TE OGH 2022/1/25 8Ob28/21g

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Veröffentlicht am 25.01.2022
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei X* KG, *, vertreten durch Breiteneder Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei V* AG, *, vertreten durch Pressl Endl Heinrich Bamberger Rechtsanwälte GmbH in Salzburg, wegen 111.361 EUR sA und Feststellung, über die Revision der klagenden und den Rekurs der beklagten Partei gegen das Teilurteil und den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2020, GZ 2 R 3/20d-48, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 30. Oktober 2019, GZ 36 Cg 45/18x-43, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Das ruhende Revisionsverfahren wird über Antrag der klagenden Partei aufgenommen.

2. Der Revision wird Folge gegeben. Das Teilurteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

3. Der Rekurs wird in Ansehung einer Klagsforderung von insgesamt 47.775,48 EUR sA zurückgewiesen.

Im Übrigen wird dem Rekurs nicht Folge gegeben.

4. Die Kosten des Revisions- und Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

[1]       Die Klägerin hat in den Jahren 2011 bis 2015 bei verschiedenen Händlern insgesamt 26 in der Klage näher bezeichnete Fahrzeuge aus dem Konzern der Beklagten gekauft. Am 18. 9. 2015 gestand der Konzern der Beklagten nach einem entsprechenden Vorwurf der US-Umweltbehörde erstmals Abgas-Manipulationen in großem Ausmaß ein. Im September bzw Oktober 2015 erhielt der Fuhrparkleiter der Klägerin, der für deren gesamte Fahrzeugflotte zuständig ist, immer wieder Schreiben, in denen auf die Notwendigkeit von Nacharbeiten an Fahrzeugen aus dem Konzern der Beklagten im Hinblick auf die Stickoxidwerte bei den Dieselmotoren E 189 hingewiesen wurde. Er forderte daraufhin eine Liste aller Fahrzeuge an, die im Eigentum der Beklagten stehen und mit einem derartigen Motor ausgestattet sind. Am 20. 10. 2015 erhielt er eine solche Liste, in der alle 26 klagsgegenständlichen Fahrzeuge enthalten waren.

[2]       Am 17. 9. 2018 erklärte die Klägerin bei der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption zum Verfahren 22 St 4/17s gegen (ua) die Beklagte nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) einen Privatbeteiligtenanschluss, dem sie die Auflistung der Klagsfahrzeuge beifügte, jedoch ohne Angabe konkreter Kaufpreise oder Schadenersatzbeträge. Einzig in einem Eventualbegehren forderte sie den Zuspruch eines pauschalierten Schadenersatzes in Höhe von 5.500 EUR zuzüglich Zinsen.

[3]       Die Klägerin brachte vor, die Beklagte habe bei der Herstellung der Dieselmotoren E 189 eine Software eingebaut, die eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinn der VO (EG) 715/2007 darstellte. Es sei ihr damit gelungen, eine EG-Typengenehmigung zu erlangen, die Voraussetzung für die nationalen Zulassungen sei, und die Fahrzeuge in Verkehr zu bringen. In Marketing und Werbung habe sie falsche Angaben über die Eigenschaften der Fahrzeuge gemacht. Nach Aufdeckung der Manipulation habe das deutsche Kraftfahr-Bundesamt als Zulassungsbehörde angeordnet, dass alle Fahrzeuge mit derartigen Motoren in einen vorschriftsmäßigen Zustand zu versetzen seien. Durch das Inverkehrbringen der Fahrzeuge unter falschen Angaben sei die Klägerin bei deren Erwerb geschädigt worden, weil sie um mindestens 20 % zu viel bezahlt habe. Die aus dem Erwerb der 26 Fahrzeuge resultierenden Schadenersatzansprüche würden auf arglistige Täuschung, sittenwidrige Schädigung, Lauterkeitsrecht, Kartellrecht und „condictio ob turpem vel iniustam causam“ gestützt. Darüber hinaus werde die Feststellung der Haftung der Beklagten für allfällige künftige Schäden begehrt.

[4]            Die Beklagte wandte unter anderem Verjährung ein. Der Privatbeteiligtenanschluss hätte den Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist nur unterbrechen können, wenn die Art des behaupteten Schadens und dessen Höhe ausreichend individualisiert worden wären.

