TE Lvwg Erkenntnis 2022/2/16 LVwG-2018/44/0937-26

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Veröffentlicht am 16.02.2022
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Entscheidungsdatum

16.02.2022

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

WRG 1959 §121

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, vertreten durch Rechtsanwalt BB, Adresse 2, **** Y, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.03.2018, Zahl ***, betreffend einer wasserrechtlichen Kollaudierung (mitbeteiligte Partei: CC, Adresse 3, **** X, vertreten durch Rechtsanwalt DD, Adresse 4, **** Y), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass es zu lauten hat:

„I.

Hinsichtlich der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 19.09.2016, Zahl ***, wasserrechtlich bewilligten Geländeanhebung auf den Grundstücken Nr **1 und **2, KG Z, wird gemäß § 121 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959), BGBl Nr 215/1959, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 73/2018, festgestellt, dass die Ausführung nicht vollständig mit dem bewilligten Projekt übereinstimmt.

II.

Gemäß § 121 Abs 1 WRG 1959 wird AA aufgetragen, folgende Abweichungen vom Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 19.09.2016, Zahl ***, bis spätestens 30.06.2022 zu beheben:

1.       Das Fundament der Ufersteinschlichtung ist mindestens 50 cm unter der Gewässersohle auszuführen.

2.       Für die Ufersteinschlichtung sind ausschließlich Wasserbausteine mit einer Masse von mindestens einer Tonne zu verwenden.“

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahren:

Mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y als Wasserrechtsbehörde vom 19.09.2016, Zahl ***, wurde dem Beschwerdeführer AA die wasserrechtliche Bewilligung gemäß § 41 Abs 2 WRG 1959 für eine Geländeanhebung am EE (auch FF) auf seinen Grundstücken Nr **1 und **2, KG Z, nach Maßgabe des signierten Einreichoperates „Geländeanhebung GP **2 KG Z“ erteilt.

Mit rechtskräftigem Beschluss vom 05.12.2016, Zahl ***, hat das Landesverwaltungsgericht Tirol die Beschwerde der mitbeteiligten Partei CC gegen diese Bewilligung als unzulässig zurückgewiesen, da sie ihr Rechtsmittel nicht als betroffene Grundeigentümerin, sondern ausschließlich aufgrund einer behaupteten Wegdienstbarkeit erhoben hat. Unabhängig von ihrem Bestand kann diese Dienstbarkeit gemäß § 102 WRG 1959 zu keiner Parteistellung führen, sodass die Beschwerde unzulässig war.

Mit Bescheid der Wasserrechtsbehörde vom 13.03.2018, Zahl ***, wurde gemäß § 121 Abs 1 WRG 1959 festgestellt, dass die ausgeführten Bauarbeiten nicht mit dem bewilligten Projekt übereinstimmen und, dass bis zum 30.04.2018 die bewilligte Tiefenlinie (Mulde in Profil 1 der bewilligten Planunterlagen) herzustellen sei. Dazu sei die oberste Steinreihe der Grobsteinschlichtungsmauer (= Ufersteinschlichtung) auf einer Länge von rund 4 m beginnend ab dem Betonrohrauslass abzutragen und das Gelände dementsprechend anzugleichen.

Gegen diesen Kollaudierungsbescheid richtet sich die fristgerechte Beschwerde des Konsensinhabers an das Landesverwaltungsgericht Tirol, mit der im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die Bauarbeiten bescheidgemäß ausgeführt worden seien.

Die mitbeteiligte Partei hat sich als Unterliegerin gegen die nachträgliche Bewilligung der Bescheidabweichungen ausgesprochen, da diese nachteilig für ihr Grundstück seien.

