TE Vwgh Erkenntnis 2022/2/16 Ro 2021/08/0005

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Veröffentlicht am 16.02.2022
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren
62 Arbeitsmarktverwaltung
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

AlVG 1977 §24
AlVG 1977 §24 Abs2
AlVG 1977 §25 Abs1
AlVG 1977 §25 Abs6
AlVG 1977 §36 Abs3 litb
AlVG 1977 §36a Abs1
AlVG 1977 §36a Abs5 Z1
AlVG 1977 §36c Abs5
AlVG 1977 §38
AlVG 1977 §47 Abs1
AVG §59 Abs1
AVG §68 Abs1
AVG §69
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie die Hofräte Mag. Stickler, Mag. Cede und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des Arbeitsmarktservice Wien Hauffgasse in 1110 Wien, Hauffgasse 28, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Dezember 2020, W164 2221842-1/7E, betreffend Widerruf und Rückforderung von Notstandshilfe (mitbeteiligte Partei: C B in W, vertreten durch Mag. Dr. Birgitta Braunsberger-Lechner und Mag. Thomas Loos, Rechtsanwälte in 4400 Steyr, Leopold-Werndl-Straße 9, 1. Stock), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 10. Jänner 2019 sprach das revisionswerbende Arbeitsmarktservice (AMS) aus, dass der Bezug der Notstandshilfe durch die Mitbeteiligte gemäß § 38 i.V.m. § 24 Abs. 2 AlVG für den Zeitraum vom 6. April 2016 bis 31. Dezember 2016 „widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt“ und die Mitbeteiligte gemäß § 38 iVm. § 25 Abs. 1 AlVG zum Ersatz der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von € 2.916,50 verpflichtet werde.

2        Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde der Mitbeteiligten änderte das AMS mit Beschwerdevorentscheidung vom 12. April 2019 den Ausgangsbescheid ab und sprach aus, der Bezug der Notstandshilfe der Mitbeteiligten werde gemäß § 24 Abs. 2 AlVG dahingehend berichtigt, dass dieser von 6. April 2016 bis 31. Dezember 2016 täglich € 10,62 und von 1. bis 31. Jänner 2017 täglich € 10,87 (jeweils statt € 27,99 täglich) betrage, und die Mitbeteiligte gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Ersatz der unberechtigt bezogenen Notstandshilfe in Höhe von € 5.220,62 verpflichtet sei.

3        Begründend führte das AMS aus, für die Berechnung der Notstandshilfe der Mitbeteiligten in den entscheidungsgegenständlichen Zeiträumen sei das Einkommen ihres selbständig erwerbstätigen, im selben Haushalt wohnenden Lebensgefährten maßgeblich gewesen. Aus dem rechtskräftigen Einkommensteuerbescheid ihres Lebensgefährten vom 26. Februar 2018 ergebe sich nunmehr im Jahr 2016 ein Einkommen, das das der Berechnung der Notstandshilfe bisher zugrunde liegende Einkommen überschreite. Dies führe zur (rechnerisch näher dargestellten) Berichtigung der Notstandshilfe und dem folgend zur Rückforderung des Überbezuges.

4        Die Mitbeteiligte brachte in ihrer Beschwerde bzw. ihrem Vorlageantrag vor, das AMS habe mit einer Mitteilung nach § 47 Abs. 1 AlVG vom 7. Dezember 2018 - somit nach Erlassung des Einkommensteuerbescheides ihres Lebensgefährten vom 26. Februar 2018 - die Notstandshilfe neu bemessen. Da dieser Mitteilung eine „Einmaligkeitswirkung“ zukomme, sei eine neuerliche Entscheidung in derselben Sache nicht mehr zulässig. Im Übrigen sei die Neuberechnung der Notstandshilfe auch der Höhe nach nicht richtig erfolgt.

5        Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde der Mitbeteiligten Folge und behob die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos. Es sprach aus, dass die Revision zulässig sei.