[5]            Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Auch die Privatbeteiligtenanschlüsse seien mangels hinreichender Individualisierung der Ansprüche nicht geeignet gewesen, die dreijährige Verjährungsfrist zu unterbrechen.

[6]            Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Klägerin teilweise Folge. Es bestätigte mit Teilurteil die Klagsabweisung in Ansehung eines Betrags von 4.102,22 EUR samt Anhang und hob die Entscheidung des Erstgerichts im Übrigen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

[7]            Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die geltend gemachten Ansprüche der dreijährigen Verjährungsfrist unterlägen. Ein nach dem VbVG geführtes Strafverfahren bewirke nach der Rechtsprechung auch dann nach § 1489 ABGB keine Verlängerung der Verjährung zu Lasten des Verbandes, wenn der unmittelbar als Organ oder der Erfüllungsgehilfe handelnde Täter wegen eines Verbrechens verfolgt werde.

[8]            Mit den noch vor Ablauf der dreijährigen Frist erhobenen Privatbeteiligtenanschlüssen sei aber insoweit eine Unterbrechung der Verjährung erfolgt, als darin für jedes Fahrzeug eine bezifferte pauschale Entschädigung geltend gemacht werde. Bis zu einem Betrag von 5.500 EUR pro Fahrzeug seien die Ansprüche nicht verjährt, sondern im fortgesetzten Verfahren zu prüfen. In Ansehung der 5.500 EUR übersteigenden Teilforderungen sei das erstgerichtliche Urteil hingegen zu bestätigen.

[9]            Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision und den Rekurs für zulässig, weil keine „auf den vorliegenden Sachverhalt passende“ oberstgerichtliche Rechtsprechung aufzufinden gewesen sei.

[10]           Gegen diese Entscheidung richten sich die Revision der Klägerin, mit der sie vollinhaltliche Klagsstattgebung, hilfsweise die Aufhebung des klagsabweisenden Teilurteils begehrt, sowie der Rekurs der beklagten Partei, die eine Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts anstrebt. Beide Parteien haben jeweils auch Rechtsmittelbeantwortungen erstattet.

[11]           Mit Schriftsatz vom 9. 12. 2020 gaben die Parteien bekannt, einfaches Ruhen des Verfahrens vereinbart zu haben. Aufgrund des am 9. 3. 2021 gestellten Fortsetzungsantrags der Klägerin war das Revisionsverfahren wieder aufzunehmen.

Rechtliche Beurteilung

[12]           Die Revision der Klägerin ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

[13]     Der Rekurs der Beklagten ist in Ansehung eines Teilbegehrens von 47.775,48 EUR sA absolut unzulässig. Im Übrigen ist er nicht berechtigt.

1. Revision

[14]           1.1. Die Klägerin vertritt in ihrem Rechtsmittel den Standpunkt, dass ihre Ansprüche nach § 1489 Satz 2 ABGB einer dreißigjährigen Verjährung unterliegen, weil sie aus einer nach dieser Bestimmung qualifizierten, von Organen der Beklagten begangenen Straftat entstanden seien und die Beklagte als Verband dafür einzustehen habe. Die vom Berufungsgericht zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung, die einem verantwortlichen Verband auch bei schweren strafbaren Handlungen ihres Repräsentanten die kürzere Verjährungsfrist zubillige, begründe einen Wertungswiderspruch. Diese Rechtsprechung sei dementsprechend im Schrifttum wiederholt kritisiert worden und nicht aufrecht zu erhalten.

[15]           1.2. Diesen Ausführungen kommt Berechtigung zu. Der Oberste Gerichtshof hat sich der in der Literatur bereits überwiegend vertretenen Argumentation mittlerweile angeschlossen (RIS-Justiz RS0133754; RS0133583) und ausgesprochen, dass der Anspruch gegen eine juristische Person erst in 30 Jahren verjährt, wenn deren Organ einen Dritten durch eine qualifiziert strafbare Handlung iSd § 1489 ABGB schädigt. Dies gilt auch, wenn die den Schaden herbeiführende Handlung vor Inkrafttreten des VbVG gesetzt wurde, jedenfalls dann, wenn der wirtschaftliche Erfolg der strafbaren Handlung im Vermögen der juristischen Person eintrat. Beim Handeln eines Organs für die juristische Person geht es – anders als bei der Haftung für Erfüllungsgehilfen gemäß § 1313a ABGB oder für Repräsentanten – nicht um das Einstehen-Müssen für fremdes Verhalten, sondern um Eigenhandeln der juristischen Person selbst (6 Ob 92/21d; 7 Ob 113/21z).