II.      Sachverhalt:

Am 27.07.2015 hat GG von der JJ festgestellt, dass am EE im Bereich der Grundstücke Nr **1 und **2, beide KG Z, auf der orographisch linken Bachseite Materialschüttungen im Ausmaß von ca 15 x 7 m durchgeführt wurden, um die Gartenfläche für das Gebäude auf dem Grundstück Nr **1 zu vergrößern. Der EE ist bei der südlich (bergseits) liegenden Wegquerung (Verlängerung der Wegparzelle Grundstück Nr **3, KG Z) mit einem Betonrohr DN 1000 verrohrt. Unterhalb dieser Straße wurden die Grundstücke Nr **1 und **2 bis zu ca drei Meter angehoben, sodass eine ebene Fläche vom Kellergeschoß bis zum Bach hin entstanden ist. Der Fuß der Schüttung wurde mit massiven Betonquadern und Wasserbausteinen gesichert, wobei diese ohne Fundierung auf Bachsohlenniveau aufgelegt wurden. Über diesem Uferdeckwerk wurde eine Erdböschung errichtet, die mit Jutenetzen gesichert wurde. Da die Standfestigkeit der gesamten Schüttung bei einer Unterspülung der untersten Betonquader nicht gegeben und bei einem Versagen der Böschung von einer Erhöhung des Geschiebepotentials auszugehen war, ist eine Gefährdung der Unterlieger – insbesondere für das Wohnhaus der mitbeteiligten Partei auf der unmittelbar unterhalb liegenden Bauparzelle Nr .**4, KG Z – entstanden. Durch die Umlenkung des Wassers auf die orographisch rechte Seite des Baches ist auch eine erhöhte Gefährdung für das andere Bachufer entstanden. Im Falle des Verklausens des oberhalb liegenden Straßendurchlasses ist durch die Geländeaufschüttung auch eine Höhergefährdung für das Wohnhaus auf dem Grundstück Nr **5, KG Z, entstanden. Durch die unsachgemäße Geländeanhebung wurde das Gefährdungspotential für die Unterlieger jedenfalls erhöht.

Daraufhin hat der Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr **1 und **2 am 22.02.2016 unter Vorlage eines Einreichprojektes um die wasserrechtliche Bewilligung für die Geländeanhebung angesucht. Im Verfahren wurde das Einreichprojekt abgeändert, um das Risiko für die Unterlieger – insbesondere für die mitbeteiligte Partei – zu reduzieren.

Die Bezirkshauptmannschaft als Wasserrechtsbehörde hat mit Bescheid vom 19.09.2016 die beantragte Geländeanhebung auf den Grundstücken Nr **1 und **2 gemäß § 41 WRG 1959 nach Maßgabe des signierten Einreichoperats der „& Co KG“ vom 18.07.2016 (2. Revision) bewilligt. Das Projekt hat vorgesehen, dass die aufgrund der bereits durchgeführten Geländeanhebung entstandene Hochwassergefahr durch Errichtung einer Überflutungsmulde gemindert wird. So sollte sichergestellt werden, dass bei einem Hochwasser bzw einer Verklausung der oberhalb liegenden Bachverrohrung der EE wieder in sein Bachbett zurückgeführt wird. Zudem war die Bachböschung auf der orographisch linken Seite durch den Neubau einer Grobsteinschlichtung zu sanieren. Die darüber liegende Schüttböschung war bachseitig zu bepflanzen, um eine nachhaltige Stabilisierung der Böschung zu erreichen. Am nördlichen und nordwestlichen Rand der Überflutungsmulde (im Grenzbereich zum Grundstück der mitgeteiligten Partei) war ausgehend von der zu errichtenden Grobsteinschlichtung ein Grobsteinleitwerk herzustellen, welches die Überflutungsmulde umgrenzt und damit als zusätzlicher Schutz vor Erosionserscheinungen dient. Weiters war aufgrund der Verschlechterung durch die Bodenversiegelung ein Retentionsschacht herzustellen.

Die bewilligten Planunterlagen haben in Profil 1 vorgesehen, dass die zu errichtende Überflutungsmulde ein Gefälle von 13 % in Bachrichtung aufweisen muss und, dass die Oberkante der Ufersteinschlichtung einen Meter unterhalb des Urgeländes zu liegen hat. Der Bewilligungsbescheid enthält zudem folgende Nebenbestimmung IV/2: „Es sind geeignete Wasserbausteine mit einer Größe von mindestens 1,0 to/Wasserbaustein einzubauen. Die Steine sind so zu verlegen, dass die kleinste Fläche an der Luftseite der Grobsteinschlichtungsmauer zu liegen kommt. Auf die im Projekt angegebene Fundierung von mindestens 0,5 m unter Gewässersohle ist zu achten.

„Bild im Original als pdf ersichtlich“

Abbildung: Im Hintergrund das Haus der mitbeteiligten Partei; vorne gelb umrandet die Geländeanhebung und rot umrandet die geplante Überflutungsmulde vor ihrer Umsetzung; rechts das Bachbett.

Zwischenzeitlich wurde das bewilligte Vorhaben umgesetzt. Dabei weicht aber die bewilligte Tiefenlinie des Profils 1 insofern vom bewilligten Projekt ab, als das Gefälle der Überflutungsmulde nur 11,77 % anstatt 13 % beträgt und die Oberkante der Ufersteinschlichtung nur 95 cm anstatt eines Meters unter dem Urgelände liegt. Dadurch verringert sich das Abflussvermögen der Überflutungsmulde um ca 3 %. Es ist aber immer noch ausreichend, um beim Bemessungsereignis HQ 100 (100-jähriges Ereignis) das unterstellte Schadwasser abzuführen.

