TE Vwgh Beschluss 1996/8/29 95/06/0236

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Veröffentlicht am 29.08.1996
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauO Stmk 1968 §3 Abs1;
BauO Stmk 1968 §61;
BauO Stmk 1968 §70a;
BauO Stmk 1968 §71a;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde 1. des Johann P und 2. der Silke P, beide in M, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in M, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. Oktober 1995, Zl. 03-12 Po 97-95/30, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde M, vertreten durch den Bürgermeister), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 27. Jänner 1994 an den Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde, in dessen Rubrum als Betreff angeführt ist: "WEGEN: Überprüfung Widmung allenfalls Baubewilligung des Grundstückes 1042/2 Grundbuch 60517 M § 57 BO", stellten die Beschwerdeführer (damals durch einen anderen Vertreter als den nunmehrigen Beschwerdevertreter) nach Darstellung der Eigentumsverhältnisse an den Grundstücken Nr. 1042/4 und 1042/2 (KG M) und einem Hinweis auf Baumaßnahmen durch die mitbeteiligte Stadtgemeinde auf der Parzelle Nr. 1042/2 den "Antrag, diesen Mißstand unverzüglich zu überprüfen." In dem Antrag wird auf eine Veränderung der Höhenlage des Grundstückes Nr. 1042/2 hingewiesen, "wodurch die nachbarlichen und öffentlichen Interessen berührt" würden und "insbesondere durch Abtragung von Erdreich in unsere Interessen eingegriffen" werde. Mit Eingabe vom 14. September 1994 stellten die Beschwerdeführer (durch einen weiteren Vertreter) einen Devolutionsantrag bezüglich ihres Antrages vom 27. Jänner 1994 an den Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten der Gemeinde war der Antrag vom 27. Jänner 1994 offenbar in Verstoß geraten). Dieser Devolutionsantrag gibt den Inhalt des Antrages, auf den er sich bezieht, ebenfalls dahingehend wieder, daß die ÜBERPRÜFUNG DER DURCHFÜHRUNG VON BAUMAßNAHMEN auf der Grundparzelle Nr. 1042/2 beantragt worden sei. Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 15. März 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführer "auf Überprüfung gemäß Par. 70a Bauordnung" "in Ermangelung einer vorliegenden Bauordnungswidrigkeit betreffend das Grundstück 1042/2 KG M (Eigentümer Stadtgemeinde M) als unbegründet abgewiesen."

Aufgrund der Vorstellung der Beschwerdeführer erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abwies. Begründend führt die belangte Behörde insbesondere aus, daß sich die Beschwerdeführer im Ansuchen vom 27. Jänner 1994 darauf beschränkt hätten, auf die Berührung von nachbarlichen und öffentlichen Interessen hinzuweisen, wobei insbesondere durch die Abtragung von Erdreich in ihre Interessen eingegriffen worden sei. Weder in diesem Antrag noch im Devolutionsantrag vom 14. September 1994 sei jedoch eine konkrete Verletzung ihrer Rechte im Sinne des § 61 Abs. 2 lit. a bis i oder k StBO geltend gemacht worden, sodaß den Beschwerdeführern schon aus diesem Grunde keine Parteistellung nach § 70a Abs. 2 StBO zukomme. Darüber hinaus hätten die Beschwerdeführer lediglich die Überprüfung des von ihnen aufgezeigten Mißstandes beantragt. Ein Antrag auf Baubeseitigung im Sinne des § 70a Abs. 2 StBO sei darin nicht enthalten. Ergänzend wird darauf verwiesen, daß die Vorstellung auch deshalb unbegründet sei, weil das gegenständliche Grundstück Nr. 1042/2 KG M nach dem rechtskräftigen Flächenwidmungsplan 2.0 der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Verkehrsfläche - Abstellfläche ausgewiesen sei. Aus § 28 der Steiermärkischen Garagenordnung 1979 in Verbindung mit § 3 Abs. 2 Garagenordnung 1979 ergebe sich, daß eine Abstellfläche, die als öffentliche Verkehrsfläche anzusehen sei, keiner Bewilligung nach den Bestimmungen der Garagenordnung bedürfe. Im übrigen wird näher auf den von den Beschwerdeführern geäußerten Verdacht einer nachträglichen Fälschung des Flächenwidmungsplanes der mitbeteiligten Stadtgemeinde eingegangen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Verletzung der Rechte der Beschwerdeführer insofern geltend gemacht wird, "als ihnen die gesetzmäßig zustehenden Rechte nicht gewährt" worden seien, insbesondere sei "keine Bauverhandlung ausgeschrieben" worden und sei auch "keine Umwidmung erfolgt, wodurch den Beschwerdeführern ihre Parteistellung genommen" worden sei und berechtigte Anliegen von den Beschwerdeführern nicht angebracht hätten werden können.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Über Ersuchen des Verwaltungsgerichtshofes wurde auch der im Verwaltungsakt der mitbeteiligten Gemeinde nicht enthaltene Antrag der Beschwerdeführer vom 27. Jänner 1994 nachgereicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 70a Steiermärkische Bauordnung 1968, die im Beschwerdefall (in dem der letztinstanzliche Gemeindebescheid am 15. März 1995 ausgefertigt und im März 1995 zugestellt wurde) noch anzuwenden ist, lautet:

"§ 70a

Baueinstellung und Beseitigungsauftrag

(1) Bei Maßnahmen, die ohne die erforderliche Bewilligung ausgeführt werden, ist die Baueinstellung zu verfügen; erforderlichenfalls sind die Bauten oder Teile derselben zu schließen. Vorschriftswidrige Bauten, für die eine nachträgliche Bewilligung nicht erteilt wurde, sind zu beseitigen. Mündlich verkündete Verfügungen sind schriftlich auszufertigen.

