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L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1.) des Franz K, 2.) der Maria K, beide in F, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. April 1995, Zl. BauR - 011418/2 - 1995 Pe/Lan, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1) Marktgemeinde Frankenmarkt, vertreten durch den Bürgermeister, 2) N-Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerde(ergänzung), dem angeschlossenen angefochtenen Bescheid und dem vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakt ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Eingabe vom 2. März 1994 beantragte die zweitmitbeteiligte Partei die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit Garagen auf ihrem Grundstück Nr. n1/1 der Liegenschaft EZ nn1, KG Frankenmarkt. In der diesem Ansuchen zugrundeliegenden Baubeschreibung wird für die Abwasserbeseitigung "Ortskanalisation" angeführt.
"Als berührte und betroffene Grundeigentümer der Grundstücke Nr. nn2 und nn3, KG Frankenmarkt", welche ca. 200 m vom Grundstück Nr. n1/1, KG Frankenmarkt, entfernt sind, erhoben die Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 26. Mai 1994 - soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungsrelevant - u.a. die Einwendungen, der für die Abwasserbeseitigung des beantragten Projektes vorgesehene Kanalstrang III des Ortskanals sei bereits jetzt schon überlastet; die Marktgemeinde Frankenmarkt verfüge in diesem Einzugsbereich über keinen wasserrechtlich bewilligten Kanal, die anfallenden Abwässer würden bewilligungslos auf das Grundeigentum der Beschwerdeführer abgeleitet; ihr Grundstück Nr. nn2 werde durch die anfallenden Abwässer aus der gegenständlichen Wohnanlage schwer verunreinigt. Für die Benützung des Grundstückes Nr. nn2, KG Frankenmarkt, liege hinsichtlich des Kanals und der Abwasserbeseitigung noch immer keine wasserrechtliche Bewilligung vor, welche die Gemeinde berechtige, das Grundeigentum der Beschwerdeführer hiefür in Anspruch zu nehmen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Frankenmarkt vom 30. Juni 1994 wurde antragsgemäß die Baubewilligung zum Neubau des Wohnblocks auf dem Grundstück Nr. n1/1, KG Frankenmarkt, unter Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführer wurden als unzulässig zurückgewiesen, da den Beschwerdeführern bezüglich der von ihnen erhobenen Einwendungen keine Parteistellung zukomme. Die Ortskanalisation sei für den gegenständlichen Bereich mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 15. Dezember 1969 wasserrechtlich bewilligt worden.
Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Frankenmarkt vom 8. Februar 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Der Nachbar habe keinen Rechtsanspruch auf Sicherung der Abwasserbeseitigung, soweit er hiedurch in seinen Rechten nicht betroffen sei. Der Ortskanal verlaufe vom öffentlichen Gut in weiterer Folge durch die Grundstücke Nr. nn2 und nn3, KG Frankenmarkt. Diese Grundstücke seien ca. 200 m vom gegenständlichen Bauplatz der geplanten Wohnanlage entfernt. Durch das gegenständliche Bauprojekt seien die Beschwerdeführer keinesfalls betroffen. Diesbezüglich seien sie nicht als Nachbarn und als Parteien anzusehen.
Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 21. April 1995 wurde der dagegen erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten nicht verletzt würden. Den Nachbarn stehe nach den Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1976 im Rahmen des baubehördlichen Bewilligungsverfahrens nur ein beschränktes Mitspracherecht zu. Durch die Erteilung einer Baubewilligung könne der Nachbar nur dann in seinen Rechten verletzt werden, wenn die Baubehörde eine von ihr wahrzunehmende Bestimmung mißachtet habe, auf deren Einhaltung den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht zustehe. Den Beschwerdeführern könne als Eigentümern der etwa 200 m vom Bauplatz entfernten Grundstücke nur im Fall der Möglichkeit von Beeinträchtigungen ihrer Rechte durch das Bauvorhaben Parteistellung zukommen. Würden Abwässer eines Bauwerkes über eine wasserrechtlich bewilligte Ortskanalisation entsorgt, die auch der Aufnahme von Abwässern einer ganzen Siedlung diene, so seien Beeinträchtigungen, die sich in größerer Entfernung vom Bauvorhaben offenbar auf Grund technischer Mängel der Kanalisation ergeben, nicht mehr vom Nachbarschutz erfaßt, den die Oberösterreichischen Bauvorschriften gewährten. Andernfalls hätte dies eine uferlose Ausweitung der Parteistellung zur Folge.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Dieser hat die Beschwerde nach Ablehnung der Behandlung mit Beschluß vom 27. Februar 1996, B 1723/95-9, an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.