Weiters wurde bei der Bauausführung die Nebenbestimmung IV/2 insofern nicht eingehalten, als das Fundament der Ufersteinschlichtung nicht mindestens 50 cm unter der angrenzenden Gewässersohle des EE ausgeführt wurde. Teilweise wurden die Wasserbausteine sohlgleich fundiert. Außerdem wurden für die Ufersteinschlichtung teilweise Wasserbausteine mit einer Masse von deutlich unter einer Tonne verwendet. Die Missachtung dieser Nebenbestimmung führt zu einem erhöhten Erhaltungsaufwand für die Ufersteinschlichtung, da es im Hochwasserfall durch Ausschwemmungen von Feinmaterial sowie durch Seiten- und Tiefenerosion zu Schäden kommen kann. Nach derartigen Schadensereignissen muss die Ufersteinschlichtung saniert werden.

Trotz dieser Bescheidabweichungen würde die Ufersteinschlichtung, sofern die Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden, einem singulären Hochwasser im Umfang eines Bemessungsereignisses standhalten. Sollte aber die dann notwendige Sanierung aufgrund einer raschen Abfolge mehrerer Hochwässer nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, könnte die Ufersteinschlichtung bei einem weiteren Hochwasser kollabieren. In einem derartigen Fall würde das Unterliegergrundstück der mitbeteiligten Partei durch zusätzlich mobilisiertes Material aus der Geländeanhebung belastet.

Dieser zusätzliche Materialeintrag (maximal wenige Kubikmetern, wahrscheinlich jedoch weniger als ein Kubikmeter) wäre aber in Relation zum sonstigen Geschiebe des Hochwassers marginal bzw kaum quantifizierbar. Dennoch führen die Bescheidabweichungen für die mitbeteiligte Partei zu einer (geringen) Risikoerhöhung, da bei einer (wenn auch unwahrscheinlichen) raschen Abfolge mehrerer Hochwässer und der dann nicht mehr rechtzeitig möglichen Instandhaltung zusätzliches Material aus der bewilligten Geländeanhebung auf ihr Grundstück gelangen kann.

III.    Beweiswürdigung:

Der Beschwerdeführer bestreitet, die Nebenbestimmung IV/2 missachtet zu haben. Zum Beweis dafür hat er den ausführenden Baggerfahrer LL und das geologische Bauaufsichtsorgan MM angeboten. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 13.05.2019 hat der Baggerfahrer zwar erklärt, Steine in einer Größe von ca einer bis vier Tonnen verwendet zu haben. Allerdings habe er diese nicht abgewogen, sondern nur abgeschätzt und es sei auch möglich, dass – insbesondere im oberen Bereich der Mauer – auch kleinere Steine eingebaut seien. Die Steine seien teilweise bis zu einen Meter unterhalb des Bachsohlniveaus verlegt worden. Aufgrund der Steinform sei es aber möglich, dass teilweise nur eine Fundierungstiefe von einem halben Meter erreicht wurde.

MM hat in seinem Abschlussbericht als geotechnische Bauaufsicht vom 24.05.2017, Zahl ***, ausgeführt, dass der Bau bescheidgemäß umgesetzt worden sei. Die erste Steinreihe sei weitgehend im Trockenen ca 50 cm unter der Bachsohle versetzt worden und die verwendete Steingröße hätte der Bescheidvorgabe entsprochen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 13.05.2019 hat er jedoch eingeräumt, dass die Steine im Zeitpunkt seiner Lokalaugenscheine bereits verbaut gewesen seien. Deren Größe habe er nur nach Augenmaß geschätzt. Er könne nicht ausschließen, dass auch kleinere Steine verwendet wurden. Die Fundierungstiefe könne er nicht verifizieren, seine diesbezügliche Erklärung im Abschlussbericht sei eine Vermutung.

Demgegenüber haben zwei beigezogene Amtssachverständige für JJ übereinstimmend gutachterlich erörtert, dass auch Wasserbausteine mit einer Masse von deutlich unter einer Tonne verbaut worden sind und, dass die Fundierungstiefe von 50 cm unter der Gewässersohle nicht durchgehend erreicht wurde. So hat der Amtssachverständige GG der JJ mit Gutachten vom 18.07.2018, Zahl ***, ausgeführt, dass die Größe der Steine nicht der Nebenbestimmung IV/2 des Bewilligungsbescheides entsprechen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht am 26.09.2018 hat er erklärt, dass er bei einem Lokalaugenschein am 24.09.2018 mit einer Stahlstange den Untergrund der Ufersteinschlichtung untersucht und dabei festgestellt hat, dass die Fundierungstiefe nicht ausreichend ist. Die Masse der Steine hat er berechnet, indem er an der Vorderseite eine Größe von 40 x 50 cm gemessen und die Tiefe mit einem Minimum von 50 cm und einem Maximum von 100 cm angenommen hat. Bei einer Dichte von Kalkstein von 2,71 t/m³ ergibt sich damit eine Masse von 270 bis 540 kg.