6        Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, die Mitbeteiligte habe von 9. September 2014 bis 15. Mai 2017 mit Unterbrechungen Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezogen. Die Berechnung der Notstandshilfe sei anhand einer Einkommenserklärung ihres Lebensgefährten erfolgt. Am 26. Februar 2018 sei ein Einkommensteuerbescheid des Lebensgefährten der Mitbeteiligten für das Jahr 2016 ergangen. Der Einkommensteuerbescheid habe Rechtskraft erlangt und sei der revisionswerbenden regionalen Geschäftsstelle des AMS durch Abruf der Schnittstelle zu Finanz-Online am 8. November 2018 zur Kenntnis gelangt. Mit Schreiben vom 7. Dezember 2018 habe das AMS die Mitbeteiligte aus Anlass eines die Grundsätze der Berechnung der Notstandshilfe betreffenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes über die „Anpassung“ (Erhöhung) ihres Leistungsanspruches in Kenntnis gesetzt. Dabei sei der Einkommensteuerbescheid des Lebensgefährten der Mitbeteiligten nicht berücksichtigt worden. Erst danach habe die revisionswerbende regionale Geschäftsstelle des AMS den Bescheid vom 10. Jänner 2019 erlassen, mit dem der Widerruf bzw. die Berichtigung und die Rückforderung der Leistung der Mitbeteiligten ausgesprochen worden seien.

7        In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, die Rückforderung nach § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG setze voraus, dass sich auf Grund eines „nachträglich vorgelegten“ Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergebe, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte. Bei Anpassung der Leistung der Mitbeteiligten mit Schreiben vom 7. Dezember 2018 sei der Einkommensteuerbescheid ihres Lebensgefährten für das Jahr 2016 dem AMS bereits bekannt gewesen, sodass bei Erlassung des folgenden Bescheides kein „nachträglich vorgelegter“ Einkommensteuerbescheid mehr vorgelegen sei. Der Einwand des AMS, dass die Mitteilung vom 7. Dezember 2018 über die Erhöhung des Bezuges für eine große Zahl von Versicherten gleichsam vollautomatisiert durch das Bundesrechenzentrum versendet worden sei, vermöge keine andere Beurteilung zu rechtfertigen; die Mitteilung sei dem AMS nämlich jedenfalls zurechenbar. Damit komme aber eine auf § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG gestützte Rückforderung nicht in Betracht.

8        Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil „einschlägige Rechtsprechung“ zur Wendung „auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides“ in § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG nicht vorliege.

9        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Vorverfahren durchgeführt, in dem der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattet und die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragt hat.

10       Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11       Die Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit in Anknüpfung an die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zusammengefasst geltend, dem Bundesverwaltungsgericht sei darin Recht zu geben, dass sich seine Auslegung des § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG nicht auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen könne und die Revision daher zulässig sei. § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG liege zugrunde, dass die Bemessung der Leistung selbständig Erwerbstätiger zunächst anhand der Einkommenserklärungen erfolge und nachträglich aufgrund des Einkommensteuerbescheides berichtigt werde. Der Rückforderungstatbestand sei immer dann erfüllt, wenn sich aufgrund des Einkommensteuerbescheides ergebe, dass die Leistung nicht in der gewährten Höhe gebührt habe. An der Erfüllung dieses Tatbestandes ändere sich nichts dadurch, dass zwischenzeitig eine Berichtigung des Bezuges aus anderen Gründen erfolgt sei.

12       Die Revision ist im Sinn dieser Ausführungen zulässig. Sie ist auch berechtigt.

13       § 24 Abs. 2 idF BGBl. I Nr. 38/2017 und § 25 Abs. 1 AlVG idF BGBl. I Nr. 106/2015, lauten samt Überschrift auszugsweise:

„Einstellung und Berichtigung des Arbeitslosengeldes

§ 24. [...]

(2) Wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, ist die Zuerkennung zu widerrufen. Wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, ist die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Der Widerruf oder die Berichtigung ist nach Ablauf von drei Jahren nach dem jeweiligen Anspruchs- oder Leistungszeitraum nicht mehr zulässig. [...]

§ 25.

