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L37157 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
ABGB §1045;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des N in L, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 6. Mai 1996, Zl. Ve1-550-2430/1-5, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. M-Gesellschaft m.b.H. in V, 2. T OHG in V,
3. Gemeinde L, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich folgender Sachverhalt:
Die drei mitbeteiligten Parteien haben mit Eingabe vom 13. November 1995 gemeinsam bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck um die baubehördliche und die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Mehrzweckgebäudes an der Ortseinfahrt der Gemeinde L angesucht. Das geplante Gebäude soll in massiver Bauweise errichtet werden, einen Lebensmittelmarkt, einen Gastronomiebetrieb, Räume für einen Gendarmerieposten, Räumlichkeiten für die Feuerwehr sowie drei Wohnungen enthalten.
Am 23. November 1995 wurde dem Beschwerdeführer die Ladung zu der am 5. Dezember 1995 stattfindenden mündlichen Verhandlung betreffend die gewerberechtliche Genehmigung zugestellt. Am 1. Dezember 1995 wurde dem Beschwerdeführer von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck die Kundmachung für die Verhandlung vom 5. Dezember 1995 zugestellt, aus der sich ergab, daß Gegenstand der angesetzten Verhandlung nicht nur das Ansuchen um gewerberechtliche Genehmigung sondern auch jenes um Erteilung der baubehördlichen Genehmigung war.
Anläßlich der mündlichen Verhandlung vom 5. Dezember 1995 erklärte der Beschwerdeführer, mit der Durchführung der Bauverhandlung nicht einverstanden zu sein, da innerhalb dieser kurzen Frist eine entsprechende Vorbereitung nicht möglich gewesen sei. Weiters hat er in dieser Verhandlung vorgebracht, daß im Bereich der vorgesehenen Zufahrtsrampe entlang der nördlichen Grenze des zu bebauenden Grundstückes (Grundstücksnummer 468/5) die nach der Tiroler Bauordnung vorgesehenen Mindestabstände zum Grundstück mit der Nummer 468/6 nicht eingehalten würden.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27. Dezember 1995 wurde den Mitbeteiligten neben der gewerbebehördlichen Genehmigung die baubehördliche Genehmigung zur Errichtung eines näher beschriebenen Mehrzweckgebäudes unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er darauf hinwies, daß die Vorbereitungsfrist zu kurz gewesen sei, er habe sich auf die Bauverhandlung hinsichtlich der Überprüfung der Grenzabstände und Flächenwidmung nicht entsprechend vorbereiten können. Die Rampe zum Grundstück Nr. 468/6 halte den erforderlichen Abstand nicht ein, es sei der erforderliche Bebauungsplan nicht erlassen worden, das gesamte Bauvorhaben bedürfe einer Bewilligung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz, es fehle im Bescheid jede Begründung, ob die Abstände gegenüber der Landesstraße hinreichend seien. Diese fehlende Begründung treffe auch subjektiv-öffentliche Rechte des Beschwerdeführers, der nicht nur Eigentümer des Grundstückes Nr. 468/6, sondern auch von Grundstücken auf der gegenüberliegenden Straßenseite sei. Weiters sei ohne entsprechende Sachverständigengutachten einfach behauptet worden, daß an der Grundstücksgrenze keine Erhöhung des Grundgeräuschpegels eintrete und aufgrund der technischen Einrichtung eine unzumutbare Belästigung nicht zu erwarten sei. Die Auflagen seien rechtswidrig und unbestimmt, bei der Widmung von Sonderflächen für Einkaufszentren seien der zulässige Betriebstyp festzulegen sowie das zulässige Höchstausmaß der Kundenfläche und der Gesamtfläche. Für Einkaufszentren, in denen Lebensmittel angeboten würden, sei auch das zulässige Höchstausmaß jenes Teiles der Kundenfläche festzulegen, auf dem Lebensmittel angeboten würden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich des Grundstückes Nr. 468/6 sei der Beschwerdeführer nicht bücherlicher Eigentümer, mit Beschluß vom 29. November 1995 habe das Landesgericht Innsbruck als Rekursgericht einen Eintragungsbeschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 15. September 1995 (betreffend ein Tauschgeschäft) insoweit abgeändert, als das Grundstück Nr. 468/6 nicht dem Beschwerdeführer zugeschrieben wurde, sondern im Eigentum des Tauschpartners verblieb. Damit komme dem Beschwerdeführer in diesem Bereich die Stellung eines Anrainers nicht zu, die Einwände, daß die Mindestabstände durch die geplante Zufahrt nicht eingehalten würden, gingen ins Leere. In der ergänzend eingebrachten Stellungnahme des Beschwerdeführers, daß er zwar nicht grundbücherlicher, sondern außerbücherlicher Eigentümer des Grundstückes Nr. 468/6 sei, sei ausgeführt worden, daß als Eigentümer im Baurecht nur derjenige angesehen werden könne, dem zivilrechtliches Eigentum zustehe. Ein Kaufvertrag, Tauschvertrag usw. bedeute im Hinblick auf den grundbücherlichen Eintragungsgrundsatz jedoch nicht den Eigentumserwerb.