Das Landesverwaltungsgericht hat auch das Vermessungsgutachten des Amtssachverständigen NN vom 18.06.2018, Zahl ***, eingeholt, wonach am 30.05.2018 das Gefälle der Überflutungsmulde 12,43 % und der Geländeabtrag im Bereich der Ufersteinschlichtung 101 cm betragen hat. Dazu hat der Amtssachverständige GG mit Gutachten vom 18.07.2018, Zahl ***, ausgeführt, dass die vom Vermesser festgestellte Verbesserung gegenüber dem Gutachten vom 28.09.2017 auf Setzungen des Schüttkörpers und der Ufersteinschlichtung sowie auf Auswaschungen zurückzuführen ist. Das Vermessungsgutachten gehe allerdings von einem falschen Bezugspunkt aus (Oberkante Terrasse anstatt Oberkante Wiese), sodass das tatsächlich relevante Gefälle der Überflutungsmulde nur 11,77 % und der Geländeabtrag nur 95 cm beträgt. Damit verringert sich das Abflussvermögen der Überflutungsmulde um ca 3 %. Bei einem Bemessungsereignis ist das Abflussvermögen aber ausreichend, um das unterstellte Schadwasser abzuführen. Die geringfügige Unterschreitung des Projektzieles ist rein rechnerisch für öffentliche Interessen und fremde Rechte nicht nachteilig. Dennoch ist die oberste Steinreihe der Ufersteinschlichtung zu entfernen, da die Größe der Steine nicht der Nebenbestimmung IV/2 des Bewilligungsbescheides (mindestens eine Tonne) entspricht. Dies führt zu einer höheren Erosionsgefahr für die Ufersteinschlichtung und damit zu einer Höhergefährdung der Unterlieger.

In der vom Landesverwaltungsgericht am 26.09.2018 durchgeführten Verhandlung hat der Amtssachverständige GG unter anderem dargelegt, dass aufgrund der zu kleinen Steine die Erosionssicherheit im Hochwasserfall nicht gegeben ist. Im Hochwasserfall würde das Schadwasser durch die Flutmulde rinnen, sodass zuerst das Lockermaterial erodieren und kleine Schlitze in der Grobsteinschlichtung verursachen würde. Dadurch würde das Schadwasser konzentriert abfließen, sodass es zu einer teilweisen Zerstörung der Grobsteinschlichtungsmauer kommen kann.

Nachdem der Beschwerdeführer eine Befangenheit des Amtssachverständigen GG angenommen hat, hat das Landesverwaltungsgericht mit OO einen weiteren JJ Amtssachverständigen beigezogen. Dieser hat mit Gutachten vom 28.01.2019, Zahl ***, bestätigt, dass die Nebenbestimmung IV/2 nicht eingehalten wurde: Die Fundierungstiefe der Ufersteinschlichtung beträgt weniger als 50 cm – teilweise sind die Wasserbausteine sohlgleich fundiert – und sind Steine mit einem Gewicht von deutlich unter einer Tonne verbaut worden. Dadurch werden laut OO jedoch weder öffentliche Interessen am Hochwasserschutz noch fremde Rechte nachteilig berührt. Die durchgeführten Verbauungsmaßnahmen stellen ihm zufolge gegenüber dem Urzustand eine Verbesserung dar. Im Falle eines Bemessungsereignisses (100-jähriges Ereignis) muss ohnehin davon ausgegangen werden, dass es über weite Strecken des EE zu Erosionen, Geschiebemobilisierungen und Ablagerungen kommt. Die gegenständliche punktuelle Verbauung stellt im Fall ihres Versagens einen untergeordneten Prozess dar. Die mögliche Erhöhung der Geschiebefracht stellt in Relation zur Gesamtgeschiebefracht eine marginale Größe dar. Die Nichteinhaltung der Bescheidauflagen wird lediglich den Erhaltungsaufwand erhöhen.

