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L2200 LandesbediensteteNorm
B-VG Art139 Abs1 Z1Leitsatz
Gesetzwidrigkeit näher bezeichneter Wortfolgen der Verordnung der Stmk Landesregierung betreffend die Einreihung von Stellen in Gehaltsklassen mangels Nachvollziehbarkeit des Verordnungserlassungsverfahrens hinsichtlich der für die Einstufung notwendigen PunktezahlSpruch
I. Die Wortfolge "Amtstierärztin/Amtstierarzt Wahrnehmen veterinärmedizinischer Kompetenzen, insbesondere der Sachverständigentätigkeiten" in der Tabelle zu Gehaltsklasse 14 in §2 Abs1 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. Mai 2004 über die Einreihung der Stellen im Landesdienst in Gehaltsklassen (Steiermärkische Einreihungsverordnung – StEVO), LGBl für die Steiermark Nr 19/2004 idF LGBl für die Steiermark Nr 96/2020, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 31. März 2022 in Kraft.
III. Die Steiermärkische Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt für die Steiermark verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Antrag
Mit dem vorliegenden, auf Art139 Abs1 Z1 B-VG gestützten Antrag begehrt das Landesverwaltungsgericht Steiermark, die Wortfolge "Amtstierärztin/Amtstierarzt Wahrnehmen veterinärmedizinischer Kompetenzen, insbesondere der Sachverständigentätigkeiten" in der Tabelle zu Gehaltsklasse 14 in §2 Abs1 Steiermärkische Einreihungsverordnung (im Folgenden: StEVO), in eventu die gesamte StEVO als gesetzwidrig aufzuheben.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Stmk Gesetzes über das Dienst- und Besoldungsrecht der Bediensteten des Landes Steiermark (Stmk L-DBR), LGBl 29/2003 idF LGBl 62/2021, lauten auszugsweise wie folgt:
"§5
Wirkungsbereich, Funktionsgruppe und Gehaltsklassen
(1) Die dienst- und besoldungsrechtlichen Merkmale einer Stelle gemäß §4 Abs1 setzen sich aus der Zuordnung dieser Stelle zu einem Wirkungsbereich, zu einer Funktionsgruppe und einer Gehaltsklasse zusammen.
(2) Der Landesdienst umfasst die Wirkungsbereiche
1. Leitung (LT),
2. Allgemeine Verwaltung (AV),
3. Technik/Handwerk (TH) und
4. Fachdienste (FD).
(3) Die Funktionsgruppen umfassen
1. Hilfsdienste mit den Gehaltsklassen 1 bis 3,
2. Qualifizierter Hilfsdienst mit den Gehaltsklassen 4 bis 6,
3. Fach- und Sachbereich mit den Gehaltsklassen 7 bis 9,
4. Fachassistenz mit den Gehaltsklassen 10 bis 12,
5. Experten/Expertinnen und Leiter/Leiterinnen mittleres Management mit den Gehaltsklassen 13 bis 17,
6. Top Experten/Expertinnen und Leiter/Leiterinnen gehobenes Management mit den Gehaltsklassen 18 bis 21,
7. Leiter/Leiterinnen Top Management mit den Gehaltsklassen 22 bis 24.
(4) Die Zugehörigkeit einer Stelle zu einer bestimmten Gehaltsklasse ist abhängig vom Stellenwert.
§6
Stellenbewertung
(1) Die Wertigkeit jeder Stelle ist unter Anwendung der Bewertungsgrundsätze gemäß §7 durch Ermittlung eines Punktewertes festzusetzen. Die Gehaltsklassen umfassen folgende Punktwerte:
Gehaltsklassen
Punktewerte
1
0 – 75
2
76 – 87
3
88 – 101
4
102 – 117
5
118 – 136
6
137 – 158
7
159 – 182
8
183 – 212
9
213 – 245
10
246 – 283
11
284 – 327
12
328 – 377
13
378 – 435
14
436 – 501
15
502 – 577
16
578 – 665
17
666 – 766
18
767 – 882
19
883 – 1016
20
1017 – 1170
21
1171 – 1347
22
1348 – 1550
23
1551 – 1784
24
1785 – 2053
Auf Grund des festgesetzten Punktewertes können Stellen oder Stellengruppen durch Verordnung der Landesregierung einer Gehaltsklasse zugeordnet werden (Einreihungsverordnung).
