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50 GewerberechtNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags mangels rechtlicher Betroffenheit der antragstellenden Fleischer durch die angefochtene Erweiterung des Gewerbeumfangs der Lebensmittelhändler hinsichtlich des Verkaufs von FrischfleischSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Mit einem auf Art140 B-VG gestützten Individualantrag begehren die beiden Antragsteller, §159 Abs4 GewO 1994 (Wiederverlautbarung der Gewerbeordnung 1973, BGBl. 194/1994) als verfassungswidrig aufzuheben.
Diese Bestimmung wurde durch die GewO-Novelle 1992 (BGBl. 29/1993) als §165 Abs4 in die GewO 1973 eingefügt. Sie lautete:
"Gewerbetreibende, die den Kleinhandel mit Lebensmitteln
ausüben, steht im Rahmen ihrer Gewerbeausübung auch das Recht zu,
vorparierte Stücke Frischfleisch von nicht mehr als 10 Kilogramm
zu zerteilen und zu verkaufen. Bei Ausübung dieser Rechte gilt
§101 Abs5 sinngemäß."
§159 GewO 1994 regelt - in inhaltlicher Entsprechung zu §165
GewO 1973 idF der GewO-Novelle 1992 - die besonderen, den Lebensmittelhändlern zustehenden Ausübungsrechte; der angefochtene Abs4 lautet nunmehr:
"Den Gewerbetreibenden, die den Kleinhandel mit Lebensmitteln ausüben, steht im Rahmen ihrer Gewerbeausübung auch das Recht zu, vorparierte Stücke Frischfleisch von nicht mehr als 10 Kilogramm zu zerteilen und zu verkaufen. Bei Ausübung dieser Rechte gilt §100 Abs5 sinngemäß."
2.a) Der Erstantragsteller ist zur Ausübung des Fleischergewerbes - und, worauf aber im Antrag nicht weiter Bezug genommen wird, (mit Einschränkungen) auch zur Ausübung des Gewerbes des Kleinhandels mit Nahrungs- und Genußmitteln - berechtigt. Der Zweitantragsteller hat die Ausbildung im Lehrberuf der Fleischer mit Lehrabschlußprüfung erfolgreich abgeschlossen und auch eine zwei Jahre übersteigende fachliche Tätigkeit ausgeübt; er erfüllt sohin die Voraussetzungen, um zur Meisterprüfung im Handwerk der Fleischer zugelassen zu werden.
Ihre Antragslegitimation begründen die Antragsteller wie folgt:
"Bei §159 Abs(4) GewO 1994 handelt es sich um eine sachlich nicht gerechtfertigte Privilegierung der Lebensmittelkleinhändler, die ohne weiteres für die Antragsteller wirksam wird. Insbesondere hängt diese Privilegierung von keinem weiteren Rechtsakt (Bescheid, Verordnung) ab; die Lebensmittelhändler sind nämlich ex lege berechtigt, das Handwerk der Fleischer auszuüben. Ein zumutbarer alternativer Weg zur Geltendmachung der Verfassungswidrigkeit des §159 Abs(4) GewO 1994 steht den Antragstellern nicht zur Verfügung, weil keine Möglichkeit besteht, einen Bescheid dahin zu erwirken, in welchem Bescheid darüber abgesprochen wird, ob allen oder einem bestimmten Lebensmittelhändler(n) das Recht zum Zerteilen von Frischfleisch und zum Handel mit Frischfleisch zusteht.
Die Antragsteller sind daher dazu legitimiert, gemäß Art140 B-VG den Antrag auf Aufhebung des §159 Abs(4) GewO 1994 zu begehren."
b) Gemäß Art140 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8009/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß das Gesetz in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art140 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985, 11730/1988).
Mit ihrem Vorbringen vermögen die Antragsteller aber nicht darzutun, daß ihre Rechtsposition durch die angefochtene Gesetzesbestimmung unmittelbar betroffen wird. Sie leiten ihre Betroffenheit nämlich bloß daraus ab, daß alle Lebensmittelhändler nunmehr ex lege berechtigt sind, Teiltätigkeiten des Handwerks der Fleischer auszuüben.
Die angefochtene Vorschrift richtet sich unmittelbar nicht an die zur Ausübung des Fleischergewerbes befugten Personen, sondern erweitert den Gewerbeumfang der zum Kleinverkauf von Lebensmitteln befugten Gewerbetreibenden. Deren Rechtsposition, nicht aber die der Fleischer wird durch die in Rede stehende Bestimmung gestaltet.
Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß sich die durch die angefochtene Bestimmung ermöglichte Erweiterung der Befugnisse der Lebensmittelhändler auf die wirtschaftliche Position der insoweit mit den Lebensmittelhändlern in Konkurrenz stehenden Fleischer auszuwirken geeignet ist. Dies ändert aber nichts daran, daß die angefochtene Bestimmung die Rechtstellung der Antragsteller - als zum Gewerbe der Fleischer befugte bzw. für eine entsprechende Befugniserteilung vorbereitete Personen - nicht gestaltet.
c) Die Anträge waren daher mangels Legitimation zurückzuweisen.
Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Gewerberecht, Lebensmittelhändler, VfGH / Individualantrag, FleischerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1994:G184.1994Dokumentnummer
JFT_10059073_94G00184_00