Die Beschwerdeführer erachten sich ihrem Vorbringen in der Beschwerdeergänzung zufolge durch den angefochtenen Bescheid offenkundig in dem Recht auf Nichtbewilligung des Bauvorhabens verletzt. Die Baubehörden und die Vorstellungsbehörde seien davon ausgegangen, daß der der Abwasserentsorgung des Bauprojektes dienende Kanal ein rechtmäßig bewilligter Ortskanal sei. Das vor Jahrzehnten bewilligte Kanalprojekt sei jedoch in dieser Form nicht realisiert worden, sondern werde ein von dieser Bewilligung abweichendes, schon längst überlastetes "Konstrukt", welches auf den Grundstücken der Beschwerdeführer titellos hergestellt worden sei, benutzt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne, wenn die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung mit einer Beeinträchtigung fremder Rechte verbunden sei, die durch die Begründung von Zwangsrechten eingeschränkt oder aufgehoben werden sollen, die Bewilligung rechtens nicht ausgeübt werden, bevor die entsprechenden Zwangsrechte eingeräumt worden seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 23. April 1991, Zl. 87/07/0058). Sowohl für die Wasserrechtsbehörde als auch für die Baubehörde sei bindend festgestellt, daß die Beschwerdeführer eine derartige Duldungspflicht nicht treffe. Es treffe daher die Beschwerdeführer keine Pflicht, die Abwässer aus dem gegenständlichen Bauprojekt auf ihren Grundstücken zu dulden. Die belangte Behörde hätte gemäß § 46 Oö. Bauordnung 1976 feststellen müssen, daß den Beschwerdeführern bei dieser Konstellation Parteistellung im Baubewilligungsverfahren zukomme. Die Richtigkeit ihrer Behauptungen betreffend den Verlauf des Kanals auf ihren Grundstücken habe sich zuletzt anläßlich einer mündlichen Verhandlung am 22. April 1996 betreffend die wasserrechtliche Überprüfung der Abwasserbeseitigungsanlage Frankenmarkt Nord im Zuge des dabei erstatteten Gutachtens des technischen Amtssachverständigen geoffenbart.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Oö. Bauordnung 1994 am 1. Jänner 1995 (§ 60 Abs. 1 leg. cit.) das der Beschwerde zugrundeliegende Verwaltungsverfahren bereits anhängig war, ist im vorliegenden Verfahren die Oö. Bauordnung 1976 anzuwenden (vgl. § 58 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994).
Gemäß § 46 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1976 (BO) sind Nachbarn die Eigentümer (Miteigentümer) der Grundstücke, die unmittelbar an die Grundstücke angrenzen, auf denen das Bauvorhaben ausgeführt werden soll, und darüberhinaus jene Grundeigentümer, die durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. Personen, denen ein Baurecht zusteht, sind Grundeigentümern gleichgestellt.
Gemäß Abs. 2 dieser Gesetzesstelle können Nachbarn gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.
Zu der zuletzt genannten Bestimmung hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1990, Slg. Nr. 13.199/A, m.w.N.), daß aus den Vorschriften über die Sicherstellung der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung keine Nachbarrechte erwachsen. Hinsichtlich der Anlagen zur Beseitigung von Niederschlagswässern und Abwässern steht jedoch den Nachbarn insoweit ein subjektiv-öffentliches Recht zu, als damit Immissionen, das heißt schädliche Einflüsse auf ihr Grundstück, zur Debatte stehen.
Aus dieser Judikatur vermögen jedoch die Beschwerdeführer im gegenständlichen Fall keine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes ableiten.
Die Beschwerdeführer behaupteten eine Rechtsverletzung durch das bewilligte Bauvorhaben deshalb, weil die Abwässer aus diesem in die Ortskanalisation einzuleiten seien, dieser Kanal jedoch bewilligungslos über ihre - 200 m vom Grundstück, auf welchem das hier zur Beurteilung stehende Bauprojekt errichtet werden soll, entfernte - Grundstücke führe.
Durch die projektsgemäß vorgesehene Einleitung der Abwässer in die Ortskanalisation können jedoch die Beschwerdeführer DURCH DAS BAUVORHABEN in ihren subjektiven Rechten nicht beeinträchtigt werden. Die Ortskanalisation ist eine selbständige Anlage, welche erst nach Vorliegen der geforderten behördlichen Bewilligungen in Betrieb genommen werden darf. Der Anschluß eines bewilligten Baues an eine Kanalisationsanlage erfolgt entweder auf Grund einer behördlichen Anordnung (vgl. hiezu §§ 36 ff BO) oder auf Grund eines zivilrechtlichen Vertrages mit dem Betreiber derselben. Die von einem Bauvorhaben der hier zu beurteilenden Art ausgehenden Beeinträchtigungen, welche Gegenstand des Nachbarschutzes sind, enden grundsätzlich mit der Einbringung der Abwässer dieses Bauvorhabens in die öffentliche Kanalisationsanlage. Die vorgesehenen Einbringungen in diese Kanalisationsanlage sind wiederum bei der Bewilligung derselben zu berücksichtigen. Dies ergibt sich auch aus der Ausnahmebestimmung des § 41 Abs. 4 lit. a BO, wonach von der Bewilligungspflicht gemäß Abs. 1 dieser Gesetzesstelle Kanäle, jedoch nicht Hauskanalanlagen bis zum Anschluß an den öffentlichen Kanal, ausgenommen sind. Die Auswirkungen der Hauskanalanlage sind somit mit dem Anschluß an den öffentlichen Kanal begrenzt. Ob der öffentliche Kanal zulässigerweise über die Grundstücke der Beschwerdeführer geführt werden darf, berührt somit das gegenständliche Bauvorhaben der zweitmitbeteiligten Partei nicht.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996050104.X00Im RIS seit
03.05.2001Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009