(2) Stellen, an denen Aufgaben besorgt werden, die gleichartig sind oder nicht wesentlich voneinander abweichen, können in einer Stellengruppe zusammengefasst werden.
(3) Ändern sich bestehende Aufgaben, entstehen neue Aufgaben oder neue Stellengruppen, ist die Verordnung anzupassen. Die Verordnungen dürfen zugunsten der Bediensteten auch rückwirkend erlassen werden.
§7
Bewertungsgrundsätze
(1) Durch die Bewertung einer Stelle wird in einem analytischen Verfahren der Punktwert der Stelle ermittelt. Dabei sind die mit der Stelle verbundenen Anforderungen an das Wissen, die für die Umsetzung des Wissens erforderliche Denkleistung und die Verantwortung zu berücksichtigen. Wissen, Denkleistung und Verantwortung bilden die Hauptbewertungsfaktoren einer Stelle. Im Einzelnen ist zu bewerten:
1. das Wissen nach den Anforderungen
a) an die durch Ausbildung und Erfahrung erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten – Subfaktor Fachwissen in der Ausprägung von einfachen Fähigkeiten und Kenntnissen bis auf die Beherrschung von sehr komplexen Aufgaben oder eine vertiefte Kenntnis auf mehreren Sachgebieten,
b) an die Fähigkeit Aufgaben zu erfüllen, Vorgänge und Prozesse zu überwachen, zu integrieren oder zu koordinieren – Subfaktor Managementwissen in der Ausprägung von nicht gegeben bei rein ausführenden und überwachenden Stellen bis übergeordnete Integration komplexer Organisationseinheiten mit heterogener Zielausrichtung sowie
c) an die Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit – Subfaktor Kommunikation in der Ausprägung von minimaler Kommunikation bis Einflussnahme auf Meinungen, Verhalten und Überzeugungen;
2. das Denken
a) nach dem Umfang des Rahmens, in dem Handeln mehr oder weniger exakt vorgegeben ist – Subfaktor Denkart in der Ausprägung von exakter Anleitung bis gesamtstrategisch orientiert sowie
b) nach der Anforderung, Wissen bei der Erfüllung von wiederkehrenden bis neuartigen Aufgaben umzusetzen – Subfaktor Kreativität in der Ausprägung von wiederholend bis zur Lösung neuartiger, bisher von niemandem gelöster Problemstellungen sowie
3. die Verantwortung
nach dem Grad der Bindung an Gesetze, Verordnungen und Dienstanweisungen – Subfaktor Prozessbeitrag in der Ausprägung von detailliert angewiesener Ausführung bis existenzielle Befassung mit sozialen, wirtschaftlichen, physikalischen Phänomenen im Rahmen der Naturgesetze.
Die Ausprägung der Subfaktoren ist durch Verordnung der Landesregierung festzulegen.
(2) Die Ausprägung der einzelnen Subfaktoren wird durch einen Teilpunktewert ausgedrückt. Der Punktewert einer Stelle ist die Summe der für die Hauptbewertungsfaktoren Wissen, Denkleistung und Verantwortung ermittelten Teilpunktewerte.
(3) Jede im Stellenplan ausgewiesene Stelle ist gemäß Abs1 und 2 zu bewerten.
(4) Eine neuerliche Bewertung ist insbesondere durchzuführen, wenn
1. sich bestehende Aufgaben einer Stelle ändern,
2. neue Aufgaben einer Stelle übertragen werden oder
3. mit einer Organisationsänderung eine Veränderung des Stellenwertes zu erwarten ist.
Bei der Bewertung ist die betreffende Stelle, im Fall von Z3 auch alle anderen von der Organisationsänderung betroffenen Stellen neuerlich zu bewerten."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. Mai 2004 über die Einreihung der Stellen im Landesdienst in Gehaltsklassen (Steiermärkische Einreihungsverordnung – StEVO), LGBl 19/2004 idF LGBl 96/2020, lauten auszugsweise wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):
"§1
Ausprägung der Bewertungsfaktoren
(1) Die der Bewertung einer Stelle zugrunde liegenden Hauptfaktoren Wissen, Denken und Verantwortung §7 Abs1 Z1, 2 und 3 L-DBR untergliedern sich in Subfaktoren. Die unterschiedliche Ausprägung der Bewertungsfaktoren und die der einzelnen Ausprägung zugrunde liegende Beschreibung ergibt sich nach Abs2 bis 4.
