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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der A Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. L, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Dezember 1995, Zl. MA 63-W 224/95, betreffend Verfahren gemäß §§ 79 und 81 GewO 1994 (mitbeteiligte Parteien: G und DB, beide in W),
Spruch
1. den Beschluß gefaßt:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich dagegen wendet, daß mit dem angefochtenen Bescheid die im erstbehördlichen Bescheid enthaltene Vorschreibung von Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 und § 4 Abs. 14 LGR-K behoben wird, zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Der zweite Satz des Spruches des angefochtenen Bescheides wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.190,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 12. Bezirk wurde gemäß § 345 Abs. 8 Z. 8 GewO 1994 die Anzeige der Beschwerdeführerin vom 6. Dezember 1994 über näher dargestellte Änderungen an der mit Bescheid vom 30. Jänner 1986 genehmigten Pyrolyseanlage gemäß § 81 Abs. 3 GewO 1994 zur Kenntnis genommen. Gleichzeitig wurde gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1994 von der Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Herstellung der in den Pkten. 10 bis 14 enthaltenen Auflagen des Genehmigungsbescheides der Pyrolyseanlage vom 30. Jänner 1986 Abstand genommen. Schließlich wurden gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 und § 4 Abs. 14 LRG-K für den Betrieb der Pyrolyseanlage eine Reihe zusätzlicher Auflagen vorgeschrieben.
Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufung.
Mit dem ersten Satz des Spruches des Bescheides des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Dezember 1995 wurde aufgrund dieser Berufung der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben. Mit dem zweiten Satz des Spruches wurde gemäß § 345 Abs. 8 Z. 9 GewO 1994 festgestellt, daß in Ansehung der Pyrolyseanlage der gegenständlichen Betriebsanlage die gemäß § 81 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 geforderten Voraussetzungen für den genehmigungsfreien Austausch gleichartiger Maschinen und Geräte nicht vorlägen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
1.
Soweit sich die Beschwerde gegen die Behebung der im erstbehördlichen Bescheid enthaltenen Vorschreibung von Auflagen nach § 79 Abs. 1 GewO 1994 und § 4 Abs. 14 LRG-K richtet, ist sie nicht zulässig.
Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, daß die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben.
Gleiches gilt gemäß § 4 Abs. 14 LRG-K, wenn sich nach Genehmigung einer Dampfkesselanlage ergibt, daß die gemäß § 4 Abs. 7 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid und gegebenenfalls im Betriebsbewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 5. November 1991, Zl. 91/04/0253, ausgesprochen hat, wird durch die Behebung einer unterinstanzlichen Entscheidung nach § 79 GewO 1973 die Rechtsstellung des Anlageninhabers nicht zu seinem Nachteil verändert. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die diesbezüglichen Ausführungen in dem zitierten hg. Erkenntis verwiesen. Die gleichen Erwägungen treffen auch zu, wenn, wie hier, gemäß § 4 Abs. 14 LRG-K zusätzliche Auflagen vorgeschrieben werden. Die Beschwerdeführerin kann daher durch den angefochtenen Bescheid, soweit damit die im erstbehördlichen Bescheid auf der Grundlage des § 79 Abs. 1 GewO 1994 und des § 4 Abs. 14 LRG-K vorgeschriebenen Auflagen gemäß § 66 Abs. 4 behoben wurden, in subjektiven Rechten nicht verletzt sein.
Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen den diesbezüglichen Ausspruch im angefochtenen Bescheid richtet, gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
2.
Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof über die Beschwerde erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin, soweit die Beschwerde sich als zulässig erweist, in den Rechten auf Kenntnisnahme ihrer Anzeige betreffend Änderungen an der von ihr betriebenen Pyrolyseanlage und auf Zulassung von Abweichungen von vorgeschriebenen Auflagen verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht sie im wesentlichen eine mangelnde Legitimation der mitbeteiligten Parteien zur Erhebung einer Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid geltend.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht.
Gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde auf Antrag von der Verpflichtung zur Herstellung des dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustandes dann Abstand zu nehmen, wenn es außer Zweifel steht, daß die Abweichungen die durch den Genehmigungsbescheid getroffene Vorsorge nicht verringern. Die Behörde hat die Zulässigkeit der Abweichungen mit Bescheid auszusprechen.
Gemäß § 81 Abs. 2 Z. 5 leg. cit. ist eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 jedenfalls nicht im Falle eines Austausches von gleichartigen Maschinen oder Geräten gegeben.
Gemäß § 359 Abs. 4 GewO 1994 steht das Recht der Berufung außer dem Genehmigungswerber den Nachbarn zu, die Parteien sind. Nach § 356 Abs. 3 leg. cit. sind im Verfahren aufgrund eines Ansuchens der Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage oder um Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlage - von dem hier nicht zutreffenden Fall des zweiten Satzes dieser Bestimmung abgesehen - nur jene Nachbarn Pateien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an.
Nach dem Abs. 4 dieser Gesetzesstelle haben unter anderem im Verfahren betreffend die Abstandnahme von der Verpflichtung zur Herstellung des dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustandes (§ 78 Abs. 2) die im Abs. 3 genannten Nachbarn Parteistellung.
Wie sich aus dem Hinweis in Abs. 4 auf Abs. 3 des § 356 GewO 1994 ergibt, hängt die Parteistellung des Nachbarn (unter anderem) im Verfahren nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 davon ab, daß ihm bereits im Verfahren betreffend die Genehmigung der Betriebsanlage (oder Genehmigung der Änderung einer genehmigten Betriebsanlge) Parteistellung zukam (vgl. das hg. Erkenntis vom 27. April 1993, Zl. 91/04/0122 und die dort zitierte hg. Vorjudikatur).
Im vorliegenden Verfahren haben die mitbeteiligten Parteien, wie sich aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Akten des Verwaltungsverfahrens ergibt, in dem zugrundeliegenden Verfahren zur Genehmigung der in Rede stehenden Betriebsanlage Parteistellung nicht erlangt. Die belangte Behörde stellt in diesem Zusammenhang in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich fest, die mitbeteiligten Parteien seien erst lange nach Genehmigung der Betriebsanlage zugezogen.
Aus diesem Grund kann den mitbeteiligten Parteien entsprechend der oben dargestellten Rechtslage im erstbehördlichen Verfahren, soweit es die Abstandnahme von der Verpflichtung zur Herstellung des dem Genehmigungsbescheid entsprechenden Zustandes nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 betraf, Parteistellung und damit auch das Recht zur Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid nicht zu.
In dem eine Anzeige nach § 81 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 betreffenden Verfahren nach § 345 Abs. 8 Z. 8 GewO 1994 kam den mitbeteiligten Parteien schließlich schon deshalb keine Parteistellung zu, weil § 356 Abs. 3 und 4 die Parteistellung der Nachbarn im Verfahren betreffend Betriebsanlagen abschließend regelt und darin eine solche Parteistellung in den genannten Verfahren nicht vorgesehen ist. Den mitbeteiligten Parteien kam somit auch hinsichtlich des im erstbehördlichen Bescheid enthaltenen Ausspruches nach § 345 Abs. 8 Z. 8 GewO 1994 Berufungslegitimation nicht zu.
Da die belangte Behörde dies verkannte und in meritorischer Erledigung der Berufung der mitbeteiligten Parteien den erstbehördlichen Bescheid auch hinsichtlich der Entscheidung über die Anzeige nach § 81 Abs. 2 Z. 5 GewO 1994 und über den Antrag nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 abänderte, anstatt die Berufung mangels Berufungslegitimation der Berufungswerber als unzulässig zurückzuweisen, belastete sie in diesem Umfang den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
Schlagworte
Gewerberecht Nachbar RechtsnachfolgerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1996040042.X00Im RIS seit
20.11.2000