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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §4 Abs6 idF 1991/684;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Höß und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der W. Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 1. April 1994, Zl. IIc/6702 B, betreffend Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für H (Staatsangehörigkeit: Bangladesch) für die Tätigkeit als Koch (als spezielle Kenntnisse seien Kenntnisse der mexikanischen Küche erforderlich). In einem Begleitschreiben zum Antrag vom 16. September 1993 wies die beschwerdeführende Partei darauf hin, daß sie dringend einen weiteren Koch benötige, der gute Kenntisse der mexikanischen Küche habe und in der Lage sei, sich in der Muttersprache der beiden bereits vorhandenen Köche (ebenfalls aus Bangladesch) zu verständigen. Österreicher für diese Tätigkeit zu finden, sei bisher nicht möglich gewesen.
Mit Bescheid vom 29. Oktober 1993 wies das zuständige Arbeitsamt den Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ab. In der Begründung wurde nach Zitierung dieser Gesetzesstelle darauf hingewiesen, daß der Vermittlungsausschuß die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet habe. Darüber hinaus habe das Ermittlungsverfahren ergeben, daß keine der in § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen vorliege.
In der Berufung rügte die beschwerdeführende Partei die mangelnde Bescheidgestaltung durch die Behörde erster Instanz, die eine bloße Wiedergabe der gesetzlichen Bestimmungen beinhalte, ohne daß konkrete Feststellungen zu entnehmen seien, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung die gemäß § 12 AuslBG vom Bundesminister für Arbeit und Soziales festgesetzten Höchstzahlen überschritten gewesen seien. Die Aufzählung der in § 4 Abs. 6 Z. 2 bis 4 AuslBG vorgesehenen Voraussetzungen sei lediglich demonstrativ, sodaß das Ermittlungsverfahren hinsichtlich § 4 Abs. 6 Z. 2 leg. cit. auch deshalb mangelhaft sei. Die beschwerdeführende Partei betreibe ein mexikanisches Restaurant, das sich nicht zuletzt wegen des Verdienstes zweier Köche aus Bangladesch großer Beliebtheit erfreue und dringend einen weiteren Koch benötige, um die Nachfrage der Gäste zu befriedigen. Es sei zwar versucht worden, auch Österreicher für diese Tätigkeit zu gewinnen, ein österreichischer Bewerber habe die Stellung jedoch bereits nach wenigen Wochen aufgrund der Sprachbarrieren wieder verlassen. Der beantragte Ausländer sei nicht nur in der Lage, mit den beiden anderen Köchen zu kommunizieren, sondern habe bereits als Koch für internationale Küche in seiner Heimat (insbesondere auch für mexikanische Küche) gearbeitet. Auf die vorgelegte Bestätigung eines Hotels in Bangladesch gehe der erstinstanzliche Bescheid überhaupt nicht ein. Es bestünden daher insgesamt für die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung besonders berücksichtigungswürdige Gründe als auch ein gesamtwirtschaftliches Interesse.
Mit Schriftsatz vom 11. Februar 1994 hielt die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei vor, daß sie die vorgelegten Bestätigungen über die Tätigkeit des beantragten Ausländers nicht als Nachweis für die Kenntnis der mexikanischen Küche anerkennen könne. Gegen das Vorliegen von entsprechenden mexikanischen Kochkenntnissen spreche auch der Umstand, daß der beantragte Ausländer bereits zweimal als Hilfskoch beantragt worden sei und erst beim dritten Mal als Koch beantragt werde. Da es offensichtlich auf die Nationalität des Kochs nicht ankomme, sei es durchaus zuzumuten, auch inländische oder ausländische Köche, die beim Arbeitsamt in der Vermittlungsvormerkung stünden, einzustellen. Außerdem seien nach Überschreiten der Landeshöchstzahl die Erteilungsvoraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG zu beachten. Für 1993 sei die Landeshöchstzahl für das Bundesland Wien mit Verordnung BGBl. Nr. 738/1992 zahlenmäßig mit 97.000 festgesetzt worden. Diese sei laut der offiziellen Statistik des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu Beginn des Kalenderjahres 1993 weit überschritten gewesen. Für 1994 sei die Landeshöchstzahl mit der Verordnung BGBl. Nr. 794/1993 auf 91.000 gesenkt worden, sodaß hinsichtlich des Umstandes, daß die Landeshöchstzahl überschritten sei, keine Änderung eingetreten sei. Der gegenständliche Fall müsse daher auch unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 4 Abs. 6 AuslBG entschieden werden (im Vorhalt wird dazu die Bestimmung des § 4 Abs. 6 AuslBG zitiert).
In der Vorhaltsbeantwortung vom 1. März 1994 wies die beschwerdeführende Partei nochmals auf das besondere Interesse an der Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den beantragten Ausländer hin. Aufgrund der bisher erteilten Vermittlungsaufträge seien lediglich drei Arbeitskräfte zugewiesen worden und eine dieser zugewiesenen Arbeitskräfte habe nach einem Monat das Arbeitsverhältnis von sich aus gekündigt. Die beschwerdeführende Partei sei auch bereit, andere vorgemerkte Arbeitskräfte anzustellen, es sei jedoch offensichtlich und hinlänglich bekannt, daß sich gerade in der Gastronomie sehr schwer geeignete Arbeitskräfte fänden.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 1. April 1994 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG i. V.m. § 4 Abs. 6 und § 13a AuslBG keine Folge.
Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtslage (und Hinweis auf die Überschreitung der Landeshöchstzahl im Jahr 1994 gleichlautend dem Vorhalt vom 11. Februar 1994) wurde ausgeführt, es seien keine Gründe festgestellt worden, durch die ein Tatbestand des § 4 Abs. 6 AuslBG zur Erteilung der Beschäftigungsbewilligung erfüllt werde. Aus dem "Parteiengehör vom 1.3.1994", in dem u.a. ausgeführt werde, daß eine Arbeitskraft nach nur einem Monat von sich aus gekündigt habe, lasse sich herauslesen, daß der beantragte Ausländer als Ersatz für diesen ausgeschiedenen gedacht sein könnte. Doch ergebe sich aus den beim Arbeitsamt erfaßten Daten bezüglich des Betriebes der beschwerdeführenden Partei, daß ein Koch tatsächlich im Oktober 1992 aus dem Betrieb ausgeschieden sei, jedoch zwischen diesem Ausscheiden und dem Antrag für den nunmehrigen Ausländer kein zeitlicher und ursächlicher Zusammenhang bestehe. Daher falle das Argument des Ersatzes als Erteilungsvoraussetzung weg; andere Gründe seien nicht geltend gemacht worden.
In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde (infolge Änderung der Behördenorganisation durch das Arbeitsmarktservicegesetz, BGBl. Nr. 313/1994, nunmehr die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien) hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt.
Diese Bestimmung in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung (Z. 1 i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 684/1991, die übrigen Bestimmungen i.d.F. der Novelle BGBl. Nr. 450/1990) lautet:
"Über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung der Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) dürfen Beschäftigungsbewilligungen nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen der Abs. 1 und 3 vorliegen und
1. bei Kontingentüberziehung und bei Überschreitung der Landeshöchstzahl der Vermittlungsausschuß gemäß § 44a des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, in der jeweils geltenden Fassung, einhellig die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung befürwortet, oder
2. die Beschäftigung des Ausländers aus besonders wichtigen Gründen, insbesondere
a) als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer,
b) in Betrieben, die in strukturell gefährdeten Gebieten neu gegründet wurden, oder
c) als dringender Ersatz für die Besetzung eines durch Ausscheiden eines Ausländers frei gewordenen Arbeitsplatzes, oder
d) im Bereich der Gesundheits- oder Wohlfahrtspflege erfolgen soll, oder
3. öffentliche oder gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers erfordern, oder
4. die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 4 gegeben sind."
In der Beschwerde wird neuerlich vorgebracht, die Begründung des angefochtenen Bescheides lasse nicht erkennen, ob zum Zeitpunkt der Antragstellung (17. September 1993) "die gemäß § 12 AuslBG vom Bundesminister für Arbeit und Soziales festgesetzten Höchstzahlen überschritten waren". Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß zur Frage der Überschreitung der (im vorliegenden Fall maßgebenden) Landeshöchstzahl nach § 13a AuslBG der Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgebend war (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Jänner 1994, 93/09/0411, und vom 24. Mai 1995, 94/09/0021). Da die beschwerdeführende Partei ansonsten nichts gegen die Annahme der Überschreitung der Landeshöchstzahl durch die belangte Behörde vorbrachte, wäre es ihre Aufgabe gewesen, Gründe vorzubringen, die im erschwerten Verfahren nach § 4 Abs. 6 AuslBG die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung hätten rechtfertigen können (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1993, 92/09/0284). Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie aus dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei ein Vorliegen derartiger Gründe nicht zu erkennen vermochte.
Es ist zwar zutreffend, daß die im § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. a bis d AuslBG enthaltene Aufzählung demonstrativen Charakter hat (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Oktober 1993, 93/09/0157), es muß aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedenfalls ein qualifiziertes Interesse bestehen, das über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Befriedigung eines dringenden Arbeitskräftebedarfs hinausgeht. Auch in der Beschwerde wird durch die wiederholten Hinweise auf die Wichtigkeit des beantragten Ausländers zur Erhaltung des guten Rufs des Gastgewerbebetriebes der beschwerdeführenden Partei oder auf ein bestehendes "freundschaftliches Vertrauensverhältnis" nur ein einzelbetriebliches Interesse dargetan, woran auch der allgemeine Hinweis auf ein Interesse der Gesamtwirtschaft an einem "florierendem Unternehmen" nichts ändert (vgl. dazu beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1994, 93/09/0344, vom 17. November 1994, 93/09/0431, vom 20. April 1995, 94/09/0277, und vom 19. Oktober 1995, 94/09/0367, mit Hinweisen auf Vorjudikatur). Die beschwerdeführende Partei hat auch nicht in ihrer Beschwerde die Feststellungen der belangten Behörde, der beantragte Ausländer könne nicht als dringender Ersatz im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 lit. c AuslBG angesehen werden, in Zweifel gezogen.
Die Beschwerde konnte daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen, die in ihr enthaltenen Ausführungen zur Anwendungsvoraussetzung nach § 4 Abs. 1 AuslBG waren in diesem Zusammenhang schon deshalb unbeachtlich, weil sich der angefochtene Bescheid nicht auf diese Gesetzesstelle stützte. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. § 41 AMSG und der gemäß ihrem Art. III Abs. 2 anzuwendenden Pauschalierungsverordnung
BGBl. Nr. 416/1994. Der zuerkannte Aufwandersatz hat dem Arbeitsmarktservice als Rechtsträger i.S.d. § 47 Abs. 5 VwGG zuzufließen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juni 1996, 95/09/0261).
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1994090133.X00Im RIS seit
20.11.2000