Mit Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde L vom 25. März 1996 sei für das zu bebauende Grundstück ein allgemeiner und ergänzender Bebauungsplan erlassen worden. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung sei mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 11. April 1996 erfolgt, womit sich das Eingehen auf das Vorbringen erübrige, daß kein Bebauungsplan erlassen sei. Die Einhaltung örtlicher Bauvorschriften gehöre nicht zu den subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten, damit stehe dem Nachbarn kein Anspruch auf Einhaltung einer bestimmten Dachform zu, auch das Vorbringen, es sei eine Bewilligung nach dem Tiroler Naturschutzgesetz erforderlich, stelle keine subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung dar. Der Eigentümer eines dem Bauplatz gegenüberliegenden und durch eine öffentliche Verkehrsfläche getrennten Grundes habe ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung jener Enfernungsvorschrift, die zu einer Verkehrsfläche in Beziehung stünden. Die Abstände zur Verkehrsfläche ergäben sich durch die im allgemeinen Bebauungsplan festgelegten Straßenfluchtlinien und im ergänzenden Bebauungsplan festgelegten Baufluchtlinien. Aus dem Gutachten des raumplanerischen Amtssachverständigen vom 4. April 1996 gehe hervor, daß das Bauvorhaben den Festlegungen im allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplan entspreche. Mit dem Vorbringen, daß projektändernde Auflagen vorgeschrieben wurden, sei keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte geltend gemacht worden. Im vorliegenden Fall handle es sich um eine Sonderfläche mit der Widmung "Lebensmittelmarkt, Feuerwehr, Gendarmerie, drei Wohnungen", aufgrund dieser Sonderflächenwidmung sei ein Immissionsschutz von Nachbarn nicht gegeben. Im erstinstanzlichen Bescheid sei ausdrücklich die Kundenfläche von Brot-Fachgeschäft, Buffet und Lebensmittelmarkt zusammen mit 499,49 m2 festgestellt worden, in den Planunterlagen sei die Verkaufsfläche mit 500 m2 beziffert worden. Eine andere Nutzung, nämlich als Einkaufszentrum, würde dem Baubewilligungsbescheid und den Planunterlagen widersprechen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 33/1989 (TBO), sind Nachbarn Eigentümer von Grundstücken, die zu dem zur Bebauung vorgesehenen Grundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß durch die bauliche Anlage oder durch deren Benützung hinsichtlich der durch dieses Gesetz geschützten Interessen mit Rückwirkungen auf ihr Grundstück oder die darauf errichtete bauliche Anlage zu rechnen ist. Dem Grundeigentümer ist der Bauberechtigte gleichgestellt.
