Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 23. Oktober 1995, Zl. Senat-BN-94-095, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Übertretung der Gewerbeordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Bescheid hat hinsichtlich des Spruches sowie der diesem vorgeschalteten Präambel folgenden Wortlaut:
"BESCHEID
Herr H .... hat gegen den Bescheid der Bezirkshauptmansnchaft Baden vom 21.6.1994, Zl. 3-14579-94 A, betreffend Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 fristgerecht Berufung erhoben. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat durch ..... über diese Berufung wie folgt entschieden:
SPRUCH
Die Berufung wird gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) aus dem Grunde des § 63 Abs. 5 AVG als verspätet zurückgewiesen."
In der Begründung dieses Bescheides wird bei der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, es ergebe sich aus dem im Strafakt erster Instanz befindlichen Rückschein betreffend die Zustellung des (erstinstanzlichen) Straferkenntnisses, daß dieses, nach Durchführung eines Zustellversuches am 19. Juli 1994, der Verständigung über die Hinterlegung und Einlegung desselben in das Hausbrieffach, am 19. Juli 1994 beim Zustellpostamt Wiener Neustadt hinterlegt worden sei; auch sei mit diesem Tag der Beginn der Abholfrist angemerkt. Mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 3. August 1994, welches "am 7.8.1994 der Post zur Beförderung übergeben wurde", habe dieser gegen das Straferkenntnis Berufung erhoben. Im Hinblick auf den Umstand, daß die Berufung keine eigenhändige Fertigung aufweise, sei dem Beschwerdeführer mit Schreiben der belangten Behörde vom 3. Setpember 1995 aufgetragen worden, diesen Mangel innerhalb einer Frist von zwei Wochen zu beheben. Mit diesem Schreiben sei er auch von der verspäteten Einbringung der Berufung in Kenntnis gesetzt und ihm innerhalb gleicher Frist die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme eingeräumt worden. Der Beschwerdeführer sei dem Auftrag zur Verbesserung des Formgebrechens nachgekommen, doch sei eine schriftliche Stellungnahme zum Umstand der verspäteten Einbringung der Berufung nicht erfolgt.
Im Erwägungsteil der Begründung des angefochtenen Bescheides heißt es im wesentlichen, nach der Aktenlage ergäben sich keine Hinweise darauf, daß die Zustellung des gegenständlichen Straferkenntnisses nicht zustandegekommen oder dieses erst zu einem späteren Zeitpunkt zugestellt worden wäre. Vom Beschwerdeführer sei trotz nachweislich eingeräumten Parteiengehörs kein nachprüfbares Vorbringen im Hinblick auf einen etwaigen Zustellmangel erstattet worden. Es ergebe sich eindeutig, daß die gegenständliche Berufung nach Ablauf der im angefochtenen Straferkenntnis angegebenen Rechtsmittelfrist erhoben worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird der Beschwerdepunkt wie folgt formuliert:
"Ich wurde in meinen Rechten insoferne verletzt, als die belangte Behörde entgegen der Bestimmung des § 51 Abs. 7 VStG den angefochtenen erlassen (zugestellt) hat, anstatt das Verfahren infolge Ablaufes der Frist nach § 51 Abs. 7 VStG einzustellen.
Des weiteren wurde ich in meinen Verfahrensrechten gemäß AVG und VStG dadurch verletzt, als mir die bescheiderlassende Behörde mit Schreiben vom 3. September 1994 zwar eine Frist von 2 Wochen zur eigenhändigen Unterfertigung der Berufung einräumte, mich aber nicht ausdrücklich aufforderte, zu einer allfälligen verspäteten Einbringung der Berufung Stellung zu nehmen.
Schließlich mangelt es dem angefochtenen Bescheid an der gesetzlich vorgeschriebenen Bestimmtheit, da er einerseits den logischen Denkgesetzen widersprechend formuliert ist und andererseits in seiner Begründung von aktenwidrigen Voraussetzungen ausgeht."
