TE Lvwg Erkenntnis 2022/2/17 LVwG-2021/44/1574-2

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Veröffentlicht am 17.02.2022
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Entscheidungsdatum

17.02.2022

Index

82/05 Lebensmittelrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

LMSVG 2006 §90 Abs3 Z1
VStG §31 Abs2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Mag. Spielmann über die Beschwerde der AA, geb am XX.XX.XXXX, Adresse 1, **** Z, vertreten durch Rechtsanwälte BB, Adresse 2, **** Z, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Z vom 28.04.2021, Zahl ***, betreffend einer Übertretung nach dem LMSVG,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahren:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin spruchgemäß Folgendes zur Last gelegt:

„Sie sind seitens der CC GmbH mit Sitz der Unternehmensleitung in **** Y, Adresse 3, gemäß § 9 Abs. 2 und 4 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) hinsichtlich der Einhaltung der Vorschriften des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes in deren Betriebsniederlassung (Lebensmittelgeschäft) in Z, Adresse 4, bestellte verantwortlich Beauftragte.

In dieser Eigenschaft haben Sie es zu verantworten, dass die CC GmbH als Lebensmittelunternehmerin (Lebensmittelhändlerin) ein durch diese Firma hergestelltes und vermarktetes Lebensmittel, nämlich Schinken (4 verschlossene, verschweißte unter Vakuumstehende, farblose, durchsichtige Kunststoffbeutel (19cm x 25cm) mit jeweils mehreren Scheiben umgerötetem, offensichtlich durcherhitztem, gepreßtem Fleisch, mit einer bis ca. 1cm dicken anhaftenden Fettgewebszone, mit einem Bruttogewicht von 241g, 119g, 249g und 194g) – es war dieses Lebensmittel für die Lieferung an Endverbraucher bestimmt - unter der Bezeichnung „DD“ und unter Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums nach Art. 9 Abs. 1 lit. f) LMIV mit: „mindestens haltbar bis: 30.10.2018“ am 05.10.2018 um 11:30 Uhr in deren Betrieb (Lebensmittelgeschäft) in **** Z, Adresse 4, durch Anbieten zum Verkauf in einer im Bereich der Selbstbedienung aufgestellten Kühlvitrine vor der Feinkostabteilung zufolge nachangeführter Umstände entgegen dem Lauterkeitsgebot des Art. 7 LMIV und insbesondere unter Außerachtlassung des Art 7 Abs. 1 lit. a) LMIV mit einer irreführenden Information über die Haltbarkeit dieses Lebensmittels in Verkehr gebracht hat:

?-ses Lebensmittel wies bereits bei der sofort nach dem Einlangen durchgeführten

Untersuchung durch die EE erhöhte Keimzahlen auf.

Nach Lagerung bis zum Ende des deklarierten Mindesthaltbarkeitsdatums (30.10.2018) wies dieses Lebensmittel abwegige Geruchs- (leicht unrein-alt, sauer) und Geschmackseigenschaften (leicht unrein-alt, sauer) auf.

Die abwegige Beschaffenheit wird durch das Ergebnis der mikrobiologischen Untersuchung sowie durch den ph-Wert objektiviert:

- mesophile aerobe Keime: 27 Millionen koloniebildende Einheiten pro Gramm (KBE/g)

-- DGHM-Richtwert: 5 Millionen KBE/g

- Milchsäurebakterien: 19 Millionen KBE/g

-- DGHM-Richtwert: 5 Millionen KBE/g

- pH-Wert: 5,6

Dieses Lebensmittel war daher zum Ende der deklarierten Mindesthaltbarkeit für den menschlichen Verzehr ungeeignet (§ 5 Abs. 5 Z 2 LMSVG). Die Verbrauchsfrist war zu lange bemessen und stellt somit eine zur Irreführung geeignete Angabe über die Haltbarkeit der Ware dar.“

Sie sei daher gemäß § 90 Abs 3 Ziffer 1 LMSVG mit einer Geldstrafe in Höhe von € 150,- (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) zu bestrafen. Zuzüglich habe sie gemäß § 64 VStG einen Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von € 15,- und den Ersatz der Barauslagen für die Lebensmitteluntersuchung in Höhe von € 137,260 zu bezahlen.

Dagegen richtet sich die fristgerechte Beschwerde vom 31.05.2021.

Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht am 15.06.2021 vorgelegt.

Am 16.06.2021 hat das Landesverwaltungsgericht die EE um Stellungnahme ersucht.

Die EE hat dazu am 25.08.2021 geantwortet.

II.      Erwägungen:

Gemäß § 31 Abs 2 VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Abschluss der strafbaren Tätigkeit.

Im vorliegenden Fall wurde der Beschwerdeführerin mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 28.04.2021 ein Sachverhalt mit Tatzeitpunkt 05.10.2018 zur Last gelegt. Die in § 31 Abs 2 VStG vorgesehene Frist von drei Jahren ist sohin zwischenzeitlich abgelaufen. Fristen, welche in die Verjährungsfrist nicht einzurechnen wären (vgl § 31 Abs 2 zweiter Satz VStG), waren im vorliegenden Fall nicht zu berücksichtigen.

Nach der in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmenden Strafbarkeitsverjährung darf ein Straferkenntnis vom Verwaltungsgericht nicht mehr bestätigt werden. Das Verwaltungsgericht hat in einem solchen Fall das bekämpfte Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen (vgl VwGH 19.12.1996, 95/09/0255).

III.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag. Spielmann

(Richter)

Schlagworte

Mindesthaltbarkeitsdatum
Strafbarkeitsverjährung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2021.44.1574.2

Zuletzt aktualisiert am

07.03.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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