TE Vwgh Beschluss 2022/2/14 Ra 2020/02/0070

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Veröffentlicht am 14.02.2022
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

B-VG Art112
B-VG Art115 Abs2
B-VG Art118 Abs4
B-VG Art133 Abs4
StVO 1960
StVO 1960 §82
VwGG §34 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/02/0083

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter und Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Wien vom 3. Jänner 2020, VGW-221/079/10100/2017/VOR-14, betreffend Gebrauchserlaubnis nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz und Bewilligung nach § 82 StVO (mitbeteiligte Partei: Y GesmbH in W), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        In der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

5        1.) Zur Gebrauchserlaubnis:

6        Der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer bestimmten Rechtsnorm fehlt, begründet für sich allein noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. VwGH 24.2.2015, Ro 2014/05/0097, mwN).

7        Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG liegt auch dann nicht vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof ergangenen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation gegeben ist, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. VwGH 29.11.2016, Ra 2016/06/0066, 0067, mwN).

8        Im vorliegenden Fall ist die Rechtslage nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz jedenfalls insofern eindeutig, als dieses Gesetz keine Regelung dahingehend enthält, dass allein schon dann, wenn eine Zone des Anwohnerparkens vorliegt, die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis keinesfalls in Frage käme.

9        Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht nicht ausgeführt, dass eine Zone des Anwohnerparkens bei der Entscheidung über die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis gar keine Berücksichtigung finden dürfe. Es hat bindend lediglich ausgesprochen, dass eine Verordnung über das Anwohnerparken „per se“ keine rechtliche Begründung für die Versagung der Gebrauchserlaubnis darstellt.

10       2.) Zur Bewilligung nach § 82 StVO:

11       Der Magistrat macht fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum innergemeindlichen Instanzenzug (auch) für bundesgesetzlich geregelte Materien im eigenen Wirkungsbereich der Stadt Wien geltend.

12       Die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, muss im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erfüllt sein. Wurde die zu beantwortende Rechtsfrage in der Rechtsprechung nach Einbringen der Revision geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 3.12.2021, Ra 2020/16/0079, mwN).

13       Zu der in Rede stehenden Rechtsfrage erkannte der Verwaltungsgerichtshof: In jenen Materien, in denen es sich um - dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde übertragene - Angelegenheiten der Bundesvollziehung handelt, richtet sich das Bestehen des Instanzenzuges nach der jeweils konkreten materiengesetzlichen Regelung. Dabei gilt, dass der Ausschluss des Instanzenzuges ausdrücklich normiert sein muss (VwGH 12.11.2021, Ro 2019/04/0001).

14       Da in der Straßenverkehrsordnung der innergemeindliche Instanzenzug nicht ausgeschlossen ist, besteht ein solcher auch für die - dem eigenen Wirkungsbereich der Stadt Wien übertragenen - Bewilligungen nach § 82 StVO (vgl. das die örtliche Marktpolizei nach der Gewerbeordnung betreffende bereits zitierte Erkenntnis vom 12.11.2021). Das angefochtene Erkenntnis weicht nicht von der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

15       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 14. Februar 2022

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2022:RA2020020070.L00

Im RIS seit

04.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

18.03.2022
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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