Dazu wird (weiters) ausgeführt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 21. Juni 1994 habe der Beschwerdeführer die schriftliche Berufung vom 3. August 1994 erhoben. In der Folge habe er das Schreiben der belangten Behörde vom 3. September 1994 erhalten und das Formgebrechen der ursprünglich fehlenden eigenhändigen Unterschrift auf der Berufung fristgerecht behoben. Die belangte Behörde habe schließlich den angefochtenen Bescheid, welcher mit 23. Oktober 1995 datiert sei, mittels RSb an eine näher bezeichnete Adresse abgesandt. Die Übernahme sei am 8. November 1995 durch die Mutter des Beschwerdeführers erfolgt, welche ihm am 12. November 1995 bei seinem Wochenendbesuch diesen Bescheid ausgefolgt habe. Der angefochtene Bescheid enthalte einen offensichtlichen Widerspruch, als einerseits ausgeführt werde, der Beschwerdeführer hätte gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden fristgerecht Berufung erhoben, während im Spruch seine Berufung als verspätet zurückgewiesen werde. Eine Aufklärung dieses Widerspruches erfolge im weiteren Text der schriftlichen Bescheidausfertigung nicht. Die Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach die Berufung "am 7.8.1994" der Post zur Beförderung übergeben worden sei, seien schon deshalb unrichtig, weil es sich beim 7. August 1994 um einen Sonntag gehandelt habe, weshalb das Berufungsschreiben sicherlich nicht an diesem Tag zur Post gegeben worden sei. Im übrigen seien diese Ausführungen im angefochtenen Bescheid aktenwidrig, was sich aus dem Schreiben der belangten Behörde vom 3. September 1994 ergebe, in welchem von der am 4. August 1994 erhobenen Berufung die Rede ist. Aus den angeführten Umständen ergebe sich schon die Widersprüchlichkeit (und sohin mangelnde Bestimmtheit) sowie die Aktenwidrigkeit und damit aber auch die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Insbesondere widerspreche der angefochtene Bescheid eindeutig dem § 51 Abs. 7 VStG. Schon nach den eigenen Angaben der belangten Behörde (Schreiben vom 3. September 1994) sei die Berufung am 4. August 1994 eingebracht worden, während die (ordnungsgemäße) Zustellung des angefochtenen Bescheides erst mit 12. November 1995 erfolgt sei.
Mit diesem Vorbringen vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.
Was die Berschwerderüge in Ansehung der Frist des § 51 Abs. 7 VStG (betreffend die Pflicht, eine Berufungsentscheidung innerhalb von 15 Monaten ab Einbringung der Berufung zu erlassen) betrifft, ist der Beschwerdeführer auf die hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 27. Jänner 1995, Zl. 94/02/0424) zu verweisen, wonach in einem Mehrparteienverfahren ein Bescheid bereits mit seiner Zustellung an eine der Verfahrensparteien erlassen ist und daher mit der Zustellung des Berufungserkenntnisses an die Erstbehörde innerhalb der Frist des § 51 Abs. 7 VStG diese gewahrt ist. In Übereinstimmung mit der Aktenlage weist die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift darauf hin, daß die Berufungsentscheidung am 31. Oktober 1995 der Organpartei, der Bezirkshauptmannschaft Baden, zugestellt wurde. Wie sich aus der Aktenlage weiters ergibt, ist die Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden bei der Behörde erster Instanz am 5. August 1994 eingebracht worden (und wäre daher die Frist des § 51 Abs. 7 VStG erst am 5. November 1995 abgelaufen).
Entgegen dem Beschwerdevorbringen wurde somit die Frist des § 51 Abs. 7 VStG gewahrt.
Aber auch der Beschwerdevorwurf der mangelnden "Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides" trifft nicht zu.
Es ist dem Beschwerdeführer zuzugeben, daß der Vorspruch mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides insoweit widersprüchlich ist, als im ersteren von einer "fristgerecht" erhobenen Berufung die Rede ist. Dies begründet aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, weil es unzweifelhaft ist, daß der tatsächliche (normative) Inhalt des Spruches des angefochtenen Bescheides in der Zurückweisung der Berufung als verspätet besteht. Die im Vorspruch verwendete Formulierung ist nach dem inhaltlichen Zusammenhang als ein bloßes Versehen bei der Endredaktion des Textes zu werten. Was normativer Abspruch ist, nämlich die Zurückweisung der Berufung als verspätet, kommt bei verständiger Würdigung klar zum Ausdruck.
Wenn schließlich gerügt wird, daß in der Begründung des angefochtenen Bescheides irrtümlich der Tag der Berufungseinbringung mit 7. August 1994 bezeichnet worden sei, dieser aber (bereits) am 4. August 1994 erfolgt sei, so vermag der Verwaltungsgerichtshof - auch auf dem Boden des Beschwerdevorbringens - nicht zu erkennen, inwieweit der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1996:1995040249.X00Im RIS seit
20.11.2000