TE OGH 2022/1/12 2Nc1/22b

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Veröffentlicht am 12.01.2022
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Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Grohmann als Vorsitzende und den Hofrat Dr. Musger sowie die Hofrätin Dr. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Dr. Friederike Wallentin-Hermann, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei A* A.D., *, Serbien, wegen 250 EUR sA, über den Ordinationsantrag der klagenden Partei den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Bezirksgericht Schwechat bestimmt.

Text

Begründung:

[1]            Der in Österreich ansässige Kläger beabsichtigt, gegen ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz in Serbien Klage auf Zahlung von 250 EUR aufgrund der Verordnung (EG) Nr 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen (EU-FluggastVO) zu erheben. Er beantragt mangels eines dafür örtlich zuständigen Gerichts eine Ordination nach § 28 Abs 1 Z 2 JN. Eine Klage in Serbien sei nicht zumutbar, da sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden wäre und Entscheidungen der dortigen Gerichte in Österreich nicht vollstreckt würden.

Rechtliche Beurteilung

[2]            Der Ordinationsantrag ist berechtigt.

[3]       1. Der Kläger begehrt eine Ordination nach § 28 Abs 1 Z 2 JN. Diese Bestimmung soll Fälle abdecken, in denen trotz Fehlens eines inländischen Gerichtsstands ein Bedürfnis nach Gewährung von inländischem Rechtsschutz besteht, weil die Sache ein Naheverhältnis zum Inland aufweist und im Einzelfall eine effektive Klagemöglichkeit im Ausland fehlt (RS0057221 [T4]). Letzteres wird insbesondere dann angenommen, wenn eine Exekution im Inland angestrebt wird, eine am Sitz des Beklagten ergangene Entscheidung hier aber nicht vollstreckt würde (RS0046148 [T17]).

[4]       2. Auf dieser Grundlage gab der Oberste Gerichtshof Ordinationsanträgen statt, wenn der Kläger Ansprüche nach der EU-FluggastVO sonst in den Vereinigten Arabischen Emiraten (4 Nc 11/19h), der Ukraine (4 Nc 23/19y), Ägypten (8 Nc 18/20v), Mexiko (4 Nc 20/20h) oder – wie hier – in Serbien (6 Nc 1/19b) geltend machen müsste. Zusätzlich begründete er die Ordination in diesen Fällen damit, dass sonst die Effektivität der EU-FluggastVO gefährdet wäre (4 Nc 11/19h mwN; RS0132702).

[5]            3. Im vorliegenden Fall besteht am Inlandsbezug kein Zweifel, weil sowohl der Abflugort als auch der Wohnsitz des Klägers in Österreich liegen. Der Aufwand einer Klage und Vollstreckung in Serbien stünde außer Verhältnis zum geringen Klagebetrag. Zudem könnten Urteile serbischer Gerichte in Österreich mangels verbürgter Gegenseitigkeit (§ 406 EO) nicht vollstreckt werden. Damit ist eine Klage in Serbien unzumutbar.

[6]       4. Dem Ordinationsantrag ist daher stattzugeben.  Bei der Auswahl des zu bestimmenden Gerichts ist auf die Kriterien der Sach- und Parteinähe sowie der Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen (RS0106680 [T13]). Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat eine Zuweisung an das Bezirksgericht Schwechat zu erfolgen.

Textnummer

E133693

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2022:0020NC00001.22B.0112.000

Im RIS seit

05.03.2022

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2022
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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