[16]           1.3. Grundsätzlich gilt die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 1489 Satz 2 zweiter Fall ABGB dann, wenn der Ersatzanspruch aus einer gerichtlich strafbaren Handlung stammt, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist. Bei der Prüfung dieser Voraussetzungen kommt es auf die konkrete vom Täter gerade dem Geschädigten gegenüber (RS0034432 [T2]) verwirklichte Straftat an (RS0120829; 5 Ob 210/20y).

[17]           Eine strafgerichtliche Verurteilung ist für die Anwendung der langen Verjährungsfrist nicht erforderlich (RS0034432). Die materielle Rechtskraft einer allfälligen strafgerichtlichen Verurteilung bewirkt jedoch, dass der Verurteilte sich im nachfolgenden Rechtsstreit einer anderen Partei gegenüber nicht darauf berufen kann, dass er die bestrafte Tat nicht begangen habe (RS0074219; RS0112232; vgl RS0130452).

[18]           An das Fehlen einer Verurteilung oder an einen Freispruch ist das Zivilgericht nicht gebunden. Der Zivilrichter kann auch zu einer für den Schädiger ungünstigeren Beurteilung als der Strafrichter in seinem Erkenntnis kommen (Garber in Schwimann/Neumayr, ABGB Taschenkommentar5 § 1489 ABGB Rz 11; R. Madl in Klete?ka/Schauer, ABGB-ON1.06 § 1489 Rz 22; Vollmaier in Klang³ § 1489 Rz 46; 5 Ob 210/20y).

[19]           Einem Geschädigten steht es damit auch ohne strafgerichtliche Verurteilung – oder bei Verurteilung wegen eines geringfügigeren Delikts – offen, im nachfolgenden Zivilverfahren das Vorliegen einer qualifizierten strafbaren Handlung iSd § 1489 Satz 2 zweiter Fall ABGB zu behaupten und zu beweisen (vgl 5 Ob 210/20y).

[20]           Im vorliegenden Fall wären die vom klagsabweisenden Teilurteil des Berufungsgerichts umfassten Ansprüche dann nicht verjährt, wenn der Klägerin der Nachweis gelingt, dass der vorgebrachte Schaden aus einer mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedrohten Handlung eines Organs der Beklagten entstanden ist.

[21]           Der festgestellte Sachverhalt, aus dem sich nicht ergibt, für welche konkreten strafbaren Handlungen welcher Repräsentanten die Beklagte als Verband verantwortlich gemacht werden soll, reicht für diese Beurteilung nicht aus. Es werden nach Erörterung mit den Parteien und allfälliger Ergänzung ihres Vorbringens konkrete Feststellungen dazu zu treffen sein, welchen Organen der Beklagten die Klägerin welches strafbare Verhalten vorwirft, wie dieses allenfalls strafrechtlich zu qualifizieren ist sowie ob bereits ein strafgerichtliches Urteil vorliegt. Sollte der Klägerin aufgrund der Ergebnisse des ergänzenden Verfahrens der Beweis der Voraussetzungen des § 1489 Satz 2 ABGB gelingen, wären die gesamten Klagsforderungen noch nicht verjährt.

[22]           1.4. Für den Fall, dass der Klägerin der Beweis der Voraussetzungen des § 1489 Satz 2 ABGB nicht gelingen sollte, ist auch auf das Argument der Revision einzugehen, dass die eingeklagten Schadenersatzansprüche auch auf einen Verstoß der Beklagten gegen kartellrechtliche Bestimmungen gestützt worden seien, die der fünfjährigen Verjährung (§ 37h Abs 1 KartG) unterlägen.

