TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/3 95/04/0181

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Veröffentlicht am 03.09.1996
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;
50/02 Sonstiges Gewerberecht;

Norm

AVG §56;
GewO 1973 §13 Abs3;
GewO 1973 §13 Abs7;
GewO 1994 §13 Abs3;
GewO 1994 §13 Abs7;
GewRNov 1992 Art4 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der F-Gesellschaft m.b.H. in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 12. Juli 1995, Zl. IIa-50.018/8-93, betreffend Ausschluß von der Gewerbeausübung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 15. Jänner 1993 meldete die Beschwerdeführerin beim Bürgermeister der Landeshauptstadt Innsbruck das Versicherungsmaklergewerbe an. Darüber erging am 2. Juni 1993 der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck, dessen Spruch wie folgt lautete:

"Gemäß § 13 Abs. 4, 5 und 7 GewO 1973 wird hiemit die "F-GmbH" von der Ausübung des Gewerbes "Versicherungsmakler gem. § 103 Abs. 1 lit. b Z. 49a GewO 1973", ausgeschlossen."

Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wurde mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 12. Juli 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung führte der Landeshauptmann nach Darstellung des Verfahrensganges unter anderem aus, gemäß § 13 Abs. 3 GewO 1973 in der Fassung vor Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 sei eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs oder zweimal das Ausgleichsverfahren eröffnet worden sei, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen. Nach dem Abs. 7 dieser Gesetzesstelle seien die Bestimmungen des Abs. 1 bis 6 auf eine juristische Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes sinngemäß anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 1 bis 6 auf eine natürliche Person zuträfen, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zustehe. Im vorliegenden Fall habe die Beschwerdeführerin an einem näher bezeichneten Standort das Gewerbe "Versicherungsmakler gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 49a GewO 1973" angemeldet und gleichzeitig die Bestellung des Geschäftsführers C angezeigt. Dieser sei zudem auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführerin. Als handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer komme ihm zweifellos maßgeblicher Einfluß zu. Auf C träfen (aus näher dargestellten Gründen) die Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 und 5 GewO 1973 zu. Da dieser Gewerbeausschlußgrund bei C hinsichtlich des Versicherungsmaklergewerbes nach wie vor bestehe, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Unterbleiben des in Rede stehenden Gewerbeausschlusses verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes trägt sie vor, C sei mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 31. Oktober 1994 gemäß § 26 Abs. 2 GewO 1994 die Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung wegen Abweisung des Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens zum Zwecke der Ausübung des Gewerbes "Berater in Versicherungsangelegenheiten" erteilt worden. Im vorliegenden Verfahren habe die belangte Behörde § 26 GewO 1973 nicht angewendet. Die Behörde habe nämlich bei Vorliegen der Voraussetzungen für den Gewerbeausschluß die Nachsicht vom Ausschluß von der Gewerbeausübung zu erteilen, wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage der natürlichen oder juristischen Person oder Personengesellschaft des Handelsrechtes erwartet werden könne, daß sie den mit der Gewerbeausübung verbundenen Zahlungspflichten nachkommen könne. Dies ergebe sich aus § 26 Abs. 1 GewO 1973. Aus § 26 Abs. 2 leg. cit. ergebe sich auch die Möglichkeit der Nachsicht beim Ausschlußgrund nach § 13 Abs. 5 leg. cit. Aus dem Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 31. Oktober 1994 sei ersichtlich, daß sämtliche Nachsichtsvoraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben seien. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte im vorliegenden Fall eine Nachsicht erteilt werden müssen.

Die Beschwerde erweist sich auf Grund folgender Erwägungen als berechtigt:

Nach § 13 Abs. 3 GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 war eine natürliche oder juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes, über deren Vermögen schon einmal der Konkurs oder zweimal das Ausgleichsverfahren eröffnet worden ist, von der Ausübung des Gewerbes auszuschließen. Dies hatte nach dem Abs. 7 dieser Gesetzesstelle auch zu geschehen, wenn diese Voraussetzung auf eine natürliche Person zutraf, der ein maßgebender Einfluß auf den Betrieb der Geschäfte zusteht.

