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L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag KärntenNorm
BauO Krnt 1996 §13 Abs2 litcBetreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, in der Revisionssache der P GmbH in K, vertreten durch Arneitz & Dohr, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Peraustraße 2/5 (1. OG), gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 11. Oktober 2021, KLVwG-125/23/2021, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) die Beschwerde der Revisionswerberin gegen den im gemeindeinternen Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bauberufungskommission der Landeshauptstadt K vom 14. Dezember 2020, mit dem deren Berufung gegen den abweisenden Bescheid der Bürgermeisterin der Landeshauptstadt K betreffend den Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage mit zwei Tiefgaragen, einem Müllhaus, einem Carport und einer Einfriedung auf näher genannten Grundstücken in der KG S abgewiesen worden war, als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.
Dies begründete das LVwG im Wesentlichen - soweit für das gegenständliche Verfahren relevant - damit, dass dem verfahrensgegenständlichen Projekt Interessen des Schutzes des Ortsbildes gemäß § 13 Abs. 2 lit. c Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO 1996) entgegenstünden und die Genehmigungsfähigkeit der beantragten geschlossenen Bauweise aufgrund der gemäß § 3 Abs. 1 der Klagenfurter Bebauungsplanverordnung geforderten offenen Bebauung (eine geschlossene Bebauungsweise sei nur zulässig, sofern Interessen des Schutzes des Ortsbildes nicht eine offene Bebauung erforderten) nicht gegeben sei.
Dieser Beurteilung legte das LVwG die im behördlichen Bauverfahren eingeholte gutachterliche Stellungnahme der Ortsbildpflegekommission vom 21. Februar 2020 und die Stellungnahmen der Magistratsabteilung Stadtplanung vom 3. April 2020 und vom 13. Juli 2020 sowie die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen der Amtssachverständigen vom Amt der Kärntner Landesregierung zum Fachbereich Ortsbild (DI K) und zum Fachbereich Hochbau (DI H), jeweils vom 21. Juni 2021, zugrunde. Alle diese Stellungnahmen äußerten sich - mit näherer Begründung - negativ zur Genehmigungsfähigkeit des Bauvorhabens. Die Revisionswerberin legte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ein Ortsbildsachverständigengutachten von Architekt DI T. (im Folgenden: Privatgutachter) vom 27. Jänner 2021 sowie eine gutachterliche Stellungnahme des Privatgutachters vom 20. Juli 2021 vor. Am 16. September 2021 fand eine Verhandlung vor dem LVwG statt.
Beweiswürdigend setzte sich das LVwG eingehend mit den einander widersprechenden gutachterlichen Äußerungen der Ortsbildpflegekommission sowie den Stellungnahmen der Magistratsabteilung und den Ausführungen der Amtssachverständigen einerseits und des Privatgutachters andererseits zum Fachbereich Ortsbild auseinander und gelangte - mit näherer Begründung - zu dem Ergebnis, dass der Amtssachverständige DI K sein Gutachten vom 21. Juni 2021 auf Basis des Ortsbildpflegegesetzes und unter Beachtung der relevanten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erstellt sowie die Festlegung des Betrachtungsradius nachvollziehbar begründet habe; dem Privatgutachten und den Äußerungen des Privatgutachters in der Verhandlung vor dem LVwG könne keine vergleichbare Herangehensweise entnommen werden; den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen DI K zum Fachbereich Ortsbild werde daher eine höhere Glaubwürdigkeit beigemessen.
5 In der Zulässigkeitsbegründung rügt die Revisionswerberin Verfahrensmängel betreffend den Fachbereich Ortsbild und wendet sich gegen die vom LVwG diesbezüglich vorgenommene Beweiswürdigung. Es wird vorgebracht, das Gutachten des Amtssachverständigen DI K vom 21. Juni 2021 enthalte keinen ausreichenden Befund, ein gemeinsamer Charakter des Ortsbildes sei nicht festgestellt worden, als Beurteilungsmaßstab seien nur die baulichen Anlagen eines Ortes und die „von Menschenhand gestalteten Gebilde“, nicht aber die Durchblicksqualitäten und Durchgrünungen (Hinweis auf VwGH 17.8.2010, 2008/06/0093; VfGH [richtig: VwGH] 24.3.1969, 1082/68) relevant; es fehle Rechtsprechung dazu, nach welchen Kriterien „ein Wohngebäude als konsentierter Bestand als ortsbildstörend eingestuft werden“ dürfe, und ob auch der „natürlich gewachsene Bestand an Bäumen und Pflanzen, unabhängig von der Flächenwidmung und dem Vorliegen allfälliger Schutzgebiete“ bei der Beurteilung des Ortsbildes berücksichtigt werden dürfe.