[23]           Diesen Ausführungen ist aber nicht zu folgen. Ob im Hinblick auf den Inhalt der Prozessbehauptungen eine bestimmte Tatsache als vorgebracht anzusehen ist und ob das erstattete Vorbringen so weit spezifiziert wurde, dass es als Anspruchsgrundlage hinreicht, ist jeweils eine Frage des Einzelfalls (RS0042828).

[24]           Das erstinstanzliche Vorbringen der Klägerin hat sich auf die Behauptung beschränkt, es habe jahrelang „kartellrechtliche“ Absprachen zwischen der Beklagten und anderen, namentlich ungenannten Fahrzeugherstellern gegeben, weshalb die Klagsansprüche auch auf Art 101 AEUV und § 1311 ABGB gestützt würden. Dieses Vorbringen haben die Vorinstanzen als nicht ausreichend bestimmt betrachtet.

[25]           Gegen diese Beurteilung bestehen keine Bedenken. Weder wurde von der Klägerin die Behauptung eines konkreten Verstoßes gegen kartellrechtliche Bestimmungen erhoben, noch unternimmt sie auch nur den Versuch, einen schlüssigen Kausalzusammenhang zwischen dem unbekannten Verstoß und dem behaupteten Schaden darzulegen.

[26]           Dieses Vorbringen ist entgegen den Revisionsausführungen auch nicht mangels substantiierter Bestreitung durch die Beklagte als zugestanden zu behandeln.

[27]           Die unterbliebene konkrete Bestreitung eines Vorbringens ist nur dann als prozessuales Zugeständnis zu werten, wenn im Einzelfall gewichtige Indizien dafür sprechen (RS0039927 [T13]). Ein Vorbringen, das sich so wie hier im Wesentlichen in Rechtsbehauptungen erschöpft und die Voraussetzungen einer schlüssigen Anspruchsgrundlage nicht erfüllt, entzieht sich insoweit schon wegen Fehlens eines widerlegbaren Tatsachensubstrats einer substantiierten Bestreitung.

[28]     Das Berufungsgericht hat davon ausgehend auch ohne Rechtsirrtum kein schlüssiges Zugeständnis eines schadenskausalen kartellrechtswidrigen Verhaltens durch die Beklagte erblickt.

[29]           1.4. Aufgrund der zur die Beurteilung der Voraussetzungen des § 1489 Satz 2 ABGB erforderlichen Ergänzung des Verfahrens war der Revision der Klägerin im Sinne des gestellten Aufhebungsantrags dennoch Folge zu geben.

2. Rekurs

[30]     2.1. Werden in einer Klage mehrere Forderungen geltend gemacht, bilden sie nur dann einen einheitlichen Streitgegenstand – und damit einen einheitlichen Entscheidungsgegenstand des Berufungsgerichtes –, wenn die Voraussetzungen des § 55 Abs 1 JN vorliegen; andernfalls sind sie getrennt zu behandeln (RS0053096). Diese Regelung ist gemäß Abs 4 leg cit auch für die Zulässigkeit von Rechtsmitteln maßgebend. Demnach sind für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Revision mehrere in einer Klage von einer einzelnen Person gegen eine einzelne Partei erhobene Ansprüche nur dann zusammenzurechnen, wenn sie iSd § 55 Abs 1 Z 1 JN in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen. Mehrere Ansprüche stehen in einem tatsächlichen Zusammenhang, wenn sie allesamt aus demselben Klagesachverhalt abgeleitet werden können, wenn also das für einen Anspruch erforderliche Sachvorbringen ausreicht, um auch über die anderen geltend gemachten Ansprüche entscheiden zu können, ohne dass also noch ein ergänzendes Sachvorbringen erforderlich wäre (RS0042766). Ein rechtlicher Zusammenhang besteht jedoch dann nicht, wenn jeder der mehreren Ansprüche ein ganz verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben kann; in einem solchen Fall ist jeder Anspruch gesondert zu beurteilen (RS0037899).

[31]     Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass Ansprüche aus verschiedenen Verträgen betreffend verschiedene Rechtsgüter auch bei Gleichartigkeit nicht in einem sachlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen (RS0037926 [T26]). Eine Zusammenrechnung von Ansprüchen aus lediglich gleichartigen Verträgen findet nicht statt (RS0037648 [T15]).

