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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
AVG §61 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, in der Revisionssache des Dr. F E in S, vertreten durch die Artner WP / StB GmbH Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung in 8200 Ludersdorf, Ludersdorf 201, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2021, G308 2239456-1/10E, betreffend Feststellung der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen Steiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Oktober 2021, G308 2239456-1/10E, wurde dem Revisionswerber zuhanden seines Vertreters am 3. November 2021 (per RSb) zugestellt.
2 Das Erkenntnis enthält eine Belehrung folgenden Inhalts:
„Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder eine ordentliche bzw. außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Für die Abfassung und Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision gilt Anwaltspflicht.
Zur Erhebung einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist berechtigt, wer sich durch die Entscheidung in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in Rechten verletzt erachtet. Eine Revision ist zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt.
Eine Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Eine Revision ist beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen. Soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, ist eine Eingabengebühr von € 240,- zu entrichten.
...“
3 Die Revision wurde (mittels eines am 15. Dezember 2021 zur Post gegebenen Schriftsatzes) zunächst unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht und langte dort am 20. Dezember 2021 ein.
4 Der Verwaltungsgerichtshof leitete den Revisionsschriftsatz am 22. Dezember 2021 zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht weiter.
5 Der Revisionswerber selbst brachte die Revision am 20. Dezember 2021 (Datum der Postaufgabe) beim Bundesverwaltungsgericht ein.
6 Der Revisionswerber brachte in Reaktion auf einen Verspätungsvorhalt des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 2022 vor, dass die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Erkenntnisses den „ausdrücklichen Hinweis“ enthalten habe, dass „eine ordentliche bzw. außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben“ werden könne. Es möge zwar „der Rechtslage entsprechen“, gehe aber aus der Rechtsmittelbelehrung nicht hervor, „dass eine solche Beschwerde nicht beim VwGH, sondern beim BVwG einzubringen wäre“. Im Zweifel gelte „die Regelung, auf welche die Rechtsmittelbelehrung eines Bescheides bzw. Erkenntnisses verweist“. Der Revisionswerber habe „zum frühestmöglichen Zeitpunkt am 20.12.2021, also sogar noch vor Einlangen der verfahrensleitenden Verfügung vom 22.12.2021“, die „Beschwerde“ auch dem „BVwH“ übermittelt. Aufgrund der Tatsache, dass der Revisionswerber „die Beschwerde nach Maßgabe der Rechtsmittelbelehrung fristgerecht eingebracht und zum frühestmöglichen Zeitpunkt auch gesetzeskonform berichtigt“ habe, werde die „Beschwerde“ als „fristgerecht erhoben zu beurteilen“ sein.
7 Gemäß § 25a Abs. 5 VwGG ist die Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen.
8 Gemäß § 26 Abs. 1 VwGG beträgt die Frist zur Erhebung einer Revision sechs Wochen. Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist nicht zur Behandlung eignen, sind vom zuständigen Verwaltungsgericht bzw. vom Verwaltungsgerichtshof ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen (§ 30a Abs. 1 bzw. § 34 Abs. 1 VwGG).
9 Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (vgl. zB VwGH 27.3.2014, Ro 2014/10/0053, Ro 2014/10/0058; 21.3.2016, Ra 2015/08/0180, jeweils mwN).
10 Im vorliegenden Fall wurde die Revision zunächst beim unzuständigen Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Der Revisionswerber brachte die Revision erst danach, am 20. Dezember 2021, sohin nach Ablauf der (bis 15. Dezember 2021 laufenden) Revisionsfrist, beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Weiterleitung seines beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Revisionsschriftsatzes erfolgte am 22. Dezember 2021. Die Revision wurde daher verspätet eingebracht.
11 Im Hinblick auf das in Reaktion auf den Verspätungsvorhalt des Verwaltungsgerichtshofes erstattete Vorbringen des Revisionswerbers ist Folgendes festzuhalten:
12 Gemäß § 30 VwGVG hat jedes Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes eine „Belehrung“ über die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und einer ordentlichen oder außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu enthalten. Das Verwaltungsgericht hat ferner hinzuweisen:
1. auf die bei der Einbringung einer solchen Beschwerde bzw. Revision einzuhaltenden Fristen;
2. auf die gesetzlichen Erfordernisse der Einbringung einer solchen Beschwerde bzw. Revision durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt;
3. auf die für eine solche Beschwerde bzw. Revision zu entrichtenden Eingabegebühren;
4. auf die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten, und die Folgen des Verzichts.
13 Im vorliegenden Fall hat die im angefochtenen Erkenntnis enthaltene „Rechtsmittelbelehrung“ den Anforderungen des § 30 VwGVG entsprochen. Abgesehen davon, dass die Behauptung des Revisionswerbers, er sei nicht über das Erfordernis der Einbringung beim Bundesverwaltungsgericht informiert worden, unzutreffend ist, weil die im angefochtenen Erkenntnis enthaltene Belehrung (über die gesetzlichen Erfordernisse hinaus) auch einen ausdrücklichen Hinweis darauf enthielt, dass eine Revision „beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen“ ist, verkennt der Revisionswerber, dass ein solcher ausdrücklicher Hinweis auf das Erfordernis der Einbringung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht nach dem Wortlaut des § 30 VwGVG nicht erforderlich gewesen wäre (vgl. VwGH 26.6.2014, Ro 2014/10/0068, mwN).
14 § 30 VwGVG regelt die Belehrungspflicht des Verwaltungsgerichts in abschließender Weise; sie entspricht - soweit hier maßgeblich - inhaltlich der bisher in § 61a AVG geregelten Hinweispflicht (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2017] S. 246). Eine Regelung wie jene der Absätze 2 bis 3 des § 61 AVG, wonach das einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung entsprechend eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig bzw. bei der richtigen Stelle eingebracht anzusehen ist, kommt - entgegen der offenbar vom Revisionswerber vertretenen Meinung - im vorliegenden Zusammenhang nicht (auch nicht subsidiär bzw. sinngemäß; vgl. § 17 VwGVG) zum Tragen. Der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht, die Revision sei mangels ausdrücklichen Hinweises auf das Einbringungserfordernis beim Bundesverwaltungsgericht zulässiger Weise beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht worden, mangelt es nach dem Gesagten nicht nur an einer faktischen, sondern auch an einer gesetzlichen Grundlage (vgl. neuerlich VwGH 26.6.2014, Ro 2014/10/0068, mwN).
15 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 16. Februar 2022
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021080146.L00Im RIS seit
14.03.2022Zuletzt aktualisiert am
18.03.2022