Entscheidungsdatum
30.09.2021Index
90/01 StraßenverkehrsordnungNorm
StVO 1960 §8 Abs4Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Dr. Holzer über die Beschwerde des Herrn A. B. gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, vom 02.08.2021, Zl. ..., betreffend Straßenverkehrsordnung (StVO)
zu Recht e r k a n n t:
I. Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 15,60 (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.
III. Gemäß § 25a Abs. 4 VwGG ist gegen dieses Erkenntnis eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig. Im Übrigen ist gemäß Abs. 1 par. cit. eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang:
Mit Strafverfügung vom 29.04.2021 wurde der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung nach § 8 Abs. 4 StVO, da dieser am 25.02.2021 das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ... mit allen vier Rädern an der Örtlichkeit C.-straße, Wien, auf dem Gehsteig geparkt hatte, zu einer Geldstrafe von EUR 78,- bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden verpflichtet.
Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer am 10.06.2021 zugestellt und mit E-Mail vom 15.06.2021 von Frau D. B. Einspruch gegen diese erhoben, wobei sie in diesem darauf hinwies, dass das gegenständliche Fahrzeug am obgenannten Tag mit der Entsorgung von Altspeiseöl und Speiseresten befasst war und das Fahrzeug darüber hinaus auch als Müllabfuhr gekennzeichnet sei und das Unternehmen E. auch über eine Genehmigung des BMVIT als Müllabfuhr verfüge.
Mit Verfahrensanordnung vom 29.06.2021, Frau D. B. zugestellt am 01.07.2021, wurde Frau D. B. aufgefordert eine entsprechende Vollmacht vorzulegen, aus der sich ihre Vertretungsbefugnis für den Beschwerdeführer ergibt. Diese wurde mit E-Mail vom 09.07.2021 nachgereicht.
Mit Lenkererhebung vom 13.07.2021 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf bekannt zu geben, wer am 25.02.2021 das obgenannte Fahrzeug gelenkt habe. Der Beschwerdeführer beantwortete dies mit Schreiben vom 26.07.2021 dahingehend, dass er selbst das Fahrzeug gelenkt habe.
In der Folge erging ein mit 02.08.2021 datierendes Straferkenntnis mit dem der Beschwerdeführer wegen einer Übertretung nach § 8 Abs. 4 StVO, da dieser am 25.02.2021 das Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ... mit allen vier Rädern an der Örtlichkeit C.-straße, Wien, auf dem Gehsteig geparkt hatte zu einer Geldstrafe von EUR 78,- bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 18 Stunden verpflichtet wurde. Dieses wurde der Vertreterin des Beschwerdeführers am 04.08.2021 zugestellt und von dieser mit E-Mail vom 10.08.2021, sohin fristgerecht, Beschwerde erhoben, wobei das Vorbringen aus dem Einspruch vom 15.06.2021 wiederholt wurde.
Die belangte Behörde traf keine Beschwerdevorentscheidung und legte den Akt dem Verwaltungsgericht Wien vor.
Mit Schreiben des Verwaltungsgerichtes Wien vom 02.09.2021 erging in der Folge an die Vertreterin des Beschwerdeführers ein Mängelbehebungsauftrag, da die Beschwerde vom 10.08.2021 in „Wir-Form“ abgefasst wurde und eine firmenmäßige Zeichnung aufwies. Es wurde der Vertreterin des Beschwerdeführers sohin aufgetragen innerhalb von einer Woche ab Zustellung bekannt zu geben, ob die Beschwerde zugunsten des Beschwerdeführers oder der E. abgegeben wurde. Diese stellte daraufhin mit Schreiben vom 09.09.2021 klar, dass die Beschwerde zugunsten des Beschwerdeführers erhoben wurde.
II. Sachverhalt:
Am 25.02.2021 um 10:23 stellte der Beschwerdeführer das von ihm gelenkte Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ... an der Örtlichkeit C.-straße, Wien, mit allen vier Rädern auf dem Gehsteig ab. Beim gegenständlichen Fahrzeug handelt es sich um ein solches, welches im Bereich der Müllabfuhr eingesetzt wird.