In der vom Landesverwaltungsgericht am 13.05.2019 durchgeführten mündlichen Verhandlung hat der Amtssachverständige OO betreffend einer allfälligen Gefahrenerhöhung zu Lasten des Grundstücks der mitbeteiligten Partei erklärt, dass das maßgebliche Hochwasser auf Basis eines konvektiven Starkniederschlagereignisses anzunehmen ist, dass also eine sehr hohe Abflussspitze über einen relativ kurzen Zeitraum von maximal 30 Minuten eintritt. Auch bei einem derartigen singulären Hochwasserereignis sollte die Ufersteinschlichtung dem Hochwasser Stand halten. Aufgrund der Bescheidabweichungen wird es aber – insbesondere durch Ausschwemmungen von Feinmaterial sowie durch Seiten- und Tiefenerosion – zu einem erhöhten Erhaltungsaufwand für die Ufersteinschlichtung kommen. Insbesondere müsste die Ufersteinschlichtung – wie jeder Schutzwasserbau – nach allfälligen Hochwässern überprüft und allenfalls saniert werden. Das Unterliegergrundstück der mitbeteiligten Partei könnte infolge des Bauvorhabens aber sehr wohl in Mitleidenschaft gezogen werden. Dies allerdings unabhängig von den Bescheidabweichungen. Insbesondere könnte die Flutmulde zu Ausschwemmungen und in der Folge zu einem Eintrag von Material auf dem Unterliegergrundstück führen. Der EE hat einen Hochwasserabfluss von wenigen Kubikmetern pro Sekunde und einen Geschiebeanteil zwischen 10 und 20 %. Das bedeutet, dass pro Sekunde bis zu 0,3 m3 Geschiebe vom EE transportiert werden. Wenn nun aus dem Bereich der Flutmulde Feinmaterial in der Größenordnung von wenigen Kubikmetern (wahrscheinlich liege die Kubatur unterhalb eines Kubikmeters) dazukommt, ist dieser Mehreintrag in Relation zum bereits vorhandenen Geschiebe im Bach eine marginale Größe bzw kaum quantifizierbar. Aufgrund der Bescheidabweichung besteht keine Gefahrenerhöhung zu Lasten des Unterliegergrundstücks.

Am 06.05.2020 hat der Amtssachverständige OO sein Gutachten dahingehend ergänzt, dass am EE grundsätzlich auch kurz aufeinander folgende Hochwasserereignisse möglich sind, bei denen dem Konsensinhaber auch bei rechtskonformen Verhalten keine rechtzeitige Sanierung mehr möglich ist. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Hochwasserereignisse mit einer schadensauslösenden Wiederkehrsdauer von zumindest 100 Jahren unmittelbar aufeinander folgen, sehr gering und dieses Aufeinandertreffen von zwei Extremereignissen innerhalb von 24 Stunden mit einer Wahrscheinlichkeit behaftet, die weit jenseits der für die Gefahrenzonenplanung maßgeblichen 150-jährlichen Wiederkehrsdauer liegt. Wenn bei einem Erstereignis die Grobsteinschlichtung zerstört bzw beschädigt wird, so hat der Konsensinhaber diese Schäden unverzüglich zu beheben. Wenn sich der Konsensinhaber rechtskonform verhält, so hat er theoretisch 24 Stunden Zeit, die Schäden zu beheben. Theoretisch ist diese Sanierung rein technisch innerhalb von 24 h möglich, weil die Grobsteinschlichtung nicht sehr umfangreich ist. In der Praxis wird die Verfügbarkeit von geeignetem Gerät und Material, der Antransport von Gerät und Material, Unterbrechung in den Nachtstunden etc diesen Zeitraum als knapp bemessen erscheinen lassen. Kurz aufeinanderfolgende Hochwasserereignisse sind jedenfalls sehr unwahrscheinlich, aber möglich. Die Sanierung von Schäden an der Grobsteinschlichtung innerhalb des zur Verfügung stehenden Zeitraumen von 24 Stunden ist ebenfalls unwahrscheinlich, aber grundsätzlich möglich. Nur wenn die Sanierung der Grobsteinschlichtung unverzüglich durchgeführt wird, kommt es zu keiner Risikoerhöhung für die Unterliegerin.

Auch wenn der Amtssachverständige OO die Situation deutlich weniger gefährlich einstuft als der Amtssachverständige GG, kommt auch er zum Schluss, dass es im Fall kurz aufeinander folgender Hochwässer und einer dann allenfalls nicht mehr möglichen rechtzeitigen Sanierung zu einem Schadensereignis kommen kann. Auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür so gering ist, dass sie bei der Gefahrenzonenplanung nicht zu berücksichtigen ist, besteht diese Gefahr. Sofern OO eine Gefahrenerhöhung zu Lasten der mitbeteiligten Partei ausschließt, hat er dies nur unter der Prämisse einer intakten Uferverbauung getan. Aus seinem Gutachten vom 06.05.2020 ergibt sich aber zweifelsfrei, dass auch der Fall eintreten kann, dass die Uferverbauung auch bei rechtskonformen Verhalten des Beschwerdeführers nicht rechtzeitig saniert werden kann.