(2) Den Nachbarn steht das Recht zu, die Baueinstellung und die Beseitigung zu verlangen, wenn die Bauarbeiten nach Abs. 1 ihre Interessen (§ 61 Abs. 2) verletzen."

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter anderem, daß der Beschwerdeführer die Verletzung in einem subjektiven Recht geltend macht und eine derartige Verletzung zumindest möglich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. März 1979, Slg.Nr. 9802/A und die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, 412ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung zu § 34 Abs. 1 VwGG).

Die Beschwerdeführer haben in ihrem Antrag vom 27. Jänner 1994 nach einer kurzen Darstellung des Sachverhaltes den Antrag gestellt, "diesen Mißstand unverzüglich zu überprüfen". Im Rubrum des Antrages ist ebenfalls von "Überprüfung" (nämlich "Widmung allenfalls Baubewilligung des Grundstückes 1042/2 Grundbuch 60517 M") die Rede; es ist dabei auf § 57 Steiermärkische Bauordnung verwiesen.

Es trifft daher zu, daß - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid angenommen hat - die Beschwerdeführer keinen Antrag gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 gestellt haben (auch in der Darstellung des Sachverhaltes in der vorliegenden Beschwerde ist folgerichtig nicht von einem Antrag gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 die Rede, sondern wird der Inhalt des Antrages als auf die "Überprüfung" gerichtet wiedergegeben). Die Gemeindebehörden traf somit aufgrund des Antrages vom 27. Jänner 1994 keine Verpflichtung zur Entscheidung über einen Antrag nach § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 und sie hätten (für den Fall des Bestehens der Beschwerdeführer auf einer Entscheidung über DIESEN Antrag) den Antrag allenfalls zurückzuweisen gehabt. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß der Antrag der Beschwerdeführer vom Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde als ein Antrag nach § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 behandelt wurde. Die Beschwerdeführer können durch die inhaltliche Behandlung ihres Antrages als Antrag gemäß § 70a Steiermärkische Bauordnung durch den Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde und die Abweisung der dagegen gerichteten Vorstellung durch den angefochtenen Bescheid jedenfalls nicht in dem in der Beschwerde geltend gemachten Recht auf "Ausschreibung einer Bauverhandlung bzw. Umwidmung" verletzt sein. Selbst wenn man diese Beschwerdepunkte dahingehend versteht, daß sich die Beschwerdeführer in den ihnen aus § 70a Steiermärkische Bauordnung erwachsenden Rechten verletzt erachten, kann eine Rechtsverletzung im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführer keinen Antrag nach dieser Gesetzesstelle gestellt haben, nicht vorliegen (vgl. auch die hg. Beschlüsse vom 18. September 1969, Zl. 561/68, sowie vom 27. Juni 1980, Slg.Nr. 10.179/A).

Die geltend gemachten Beschwerdepunkte zielen dem Wortlaut nach auf die Durchführung einer Bauverhandlung, wie sie in § 61 Steiermärkische Bauordnung vorgesehen ist, bzw. auf das Unterlassen der "Umwidmung". Das Baubewilligungsverfahren und das Widmungsbewilligungsverfahren nach der Steiermärkischen Bauordnung (welches offenbar gemeint ist) sind vom Verfahren zur Erteilung eines baupolizeilichen Beseitigungsauftrages zu unterscheiden. Aufgrund eines Antrages nach § 70a Steiermärkische Bauordnung kann der Antragsteller nicht in einem Recht auf Ausschreibung einer Bauverhandlung oder Beiziehung als Partei im Baubewilligungs- oder Widmungsbewilligungsverfahren verletzt sein. Auch wenn man die geltend gemachten Beschwerdepunkte somit nicht als konkludente Geltendmachung der Rechte aus § 70a Steiermärkische Bauordnung 1968 versteht, sondern sie wörtlich auf die Durchführung einer Bauverhandlung bzw. dem Sinn nach auf die Durchführung eines Widmungsverfahrens nach §§ 2ff Steiermärkische Bauordnung bezieht, kann durch den angefochtenen Bescheid, der den Antrag auf Überprüfung von Baumaßnahmen betrifft (und nicht etwa einen Antrag auf Zustellung eines Baubescheids oder eines Widmungsbescheides), eine Verletzung der Beschwerdeführer in den aufgrund der so verstandenen Beschwerdepunkte betroffenen Rechten ebenfalls nicht vorliegen.

Es erübrigt sich damit auch, auf die ergänzende Begründung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der inhaltlichen Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Gemeinderates vom 15. März 1995 einzugehen, da auch insofern eine Verletzung von Rechten der Beschwerdeführer nur vorliegen konnte, wenn sie einen Antrag nach § 70a Steiermärkische Bauordnung gestellt hätten.

Da somit die behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen können, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit der Beschwerdeführer als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Baurecht Baubefehl Polizeibefehl baupolizeilicher Auftrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995060236.X00

Im RIS seit

03.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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