6 Soweit die Revision Verfahrensmängel zum Sachverständigengutachten und der Beweiswürdigung in Bezug auf das Ortsbild geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, dass nach ständiger hg. Rechtsprechung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG diesbezüglich nur dann vorläge, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stünden, die Beurteilung durch das LVwG grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden Ergebnis geführt hätte. Außerdem müsste in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargelegt werden (vgl. etwa VwGH 23.12.2020, Ra 2018/06/0254, Rn. 10, mwN). Eine solche Relevanzdarstellung enthält die Revision jedoch nicht.
7 Darüber hinaus hielt der Verwaltungsgerichtshof bereits fest, dass die Frage der Störung des Ortsbildes grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes unterliegt (vgl. hierzu nochmals VwGH 23.12.2020, Ra 2018/06/0254, Rn. 12, mwN). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG läge nur vor, wenn das Verwaltungsgericht diesbezüglich ein unvertretbares und die Rechtssicherheit beeinträchtigendes Auslegungsergebnis erzielt hätte. Dies wird in der Zulässigkeitsbegründung nicht aufgezeigt.
8 Dem Wortlaut des § 2 Kärntner Ortsbildpflegegesetz zufolge umfasst das Ortsbild nicht nur Gebäude und sonstige bauliche Anlagen, sondern auch Grünanlagen, Gewässer, Schloßberge u. ä. sowie den charakteristischen Ausblick auf Ausschnitte der umgebenden Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob die Betrachtung von innen oder von einem Standpunkt außerhalb des Ortes erfolgt. Auch Sichtbeziehungen sind der hg. Rechtsprechung zum Kärntner Ortsbildpflegegesetz zufolge davon umfasst (vgl. etwa VwGH 24.8.2011, 2011/06/0069); eine gegenteilige Aussage lässt sich - entgegen den Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision - weder dem zum Steiermärkischen Baugesetz ergangenen hg. Erkenntnis 2008/06/0093 noch dem Erkenntnis 1082/68 (= Slg. 7538/A) betreffend die Auslegung einer auf Basis des Salzburger Naturschutzgesetzes erlassenen Verordnung entnehmen. Es trifft auch nicht zu, dass im Gutachten des Amtssachverständigen die gemeinsame Charakteristik des Ortsbildes nicht festgestellt worden wäre (siehe Seite 28 des angefochtenen Erkenntnisses).
Bei der in der Zulässigkeitsbegründung formulierten Frage, unter welchen Voraussetzungen „ein Wohngebäude als konsentierter Bestand als ortsbildstörend eingestuft werden darf bzw. wann ein derartiger konsentierter Bestand und in welcher Weise das Ortsbild beeinflusst oder gar verändert, sodass die Beurteilung des Ortsbildes an sich angepasst werden muss“, ist nicht erkennbar, auf welche Ausführungen des angefochtenen Erkenntnisses sich dies bezieht und inwiefern die Beantwortung dieser Frage im vorliegenden Verfahren relevant sein könnte. Abstrakte Rechtsfragen hat der Verwaltungsgerichtshof auf Grund einer Parteirevision gemäß Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG nicht zu beantworten (vgl. etwa VwGH 29.7.2021, Ra 2021/05/0082, Rn. 24, mwN).
Aus der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa VwGH 3.5.2012, 2010/06/0185) zum Kärntner Ortsbildpflegegesetz ergibt sich, dass für das Ortsbild im Sinn des § 2 leg. cit. neben der Bebauung auch die privaten Gärten sowie Wiesen mit Hecken und teils Bäumen auf unverbauten Baugrundstücken maßgeblich sein können. Dem Argument der Revisionswerberin, dass „in der freien Natur vorkommende Bepflanzungen, soweit diese nicht unter das Baumschutzgesetz fallen“ bei der Beurteilung des Ortsbildes nicht relevant sein könnten, kann nicht zugestimmt werden.
9 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 1. Februar 2022
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021060233.L00Im RIS seit
07.03.2022Zuletzt aktualisiert am
14.03.2022