Index
90/02 Kraftfahrgesetz;Norm
KFG 1967 §66 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Neumeister, über die Beschwerde des W in S, vertreten durch Dr. I, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 5. Juli 1996, Zl. Ib-277-80/96, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B vorübergehend für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab Zustellung des "Erstbescheides", somit bis einschließlich 23. September 1996, entzogen.
Die belangte Behörde nahm als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer am 16. April 1996 einen PKW gelenkt und dabei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe. Bei der Unfallaufnahme seien beim Beschwerdeführer Alkoholisierungssymptome festgestellt worden. Er habe sich geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Er habe damit eine Übertretung gemäß § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begangen. Der Beschwerdeführer sei in den Jahren 1991 und 1992 viermal rechtskräftig bestraft worden, weil er Kraftfahrzeuge gelenkt habe, ohne im Besitz einer Lenkerberechtigung zu sein. In drei Fällen davon habe er von einer ausländischen Lenkerberechtigung Gebrauch gemacht, obwohl er sich seit mehr als einem Jahr im Bundesgebiet aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer sei 1992 und 1995 wegen erheblicher Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Geldstrafen von S 1.800,-- bzw. S 1.100,-- rechtskräftig bestraft worden.
Die vom Beschwerdeführer am 16. April 1996 begangene Übertretung stelle eine bestimmte Tatsache dar, die die Annahme, der Beschwerdeführer sei verkehrsunzuverlässig, und damit die Entziehung der Lenkerberechtigung rechtfertige. Da der Beschwerdeführer einen Verkehrsunfall verschuldet habe, komme die Festsetzung der Entziehungszeit mit nur vier Wochen (gemäß § 73 Abs. 3 KFG 1967) nicht in Betracht. Gemäß § 73 Abs. 2 leg. cit. dürfe die festgesetzte Zeit bei Personen, die verkehrsunzuverlässig seien, nicht kürzer als drei Monate sein. Im Hinblick auf die Vorstrafen, die der Beschwerdeführer aufweise, sei die Festsetzung der Entziehungsdauer mit vier Monaten gerechtfertigt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Der Beschwerdeführer macht sowohl als inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, daß die belangte Behörde trotz seines diesbezüglichen Antrages kein psychologisches oder ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt habe.
Zur Erwiderung auf dieses Vorbringen genügt es, auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach die Charaktereigenschaft der Verkehrszuverlässigkeit einer Person keiner ärztlichen und psychologischen Beurteilung zugänglich ist. Sie ist vielmehr von der Behörde anhand der Aktenlage im Wege der Lösung einer Rechtsfrage ohne Heranziehung von Sachverständigen zu beurteilen (siehe die hg. Erkenntnisse vom 15. März 1994, Zl. 94/11/0064, und vom 22. September 1995, Zl. 95/11/0202). Die Beschwerde enthält nichts, was ein Abgehen von dieser Rechtsprechung rechtfertigen würde.
Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde nicht zum Ausdruck gebracht, er sei ab dem Vorfall vom 18. (richtig 16.) April 1996 bis zur Zustellung des "Erstbescheides" am 23. Mai 1996 verkehrszuverlässig gewesen. Sie hat vielmehr die Entziehungszeit ab der Wirksamkeit der Entziehung, nämlich der Bescheidzustellung, bemessen. Dies ist nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal der Beschwerdeführer gar nicht behauptet, es liege ein Fall des § 73 Abs. 4 KFG 1967 vor. Gegen die Festsetzung der Entziehungsdauer mit vier Monaten bestehen in Anbetracht der Verwerflichkeit von Alkoholdelikten im Sinne des § 99 Abs. 1 StVO 1960, der Kürze der zwischen dem Vorfall vom 16. April 1996 und der Wirksamkeit der Entziehungsmaßnahme verstrichenen Zeit und der Zahl und Art der Vorstrafen des Beschwerdeführers keine Bedenken.
Mit seinen Ausführungen, das Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung sei völlig überflüssig, weil das Strafverfahren ohnedies den Zweck verfolge, daß sich der Täter nach Verbüßung bzw. Bezahlung der Strafe wohlverhalten werde, verkennt der Beschwerdeführer, daß die Kraftfahrbehörde bei der Beurteilung einer Person als verkehrsunzuverlässig und bei der Prognose der Wiederherstellung ihrer Verkehrszuverlässigkeit - im Hinblick auf die unterschiedlichen Zwecke einer Entziehungsmaßnahme und einer Strafe - von wesentlich anderen Kriterien auszugehen hat als die Verwaltungsstrafbehörde oder das Gericht bei der Bemessung der Strafe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1995, Zl. 93/11/0249, mwN). Im übrigen ist die Auffassung des Beschwerdeführers, die Durchführung eines Strafverfahrens mache die Entziehung der Lenkerberechtigung wegen Verkehrsunzuverlässigkeit entbehrlich, mit dem Inhalt der §§ 66 und 73 KFG 1967 nicht in Einklang zu bringen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996110191.X00Im RIS seit
19.03.2001