Der Beschwerdeführer ist weder dem Gutachten von GG, noch dem Gutachten von OO auf gleicher fachlichen Ebene entgegengetreten. Beide Gutachten sind schlüssig und nachvollziehbar und decken sich insofern, als sie bei einer raschen Abfolge mehrerer Hochwässer, bei der keine rechtzeitige Instandhaltung der Bachverbauung mehr möglich ist, eine Risikoerhöhung für die mitbeteiligte Partei feststellen. Diese Feststellung kann somit zweifelsfrei getroffen werden. Zur Frage, ob die Bescheidabweichungen auch darüber hinaus zu einer Gefahrenerhöhung führen, liegen unterschiedliche Beweisergebnisse vor. Wie in der rechtlichen Begründung noch auszuführen ist, kann diese Frage aber für das vorliegende Verfahren dahingestellt bleiben.

Zum Beweisantrag auf Einvernahme von PP, JJ, als Zeugin dafür, dass sie am 05.04.2018 bei einem Ortschaugenschein erklärt habe, dass eine allenfalls erforderliche Geländeabsenkung auch durch einen Humusabtrag erfolgen könne, ist klarzustellen, dass das Landesverwaltungsgericht nicht festgestellt hat, wie eine allfällige Absenkung des Geländeniveaus im Bereich der Flutmulde zu erfolgen hat. Bei der beantragten Zeugeneinvernahme handelt es sich um kein relevantes Beweisthema.

IV.      Rechtslage:

Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959):

„Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.

§ 12. (…)

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

(…)

Schutz- und Regulierungswasserbauten.

§ 41.

(1) Zu allen Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern einschließlich der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern nach dem Gesetze vom 30. Juni 1884, RGBl. Nr. 117, muß, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden.

(2) Bei Privatgewässern ist die Bewilligung zu derartigen Bauten, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, dann erforderlich, wenn hiedurch auf fremde Rechte oder auf die Beschaffenheit, den Lauf oder die Höhe des Wassers in öffentlichen oder fremden privaten Gewässern eine Einwirkung entstehen kann.

(…)

(4) Schutz- und Regulierungswasserbauten einschließlich größerer Räumungsarbeiten sind so auszuführen, daß öffentliche Interessen nicht verletzt werden und eine Beeinträchtigung fremder Rechte vermieden wird. Die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 und 4 finden sinngemäß Anwendung.

(…)

Instandhaltung.

§ 50.

(1) Sofern keine rechtsgültigen Verpflichtungen anderer bestehen, haben die Wasserberechtigten ihre Wasserbenutzungsanlagen einschließlich der dazugehörigen Kanäle, künstlichen Gerinne, Wasseransammlungen sowie sonstigen Vorrichtungen in dem der Bewilligung entsprechenden Zustand und, wenn dieser nicht erweislich ist, derart zu erhalten und zu bedienen, daß keine Verletzung öffentlicher Interessen oder fremder Rechte stattfindet. Ebenso obliegt den Wasserberechtigten die Instandhaltung der Gewässerstrecken im unmittelbaren Anlagenbereich.

(2) Nachteilige Wirkungen ihrer Anlagen (Abs. 1) auf andere Gewässerstrecken haben die Wasserberechtigten durch entsprechende Maßnahmen zu beheben. Bestehen bereits Schutz- oder Regulierungsbauten, so haben die Wasserberechtigten die Mehrkosten ihrer Instandhaltung zu tragen.

(…)

(6) Auf Wasseranlagen, die nicht der Wasserbenutzung dienen, finden die vorstehenden Bestimmungen dem Sinne nach Anwendung. Der Eigentümer einer solchen Wasseranlage hat diese mangels ausdrücklicher Verpflichtung nur insoweit zu erhalten, als es zur Verhütung von Schäden notwendig is, die durch den Verfall der Anlage entstehen können. Wird durch die Erhaltung der Anlage fremdes Eigentum gegen Wassergefahren geschützt, findet § 42 Abs. 2 sinngemäß Anwendung.

(…)

Parteien und Beteiligte.

§ 102. (1) Parteien sind:

a)       der Antragsteller;

b)       diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;

(…)

Überprüfung der Ausführung von Wasseranlagen

§ 121.

(1) Die Ausführung einer nach den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes oder unter Mitanwendung diese Bundesgesetzes bewilligungspflichtigen Wasseranlage ist unverzüglich der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde bekannt zu geben. Diese hat sich in einem auf Kosten des Unternehmers durchzuführenden Verfahren von der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung, bei Trieb- und Stauwerken insbesondere auch von der richtigen und zweckmäßigen Setzung der Staumaße, zu überzeugen, die Messungsergebnisse schriftlich festzuhalten, das Ergebnis dieser Überprüfung durch Bescheid auszusprechen und die Beseitigung etwa wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Wird bei einer Fristüberschreitung die Bewilligung nicht ausdrücklich für erloschen erklärt, so gilt die Anlage als fristgemäß ausgeführt (§ 112 Abs. 1).

