Entscheidungsdatum
23.02.2022Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VStG §49Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Außerlechner über die Beschwerde des AA, Adresse 1, **** Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.01.2022, GZ ***, betreffend die Zurückweisung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung als verspätet in einer Angelegenheit nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang, Beschwerdevorbringen:
Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 06.12.2021, GZ ***, wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 05.12.2021 um 14:45 Uhr als Teilnehmer einer Veranstaltung am Adresse 2 in **** Y beim Betreten eines Ortes zum Zweck der Teilnahme an einer Veranstaltung gemäß § 14 Abs 1 Z 1, 2, 4, 7, 10 und 11 der 5. Covid-19-NotMV, nämlich der Standkundgebung „BB“, keine Maske im Sinne des § 2 Abs 1 leg cit getragen. Wegen Verletzung der Rechtsvorschrift des § 8 Abs 5a Z 2 Covid-19-MG iVm § 24 Abs 3 der 5. Covid-19-NotMV, BGBl Nr 475/2021, zuletzt geändert durch BGBl II Nr 511/2021, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 120,00, im Uneinbrlnglichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 1 Tag und 16 Stunden, verhängt.
Diese Strafverfügung wurde dem Beschwerdeführer nachweislich durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist am 13.12.2021 zugestellt.
Aus der Aktenlage ergibt sich nachweislich, dass die Sendung vom Beschwerdeführer am 14.12.2021 persönlich behoben wurde.
Mittels Formularanwendung brachte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde am 28.12.2021 einen näher begründeten Einspruch gegen die Strafverfügung ein.
Mit (Zurückweisungs-)Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 13.01.2022, GZ ***, wurde der Einspruch vom 28.12.2021 gegen die Strafverfügung vom 06.12.2021 gemäß § 49 Abs 1 VStG als verspätet zurückgewiesen. Die Strafverfügung wäre laut Zustellnachweis erfolglos am 10.12.2021 zugestellt und daraufhin das Schriftstück am 10.12.2021 bei der zuständigen Geschäftsstelle des Zustelldienstes hinterlegt und ab 13.12.2021 zur Abholung bereitgehalten worden. Die zweiwöchige Einspruchsfrist habe daher am 13.12.2021 begonnen und habe am 27.12.2021 geendet. Erst verspätet am 28.12.2021 und damit erst nach Ablauf der Einspruchsfrist wäre der Einspruch eingebracht worden.
Der (Zurückweisungs-)Bescheid wurde vom Beschwerdeführer nach erfolgter Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist 18.01.2022 am 19.01.2022 persönlich behoben.
In fristgerechter Beschwerde mittels E-Mail vom 02.02.2022 hält der Beschwerdeführer entgegen, dass er dachte, er habe ab dem Zeitpunkt wo er den Brief bei der Post abhole, 14 Tage Zeit für einen Einspruch. Nichts desto trotz verstehe er nicht, warum andere eine Mahnung bekommen und er gleich eine Geldstrafe. Er sei sich keiner Schuld bewusst, denn ab dem Zeitpunkt, wo man ihm sagte, es wäre auf dem öffentlichen Platz Maskenpflicht, habe er die Maske daraufhin aufgesetzt und sie auch nicht mehr runtergenommen.
II. Sachverhalt:
Die Strafverfügung vom 06.12.2021 wurde dem Beschwerdeführer nachweislich durch Hinterlegung mit dem Beginn der Abholfrist am 13.12.2021 zugestellt. Am 14.12.2021 behob der Beschwerdeführer die Strafverfügung. Am 28.12.2021 brachte der Beschwerdeführer einen Einspruch gegen die Strafverfügung ein. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.01.2022, mit welchem der Einspruch gegen die Strafverfügung wegen Verspätung zurückgewiesen wurde, brachte der Beschwerdeführer fristgerecht am 02.02.2022 bei der belangten Behörde ein.
III. Beweiswürdigung:
Beweis wurde aufgenommen durch Einschau in den behördlichen Strafakt.
Der Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung mit 13.12.2021 ergibt sich nachweislich aus der Aktenlage. Weiters ergibt sich der Zeitpunkt der persönlichen Übernahme der Strafverfügung mit 14.12.2021 nachweislich aus der Aktenlage, der Beschwerdeführer nimmt zu diesem Tag der persönlichen Übernahme in der Beschwerde auch Bezug.
IV. Rechtslage:
§ 17 Zustellgesetz, BGBl Nr 200/1982 idF BGBl I Nr 5/2008, lautet:
„Hinterlegung
[….]
(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.
[….]“
§ 49 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl Nr 52/1991 (WV) idF BGBl I Nr 57/2018, lautet:
„(1) Der Beschuldigte kann gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen. Der Einspruch kann auch mündlich erhoben werden. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat.“
V. Erwägungen:
Entscheidungsgegenständlich ist einzig die Klärung der Frage, ob der Einspruch gegen die Strafverfügung vom 28.12.2021 verspätet erfolgte. Mit dieser Strafverfügung wurde das Nichttragen einer Maske bei der Standkundgebung „BB“ am 05.12.2021 um 14:45 Uhr am Adresse 2 in **** Y geahndet. Keine Auseinandersetzung im hier verfahrensrelevanten Entscheidungsumfang hat hingegen im Hinblick auf die inhaltliche Rechtmäßigkeit der Strafverfügung als solche zu erfolgen.