Nach der diesbezüglich durch die Gewerberechtsnovelle 1992 unberührt gebliebenen Bestimmung des § 340 Abs. 1 GewO 1994 hat die Bezirksverwaltungsbehörde auf Grund der Anmeldung des Gewerbes (§ 339 Abs. 1) zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des angemeldeten Gewerbes durch den Anmelder in dem betreffenden Standort vorliegen. Über das Ergebnis ihrer Feststellungen hat die Behörde einen Bescheid zu erlassen, sofern nicht die Bestimmung des Abs. 4 anzuwenden ist. Nach dem Abs. 7 dieser Gesetzesstelle hat die Bezirksverwaltungsbehörde, wenn die im Abs. 1 erwähnten Voraussetzungen nicht vorliegen - unbeschadet eines Verfahrens nach § 366 Abs. 1 Z. 1 -, dies mit Bescheid festzustellen und die Ausübung des Gewerbes zu untersagen. Die im § 340 Abs. 1 GewO 1973 der Behörde aufgetragene Prüfung der Anmeldungsvoraussetzungen ist, abgesehen vom Fall des § 340 Abs. 6 leg. cit., auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung abzustellen.

Nach dem Inhalt der Regelung des § 13 Abs. 1 GewO 1973 in der Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1992 handelte es sich beim Ausschluß von der Gewerbeausübung um einen behördlichen Ausspruch konstitutiver Art, der erst mit seiner Rechtskraft wirksam wurde und der einen Gewerbebeendigungsgrund im Sinne des § 85 Z. 8 GewO 1973 darstellte. Zufolge der konstitutiven Wirkung eines derartigen Ausspruches war nach der Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 das Vorliegen allfälliger Ausschlußgründe allein noch nicht geeignet, eine nach den obigen Darlegungen auf den Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung abzustellende behördliche Feststellung bzw. Untersagung im Sinne des § 340 Abs. 7 GewO 1973 zu rechtfertigen. Lagen Gewerbeausschlußgründe gemäß § 13 GewO 1973 vor, dann war nach der Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 deren Vorliegen nicht gemäß § 340 Abs. 7 leg. cit. festzustellen, sondern der Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 13 GewO 1973 zu verfügen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1988, Zl. 87/04/0111).

Nach der Regelung des § 13 GewO 1994 tritt bei Vorliegen der in dieser Gesetzesstelle normierten Tatbestandsvoraussetzungen der Ausschluß von der Ausübung eines Gewerbes ipso iure, also ohne Zwischenschaltung eines konstitutiven Verwaltungsaktes ein. Seit dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1992 ist daher für einen behördlichen konstitutiven Ausspruch des Ausschlusses von der Ausübung eines Gewerbes kein Raum mehr (vgl. hiezu die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 21. März 1995, Zl. 94/04/0231).

Der Bescheid der belangten Behörde erging bereits im zeitlichen Geltungsbereich des § 13 GewO 1994. Da die Gewerberechtsnovelle 1992 diesbezüglich keine besondere Übergangsregelung enthält, hätte die belangte Behörde bei Erlassung dieses Bescheides nach dem allgemeinen Grundsatz, daß die Berufungsbehörde - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - das im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides geltende Recht anzuwenden hat, von der durch § 13 GewO 1994 gestalteten Rechtslage auszugehen und damit den erstbehördlichen Bescheid ersatzlos zu beheben gehabt.

Zum Vorbringen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift, es sei die Rechtslage vor der Gewerberechtsnovelle 1992 anzuwenden gewesen, weil bei der nach § 340 Abs. 1 GewO 1973 der Behörde aufgetragenen Prüfung der Anmeldungsvoraussetzungen auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Gewerbeanmeldung abzustellen sei, ist auf den Inhalt des Spruches des Bescheides erster Instanz, der durch seine Bestätigung auch zum Inhalt des angefochtenen Bescheides erhoben wurde, zu verweisen. Normativer Abspruch dieses Bescheides ist nicht ein solcher nach § 340 Abs. 7 GewO 1994, sondern der nur nach der Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des erstbehördlichen Bescheides bei Zutreffen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 13 GewO 1973 geboten gewesene konstitutive Ausschluß von der Ausübung eines Gewerbes.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1995040181.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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