III. Beweiswürdigung:
Die obgenannten Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Verwaltungsaktes.
IV. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 8 Abs. 4 StVO ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, verboten. Dieses Verbot gilt dabei nicht
1. für das Überqueren von Gehsteigen, Gehwegen und Radfahranlagen mit Fahrzeugen auf den hiefür vorgesehenen Stellen,
2. für das Befahren von Mehrzweckstreifen mit Fahrzeugen, für welche der links an den Mehrzweckstreifen angrenzende Fahrstreifen nicht breit genug ist oder wenn das Befahren durch Richtungspfeile auf der Fahrbahn für das Einordnen zur Weiterfahrt angeordnet ist, wenn dadurch Radfahrer weder gefährdet noch behindert werden,
sowie 3. für Arbeitsfahrten mit Fahrzeugen oder Arbeitsmaschinen, die nicht mehr als 1 500 kg Gesamtgewicht haben und für die Schneeräumung, die Streuung, die Reinigung oder Pflege verwendet werden.
Gemäß § 27 Abs. 3 StVO dürfen die Lenker von Fahrzeugen der Müllabfuhr bei Arbeitsfahrten durch Nebenfahrbahnen durchfahren und sind an Zufahrtsbeschränkungen und an Halteverbote nicht gebunden, sofern dies der Arbeitseinsatz erfordert und der übrige Verkehr dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
Der Ausnahmekatalog des § 8 Abs. 4 StVO erfasst dabei nur Arbeitsfahrten für die Schneeräumung, Streuung, Reinigung und Pflege, sohin für Tätigkeiten, welche der Erhaltung des Straßenkörpers selbst in einem verkehrssicheren Zustand dienen, nicht jedoch solche für Zwecke der Müllabfuhr. Dies deckt sich dabei auch mit der Bestimmung des § 27 Abs. 3 StVO, wonach für die Lenker von Fahrzeugen der Müllabfuhr bei Arbeitsfahrten bestimmte Bestimmungen der StVO nicht gelten (Bspw. Durchfahren von Nebenfahrbahnen), hiervon jedoch gerade nicht das Abstellen von Fahrzeugen auf dem Gehsteig umfasst ist. Insofern geht das Vorbringen der Vertreterin des Beschwerdeführers, dass das Abstellen im Zuge der Tätigkeit als Müllabfuhr erfolgt sei, ins Leere.
Nach § 8 Abs. 4 StVO ist die Benützung von Gehsteigen mit Fahrzeugen aller Art verboten. Gegen diese Anordnung verstößt etwa jemand, der sein Fahrzeug am Gehsteig parkt (VwGH vom 08.11.1995, Zl 95/03/0149), hält (VwGH vom 25.09.1991, Zl 91/02/0051), es dort abstellt (VwGH vom 10.04.1991, Zlen 90/03/0162, 0199) oder ihn befährt (VwGH vom 18.01.1989, Zl 88/03/0209; 24.07.2019, Ra 2018/02/0163). Im Beschwerdefall wurde das Abstellen des Fahrzeuges zur Last gelegt. Dazu ist anzumerken, dass der Begriff "abgestellt" einen die Begriffe "Halten" und "Parken" umfassenden Oberbegriff darstellt (VwGH 25.3.1994, 93/02/0308, VwGH 28.9.1984, 82/02/0162).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes richtet sich die Bestimmung eines Teiles der Straße für den Fußgängerverkehr im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 10 StVO ausschließlich nach den äußeren Merkmalen, die für jedermann deutlich erkennbar sind (VwGH vom 27.05.1992, Zl 92/02/0113; 15.05.1990, Zl 89/02/0108). Bei der Örtlichkeit C.-straße, Wien, handelt es sich bereits dem äußeren Erscheinungsbild nach unstrittig um einen Gehsteig im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 10 StVO, welcher demgemäß für den Fußgängerverkehr bestimmt ist.