Der Einspruch gegen eine Strafverfügung kann binnen zwei Wochen ab der Zustellung erhoben werden. Diese Frist bildet eine verfahrensrechtliche Frist und ist gemäß § 32 Abs 2 und § 33 AVG zu berechnen. Ein verspätet erhobener Einspruch ist bescheidförmig zurückzuweisen.
Bei der zweiwöchigen Einspruchsfrist handelt es sich um eine gesetzliche Rechtsmittelfrist. Diese kann von der Behörde weder erstreckt werden, noch auch kann die verspätete Einbringung eines Einspruchs nachgesehen werden.
Aktenkundig ist davon auszugehen, dass die Strafverfügung durch Hinterlegung mit dem ersten Tag der Abholfrist am 13.12.2021 zugestellt wurde. Ausgehend von diesem Zeitpunkt errechnet sich das Ende der zweiwöchigen Einspruchsfrist mit 27.12.2021.
Der Beschwerdeführer hat die Strafverfügung bereits einen Tag nach Beginn der Abholfrist, somit am 14.12.2021, behoben. Nach § 17 Abs 3 vierter Satz Zustellgesetz liegt diesbezüglich jedenfalls „Rechtzeitigkeit“ vor, da dem Beschwerdeführer damit noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung gestanden ist, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre.
Der Gesetzgeber will dem Empfänger nur jenen Schutz zukommen lassen, der notwendig ist, ihn nicht schlechter zu stellen als Empfänger, denen ordnungsgemäß zugestellt worden ist. Sohin kann eine Auslegung der Bestimmung des § 17 Abs 3 Zustellgesetz nur dahin erfolgen, dass der Empfänger von der Zustellung dann nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt hat, wenn er nicht in der Lage war, auf die Sendung zum selben Zeitpunkt zu reagieren, zu dem ein Empfänger üblicherweise reagieren hätte können, dem nach dem Willen des Gesetzgebers durch Hinterlegung zugestellt werden durfte (vgl VwGH 25.06.2015, Ro 2014/07/0107).
Von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung von der Zustellung durch den Empfänger kann nur dann die Rede sein, wenn diesem die wahrzunehmende Frist ungekürzt oder zumindest nahezu ungekürzt zur Verfügung steht. Wird durch die Zustellung der Beginn einer Rechtsmittelfrist ausgelöst, so erlangt der Empfänger noch „rechtzeitig“ vom Zustellvorgang Kenntnis, wenn ihm ein für die Einbringung des Rechtsmittels angemessener Zeitraum verbleibt (etwa VwGH 22.12.2016, Ra 2016/16/0094; 18.03.2004, 2001/03/0284). In den Fällen einer Zustellung durch Hinterlegung ist es nicht erforderlich, dass dem Empfänger stets die volle Frist für die Erhebung eines allfälligen Rechtsmittels zur Verfügung stehen muss (etwa VwGH 25.06.2015, Ro 2014/07/0107; 28.02.2007, 2006/13/0178; uva).
Mit am 13.12.2021 bewirkter Zustellung, tatsächlicher und nachweislicher Behebung der Sendung am 14.12.2021 standen dem Beschwerdeführer bis zum 27.12.2021 (Ende der Einspruchsfrist) noch 14 Tage zur Verfügung, sodass jedenfalls von einer rechtzeitigen Kenntniserlangung von der Sendung zu sprechen ist. Für die Einbringung des Einspruchs stand dem Beschwerdeführer damit noch jedenfalls eine angemessene und ausreichende Zeit zur Verfügung.
Gegenständlich ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangte und ihm zur Einbringung des Einspruchs noch angemessen Zeit verblieb. Die rechtswirksame Zustellung wurde damit mit dem 13.12.2021 (erster Tag der Abholfrist) bewirkt. Es ist im Ergebnis somit davon auszugehen, dass die Einbringung des Einspruchs mit 28.12.2021 gegen die Strafverfügung vom 06.12.2021 verspätet erfolgte. Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers, der Meinung gewesen zu sein, die zweiwöchige Einspruchsfrist würde erst mit dem Zeitpunkt der persönlichen Übernahme (hier am 14.12.2021) zu laufen beginnen, kann schon aus dem Grunde nicht zielführend sein, als in Fällen, in denen Entscheidungswirkungen unmittelbar an die Zustellung anknüpft, die Wendung „nicht rechtzeitig“ überhaupt keinen Sinn ergäbe. Dies spricht dafür, „rechtzeitig“ ausschließlich im Zusammenhang mit der Abholfrist zu sehen. Im § 17 Abs 3 Zustellgesetz ist zudem mehrfach von der Abholfrist die Rede, aber von keinem anderen zeitlich bestimmten Umstand, insbesondere weder von einer anderen Frist noch von einem Termin. Es ist daher die Annahme naheliegend, dass sich „rechtzeitig“ auf die einzige zeitbestimmte Angabe in diesem Absatz bezieht (vgl VwGH 09.07.1992, 91/16/0091).
Die Akten haben bereits erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung im gegenständlichen Entscheidungsumfang eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Einem Entfall der mündlichen Verhandlung stand daher weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol wurde in der Beschwerde auch nicht beantragt und konnte somit auch im Hinblick auf § 44 Abs 3 Z 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG von einer Verhandlung abgesehen werden.
VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter Punkt V zitierte höchstgerichtliche Judikatur wird verwiesen.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.
Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Verwaltungsgericht einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen; dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Dr. Außerlechner
(Richter)
Schlagworte
Einspruch verspätetEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2022:LVwG.2022.49.0374.1Zuletzt aktualisiert am
03.03.2022