Die weitwendigen Beschwerdeausführungen betreffend die verschiedenen Tauschvorgänge kommen zu dem Schluß, daß der Beschwerdeführer hinsichtlich des Grundstückes Nr. 468/6 nicht bücherlicher, wohl aber außerbücherlicher Eigentümer sei, der Beschwerdeführer habe aufgrund des geschlossenen Tauschvertrages einen Anspruch auf Übertragung des Grundstückes Nr. 468/6 in sein bücherliches Eigentum. Zur Herstellung eines ordentlichen Grundbuchsstandes habe der Rechtsfreund des Beschwerdeführers bereits die erforderlichen Schritte eingeleitet. Bis zur Erlassung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes sei der Beschwerdeführer sicherlich schon bücherlicher Eigentümer des genannten Grundstückes.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 18. April 1985, Zlen. 85/06/0046, 0047, zu § 30 der Tiroler Bauordnung 1978 (die den Begriff des "Eigentümers" von Nachbargrundstücken so geregelt hat wie der derzeitige § 30 TBO) ausgesprochen, daß mangels einer besonderen Regelung, was die Tiroler Bauordnung unter "Eigentümer" verstehe, die Beurteilung ausschließlich auf die Normen des Zivilrechtes abzustellen sei. § 30 TBO 1978 sei zwar nicht auf bücherliche Eigentümer zu beschränken, sondern umfasse auch außerbücherliches Eigentum. Diese Rechtsansicht vertritt der Verwaltungsgerichtshof weiterhin, jedoch ist der Beschwerdeführer auch nach seinem eigenen Vorbringen nicht "außerbücherlicher Eigentümer", weil ein Tauschvertrag keinen Ausnahmetatbestand zu dem gemäß § 431 ABGB geltenden Eintragungsgrundsatz darstellt. In bezug auf das Grundstück Nr. 468/6 kommt damit dem Beschwerdeführer keine Parteistellung als Nachbar zu, sodaß sich ein Eingehen auf die Frage, ob hinsichtlich dieses Grundstückes Abstandsbestimmungen verletzt wurden, erübrigt.
Hinsichtlich jener Grundstücke, die dem Bauvorhaben gegenüberliegen und durch eine Straße von diesem getrennt sind, hat auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dem Beschwerdeführer die Parteistellung zuerkannt. Die subjektiv-öffentlichen Rechte des Nachbarn sind im § 30 Abs. 4 TBO geregelt. Demnach können subjektiv-öffentliche Rechte Einwendungen insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, insbesondere auf die §§ 12 bis 16 b des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden. Zu Recht hat schon die belangte Behörde ausgeführt, daß durch den Hinweis, es fehle eine naturschutzbehördliche Bewilligung, keine Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte geltend gemacht wird. Zutreffend hat die belangte Behörde auch ausgeführt, daß hinsichtlich der Einhaltung des Ortsbildes kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht besteht, sodaß dem Beschwerdeführer kein Mitspracherecht in bezug auf die Ausgestaltung der Dachform zukommt.
Auch in der Beschwerde wird gerügt, daß eine Vorbereitungszeit von drei Tagen zwischen Ladung und Bauverhandlung zu kurz sei; damit wird zwar ein Verfahrensmangel geltend gemacht, die Beschwerde legt aber nicht dar, was der Beschwerdeführer im Falle einer längeren Vorbereitungszeit vorgebracht hätte. Damit wird aber die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels nicht dargelegt, weshalb der Beschwerde diesbezüglich kein Erfolg beschieden sein kann (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf Seite 591 oben zitierte hg. Judikatur).
Mit Recht hat die belangte Behörde ausgeführt, daß die Sonderflächenwidmung "Lebensmittelmarkt, Feuerwehr, Gendarmerie, drei Wohnungen" einen Immissionsschutz für Nachbarn nicht einräumt. Diese Feststellung qualifiziert der Beschwerdeführer als "unverständlich". Die diesbezüglichen Feststellungen der belangte Behörde sind aber zutreffend, weil in den Regelungen betreffend Sonderflächen gemäß §§ 43 bis 52 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 81/93 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 4/1996, mit Ausnahme des hier nicht in Betracht kommenden § 45 (landwirtschaftliche Intensivtierhaltung) kein Immissionsschutz vorgesehen ist.
Mit dem an sich zutreffenden Hinweis, § 31 Abs. 8 TBO räume dem Nachbarn einen unabhängig von der Widmung gegebenen Immissionsschutz ein, vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzutun, weil er auch in der Beschwerde nicht ausführt, welche besonderen Maschinen oder Einrichtungen eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder eine unzumutbare Belästigung von Menschen herbeiführen könnten. Im übrigen kommt § 31 Abs. 8 TBO in Verbindung mit § 25 j TBO nur dann zur Anwendung, wenn das Vorhaben nicht einer gewerberechtlichen Genehmigung bedarf (siehe das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1996, Zl. 95/06/0049). Da das gegenständliche Vorhaben einer gewerberechtlichen Genehmigung bedurfte (und diese auch erteilt wurde), kam die vom Beschwerdeführer herangezogene Bestimmung im Beschwerdefall als Rechtsgrundlage nicht in Betracht.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996060168.X00Im RIS seit
11.07.2001