Bei Beurteilung der Frage, ob ein Gehsteig vorliegt, kommt es auch weder darauf, ob bzw. in welchem Ausmaß er von Fußgängern benötigt, noch darauf an, ob bzw. in welchem Ausmaß die Verkehrsfläche (tatsächlich) von Fußgängern benützt wird (VwGH vom 27.05.1992, Zl 92/02/0113; 20.01.1986, Zl. 85/02/0192; 13.12.1989, Zl 89/02/0124).
Im gegenständlichen Fall wurde, wie sich bereits aus der Anzeige vom 25.02.2021 selbst ergibt und vom Beschwerdeführer und dessen Vertreterin auch nie bestritten wurde, dass Fahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ... auf dem Gehsteig in der C.-straße, Wien, mit allen vier Rädern abgestellt. Da keine der Ausnahmebestimmungen des § 8 Abs. 4 StVO eingreift, wurde sohin der objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 8 Abs. 4 StVO verwirklicht.
Gegenständlich liegt ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG vor (Vgl. VwGH 15.05.1990, 89/02/0108), sodass zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Im vorliegenden Fall ist dem Beschwerdeführer eine solche Glaubhaftmachung eines mangelnden Verschuldens nicht gelungen. Vielmehr ergibt sich aus dem gesamten Beschwerdevorbringen, dass der Beschwerdeführer jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, zu der er nach der StVO verpflichtet war, sodass dem Beschwerdeführer auch in subjektiver Hinsicht die ihm angelastete Verwaltungsübertretung vorzuwerfen ist.
Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer nach seinen persönlichen Verhältnissen im verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt nicht fähig gewesen wäre, die objektiv gebotene Sorgfalt einzuhalten und war somit auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite auszugehen.
Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.
Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Milderungs- und Erschwerungsgründe sind im Verwaltungsstrafgesetz nicht taxativ aufgezählt. Auch die Dauer eines strafbaren Verhaltens kann im Rahmen der Strafbemessung maßgebend sein (VwGH 12.12.1995, 94/09/0197). Bei der Strafbemessung kommt es gemäß § 19 Abs. 2 letzter Satz VStG – unter anderem – auf die Einkommensverhältnisse im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht an. Die Strafbemessung setzt entsprechende Erhebungen dieser Umstände durch das Verwaltungsgericht voraus, wobei allerdings in der Regel mit den Angaben des Beschuldigen das Auslangen zu finden sein wird (vgl. zur Rechtslage vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 VwGH 22.12.2008, 2004/03/0029 mwN).
Im Beschwerdefall ist gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO ein Strafrahmen von bis zu EUR 726,- bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Wochen heranzuziehen. Beim Beschwerdeführer sind, mangels diesbezüglicher Angaben, durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse anzunehmen. Der Beschwerdeführer ist bisher verwaltungsstrafrechtlich unbescholten und das Verschulden ist im Beschwerdefall als zumindest durchschnittlich anzusehen, da es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar gewesen wäre sich in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 4 StVO zu verhalten. Durch das Verhalten des Beschwerdeführers wurde in durchschnittlichem Maße das öffentliche Interesse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigt, da der Beschwerdeführer das von ihm gelenkte Fahrzeug an einer nicht hierfür vorgesehenen Stelle abgestellt hat und daher die übrigen Verkehrsteilnehmer in erhöhtem Maße zur Vorsicht veranlasst waren.
Vor dem Hintergrund dieser Strafzumessungsgründe und des anzuwendenden Strafrahmens erweist sich die im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen und der Beschwerde war daher auch in diesem Punkt keine Folge zu geben.
Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 3 VwGVG entfallen, da im angefochtenen Bescheid eine EUR 500,- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine der Parteien die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat.
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen; Ausnahme; Müllabfuhr; nur Arbeitsfahrten für die Schneeräumung, Streuung, Reinigung und Pflege; äußere Merkmale; StrafbemessungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGWI:2021:VGW.031.049.12215.2021Zuletzt aktualisiert am
09.03.2022