RS Vfgh 2021/12/15 E2434/2020

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Veröffentlicht am 15.12.2021
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, Asylrecht

Norm

BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1
AsylG 2005 §8, §10, §57
FremdenpolizeiG 2005 §46, §52, §55
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Nichtzuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten betreffend einen Staatsangehörigen des Iraks; mangelhafte Auseinandersetzung mit dem Herkunftsort, dem Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative sowie den aktuellen und verfügbaren Länderinformationen insbesondere zur Sicherheitslage

Rechtssatz

Die rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) erschöpft sich in einer Aneinanderreihung von floskelhaften, aus Textbausteinen zusammengesetzten Passagen ohne für den vorliegenden Einzelfall nachvollziehbaren Begründungswert: Zum einen fehlen fallbezogene Erwägungen, ob dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine Heimatregion zumutbar ist, wobei der angefochtenen Entscheidung nicht unmissverständlich zu entnehmen ist, von welchem Herkunftsort des Beschwerdeführers das BVwG überhaupt ausgeht. Aus der zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG (03.06.2020) bereits veröffentlichten Aktualisierung des Länderinformationsblattes vom März 2020 ergibt sich, dass der IS unter anderem in der Provinz Ninawa erneut seine Aktivitäten als Untergrundorganisation aufgenommen hat und daher dies gerade für den Beschwerdeführer als Zugehörigen einer durch den IS verfolgten Minderheit eine Bedrohung darstellt. Zum anderen trifft das BVwG lediglich pauschale Aussagen zur Möglichkeit einer Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat, die sich vor dem Hintergrund der im angefochtenen Erkenntnis selbst dargestellten Berichtslage und widersprüchlichen Feststellungen als unzureichend erweisen: Das BVwG lässt Feststellungen vermissen, ob dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in jene Region, aus der er stammt, möglich ist bzw ob eine konkrete innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die ihm eine Einreise und einen Aufenthalt in einer Weise ermöglicht, die den Anforderungen des Art3 EMRK Rechnung trägt.

Schließlich legt das BVwG seiner Entscheidung das Länderinformationsblatt vom 20.11.2018, letzte Kurzinformation vom 30.10.2019, zugrunde. Im Entscheidungszeitpunkt stand allerdings bereits eine neue Gesamtaktualisierung vom März 2020 zur Verfügung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Asylrecht, Entscheidungsbegründung, Ermittlungsverfahren, Rückkehrentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2021:E2434.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.03.2022
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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