(2) Hauptfaktor Wissen (§7 Abs1 Z1 lit.a bis c L-DBR)
[tabellarische Darstellung der Ausprägungsgrade der Subfaktoren Fachwissen, Managementwissen und Kommunikation samt wörtlicher Beschreibung ohne Angabe von Punktewerten]
(3) Hauptfaktor Denken (§7 Abs1 Z2 lit.a und b L-DBR)
[tabellarische Darstellung der Ausprägungsgrade der Subfaktoren Denkart und Kreativität samt wörtlicher Beschreibung ohne Angabe von Punktewerten]
(4) Hauptfaktor Verantwortung (§7 Abs1 Z3 L-DBR)
[tabellarische Darstellung der Ausprägungsgrade des Subfaktors Prozessbeitrag samt wörtlicher Beschreibung ohne Angabe von Punktewerten]
§2
Einreihung von Stellen
(1) Folgende Stellen werden gemäß §6 Abs1 Stmk L-DBR den einzelnen Gehaltsklassen zugeordnet:
[…]
Gehaltsklasse 14
Stelle
Aufgaben
Amtstierärztin/Amtstierarzt
Wahrnehmen veterinärmedizinischer Kompetenzen, insbesondere der Sachverständigentätigkeiten
[…]
[…]
[…]
(2) Die von den in Abs1 angeführten Stellen jeweils hauptsächlich ausgeführten Aufgaben (Kernaufgaben) werden in der Spalte 'Aufgaben' aufgezählt.
[…]"
III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Dem Antrag liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Beim Landesverwaltungsgericht Steiermark ist ein Beschwerdeverfahren gegen einen Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Oktober 2020 anhängig. Mit diesem Bescheid wurde über den Antrag des Beschwerdeführers vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark auf Feststellung des ihm ab einem bestimmten Zeitpunkt zustehenden Gehalts abgesprochen. Die Feststellung lautete dahin, dass dem genannten Beschwerdeführer das Gehalt der Gehaltsklasse ST 14 gebühre.
Bei der Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde sind beim Landesverwaltungsgericht Steiermark Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Wortfolge "Amtstierärztin/Amtstierarzt Wahrnehmen veterinärmedizinischer Kompetenzen, insbesondere der Sachverständigentätigkeiten" in der Tabelle zu Gehaltsklasse 14 in §2 Abs1 StEVO entstanden.
2. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat den Verordnungsakt vorgelegt und im Wesentlichen das Bedenken geäußert, dass dem Verordnungsakt nicht zu entnehmen sei, wie der nach §6 f. Stmk L-DBR geforderte Punktewert für die Einreihung der betroffenen Stelle durch die StEVO ermittelt worden sei. Das Verordnungserlassungsverfahren sei daher mangelhaft und die angefochtene Wortfolge der StEVO sei wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.
3. Die Steiermärkische Landesregierung hat unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 2020, V485/2020, von einer Äußerung abgesehen.
4. Der Beschwerdeführer vor dem Landesverwaltungsgericht Steiermark hat als beteiligte Partei eine Äußerung erstattet, in der er sich den Bedenken des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark anschließt.
IV. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit
Im Verfahren hat sich nichts ergeben, was an der Präjudizialität der angefochtenen Bestimmung zweifeln ließe. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, erweist sich das Verordnungsprüfungsverfahren insgesamt als zulässig.
2. In der Sache
Der Fall entspricht in allen wesentlichen Belangen jenem, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 2020, V485/2020, zugrunde lag. Die darin enthaltenen Erwägungen zu einer anderen Wortfolge in §2 Abs1 StEVO gelten sinngemäß für die im vorliegenden Fall angefochtene Wortfolge, sodass auf die Begründung des genannten Erkenntnisses verwiesen werden kann.
V. Ergebnis
1. Die Wortfolge "Amtstierärztin/Amtstierarzt Wahrnehmen veterinärmedizinischer Kompetenzen, insbesondere der Sachverständigentätigkeiten" in der Tabelle zu Gehaltsklasse 14 in §2 Abs1 StEVO ist als gesetzwidrig aufzuheben.
2. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsstelle gründet sich auf Art139 Abs5 letzter Satz B-VG.
3. Die Verpflichtung der Steiermärkischen Landesregierung zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und des damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Ausspruches erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §59 Abs2 VfGG iVm §2 Abs1 Z7 Stmk Kundmachungsgesetz.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Dienstrecht, Einreihungsverordnung, Verordnungserlassung, VfGH / FristsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2021:V174.2021Zuletzt aktualisiert am
03.05.2022