(…)“

V.       Erwägungen:

Im Überprüfungsverfahren nach § 121 Abs 1 WRG 1959 ist die Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung festzustellen und die Beseitigung etwaig wahrgenommener Mängel und Abweichungen zu veranlassen. Geringfügige Abweichungen, die öffentlichen Interessen oder fremden Rechten nicht nachteilig sind oder denen der Betroffene zustimmt, können im Überprüfungsbescheid nachträglich genehmigt werden. Zu einer erteilten wasserrechtlichen Bewilligung gehören auch die Auflagen. Eine Abweichung iSd § 121 Abs 1 WRG 1959 stellt daher auch die Nichtausführung einer Auflage dar. Ein Unterbleiben einer Auflagenausführung kann daher nachträglich genehmigt werden, wenn die übrigen Voraussetzungen hiefür vorliegen (vgl VwGH 26.06.1996, 93/07/0107).

Die nachträgliche Genehmigung von Abweichungen ist Rechten Dritter jedenfalls dann nicht nachteilig, wenn der Zustand auf Grund der wasserrechtlichen Überprüfung keine Verschlechterung gegenüber dem Bewilligungsbescheid bedeutet. Mit Geringfügigkeit kann die Nachteiligkeit für die Rechte Dritter aber nicht gerechtfertigt werden (vgl VwGH 27.04.2006, 2003/07/0096). Wird also festgestellt, dass die wahrgenommenen Abweichungen von der erteilten Bewilligung den Rechten Dritter nachteilig sind, kommt deren nachträgliche Genehmigung gemäß § 121 Abs 1 WRG 1959 nicht mehr in Betracht, sodass es keiner Prüfung der Geringfügigkeit dieser Abweichungen mehr bedarf (vgl VwGH 10.08.2000, 97/07/0184).

Parteistellung im Überprüfungsverfahren nach § 121 WRG 1959 haben diejenigen, die im Bewilligungsverfahren Parteistellung hatten. Ihnen kommt das Recht zu, geltend zu machen, dass die ausgeführte Anlage in einer ihren Rechten berührenden Weise nicht mit dem Bewilligungsbescheid übereinstimmt. Darüber hinaus kommt Parteistellung im Überprüfungsverfahren – unabhängig von einer Parteistellung im Bewilligungsverfahren – auch denjenigen zu, die durch eine Abweichung vom genehmigten Projekt in ihren Rechten berührt werden (VwGH 30.05.2017, Ra 2017/07/0034).

Zu den in § 41 Abs 4 WRG 1959 genannten "fremden Rechten" zählen jedenfalls auch die Rechte nach § 12 Abs 2 WRG 1959, somit auch das Grundeigentum (VwGH 21.10.2021, Ra 2021/07/0008). Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin eines unmittelbar bachabwärts an den Schutz- und Regulierungswasserbau anschließenden Grundstücks. Ihr gegenüber ist der Bewilligungsbescheid vom 19.09.2016 in Rechtskraft erwachsen. Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts vom 05.12.2016 wurde lediglich ausgesprochen, dass ihr in Bezug auf eine behauptete Dienstbarkeit keine Parteistellung iSd § 102 WRG 1959 zukommt. Über ihre Parteistellung in Bezug auf das Grundeigentum wurde noch nicht abgesprochen. Zumal feststeht, dass ihr Grundstück unmittelbar an den bewilligten Schutz- und Regulierungswasserbau angrenzt und eine Beeinträchtigung ihres Grundstücks nicht von vorneherein ausgeschlossen werden kann, kommt ihr in der vorliegenden Kollaudierung Parteistellung zu.

Der Unterlieger eines Schutz- und Regulierungswasserbaus hat grundsätzlich kein subjektives Recht darauf, dass ein bestimmtes Schutzniveau erreicht wird. Ganz im Gegenteil ist er nach § 42 WRG 1959 selbst für die Herstellung von Schutz- und Regulierungswasserbauten zugunsten seiner Liegenschaft und Anlagen verantwortlich bzw hat bei fremden Schutz- und Regulierungswasserbauten nach den Verhältnissen seines erlangten Vorteiles oder nach dem Grade des von ihm abgewendeten Nachteils sogar einen Beitrag zum Bau zu leisten. Sofern also bei einem Schutz- und Regulierungswasserbau das angestrebte Schutzniveau für Unterlieger nicht im vollen Ausmaß erzielt wird, findet solange kein unzulässiger Eingriff in ihre wasserrechtlich geschützten Rechte statt, als sich für sie keine Verschlechterung gegenüber dem Urzustand ergibt.