[32]     Bei der Prüfung der Frage, ob die geltend gemachten Ansprüche in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang stehen, ist vom Vorbringen des Klägers auszugehen (RS0042741; RS0106759). Ein solcher Zusammenhang folgt nach der Rechtsprechung nicht schon aus mehreren Aufträgen über die Lieferung gleichartiger Sachen und dem Bestehen einer ständigen Geschäftsbeziehung (vgl RS0037899 [T8]).

[33]     Die klagende Partei leitet ihre Zahlungs- und Feststellungsbegehren aus einer Vielzahl von gesonderten Kaufverträgen über Kraftfahrzeuge ab, die sie mit unterschiedlichen Händlern über mehrere Jahre hinweg abgeschlossen habe. Die so begründeten Zahlungsbegehren stehen in keinem Zusammenhang gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN und sind nicht zusammenzurechnen.

[34]           Soweit sie jeweils den Betrag von 5.000 EUR nicht übersteigen (betrifft die Positionen 4.998,44 EUR, 4.716,90 EUR, 3.529,87 EUR, 4.272,13 EUR, 4.891,47 EUR, 4.666,67 EUR und 9 x 2.300 EUR = 20.700 EUR) ist der Rekurs daher nach § 519 Abs 2 iVm § 502 Abs 2 ZPO jedenfalls unzulässig.

[35]           2.2. Die Beklagte bekämpft die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die mit pauschalen Schadenersatzbeträgen von je 5.500 EUR samt Zinsen erklärten Privatbeteiligtenanschlüsse eine Unterbrechung der Verjährung iSd § 1497 ABGB bis zu dieser Höhe bewirkt haben.

[36]           Bezüglich der Frage der auf die Klagsansprüche anzuwendenden Verjährungsfrist ist die Rekurswerberin zunächst auf die Ausführungen zur Berufung der Klägerin zu verweisen, die eine Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils jedenfalls erforderlich machen.

[37]           Im Übrigen entspricht die Beurteilung des Berufungsgerichts der ständigen Rechtsprechung. Danach hat der Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren iSd § 1497 ABGB die rechtlichen Wirkungen einer Klage (RS0034631). Der Anschlusserklärung kommt die Unterbrechungswirkung aber nur hinsichtlich der darin tatsächlich geltend gemachten Ansprüche zu. Ist die Schadenersatzforderung bereits bezifferbar, dann muss auch deren Höhe schon in der Anschlusserklärung angegeben sein, um Unterbrechungswirkung für die gesamte Forderung entfalten zu können (vgl RS0115181 [T3]; RS0115182).

[38]           Es reicht aber aus, wenn das Bestehen eines aus der Straftat entstandenen, im Zivilrechtsweg geltend zu machenden Anspruchs schlüssig behauptet wird und sich ein Zusammenhang zwischen der Tat und dem Anspruch ableiten lässt, und zwar unabhängig davon, ob vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten vorliegt bzw ob die angeklagte Straftat überhaupt begangen wurde (10 Ob 45/17s). Im vorliegenden Fall war aus den Anschlusserklärungen erkennbar, von wem, weswegen und in welcher Höhe die Klägerin als Privatbeteiligte Ersatz verlangte (vgl RS0034631 [T3, T5, T10]). Ob der bezifferte Betrag anhand bestimmter Parameter errechnet, lediglich geschätzt oder abstrakt pauschaliert wurde, berührt die Frage der materiellen Berechtigung des Anspruchs. Die Wirkung der Verjährungsunterbrechung hängt davon aber genausowenig ab wie bei einer in gleicher Weise begründeten zivilrechtlichen Klage. Daran ändert es auch nichts, dass die Klägerin im Privatbeteiligtenanschluss unterschiedlich berechnete Alternativbegehren gestellt und nur eine Variante konkret beziffert hat, zumal aus dem Zusammenhang unzweifelhaft hervorgeht, dass sie einen Vermögensschaden aus dem Erwerb mangelhaft produzierter Fahrzeuge geltend gemacht.

[39]     Dem Rekurs war daher nicht Folge zu geben.

[40]     Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Textnummer

E134066

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0080OB00028.21G.0125.000

Im RIS seit

11.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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