TE Vwgh Erkenntnis 1996/9/3 96/04/0048

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Veröffentlicht am 03.09.1996
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §13 Abs1;
GewO 1994 §13 Abs2;
GewO 1994 §14 Abs1;
GewO 1994 §14 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des M in S, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Jänner 1996, Zl. 317.654/1-III/4/96, betreffend Verweigerung der Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. Jänner 1996 wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers um Gleichstellung mit Inländern zur Ausübung des Gewerbes des Handels mit Kraftfahrzeugen mit dem Standort in der Gemeinde S gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 abgewiesen. Zur Begründung führte der Bundesminister nach Darstellung des Verfahrensganges aus, da der Gesetzgeber den Begriff der sonstigen "öffentlichen Interessen" im Zusammenhang mit § 14 Abs. 2 GewO 1994 nicht definiert habe, liege ein unbestimmter Gesetzesbegriff vor, dessen Inhalt von der vollziehenden Behörde im Wege der Auslegung zu ermitteln sei. Unter diesen öffentlichen Interessen seien vor allem die Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit sowie der öffentlichen Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Rechtsordnung und die Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie der Schutz der Gesundheit zu verstehen. Gegen den Beschwerdeführer seien im Zeitraum zwischen Anfang Februar 1991 und Mai 1994 insgesamt zehn in Rechtskraft erwachsene Strafverfügungen erlassen worden, worin über ihn wegen 19 Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz (vor allem wegen Verletzungen der Pflichten gemäß § 102 und § 103 KFG) und die Straßenverkehrsordnung Verwaltungsstrafen verhängt worden seien. Die vom Beschwerdeführer mißachteten Bestimmungen dienten vor allem der Sicherheit des Straßenverkehrs und dem Schutz der Allgemeinheit. Aus diesen Verurteilungen sei ein Hang des Beschwerdeführers zur Nichtbeachtung dieser der Verkehrssicherheit dienenden Vorschriften erkennbar, woraus der Schluß zulässig sei, daß ihm die auch für die Ausübung des angestrebten Gewerbes, das insbesondere auch den Handel mit gebrauchten Kraftfahrzeugen umfasse, notwendige Verbundenheit mit den rechtlich geschützten Werten fehle. Unbeachtlich sei nach Ansicht der belangten Behörde in diesem Zusammenhang der Umstand, daß die verhängten Verwaltungsstrafen zum Teil relativ geringfügig gewesen seien. Dem Argument des Beschwerdeführers, es sei sachwidrig, bei der Entscheidung über eine Gleichstellung gemäß § 14 Abs. 2 GewO 1994 wesentlich strenger vorzugehen, als beim Ausschluß von der Gewerbeausübung gemäß § 13 leg. cit., hielt die belangte Behörde entgegen, die Nichtausübung eines Gewerbes durch eine Person, gegen die ein Gewerbeausschlußgrund im Sinne des § 13 GewO 1994 gegeben sei, liege zweifellos im öffentlichen Interesse. Dem stehe aber nicht entgegen, daß auch andere Umstände als Gewerbeausschlußgründe (wie eben das Vorliegen von Verwaltungsstrafen, insbesondere in größerer Zahl) eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen darstellen könnten. Daß solche Umstände für inländische Personen im Zusammenhang mit einem Gewerbeantritt bzw. einer Gewerbeausübung nicht unmittelbar von Bedeutung seien, hänge mit dem - grundsätzlich nur österreichischen Staatsbürgern gewährten - Grundrecht der Freiheit der Erwerbstätigkeit (Art. 6 Abs. 1 StGG) zusammen. Daß ein Inländer bei Nichtvorliegen von Gewerbeausschlußgründen grundsätzlich ein Gewerbe ausüben dürfe, schließe jedoch nicht zwingend aus, daß dadurch eine - wenngleich vom Gesetzgeber in Kauf genommene - Beeinträchtigung (sonstiger) öffentlicher Interessen gegeben sein könne. Da nach Ansicht der belangten Behörde auf Grund der Vielzahl der einschlägigen Verwaltungsstrafen von einer Beeinträchtigung öffentlicher Interessen im Sinne der anzuwendenden Gesetzesbestimmung auszugehen gewesen sei, sei die Prüfung des Vorliegens volkswirtschaftlichen Interesses an der Ausübung des angestrebten Gewerbes durch den Beschwerdeführer entbehrlich gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, bei der gegebenen Sach- und Rechtslage die von ihm erbetene Gleichstellung mit Inländern zur Ausübung des Gewerbes des Handels mit Kraftfahrzeugen mit dem Standort in der Gemeinde S zu erhalten. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt er vor, öffentliche Interessen im Sinne des § 14 Abs. 2 GewO 1994 stellten sicherlich auch die Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit sowie der öffentlichen Ruhe und Ordnung und der Schutz der Gemeinschaft dar. Seiner Auffassung nach rechtfertigten aber Verwaltungsübertretungen, die durchwegs nur mit Geldstrafen im Bagatellbereich geahndet würden, unter Berücksichtigung des Umstandes, daß diese Verwaltungsübertretungen in einem Zeitraum von mehr als drei Jahren begangen worden seien, die letzte Verwaltungsübertretung vom Mai 1995 stamme, sohin fast acht Monate, gerechnet ab der Erlassung des angefochtenen Bescheides, zurückliege, auch unter Bedachtnahme auf die Zahl der Verstöße noch nicht die Annahme, daß die Ausübung des Gewerbes dem öffentlichen Interesse zuwiderlaufe. Er vertrete die Meinung, bei der Beurteilung der Frage, ob ein Zuwiderlaufen gegen öffentliche Interessen nach § 14 Abs. 2 leg. cit. gegeben sei, sei auf § 13 Abs. 1 leg. cit. Bedacht zu nehmen. Es liege keine Verurteilung vor, die einen Ausschluß von der Gewerbeausübung nach dieser Gesetzesstelle rechtfertige. Es wäre daher sachwidrig und unbillig, bei der Gleichstellungserklärung gemäß § 14 GewO 1994 strenger vorzugehen als beim Ausschluß von der Gewerbeausübung.

