TE Vwgh Beschluss 2022/2/3 Ra 2021/10/0192

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Veröffentlicht am 03.02.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §16 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Derfler, über die Revision des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10. November 2021, Zl. W224 2233318-2/4E, betreffend Genehmigung des Organisationsstatutes einer Privatschule (mitbeteiligte Partei: Verein „S“ in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1.1. Mit bei der Bildungsdirektion für Wien eingebrachtem (vgl. § 23 Abs. 3 Privatschulgesetz) Schreiben vom 12. April 2019 beantragte der Mitbeteiligte die Genehmigung des Organisationsstatutes für die von ihm geführte Privatschule in Wien „ab dem Schuljahr 2019/2020“.

2        Mit - in Rechtskraft erwachsenem - Bescheid vom 2. Juni 2020 genehmigte der Revisionswerber, nachdem die mitbeteiligte Partei im Mai 2020 Säumnisbeschwerde erhoben hatte, das Organisationsstatut für die vom Mitbeteiligten geführte Privatschule „ab dem Schuljahr 2020/21“.

3        1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis genehmigte das Bundesverwaltungsgericht - im Säumnisbeschwerdeverfahren - das Organisationsstatut für die vom Mitbeteiligten geführte Privatschule „für das Schuljahr 2019/2020“, wobei es eine entsprechende Verwaltungsabgabe für diese Genehmigung vorschrieb und die Revision gegen seine Entscheidung nicht zuließ.

4        Zu dem erwähnten Säumnisbeschwerdeverfahren sei zunächst auf den hg. Beschluss vom 1. Dezember 2020, Ra 2020/10/0154, verwiesen.

5        Zur Genehmigung des Organisationsstatutes führte das Verwaltungsgericht (u.a.) begründend aus, dieses sei mit dem vom Revisionswerber mit Bescheid vom 2. Juni 2020 genehmigten Organisationsstatut gleichlautend.

6        Der vom Revisionswerber in einer Verhandlung am 10. November 2021 vorgetragenen Auffassung, eine „rückwirkende“ Genehmigung eines Organisationsstatutes zu einem Zeitpunkt nach Beginn des betreffenden Schuljahres sei unzulässig, schloss sich das Verwaltungsgericht aus folgenden Erwägungen nicht an:

7        Zum einen sei der gegenständliche Antrag am 12. April 2019, somit deutlich vor Beginn des Schuljahres 2019/2020, entsprechend der Anordnung des § 23 Abs. 3 Privatschulgesetz bei der Bildungsdirektion für Wien eingebracht worden. Dass der Antrag von dieser erst am 10. September 2019 dem zur Entscheidung zuständigen Bundesminister (dem Revisionswerber) vorgelegt worden sei, könne nicht zu Lasten des Antragstellers, also des Mitbeteiligten, gehen. Zum anderen sei aus dem Privatschulgesetz nicht ableitbar, dass der zuständige - gegenständlich säumige - Bundesminister eine Genehmigung von Organisationsstatuten „lediglich ‚ex nunc‘ (gemeint wohl: pro futuro) für das nächstfolgende Schuljahr“ erteilen könne.

8        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       3.1. In den Zulässigkeitsausführungen seiner außerordentlichen Revision stellt der Revisionswerber zunächst erkennbar in Frage, ob er - angesichts der Vorlage des Antrages an ihn am 10. September 2019 (somit nach Beginn des Schuljahres 2019/2020) - verpflichtet gewesen sei, „eine rückwirkende Genehmigung auszusprechen“.

12       Soweit der Revisionswerber damit seine dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegte Säumnis bestreiten will, sei auf den den Gegenstand des erwähnten Revisionsverfahrens zur Zl. Ra 2020/10/0154 bildenden - rechtskräftigen - Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 2. September 2020, W224 2233318-1/2 E, verwiesen, mit dem das Verwaltungsgericht einen Bescheid des Revisionswerbers vom 4. Juni 2020, mit dem dieser das Säumnisbeschwerdeverfahren gemäß § 16 Abs. 1 VwGVG eingestellt hatte, aufgehoben hat, weil die belangte Behörde mit dem eingangs (Rz 2) erwähnten Bescheid vom 2. Juni 2020 „die Verwaltungsangelegenheit nicht zur Gänze erledigt“ habe; durch diesen Beschluss wurde - sowohl das Verwaltungsgericht als auch die belangte Behörde (den Revisionswerber) bindend (zur Bindungswirkung als Ausfluss der materiellen Rechtskraft vgl. etwa VwGH 29.5.1995, 94/10/0173 = VwSlg. 14.262 A) - ausgesprochen, dass mit dem Bescheid des Revisionswerbers vom 2. Juni 2020 die durch den Antrag des Mitbeteiligten bestimmte Verwaltungsangelegenheit bloß unvollständig erledigt worden und der Revisionswerber daher säumig geworden war.

13       3.2. Im Weiteren kommt der Revisionswerber erkennbar auf seine bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vertretene Auffassung zurück, die vom Verwaltungsgericht vorgenommene „rückwirkende Genehmigung“ des Organisationsstatutes für das Schuljahr 2019/2020 sei unzulässig; sie weiche nämlich von näher genannter hg. Judikatur ab.

14       Dabei lässt der Revisionswerber allerdings außer Acht, dass sich die angeführte Rechtsprechung jeweils auf „normative Anordnungen“ für einen vor der Erlassung des Bescheides (nunmehr der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes) liegenden Zeitraum bezog: etwa die Entziehung der Lenkberechtigung, die Zurücknahme der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke (vgl. die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb, AVG, Rz 13 zu § 62) oder eine Ruhestandsversetzung (VwGH 17.10.2008, 2005/12/0092). Derartige konstitutive Verwaltungsakte erachtete der Gerichtshof nur als zulässig, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage bestand.

15       Eine solche normative Anordnung wurde allerdings mit dem angefochtenen Erkenntnis, mit dem das Verwaltungsgericht über den vom Revisionswerber nicht erledigten Genehmigungsantrag des Mitbeteiligten für das Schuljahr 2019/2020 abgesprochen hat, nicht getroffen; der behauptete Widerspruch zur hg. Judikatur liegt daher nicht vor.

16       4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

17       Die Revision war deshalb zurückzuweisen.

Wien, am 3. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2021100192.L00

Im RIS seit

04.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

14.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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