Im vorliegenden Fall führen die bescheidwidrige Ausführung des Fundaments und die zu kleinen Wasserbausteine zunächst zu einem erhöhten Erhaltungsaufwand für den Beschwerdeführer. Damit alleine wird die Rechtssphäre der Unterlieger noch nicht berührt. Den Erhaltungsaufwand hat nämlich gemäß § 50 Abs 6 WRG 1959 nur der Eigentümer der bewilligten Anlage zu tragen. Zudem ist im Bewilligungs- und Überprüfungsverfahren davon auszugehen, dass die gesetzlichen Instandhaltungspflichten eingehalten werden. Gegenstand der Prüfung ist die konsens- und gesetzeskonforme Erhaltung der Anlage und nicht ein pflichtwidriges Unterlassen (vgl VwGH 28.05.2020, Ra 2019/07/0081). Sollte aber die notwendige Sanierung nicht aufgrund eines (unbeachtlichen) pflichtwidrigen Verhaltens, sondern aufgrund einer raschen Abfolge von Hochwässern (also aufgrund höherer Gewalt) faktisch nicht rechtzeitig abgeschlossen werden können, wäre nicht nur das Projektziel verfehlt, sondern würde sich in Bezug auf die mitbeteiligte Partei eine Verschlechterung gegenüber dem Urzustand ergeben. In diesem Fall besteht nämlich die Gefahr, dass das Material der Geländeanhebung – die auch Gegenstand der wasserrechtlichen Bewilligung ist – mobilisiert und auf das Grundstück der Beschwerdeführerin verfrachtet wird.

Dass dieser Materialeintrag auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin in Relation zum sonstigen Hochwassergeschiebe marginal bzw nicht quantifizierbar ist, spielt im Kollaudierungsverfahren keine Rolle. Die Kriterien der Geringfügigkeit und der Nachteil für fremde Rechte in § 121 WRG 1959 sind nämlich nicht gleichzusetzen. Entscheidend ist nur, dass bei einer Gegenüberstellung des Zustandes laut Bewilligungsbescheid mit dem ausgeführten Zustand ein Eingriff in öffentliche Interessen oder fremde Rechte stattfindet (VwGH 27.04.2006, 2003/07/0096). Dafür ist es auch nicht relevant, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts ist und, ob dieses Risiko für die Gefahrenzonenplanung der Wildbachverbauung zu berücksichtigen ist. Soweit also der Amtssachverständige OO eine Risikoerhöhung bei einem singulären Bemessungsereignis ausschließt, kann daraus noch nicht geschlossen werden, dass es überhaupt zu keinen Nachteilen für fremde Rechte iSd § 121 WRG 1959 kommen kann. Im vorliegenden Fall hat das Ermittlungsverfahren jedenfalls ergeben, dass die nachträgliche Genehmigung der Abweichungen den Rechten der mitbeteiligten Partei insofern nachteilig wäre, als sich ihr Schutz vor der bewilligten Geländeanhebung im unwahrscheinlichen Fall einer raschen Hochwasserabfolge gering, aber doch feststellbar verschlechtern würde. Da sie den Abweichungen auch nicht zugestimmt hat, kommt eine nachträgliche Bewilligung gemäß § 121 WRG 1959 nicht in Betracht.

Abschließend wird festgehalten, dass die im Überprüfungsverfahren nach § 121 Abs 1 WRG 1959 zu setzenden Akte nicht antragsbedürftig sind. Der Beschwerdeführer hat somit keinen Anspruch auf Erteilung eines Beseitigungsauftrages nach § 121 Abs 1 WRG 1959 (vgl VwGH 16.11.1982, 82/07/0204). Er kann nicht dadurch in seinen Rechten verletzt werden, dass ihm – etwa mangels ausreichender Kollaudierungsunterlagen – nicht die Beseitigung aller möglicherweise bestehenden Mängel und Abweichungen aufgetragen wird (vgl VwGH 10.08.2000, 99/07/0184). Hinsichtlich der vom Landesverwaltungsgericht festgestellten Mängel und Abweichungen besteht somit kein Anspruch auf Vollständigkeit. Es erübrigt sich damit ein Eingehen auf die Frage, ob auch die Verminderung des Abflussvermögens um ca 3 % und ein allfälliges früheres Versagen der Verbauung bei einem das Bemessungsereignis übersteigenden Hochwassers nachteilig für öffentliche Interessen oder fremde Rechte wäre.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Kollaudierung
wasserrechtliche Überprüfung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2018.44.0937.26

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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