Gemäß § 14 Abs. 1 GewO 1994 dürfen ausländische natürliche Personen, sofern dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist oder wenn der Bezirksverwaltungsbehörde nachgewiesen wurde, daß österreichische natürliche Personen in dem Heimatstaat des Ausländers bei der Ausübung des betreffenden Gewerbes keinen anderen wie immer gearteten Beschränkungen unterliegen als die Angehörigen dieses Staates (Gegenseitigkeit). Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle bedürfen Angehörige eines Staates, hinsichtlich dessen diese Gegenseitigkeit nicht nachgewiesen werden kann, und Staatenlose für die Ausübung des Gewerbes einer Gleichstellung mit Inländern durch den Landeshauptmann. Die Gleichstellung kann ausgesprochen werden, wenn anzunehmen ist, daß die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer oder Staatenlosen im volkswirtschaftlichen Interesse liegt und nicht den sonstigen öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

Der Verwaltungsgerichtshof teilt die auch vom Beschwerdeführer nicht bestrittene Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach unter den im § 14 Abs. 2 leg. cit. angesprochenen sonstigen öffentlichen Interessen auch jene der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verteidigung der Rechtsordnung und der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie der Schutz der Gesundheit zu verstehen sind. Auch der Beschwerdeführer bezweifelt nicht, daß grundsätzlich Verurteilungen des Gleichstellungswerbers wegen strafbarer Handlungen geeignet sind, das Vorliegen des Tatbestandes der Annahme, die Ausübung des Gewerbes durch den Ausländer laufe nicht den sonstigen öffentlichen Interessen zuwider, auszuschließen. Er meint allerdings, diese Annahme sei erst gerechtfertigt, wenn die über den Gleichstellungswerber verhängten Strafen die im § 13 Abs. 1 GewO 1994 gezogene Grenze überschritten hätten.

Dem vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Aus der systematischen Stellung der Bestimmung des § 14 GewO 1994 im gesamten Gefüge der den Gewerbeantritt regelnden Bestimmungen der Gewerbeordnung ergibt sich, daß ein Ausländer, dem die Gleichstellung nach § 14 Abs. 2 leg. cit. gewährt wird, zum tatsächlichen Gewerbeantritt überdies noch die sonstigen für das jeweilige Gewerbe geltenden Antrittsvoraussetzungen, somit insbesondere auch das Fehlen von Ausschlußgründen im Sinne des § 13 leg. cit. erfüllen muß. Eine am System der Gewerbeordnung orientierte Auslegung des § 14 Abs. 2 GewO 1994 muß daher zu einem von der Bestimmung des § 13 Abs. 1 abweichenden, im Sinne des Standpunktes des Beschwerdeführers strengeren Ergebnis kommen. Andernfalls würde man dem Gesetzgeber unterstellen, mit dem in Rede stehenden Tatbestandselement etwas Überflüssiges normiert zu haben.

Ausgehend von diesem Auslegungsergebnis vermag der Verwaltungsgerichtshof in der Rechtsansicht der belangten Behörde, die Vielzahl und die Art der Verwaltungsübertretungen, wegen derer der Beschwerdeführer rechtskräftig verurteilt wurde, schließe unabhängig von der Höhe der im Einzelfall verhängten Geldstrafen die Annahme aus, die Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes durch den Beschwerdeführer laufe nicht öffentlichen Interessen zuwider, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Die Beschwerde erweist sich somit als nicht begründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Beschwerde und auch den sonstigen dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten kann nicht entnommen werden, in welcher Weise die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens Einfluß hätte haben können.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1996:1996040048.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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