(1) Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. [...] Der Empfänger einer Leistung nach diesem Bundesgesetz ist auch dann zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn sich ohne dessen Verschulden auf Grund eines nachträglich vorgelegten Einkommensteuer- oder Umsatzsteuerbescheides ergibt, daß die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte; in diesem Fall darf jedoch der Rückforderungsbetrag das erzielte Einkommen nicht übersteigen. [...]“

14       Gemäß § 38 AlVG sind diese Bestimmungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.

15       Die Revision weist zutreffend darauf hin, dass im AlVG hinsichtlich der Berechnung des auf die Notstandshilfe anzurechnenden Einkommens (§ 36a Abs. 1 AlVG) für Personen, die „zur Einkommensteuer veranlagt werden“, ein zweistufiges Verfahren vorgesehen ist. Bis zum Vorliegen eines Einkommensteuerbescheides hat das AMS das vorläufige Einkommen anhand einer „monatlich im Nachhinein abzugebenden Erklärung des selbständig Erwerbstätigen und geeigneter Nachweise“ festzustellen (§ 36a Abs. 5 Z 1 letzter Halbsatz AlVG); die endgültige Berechnung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe erfolgt dann nach Vorliegen des Einkommensteuerbescheides für das betreffende Kalenderjahr des Leistungsbezuges (§ 36a Abs. 5 Z 1 erster Halbsatz AlVG). Daran knüpft die erleichterte Rückforderungsmöglichkeit nach § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG an (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 2.7.2019, Ra 2019/08/0068, mwN). Diese Grundsätze gelten auch für die Anrechnung von Partnereinkommen auf die Notstandshilfe, wie sie nach § 36 Abs. 3 lit. b AlVG in der Fassung vor BGBl. I Nr. 157/2017 hinsichtlich der Berechnung der Notstandshilfe der Mitbeteiligten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum vorzunehmen war (vgl. näher VwGH 19.12.2007, 2006/08/0296).

16       Im vorliegenden Fall hat das AMS im Sinn dieses Konzeptes des Gesetzgebers die Notstandshilfe der Mitbeteiligten zunächst nach § 36a Abs. 5 Z 1 letzter Halbsatz AlVG aufgrund der Erklärungen über das Einkommen des Lebensgefährten der Mitbeteiligten aus selbständiger Erwerbstätigkeit festgestellt. Daran anschließend gab das revisionswerbende AMS der Mitbeteiligten in Form einer Mitteilung nach § 47 Abs. 1 AlVG am 7. Dezember 2018 eine Erhöhung ihres Bezuges auf Notstandshilfe bekannt, wobei es ausführte, aufgrund einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes seien alle Leistungsansprüche unter Berücksichtigung einer „aktualisierten Berechnungsmethode“ neu zu beurteilen, woraus sich eine Erhöhung des Bezuges der Mitbeteiligten ergebe. Verfahrensgegenständlich ist nunmehr die in der Folge vom AMS ausgesprochene Berichtigung (§ 24 Abs. 2 AlVG) bzw. (teilweise) Rückforderung (§ 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG) der Leistung.

17       Soweit die Mitbeteiligte sich in der Revisionsbeantwortung, wie bereits im Beschwerdeverfahren, darauf beruft, dass im Sinn von § 47 Abs. 1 AlVG „eine entschiedene Sache“ vorliege, übersieht sie, dass § 24 AlVG unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen die (rückwirkende) Korrektur der zuerkannten Leistung von Arbeitslosengeld bzw. (iVm. § 38 AlVG) Notstandshilfe ohne Bindung an die strengen Voraussetzungen des § 69 AVG ermöglicht. Die Rechtskraft einer bescheidmäßigen Zuerkennung - bzw. die Bestandskraft einer Mitteilung nach § 47 Abs. 1 AlVG - werden somit durchbrochen und stehen einer Entscheidung nach § 24 AlVG nicht entgegen (vgl. VwGH 23.5.2012, 2012/08/0022).

18       Nach § 24 Abs. 2 AlVG ist, wenn die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gesetzlich nicht begründet war, die Zuerkennung zu widerrufen, bzw. wenn die Bemessung des Arbeitslosengeldes fehlerhaft war, die Bemessung rückwirkend zu berichtigen. Mit dieser auf die Novelle BGBl. I Nr. 82/2008 zurückgehenden Formulierung wurde klargestellt, dass ein Widerruf unabhängig vom Zeitpunkt des Hervorkommens der Unrechtmäßigkeit des Bezugs jedenfalls auch dann möglich sein soll, wenn die Ungebührlichkeit von Anfang an feststand, aber von der Behörde erst verspätet bemerkt wurde. Demzufolge kann nunmehr nach § 24 Abs. 2 AlVG jede gesetzlich nicht begründete Zuerkennung - unabhängig davon, ob die Gründe für die Gesetzwidrigkeit schon ursprünglich bekannt waren bzw. vom AMS übersehen wurden - widerrufen bzw. berichtigt werden (vgl. VwGH 14.4.2020, Ro 2016/08/0010 bis 0011, mwN). Eine Beschränkung der Möglichkeit zum Widerruf bzw. zur Berichtigung der Leistung ergibt sich, soweit sich die zuerkannte Leistung dem Grunde oder der Höhe nach als unrichtig herausstellt, somit lediglich aus den in § 24 Abs. 2 AlVG vorgesehenen Fristen (vgl. dazu VwGH 14.11.2018, Ra 2018/08/0088; 3.4.2019, Ra 2017/08/0067). Die Berichtigung der Höhe der Notstandshilfe der Mitbeteiligten durch das AMS nach § 24 Abs. 2 AlVG war somit nicht davon abhängig, ob diese schon früher - etwa zum Zeitpunkt der Mitteilung vom 7. Dezember 2018 - möglich gewesen wäre.

