlautend mit § 3 Z 7 AVV in der Fassung BGBl. II Nr. 296/2007) wird der Begriff bestehende Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage wie folgt definiert:

„6.  bestehende Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage: eine Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage, die vor dem 28. Dezember 2002

a)   rechtskräftig genehmigt und betrieben wurde, oder

b)   in erster Instanz genehmigt und die Anlage spätestens am 28. Dezember 2003 in Betrieb genommen wurde;

Als bestehende Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlagen gelten auch:

Anlagen, für die vor dem 28. Dezember 2002 ein Versuchsbetrieb gemäß den §§ 354 GewO 1994, 29 Abs. 8 des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG (im Folgenden: AWG 1990), BGBl. Nr. 325/1990, bzw. 44 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 - AWG 2002, BGBl. I Nr. 102, oder 4 Abs. 10 des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen - LRG-K, BGBl. Nr. 380/1988, oder Probebetrieb gemäß den §§ 29 Abs. 8 AWG 1990 bzw. 44 AWG 2002 oder 4 Abs. 10 LRG-K genehmigt und der Versuchs- oder Probebetrieb spätestens am 28. Dezember 2003 begonnen wurde;“

20       In der Revision wird - anders als in den Bescheiden des Zollamtes vom 20. September 2013 - nicht mehr auf § 24a AWG 2002 Bezug genommen, sondern ohne nähere Begründung nur mehr darauf abgestellt, dass die mitbeteiligte Partei im Streitzeitraum über keine nach der AVV genehmigte Verbrennungs- oder Mitverbrennungslage verfügt habe.

21       Diesem Vorbringen ist die Sachverhaltsannahme des Bundesfinanzgerichts entgegen zu halten, dass es sich bei der von der Mitbeteiligten betriebenen Anlage um eine bewilligte Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage iSd AVV handelt. Das Bundesfinanzgericht hat in diesem Zusammenhang auch auf die Ausführungen in der Begründung der Erlaubniserweiterung vom 2. April 2013 hingewiesen, wonach „die Lagerung und Behandlung der beantragten Abfälle [...] in der von der Bezirkshauptmannschaft [...] mit Bescheiden vom 25.09.1995 [...] und vom 29.08.2000 [...] abfallwirtschaftsrechtlich genehmigten Anlage“ erfolgt.

22       Die Revision geht auf die Sachverhaltsannahmen des Bundesfinanzgerichts nicht ein. Sie legt auch nicht nachvollziehbar dar, wieso die Anlage der mitbeteiligten Partei trotz der mit Bescheiden vom 25. September 1995 und vom 29. August 2000 erfolgten abfallwirtschaftsrechtlichen Genehmigung nicht als „bestehende Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage“ iSd AVV (vgl. dazu § 3 Z 6 bzw. vor dem 1. Jänner 2011 Z 7 AVV) angesehen werden kann.

23       Geht man - wie das angefochtene Erkenntnis - vom Vorliegen einer (bestehenden) Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlage iSd AVV aus, stellen sich die in der Zulässigkeitsbegründung des Bundesfinanzgerichts angeführten Rechtsfragen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht.

24       Da die gegenständliche Revision keine eigenen Ausführungen zur Zulässigkeit enthält, wird auch keine andere grundsätzliche Rechtsfrage aufgezeigt.

25       Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 4. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RO2019130013.J00

Im RIS seit

14.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

22.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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