19       Der Abspruch über die Rückforderung der Leistung nach § 25 Abs. 1 AlVG ist von demjenigen über die Berichtigung der Leistung nach § 24 Abs. 2 AlVG trennbar und gesondert zu beurteilen (vgl. VwGH 2.9.2020, Ra 2016/08/0006, mwN). § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG knüpft die Rückforderung daran, dass sich aufgrund eines „nachträglich vorgelegten“ Einkommensteuerbescheides ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht in diesem Umfang gebührte. Gegenüber den Rückforderungstatbeständen des ersten Satzes ist die Rückforderung nach dem dritten Satz des § 25 Abs. 1 AlVG dadurch erleichtert, dass der Empfänger der Leistung zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen unabhängig davon zu verpflichten ist, ob ihn ein Verschulden (am unberechtigten Empfang) trifft (vgl. VwGH 7.8.2017, Ra 2016/08/0140, mwN).

20       Soweit das Bundesverwaltungsgericht sich darauf stützt, die Rückforderung nach § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG komme nicht mehr in Betracht, weil es sich beim Einkommensteuerbescheid des Lebensgefährten der Mitbeteiligten für das Jahr 2016 nicht um einen „nachträglich vorgelegten Einkommensteuerbescheid“ im Sinn dieser Bestimmung gehandelt habe, missversteht es diesen vom Gesetzgeber im gegebenen Zusammenhang verwendeten Begriff. Dazu ist darauf zu verweisen, dass nach § 36c Abs. 5 AlVG eine Verpflichtung der arbeitslosen Person besteht, den - im dargestellten Sinn für die endgültige Berechnung des Arbeitslosengeldes bzw. der Notstandshilfe maßgeblichen - Einkommensteuerbescheid binnen zwei Wochen nach dessen Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen. Auf diese Vorlageverpflichtung bezieht sich § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG, soweit darin auf den „nachträglich vorgelegten“ Einkommensteuerbescheid Bezug genommen wird (vgl. VwGH 30.1.2002, 98/08/0233, mwN). Gemeint ist somit nicht, dass die Rückforderung ausgeschlossen sein sollte, wenn die Berichtigung der Leistung und die Rückforderung bei einer vorangegangenen Entscheidung versäumt wurde. Darauf ob eine Rückforderung früher möglich gewesen wäre, kommt es - soweit die Fristen des § 25 Abs. 6 AlVG eingehalten werden (vgl. dazu nochmals VwGH Ra 2018/08/0088) - nicht an. § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG stellt - im Sinn der dargestellten gesetzlichen Konzeption der Ermittlung des Einkommens in einem zweistufigen Verfahren - vielmehr lediglich darauf ab, dass sich aus einem (rechtskräftigen) Einkommensteuerbescheid ergibt, dass die Leistung nicht oder nicht im gewährten Umfang gebührte.

21       Die mit Mitteilung vom 7. Dezember 2018 erfolgte Erhöhung des Bezuges der Notstandshilfe der Mitbeteiligten stand der Berichtigung nach § 24 Abs. 2 AlVG bzw. der (teilweisen) Rückforderung nach § 25 Abs. 1 dritter Satz AlVG daher nicht entgegen.

22       Da das Bundesverwaltungsgericht somit die Rechtslage verkannt hat, war das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 16. Februar 2022

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Trennbarkeit gesonderter Abspruch

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RO2021080005.J00

Im RIS seit

14.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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